Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Corona-Virus-Pandemie – was lernen wir daraus?
  2. A fiasco in the making?
  3. Wider die Vernunftpanik
  4. Spain has nationalized all of its private hospitals as the country goes into coronavirus lockdown
  5. Vollbremsung: Die Wirtschaft in den Zeiten des Coronavirus
  6. Bundeshaushalt: Scholz plant mit schwarzer Null für 2021
  7. „Nach Corona: Die Finanzmärkte entmachten“
  8. Zur Lage der Rente: Gerd Bosbach über die Hintergründe
  9. Helden ohne Tarifvertrag
  10. Niemand bleibt zurück? Merkel-Regierung ignoriert Schicksal der Armen bei Corona-Krise

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Corona-Virus-Pandemie – was lernen wir daraus?
    Der Neoliberalismus, der unter anderem Krankenhäuser kaputtgespart und die Produktion lebenswichtiger Arzneimittel nach China und Indien verlagert hat, gehört auf den Müllhaufen der Geschichte!
    Die Corona-Virus-Pandemie offenbart, wie falsch es war, dass wir in der Ära des Neoliberalismus das Gemeinschaftsleben vernachlässigt haben. Nicht mehr Gemeinsinn und Zusammenhalt bestimmten weite Teile der Gesellschaft, sondern Selbstverwirklichung und Eigennutz.
    Umso erfreulicher ist es, zu beobachten, dass die jetzige Krise viele Menschen daran erinnert, wie wichtig es doch ist, zusammenzuhalten und füreinander einzustehen. So hat sich etwa im Saarland eine Nachbarschaftshilfe gegründet, die Hilfeleistende und Hilfesuchende zusammenführen und somit den Alltag vieler erleichtern will: nh-saarland.de . Eine Initiative, die ich gerne unterstütze.
    Was wir jetzt besonders sehen, ist, wer wirklich unverzichtbare Arbeit für uns alle leistet: Krankenschwestern, Altenpfleger, Ärzte, Verkäuferinnen, Paketboten, Fahrer und so weiter. Nicht die Investmentbanker, „Nieten in Nadelstreifen“ und anderen Multimillionäre, die vor allem die Propheten des Neoliberalismus und in der Politik besonders CDU und FDP jahrelang als „Leistungsträger der Gesellschaft“ gepriesen haben.
    Jetzt haben es Krankenschwestern, Pfleger, Verkäuferinnen, Paketboten, Fahrer und viele andere, die in schlecht bezahlten und unsicheren Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind, schwarz auf weiß: Sie sind „systemrelevant“. Darum müssen sie in der aktuellen Corona-Krise weiter zur Arbeit gehen und riskieren, sich anzustecken. Es stimmt: Ohne diese Mitmenschen, die für unser Alltagsleben unverzichtbar sind, geht nichts mehr. Aber wenn die Corona-Krise überstanden ist, ist zu befürchten, dass wieder schnell vergessen wird, wie „systemrelevant“ diese Berufsgruppen mit schlechter Bezahlung, starker Belastung und familienunfreundlichen Arbeitszeiten sind. Das muss uns alle beschämen, vor allem aber diejenigen, die in Politik und Gesellschaft die Fehlentscheidungen der letzten Jahre zu verantworten haben, die zu schlechten Löhnen, unsicheren Jobs und Hungerrenten geführt haben. Hoffentlich zerstören der Corona-Virus und seine Folgen das Kartenhaus des Neoliberalismus. Wir brauchen wieder mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität und weniger Selbstverwirklichung und Eigennutz.
    Quelle: Oskar Lafontaine
  2. A fiasco in the making?
    A FIASCO IN THE MAKING? As the corona pandemic takes hold we are making decisions without reliable data
    The current coronavirus disease, Covid-19, has been called a once-in-a-century pandemic. But it may also be a once-in-a-century evidence fiasco.
    At a time when everyone needs better information, from disease modelers and governments to people quarantined or just social distancing, we lack reliable evidence on how many people have been infected with SARS-CoV-2 or who continue to become infected. Better information is needed to guide decisions and actions of monumental significance and to monitor their impact.
    Draconian countermeasures have been adopted in many countries. If the pandemic dissipates — either on its own or because of these measures — short-term extreme social distancing and lockdowns may be bearable. How long, though, should measures like these be continued if the pandemic churns across the globe unabated? How can policymakers tell if they are doing more good than harm?
    (…)
    One of the bottom lines is that we don’t know how long social distancing measures and lockdowns can be maintained without major consequences to the economy, society, and mental health. Unpredictable evolutions may ensue, including financial crisis, unrest, civil strife, war, and a meltdown of the social fabric. At a minimum, we need unbiased prevalence and incidence data for the evolving infectious load to guide decision-making.
    Quelle: John P.A. Ioannides, Stanford University auf STAT

    dazu auch: Auf jeden bestätigten Corona-Fall kommen bis zu zehn unentdeckte
    Auf jeden bestätigten Corona-Fall kommen bis zu zehn unentdeckte
    Jeden Tag erfassen Staaten weltweit die Zahl ihrer nachweislich am Coronavirus infizierten Menschen. Dabei ist allen klar: Tatsächlich liegt der Wert viel höher. Forscher wagen nun eine Schätzung. […]
    Bezogen auf die weltweite Statistik bedeutet das: zwischen einer und zwei Millionen Menschen könnten derzeit infiziert sein. Legt man die Fallzahlen des Robert Koch-Instituts für Deutschland vom Dienstagabend von mehr als 7000 bestätigten Infektionen zugrunde, hätten sich hierzulande bislang zwischen 35.000 und 70.000 Menschen infiziert. […]
    Laut der Auswertung wurden zu Beginn der Epidemie in China ungefähr 86 Prozent der Infektionen übersehen, nur 14 Prozent wurden identifiziert, schreiben die Forscher im Fachmagazin “Science”. Auf jeden nachweislich Infizierten kamen also ungefähr sieben unentdeckte Fälle.
    Quelle: SPIEGEL Online

  3. Wider die Vernunftpanik
    Wenn die Leute unvernünftig sind und sich weniger vorbildlich verhalten als man selbst, müssen eben sofortige “Ausgangssperren” her. Hinter solchen Forderungen kann ein neues Gefühl stecken: die Vernunftpanik.(…)
    Eine Szene in Berlin, am Sonntagabend: Der Besitzer einer Kneipe kündigt allen Mitarbeitenden zum nächstmöglichen Termin. Weil es nicht anders geht, das sehen alle ein. Aber manche weinen, weil sie nicht wissen, wovon sie die nächste Miete bezahlen sollen. Solchen Leuten giftige Vorwürfe zu machen, weil sie die Anordnung zur Kneipenschließung zwiespältig sehen – das geht leicht, wenn man soeben Microsoft Teams runtergeladen hat und die nächsten acht Wochen für Homeoffice sein Gehalt weitergezahlt bekommt. Anders als etwa eine Vielzahl von Freiberuflern und Selbständigen, die im zweiten Quartal 2020 einen Gesamtumsatz von null Euro verbuchen werden müssen. (…)
    Es ist ein Privileg, bei sicherem Gehalt Homeoffice betreiben zu können und ebenso die Möglichkeit, “Social Distancing” ohne Begleitschäden durchziehen zu können. Wenn man dann anderen vorwirft – ohne jede Kenntnis von deren Lebenssituation – dass sie sich weniger vorbildlich verhalten als man selbst, gerinnt diese Haltung rasch zur Herablassung.
    Quelle: Sascha Lobo auf SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Sascha Lobo hat hier Recht. Es ist einfach, vom schönen großen Haus mit eigenem Garten aus nach „Ausgangssperren“ zu rufen. Wer in einem Einzimmer-Apartment lebt, wird dies vielleicht nicht als “schöne Chance ansehen, sich in einer turbulenten Zeit wieder selbst zu finden”, wie es heute sinngemäß eine Dame im Radio ausdrückte. Die Einen können ohne echte Sorgen die Auszeit nutzen, um mit dem Kind im Garten zu spielen, die Anderen müssen sich für einen kargen Lohn an der Supermarktkasse von schlecht gelaunten Kunden anhusten lassen. Corona ist auch eine Klassenfrage. Das sollte man nie vergessen.

  4. Spain has nationalized all of its private hospitals as the country goes into coronavirus lockdown
    (…) The Spanish government has nationalized all of its hospitals and healthcare providers in the country in its latest move to combat the spread of the coronavirus.
    The Ministry of Health in Prime Minister Pedro Sánchez’s administration on Monday announced it would put all of Spain’s private health providers and their facilities into public control as the spread of COVID-19 continues to grip the country.
    The step was announced by Salvador Illa, Spain’s health minister, The Guardian reported.
    Illa also said fourth-year medical students in Spain would be asked to help the country’s health service, Politico reported, while companies capable of producing medical equipment should get in touch with the government.
    (…) There were 9,191 confirmed cases of the virus in Spain as of Monday, with 309 deaths linked to it.
    Quelle: Business insider
  5. Vollbremsung: Die Wirtschaft in den Zeiten des Coronavirus
    In Zeiten hoher Unsicherheit muss die Politik sich auf wenige stabile Muster in den sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen besinnen, um zur Verminderung der Unsicherheit beizutragen. Aber auch das ist schwer, weil es eine derartige Vollbremsung und einen Schock dieser Art noch nie gegeben hat.
    Ab morgen stehen große Teile der Wirtschaft in Europa und in einigen anderen Regionen einfach still, weil die Regierungen eine Minimierung der sozialen Kontakte jedes einzelnen Menschen erreichen wollen und auch die wirtschaftliche Interaktion berührt wird. Das ist Angebots- und Nachfrageschock zugleich und beinhaltet die Möglichkeit von einschneidenden finanziellen Rückwirkungen. Momentan bauen die europäischen Regierungen auf die chinesische Strategie, bei der es durch radikale Maßnahmen zunächst gelungen ist, die Verbreitung des Virus deutlich zu verlangsamen.
    Die Politik hat kaum eine andere Wahl, weil es derzeit kein anderes ähnlich wahrscheinliches Szenario gibt, auf das man jetzt schon reagieren könnte. Auch in diesem Szenario, das mit einem Gesamtverlauf von zwei bis drei Monaten überschaubar ist, sind die Wirkungen auf die Wirtschaft gravierend, aber durchaus zu handhaben. Wenn ein Drittel der Wirtschaft für zwei Monate einen Totalausfall seiner Produktion verzeichnet, sind das schon um die fünf Prozent Rückgang der Wirtschaftsleistung. Kommen einige weniger direkt betroffene Bereiche hinzu, die ihre Produktion lediglich einschränken müssen, erreicht man leicht einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von zehn Prozent.
    Quelle: flassbeck-economics
  6. Bundeshaushalt: Scholz plant mit schwarzer Null für 2021
    Wie hart wird die Coronakrise Deutschland wirtschaftlich treffen? Bundesfinanzminister Olaf Scholz geht trotz aller Turbulenzen offenbar davon aus, dass für den Haushalt 2021 keine neuen Schulden nötig sind.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung JK: Man kann diesen Irrsinn nicht mehr kommentieren. Hat Scholz, hat das Land gerade keine anderen Sorgen? Die Folgen der neoliberalen Politik treten doch nun offen ans Licht, aber Scholz hält mit blindem Fanatismus an der neoliberalen Dogmatik fest, obwohl auch ohne die Corona-Epidemie und deren noch nicht abzusehenden Folgen, die Abkehr von der Austeritätspolitik dringend geboten wäre.

  7. „Nach Corona: Die Finanzmärkte entmachten“
    Interview Ohne massive Staatsintervention droht wegen der Corona-Krise der wirtschaftliche Kollaps, warnt der Ökonom Stephan Schulmeister […]
    Wie lange kann sich eine Regierung das leisten?
    Das ist vollkommen egal.
    Na ja, aber wenn Sie sagen, zehn Prozent Defizit, wie lange kann ein Land wie Italien das durchhalten?
    Wir können auch 15 Prozent Defizit machen, das ist wurscht! Die Zinsen bleiben, wenn jetzt nicht die Finanzschmelze kommt, noch mindestens 20 Jahre bei null. Das geht ja gar nicht anders. Man kann es auch so interpretieren: Jetzt tritt der Unrat, der sich über 35 Jahre in diesem dysfunktionalen Finanzkapitalismus aufgestaut hat, zutage.
    Werden wir jetzt auch eine Staatsschuldenkrise erleben?
    Nein. Eine Staatsschuldenkrise gibt es immer nur dann, wenn Staaten versuchen, notwendige Schulden zu vermeiden. Aber stellen Sie sich vor, alle Länder in Europa machen Budgetdefizite von 5 Prozent, 15 Jahre lang. Der Schuldenberg erreicht dann irgendwann 200 Prozent des BIP. Sagen wir, wir nehmen all diese Schulden bei einem “Europäischen Transformationsfonds” auf, der sich bei der EZB refinanziert. Damit schaffen wir vernünftige Dinge: Ein riesiger Green New Deal, Hochgeschwindigkeitszüge statt Flugverkehr, der gesamte Wohnbaubestand in der EU wird energetisch saniert und so weiter. Nach 15 oder 30 Jahren haben wir eine wirklich ökologisch sanierte Ökonomie, aber riesige Schulden. Dann erlässt der Fonds den Staaten die Schulden und wird aufgelöst, die EZB hat ein negatives Eigenkapital von paar Billionen, und das wird durch eine “Neustartbilanz” entsorgt.
    Quelle: der Freitag
  8. Zur Lage der Rente: Gerd Bosbach über die Hintergründe
    von Bosbach/Korff: Für Ende März ist der Abschlussbericht der Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ angekündigt. Die zukünftige Höhe und Finanzierung der Renten ist kontrovers, das Thema erscheint unübersichtlich. Der Mathematiker und Rentenexperte Prof. Dr. Gerd Bosbach beantwortet Fragen von Jens Jürgen Korff zum Hintergrund dieser Auseinandersetzungen.
    KORFF: Rentenkommission, Experten – das klingt alles sehr kompetent und unpolitisch. Wird die Kommission uns sagen, wie die Lage ist bei der Rente und beim Generationenvertrag?
    BOSBACH: Das ist ganz neutral nicht zu erwarten. Die versammelten Experten haben in der Kommission einiges geklärt, aber anderes wird wohl in Kommissionen vertagt oder der Bundesregierung als Aufgabe übergeben. Berichte und Prognosen zum Thema Rente sind häufig interessengeleitet und politisch gefärbt, auch dann, wenn sie von Experten kommen. Das haben wir bereits erlebt, als der Ökonom Axel Börsch-Supan im April 2018 zum Start der Kommissionsberatungen versucht hat, die Diskussion mit konstruierten „Sachzwängen“ in eine bestimmte Bahn zu lenken.
    KORFF: Eine zentrale Frage ist ja: Steigen die Kosten der gesetzlichen Rente ins Unermessliche?
    BOSBACH: Experten wie Börsch-Supan versuchen, diesen Eindruck zu erwecken, indem sie auf absolute Zahlen verweisen: Die Ausgaben der Deutschen Rentenversicherung sind von 2000 bis 2018 massiv gestiegen: Von 214 auf 308 Milliarden €. Das sieht auf den ersten Blick erschreckend aus. Doch auf den zweiten Blick sieht man: In der gleichen Zeit ist auch unser allgemeiner Wohlstand, gemessen im Bruttoinlandsprodukt (BIP), um weit über 50 % gestiegen, von 2,1 auf 3,35 Billionen €. Um die Kostenentwicklung realistisch einschätzen zu können, müssen wir uns anschauen, wie sich die Ausgaben im Verhältnis zum BIP entwickelt haben. Das sehen wir hier:
    KORFF: Das ist überraschend: Es ist keine Steigerung zu sehen. Alle reden von steigenden Rentnerzahlen, längeren Bezugszeiten und davon, dass die Renten in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind. Stimmt das denn alles nicht?
    BOSBACH: Doch, das stimmt alles. Trotzdem ging der Anteil unseres Wohlstandes, den wir für die gesetzliche Rente ausgegeben haben, in den 2000er Jahren zurück und hat sich zurzeit bei gut 9 % eingependelt. Wenn wir mehr Geld zur Verfügung haben, geben wir mehr für Urlaub aus, mehr für Autos, mehr für Gesundheit, mehr für Kommunikation… Warum dann nicht auch mehr für Renten, wenn die Zahl der Rentner gestiegen ist?
    KORFF: Wie hat sich die Alterung der Gesellschaft dabei ausgewirkt?
    BOSBACH: Die Lebenserwartung stieg seit 2000 um 2,2 Jahre bei den Frauen und um 3,4 Jahre bei den Männern. Der Anteil von 65+ an der Bevölkerung stieg um mehr als ein Drittel von 15 auf über 21 %. Trotzdem kann von einer „Unbezahlbarkeit“ der gesetzlichen Rente – zumindest für die Vergangenheit – keine Rede sein.
    Quelle: Lügen mit Zahlen
  9. Helden ohne Tarifvertrag
    Regierung lässt Kapazitäten zur Patientenversorgung aufstocken. Beschäftigte setzen Streik wegen Coronakrise aus. Chefs kündigen Jobvereinbarung
    Um Patienten mit Covid-19-Erkrankungen versorgen zu können, stocken Bund und Länder die Kapazitäten in Kliniken auf. Die nun vereinbarte Verdopplung der Intensivkapazitäten sei ein erster Schritt, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums am Mittwoch in Berlin. Bisher gibt es in Deutschland 28.000 Plätze in der Intensivpflege, bei 25.000 können die Patienten künstlich beatmet werden.
    Doch schon jetzt arbeiten die Beschäftigten in den Krankenhäusern am Anschlag. Seit Juli 2019 kämpfen die Mitarbeiter der Asklepios-Klinik im niedersächsischen Seesen für einen Tarifvertrag und gegen die Ausgliederung von 120 Therapeutinnen und Therapeuten. Aufgrund der Coronaviruspandemie kündigten die Streikenden am Mittwoch ein Streikmoratorium an. Der Widerstand gegen die Kürzungsmaßnahmen der Klinikleitung werde bis auf weiteres ausgesetzt. Der Betriebsratsvorsitzende Oliver Kmiec erklärte: »Die Zuspitzung der Situation in den letzten Tagen macht uns große Sorgen. Das Wohl der Patienten steht für uns an erster Stelle. Genau deshalb streiken wir seit einem halben Jahr.« Krankenschwester Linda Bohmhauer ergänzte: »Wir standen kurz davor, unsere Streikmaßnamen auszuweiten, um den Druck auf Asklepios zu erhöhen und fünf Tage am Stück zu streiken. Aber das muss jetzt warten.« Die Botschaft der Tarifkommission in Seesen an die Patienten laute: »Wir stehen an eurer Seite, mit all unserer Kraft, bis diese Krise gemeistert ist.« An die Asklepios Chefs gerichtet heiße es hingegen: »Unser Kampf ist nicht vorbei! Wenn sich die Lage entspannt hat, werden wir umso entschlossener für die Zukunft unserer Klinik streiken!«
    Quelle: junge Welt
  10. Niemand bleibt zurück? Merkel-Regierung ignoriert Schicksal der Armen bei Corona-Krise
    Mit milliardenschweren Hilfspaketen will die Bundesregierung die Wirtschaft vor den Folgen der Corona-Epidemie schützen. Die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung ist laut ihr gesichert. Doch für Millionen Menschen trifft das schon jetzt nicht mehr zu. […]
    Anders, als es viele Umfragen behaupten, zeigt die Reaktion der Bevölkerung, wie niedrig die Glaubwürdigkeit der Regierung tatsächlich ist. Es finden sich vor allem zwei Verhaltensweisen: Die eine ist panisch und signalisiert die Erwartung, im Stich gelassen zu werden. Die andere verleugnet das Risiko völlig und lässt dadurch erkennen, dass den offiziellen Aussagen nicht geglaubt wird. Kein Wunder, wenn erst wochenlang nicht gehandelt und Gefahrlosigkeit beschworen wurde, nur um dann in einer plötzlichen Kehrtwende das halbe Land lahmzulegen …
    Im realen Handeln zeigt sich bei der Bundesregierung die gleiche Blindheit, die schon Ray Nagin auszeichnete – Menschen, die nicht wohlhabend genug sind, kommen in ihrer Wahrnehmung nicht vor. Inmitten einer Krise, in der das Wohl der gesamten Bevölkerung ausschlaggebend sein sollte, wird nicht nur bereitwillig das Füllhorn für die Stärksten – Industrie und Banken – geöffnet, es wird an den Punkten, an denen die wirkliche Katastrophe lauert, überhaupt nicht reagiert. Denn es gibt bereits Meldungen, die ein sofortiges Handeln erforderlich machen müssten, die mit Ignoranz und Passivität beantwortet werden: der weitgehende Ausfall der Essens-Tafeln.
    Quelle: RT Deutsch