Den „Großen“ hilft man, die „Kleinen“ überlässt man ihrem Schicksal? Die NachDenkSeiten bitten ihre Leser um Mithilfe
Die Lufthansa will nun 30.000 Mitarbeiter, der Flughafenbetreiber Fraport 10.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken – eine erweiterte Regelung der Bundesregierung macht es möglich. Auch andere Großkonzerne profitieren vom Maßnahmenpaket. Die „Kleinen“ werden derweil einmal mehr ihrem Schicksal überlassen. Da zu befürchten ist, dass deren Geschichten in den bereits einsetzenden Lobhudeleien für die Bundesregierung untergehen, bitten wir unsere Leser um deren Geschichten. Denn ohne Öffentlichkeit ist kaum damit zu rechnen, dass die Politik ihren Rettungsschirm nicht nur für Banken und Großkonzerne spannt, sondern auch den Menschen hilft, die es wirklich nötig haben. Von Jens Berger.
Lesen Sie dazu bitte auch den Beitrag „Wer hat recht? Drosten oder Wodarg? Eine Aufforderung zum Duell und Hinweise auf Vergessene und die notwendige Korrektur der Kommerzialisierung“
Die Bundesregierung hat „der Wirtschaft“ zugesichert, alles zu tun, was nötig ist, um die Folgen der Coronakrise abzufedern. Doch das Maßnahmenpaket, das unter anderem aus einer erweiterten Kurzarbeitergeld-Regelung und unbegrenzten KfW-Krediten besteht, wirkt eher maßgeschneidert für große Konzerne und traditionelle Betriebe. Doch was ist mit den Selbstständigen und Schein-Selbstständigen? Den Gastronomen, Kunstschaffenden, Taxifahrern, Tanzlehrern, Messebauern, Veranstaltungstechnikern und und und, die durch die – sicher zum größten Teil aus epidemiologischer Sicht berechtigten – Notmaßnahmen herbe wirtschaftliche Einbußen haben und nicht mal eben so Kreditlinien der KfW in Anspruch nehmen können? Was ist mit all den prekär Beschäftigten? Was mit den Überschuldeten?
In vielen Branchen ist durch die Deregulierungen der letzten zwei Jahrzehnte das normale, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis nicht mehr die Regel. Dazu gehören unter anderem auch die Gastronomie, der Kulturbereich, die Veranstaltungstechnik und die Hotellerie, die zur Zeit unter dem „Shutdown“ am meisten leiden. Wer keinen regulären sozialversicherungspflichtigen Job hat, kommt jedoch auch nicht für das Kurzarbeitergeld in Frage. Wer als „Freelancer“, Kleinunternehmer oder Tagelöhner arbeitet, kommt ebenfalls nicht in Frage für die staatlichen Hilfsleistungen. Allenfalls die angekündigten KfW-Kredite könnten hier hilfreich sein – aber wenn die kompletten Umsätze wegbrechen und die Kreditlinie ohnehin schon angespannt ist, ist dies auch keine nachhaltige Hilfe. Die „untersten“ 20% der deutschen Haushalte haben schon heute mehr Schulden als Vermögenswerte und darunter sind viele Kleinunternehmer und Selbstständige. Wenn sie über mehrere Wochen oder gar Monate keine Einkünfte mehr erzielen, aber ein Großteil der Kosten – z.B. Mieten, Leasingraten, Kreditkosten – weiterläuft, sind die ohnehin geringen Reserven schnell aufgebraucht.
Hier droht in vielen Fällen eine massenhafte Vernichtung von Existenzen. Die Maßnahmenpakete der Bundesregierung klammern diese Fälle jedoch aus. Hier muss nachgebessert werden.
Um den Betroffenen eine Stimme zu geben und Ideen zu sammeln, würden die NachDenkSeiten gerne Beispiele und Erfahrungen von Menschen sammeln, die in der beschriebenen Form zum Opfer der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise wurden oder dies befürchten. Teilen Sie uns doch bitte Ihre Ideen und Vorschläge mit. Und machen Sie die Öffentlichkeit auf die Schicksale aufmerksam, die zu oft ausgeblendet werden. Denn nur, wenn die Öffentlichkeit alle Stimmen hört, kann auch Druck auf die Politik ausgeübt werden. „Die Wirtschaft“ ist mehr als Lufthansa, VW und die Deutsche Bank.
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