Hinweise des Tages II

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  1. Sigmar Gabriel wird Aufsichtsrat der Deutschen Bank
  2. Konfliktreiche Beziehungen
  3. Empfang von Juan Guaidó in Brüssel und Davos beschädigt Völkerrecht
  4. Stress, Überstunden, Burnout: Ärzte klagen über zu hohe Arbeitsbelastung
  5. Aufforstung: Eine Billion Bäume gegen den Klimawandel?
  6. Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif!
  7. Zögerlicher Rechtsstaat
  8. Beschäftigte ohne Berufsabschluss bei den Löhnen abgehängt
  9. Aufarbeitung des deutschen Kolonialismus: Die Politik schweigt – das ist Verdrängung!
  10. Wer schützt die Welt vor den Finanzkonzernen?
  11. Ein großartiges Buch zu einem Trauerspiel ohnegleichen
  12. Millennials: Zu spät zur Party? Die Mehrheit war gar nicht eingeladen
  13. Stefan Heinz: »Vergessene Gewerkschaftsfunktionäre zum Bestandteil einer kollektiven Erinnerungskultur machen«
  14. “Neues Schlachtfeld”: Wie Sicherheitsfirmen Angst vor der nächsten US-Präsidentschaftwahl schüren
  15. Begibt sich spanische Linksregierung auf portugiesischen Weg?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Sigmar Gabriel wird Aufsichtsrat der Deutschen Bank
    […] Bei Gabriel handele es sich um einen “überzeugten Europäer und Transatlantiker”, wird Aufsichtsratschef Paul Achleitner in einer Mitteilung der Bank zitiert. Als früherer Umwelt-, Wirtschafts- und Außenminister werde Gabriel aufgrund seiner Erfahrungen einen besonderen Beitrag leisten. In “geopolitisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich herausfordernde Zeiten” müsse sich eine globale Bank “ganz neuen Erwartungen und Anforderungen stellen“.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung Jens Berger: Es ist eigentlich überflüssig zu erwähnen, dass der studierte Deutsch-Lehrer Gabriel nicht die Qualifikationen mitbringt, eine internationale Großbank zu beaufsichtigen. Man darf nicht vergessen, dass dieser Aufsichtsratsposten von der Kapitalseite ernannt wird, Gabriel also der Vertreter der Finanzkonzerne sein wird. Eine derartige Ehre, die mit einer „Grundvergütung“ von 100.000 Euro und zahlreichen Prämien einhergeht, bekommt ein ehemaliger Politiker nicht geschenkt. Man kann sie eher als Dankeschön für die Politik der vergangenen Jahre interpretieren.

    dazu: Wie Sigmar Gabriel als Wirtschaftsminister der Deutschen Bank zu Diensten war
    Aus Anlass der Berufung von Sigmar Gabriel in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank lohnt es sich, daran zu erinnern, dass Gabriel als Wirtschaftsminister eine Lobbygruppe der Kapitalanlagebranche installiert hat, die einen Plan für die gewinnbringende Privatisierung des deutschen Autobahnnetzes erstellen durfte. Mitglied dieser ministeriumsinternen Lobbybruppe war auch der Deutsche-Bank-Chef.
    Quelle: Norbert Häring

    Anmerkung Christian Reimann: Erinnert sei auch an die herablassenden Bemerkungen von Martin Schulz und Sigmar Gabriel im Zusammenhang mit der Krise in Griechenland. Albrecht Müller schrieb daher im Juli 2015: Gabriel sprintet in Richtung 20 % für die SPD. Die Suche nach einer erfolgreichen Strategie wäre einfach. Und: Wurde nicht auch die Deutsche Bank mit den Geldern an Griechenland gerettet?

  2. Konfliktreiche Beziehungen
    Scharfe Kritik von Menschenrechtsorganisationen begleitet den heutigen Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Türkei. Berlin scheint bereit, seine Kooperation mit Ankara noch auszubauen, obwohl die türkische Regierung wegen ihres Besatzungskrieges in Syrien wie auch wegen ihrer brutalen Repression gegen die Opposition und den kurdischsprachigen Bevölkerungsteil international angeprangert wird. Ursache für die deutsche Kooperationsbereitschaft ist zum einen, dass der EU-Flüchtlingspakt mit Ankara bewahrt werden soll; die Zahl der Flüchtlinge, die aus der Türkei nach Griechenland reisen konnten, ist im vergangenen Jahr erheblich gestiegen. Zum anderen benötigt Berlin türkische Unterstützung, um seine stolz gepriesene Mittlerrolle im Libyen-Krieg aufrechterhalten zu können; ohne Ankaras Mithilfe steht der Waffenstillstand in Libyen vor dem Ende. Weiter verkompliziert wird die Lage dadurch, dass die Türkei den Konflikt mit Griechenland und vor allem mit Zypern um Erdgas im östlichen Mittelmeer eskaliert. Das EU-Mitglied Zypern verlangt Berlins Hilfe gegen Ankara.
    Quelle: German Foreign Policy
  3. Empfang von Juan Guaidó in Brüssel und Davos beschädigt Völkerrecht
    Mit dem Empfang des venezolanischen Oppositionspolitikers Juan Guaidó bei der Europäischen Union und dem Weltwirtschaftsforum tragen die Verantwortlichen in Brüssel und Davos auf unverantwortliche Weise zur Schwächung des Völkerrechtes bei. Es ist ein Novum, dass Klaus Schwab, der Gründer des Weltwirtschaftsforums, nun auch aktive Putschisten willkommen heißt. Die Anerkennung des selbsternannten Interimspräsidenten vor einem Jahr war eine klar rechtswidrige Einmischung in einem Machtkampf, der die Krise in Venezuela seither erheblich verschärft hat, wie es der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages eindeutig festgestellt hat“, erklärt Heike Hänsel, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. Die Außenpolitikerin weiter:
    „Seit der Selbsternennung zum Interimspräsidenten hat der Oppositionspolitiker vor allem durch erfolglose Umsturzaufrufe, Korruptionsfälle und Kontakte zu paramilitärischen Mörderbanden in Kolumbien von sich Reden gemacht, während seinen Protestaufrufen in Venezuela kaum mehr jemand folgt. Es ist daher richtig, dass die Bundesregierung über das Auswärtige Amt weiter in Verbindung mit der Regierung von Präsident Nicolás Maduro steht, die von der großen Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten anerkannt wird und natürlich Teil einer dringend notwendigen Lösung der Krise in Venezuela sein muss.
    Venezuela bedarf heute eines Ausgleichs zwischen den politischen Lagern und wirtschaftlicher Unterstützung statt immer schärferer US-Sanktionen, die die Bevölkerung treffen. Guaidó kann dabei keine Rolle mehr spielen, nachdem er im vergangenen Jahr vor allem sein politisches Unvermögen bewiesen hat, zu einer politischen Lösung beizutragen.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  4. Stress, Überstunden, Burnout: Ärzte klagen über zu hohe Arbeitsbelastung
    Alarmierende Zustände in deutschen Krankenhäusern. Ärzte sind überlastet und haben keine Zeit für Patienten. Von jungen Medizinern kommt jetzt ein Aufschrei. Eine Studie gibt ihnen recht: 70 Prozent der Ärzte haben Anzeichen von Burnout.
    Hoffentlich stirbt heute kein Patient. Das denkt Fritz, so möchte der junge Arzt genannt werden, jedes Mal, wenn er zur Arbeit in die Klinik fährt. Der Grund für seine Angst: viel zu wenig Zeit für die Patienten, zu wenig Personal, zu viel Verwaltungsarbeit. Die Folge sind Frust, Fehler, Burnout. Oft sei der Patient nur ein Fall in den Akten, erzählt Fritz. Er arbeitet auf der Intensivstation einer bayerischen Klinik.
    „Das Hauptproblem sind die Spät- und Nachtdienste. Das, muss man sagen, ist sicherlich die Zeit, in der die meisten Probleme auftauchen, die meisten Fehler auch passieren, aber auch die meisten Patienten zu Schaden kommen.“
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

    dazu: Viele Kliniken, viele Probleme – und kein Plan?
    Es ist für Menschen jedes Mal ein Aufreger, wenn die Geburtsstation des Krankenhauses in ihrer Region schließt, über die Schließung eines ganzen Klinik-Standorts nachgedacht oder der sogar vollzogen wird. Schnell regt sich Widerstand – wie in der Vergangenheit auf Sylt, in Tönning oder in Niebüll. Doch auch wenn es politisch richtig unangenehm sein könnte: Fast alle, die sich mit dem Krankenhaus-System beschäftigen, wissen, dass sich die Krankenhauslandschaft verändern muss. Zurzeit gibt es in Schleswig-Holstein 92 Kliniken, die Krankenhausleistungen abrechnen dürfen, 28 davon sind allgemeine Krankenhäuser, die 24 Stunden am Tag aufnahmebereit sind – sogenannte Regel-, Schwerpunkt- oder Maximalversorger.
    Quelle: NDR 1 Welle Nord

    Anmerkung unseres Lesers T.T.: Da werden die wirtschaftlichen “Zwänge” der Krankenhäuser als Schicksal gegebene Tatsachen dargestellt, weswegen dann Krankenhäuser geschlossen werden müssen. Kein Wort von wirtschaftlichen Interessen und Lobbys, die mit großen Betrieben mehr Gewinn abschöpfen wollen; kein Wort von politischem Willen, der sich auch in Haushalten zeigt, den Forderungen der Bevölkerung nachzukommen. Für mich eher ein Beispiel, wie indirekt eine neokapitalistische Grundstimmung aufgrund mangelnder Recherche und mangelnder Kritikfähigkeit von Journalisten sich konkretisiert in autoritätsgläubigen Beiträgen. Die Autorität ist dabei die konzentrierte Kapitalmacht, nicht der Staat und auch nicht die Mitmenschen der Journalisten, ich meine den Souverän, auch Volk genannt. Diese Art Beitrag erinnert mich fatal an die “Sachzwänge”, die in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts angeführt wurden, um die Installation der Atomindustrie zu begründen. Diese Sachzwänge kamen auch kritiklos von ganz oben.

  5. Aufforstung: Eine Billion Bäume gegen den Klimawandel?
    Konkret kritisieren die südafrikanischen Biologen das Projekt AFR100, bei dem hundert Millionen Hektar, größtenteils Savanne, aufgeforstet werden sollen, unterstützt auch von Deutschland. In Kamerun würde das bedeuten, ein Viertel der Landesfläche in Baum-Plantagen umzuwandeln.
    Neue Wälder wirken sich auch auf den Wasserhaushalt aus. Im Fachmagazin Global Change Biology zeigte ein Forscherteam kürzlich, dass neue Wälder die Wassermenge nahegelegener Flüsse bis zu fünf Jahrzehnte lang beeinflussen. Nach 25 Jahren führten die Gewässer im Schnitt 38 Prozent weniger Wasser.
    “Wälder wiederherzustellen ist sicher Teil der Klimalösung, aber es muss durchdacht sein”, erklärt Karen Holl von der University of California. Eine Wunderwaffe sei das Bäumepflanzen nicht, und vor allem kein Ersatz für das Einsparen von CO₂-Emissionen an anderer Stelle.
    Quelle: Süddeutsche
  6. Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif!
    Spätestens im Jahr 2050 sollen die Menschen in Niedersachsen weitestgehend treibhausgasneutral leben. Diese rechtliche Absicherung ist richtig und wichtig. Die Krux ist allerdings: Allein durch ambitionierte Klimaziele ist noch kein Gramm CO2 eingespart worden. Es braucht ein Gesamtpaket für eine umfassende Klimaschutzpolitik. Der Weg in eine CO2-neutrale Zukunft ist alternativlos, muss aber sozial gerecht ausgestaltet sein und darf niemanden zurücklassen.
    Klar ist: Zum Nulltarif wird das Ganze nicht zu haben sein. Bis 2030 gibt es in der Bundesrepublik einen gewaltigen Investitionsbedarf von 457 Mrd. Euro. Für den Klimaschutz relevante Bereiche wie die Dekarbonisierung, der öffentliche Personennahverkehr und der Wohnungsbau, schlagen mit 110 Mrd. Euro zu Buche (siehe Grafik). In Niedersachsen fallen ungefähr 10 Prozent dieser Summe an. Aber für eine umfassende klimafreundliche Modernisierung unseres Landes werden noch weitaus größere Ausgaben anfallen. Dafür reichen die derzeitigen Einnahmen des Landes trotz des erwarteten Milliardenüberschusses nicht aus. Denn die sozial-ökologische Transformation ist ein Marathonlauf und bleibt ohne langfristige Finanzierung auf der Strecke!
    Quelle: DGB Niedersachsen #schlaglicht
  7. Zögerlicher Rechtsstaat
    Mehr Vorwarnung ging nun wirklich nicht! Bereits Mitte vergangenen Jahres hatte Horst Seehofer gesagt, er wolle »alle Register« im Kampf gegen Rechtsextremismus ziehen und – nach intensiver Prüfung, versteht sich – »Combat 18« verbieten. Und was geschah? Nichts. […]
    Warum agiert der Rechtsstaat so zögerlich? Mussten die Dienste – wie so oft – erst einmal ihre V-Leute abziehen, ohne die viele rechtsextremistische Gruppen kaum existieren würden?
    Quelle: Neues Deutschland

    dazu: Linke Politikerin über Combat-18-Verbot: „Das Verbot kommt zu spät“
    Combat 18 hätte schon vor 20 Jahren verboten werden müssen, meint Martina Renner, Innenpolitikerin der Linken. Und natürlich ohne Ankündigung.
    Quelle: taz

  8. Beschäftigte ohne Berufsabschluss bei den Löhnen abgehängt
    Das Medianentgelt von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten ohne Berufsabschluss war bundesweit Ende 2018 mit 2.461 Euro brutto im Monat um 843 Euro geringer als das der Vollzeitbeschäftigten insgesamt (3.304 Euro). Sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte mit anerkanntem Berufsabschluss kamen auf ein Medianentgelt von 3.189 Euro brutto, Vollzeitbeschäftigte mit akademischen Berufsabschluss auf ein Medianentgelt von 5.113 Euro.
    In Ostdeutschland war das Medianentgelt von Vollzeitbeschäftigten ohne Berufsabschluss mit 2.023 Euro brutto noch einmal deutlich geringer als in Westdeutschland mit 2.507 Euro brutto. Nach Bundesländern wurde in Mecklenburg-Vorpommern das geringste Medianentgelt für Vollzeitbeschäftigte ohne Berufsabschluss gezahlt, nämlich 1.854 Euro brutto im Monat.
    Der Niedriglohnanteil (Entgelte unter der bundeseinheitlichen Schwelle des unteren Entgeltbereichs in Höhe von 2.203 Euro) von Vollzeitbeschäftigten ohne Berufsabschluss lag bundesweit Ende 2018 bei 40,4 Prozent (in Ostdeutschland bei 58,1 Prozent, Westdeutschland 38,6 Prozent), der mit anerkanntem Berufsabschluss bei 18,4 Prozent. Der Anteil von Vollzeitbeschäftigten ohne Berufsabschluss im Niedriglohnbereich hat sich seit Ende 2014 mit einem Anteil von 35,3 Prozent noch einmal deutlich erhöht. Zum 31.12.2018 gab es bundesweit 1.673.138 sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte ohne Berufsabschluss mit Angaben zum Entgelt.
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  9. Aufarbeitung des deutschen Kolonialismus: Die Politik schweigt – das ist Verdrängung!
    Die breite politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung über die Folgen des Kolonialismus, die kulturellen, sozialen, ökonomischen und Wissens soziologischen ist nicht gewollt. Man entsorgt sie in Gremien, Kommissionen und Förderzentren.
    Über die Gründe kann man spekulieren: Ist es die generelle Entpolitisierung des Politischen in der Ära Merkel? Oder ist es die Angst vor einem Querschnittsthema, das viele Fragen in einen Zusammenhang bringt? Fragen der Identität, des Rassismus, der globalen sozialen Ungleichheit, der Klimapolitik – Fragen der Geflüchtetenpolitik im Mittelmeer und Fragen der Entwicklungs- und Sicherheitspolitik. In einen Zusammenhang, in dem die Privilegien der weißen deutschen Mehrheitsgesellschaft allerdings noch privilegierter erscheinen. Wo offen zutage träte, auf welchen rassistischen und ausbeuterischen Grundlagen der Wohlstand Deutschlands, ja Europas, beruht, und dies nicht nur historisch.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

    Anmerkung unserer Leserin U.P.: Sehr guter Beitrag, in dem der Historiker Jürgen Zimmerer Wesentliches anspricht, was die bisherige Verdrängung der deutschen Kolonialgeschichte angeht.

  10. Wer schützt die Welt vor den Finanzkonzernen?
    Spiegel-Bestsellerautor Jens Berger hat sich mit den “heimlichen Herrschern und ihren Gehilfen” beschäftigt. Schutz vor ihnen ist nicht einfach. Aber nicht unmöglich
    […]
    Die heutigen Verursacher an der Misere der Unterdrückten habe keine eindeutigen Adresse
    In längst vergangenen Zeiten, empörten sich die kujonierten unteren Klassen, wenn sie sozusagen den Kanal voll hatten, weil sie nicht mehr wussten, wie sie ihr Leben fristen sollten bei kargen Lohn. Als Schuldigen machten sie rasch die Großgrundbesitzer und Großbauern sowie die sie ausbeutenden Fabrikherren aus. Die hatten eine Adresse. Und dahin konnte man empört und wutentbrannt ziehen und seine Stimme erheben – wenn es sein musste, mit Mistforken in der Hand
    Heute ist das zum Großteil ziemlich unmöglich, die Schuldigen an der Misere der Unterdrückten und deren Adressen ausfindig zu machen.
    Noch beherrschen Konzerne die Welt nicht. Wege dahin sind jedoch bereits erkennbar
    Der Journalist und Autor Jens Berger, Redakteur der NachDenkSeiten und Autor von Sachbüchern wie beispielsweise „Der Kick des Geldes“ (2005) und „Wem gehört Deutschland?“ (2014) hat sich für sein jüngstes Buch mit den wichtigsten Finanzkonzernen und mit deren Gebaren beschäftigt. Der Titel: „Wer schützt uns von den Finanzkonzernen? Die heimlichen Herrscher und ihre Gehilfen“. Die Gehilfen sind in der Wirtschaft und der Politik zu finden.
    Dass Konzerne die Welt beherrschen ist zwar noch nicht in die Tat umgesetzt, aber Wege dorthin sind durchaus erkennbar. […]
    Was freilich bedingt, dass wir uns vom neoliberalen Holzweg auf den sich Politiker durch einflussreiche Einflüsterer und Lobbyisten haben locken lassen, verlassen, ein für alles Male, und hinter uns abbrechen, um fürderhin Wege zu beschreiben, die einer menschlichen Gesellschaft förderlich sind. Jens Berger endet, wieder Anleihe bei dem bekannten Werbespruch nehmend: „Es gibt viel zu tun. Packen wir es an.“
    Losgehen sollte es gleich nach der Lektüre dieses empfehlenswerten Buches. Denn der Hut brennt
    Quelle: der Freitag
  11. Ein großartiges Buch zu einem Trauerspiel ohnegleichen
    Rezension der Neuerscheinung von Christoph Butterwegge „Die zerrissene Republik. Wirtschaftliche, soziale und politische Ungleichheit in Deutschland“. Einer der renommiertesten Armutsforscher der Bundesrepublik, Christoph Butterwegge, bis 2016 Professor für Politikwissenschaft an der Kölner Universität und 2017 sogar Kandidat der Linkspartei bei der Bundespräsidentenwahl, hat Anfang dieses Jahres zur Zerstörung des bundesdeutschen Sozialstaats eines der wichtigsten und fundiertesten Bücher vorgelegt, die in letzter Zeit zu dieser Thematik erschienen sind. Unter dem Titel „Die zerrissene Republik. Wirtschaftlichesoziale und politische Ungleichheit in Deutschland“ kam beim Weinheimer Beltz-Juventa-Verlag eine Studie heraus, über 400 Seiten stark, die mit enormer Akribie und Sachkenntnis eine Entwicklung analysiert, die mit gutem Recht als das Hauptproblem unserer Gesellschaft bezeichnet werden kann, wenn nicht als das Kardinalproblem auf diesem Erdball überhaupt.
    Quelle: Hinter den Schlagzeilen
  12. Millennials: Zu spät zur Party? Die Mehrheit war gar nicht eingeladen
    Wer nur Generationenkonflikte sieht, muss sein verteilungspolitisches Auge schon sehr fest zudrücken
    Der Ökonom Oliver Picek verweist in der Debatte um den Wohlstand der Millennials auf die fehlende Verteilungsgerechtigkeit. Eine Replik auf den Beitrag über Lukas Sustalas Buch “Zu spät zur Party”.
    Als 30-Jähriger muss man nach diesem Buch seine Eltern hassen. Sie sind die allein Schuldigen an allen Problemen, ist man nach der Lektüre überzeugt: hohe Mieten und Immobilienpreise, Klimawandel, Finanzkrise, unsichere Jobs in einer prekären Arbeitswelt. Die jungen Millennials sind “zu spät zur Party” gekommen und können deshalb nicht mehr mitfeiern, während die in den 1960ern geborenen Babyboomer abgecasht haben. Diese These steht im Zentrum des Buchs Zu spät zur Party: Warum eine ganze Generation den Anschluss verpasst von Agenda-Austria-Ökonom Lukas Sustala.
    Tatsächlich beziehen sich Verteilungskonflikte manchmal auf das Alter. Aber es ist doch nicht jedes gesellschaftliche Problem allein auf einen Generationenkonflikt zurückzuführen. Wer das tut, vergisst bei der Betrachtung einer Maus unterm Küchentisch auf den Elefanten im Raum: auf das Thema der Verteilung zwischen Arm und Reich. Das wahre Match in unseren Gesellschaften lautet nicht “Alt gegen Jung”, sondern “Arm gegen Reich”.
    Quelle: Der Standard
  13. Stefan Heinz: »Vergessene Gewerkschaftsfunktionäre zum Bestandteil einer kollektiven Erinnerungskultur machen«
    Stefan Heinz über Alwin Brandes, den ersten Vorsitzenden des Deutschen Metallarbeiterverbandes, und dessen Leben in vier politischen Systemen. Der Historiker und Politikwissenschaftler Heinz ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand.
    Herr Dr. Heinz, gemeinsam mit Prof. Dr. Siegfried Mielke haben Sie einen gewichtigen Band in der Reihe »Gewerkschafter im Nationalsozialismus« veröffentlicht. Auf mehr als 500 Seiten stellen Sie Leben und Wirken des Gewerkschafters Alwin Brandes vor – ein weithin unbekannter Mann. Was hat Sie bewogen, sich Alwin Brandes zu widmen?
    Stefan Heinz: Alwin Brandes ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Er zählte zu den einflussreichsten und bekanntesten Gewerkschaftern in der Weimarer Republik. Brandes war bedeutender Akteur während der Novemberrevolution und von 1919 bis 1933 einer der Vorsitzenden des Deutschen Metallarbeiterverbandes (DMV) – damals nicht nur die mitgliederstärkste Gewerkschaft der Weimarer Republik, sondern sogar die größte der Welt. Brandes war Repräsentant seiner Gewerkschaft auf internationaler Ebene und langjähriger Wirtschafts- und Sozialpolitiker im Reichstag. Nach 1933 war der aktive Gewerkschafter »Kopf« einer der bedeutendsten gewerkschaftlichen Widerstandsgruppen gegen das NS-Regime. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges gehörte er zu den scharfen Kritikern der Entwicklung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) zu einer zentralistischen Gewerkschaft unter Führung der SED in der Sowjetischen Besatzungszone. Der Lebensweg von Brandes ist verflochten mit bedeutenden Ereignissen des vergangenen Jahrhunderts. Soweit es möglich war, engagierte sich der Gewerkschafter in den insgesamt vier politischen Systemen, in denen er lebte, für eine Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.
    Quelle: Blickpunkt WiSo
  14. “Neues Schlachtfeld”: Wie Sicherheitsfirmen Angst vor der nächsten US-Präsidentschaftwahl schüren
    Mit grotesken Übertreibungen versucht etwa eine von israelischen Ex-Geheimdienstmitarbeitern gegründete Cybersicherheitsfirma mit Simulationen Bedrohungsstimmung und einen Markt zu schaffen
    In den USA steigt die Aufregung mit den heranrückenden Präsidentschaftswahlen. Es wird propagiert, dass angeblich die Wahlen erneut unter Beschuss kommen würden, nachdem bereits 2016 vor allem Russland durch das Hacken von Emails der Demokraten und Hillary Clinton sowie Desinformationskampagnen über soziale Netzwerke versucht haben soll, diese zu beeinflussen. Während die Präsidentschaftskandidaten Milliarden für politische Werbung und Kampagnen, also für Beeinflussung ausgaben, um gezielt einzelne Wähler anzusprechen oder Gruppen mit allem möglichen Content zu bombardieren, etwa mit der britischen Cambridge Analytica, ist etwa die aus angeblichen russischen Quellen stammende Facebook-Werbung verschwindend gering. Zusammen mit dem russischen Hackern unterstellten Leak der Emails wurde damit vor allem für die Demokraten auf der Verliererseite Donald Trump ins Präsidentenamt geholfen.
    In den USA wird überbordend von “Infowar” oder einem “virtuellen Krieg” gesprochen, was auch dazu dient, etwa von den Problemen des reformbedürftigen amerikanischen Wahlsystems abzulenken (Russische “Einmischungsoperation” wird zu einem Monstrum aufgeblasen). Dabei geraten andere Beeinflussungsbemühungen anderer Länder in den Hintergrund.
    Aber es ist natürlich interessanter, Bedrohungen von außen anzunehmen und böse Gegner hochzuspielen. Das ist eine selbsterhaltende Tätigkeit des aufgeblähten amerikanischen, aber auch jeden anderen Sicherheitsapparats.
    Quelle: Telepolis
  15. Begibt sich spanische Linksregierung auf portugiesischen Weg?
    Schon auf dem ersten Treffen des Sozialpakts einigten sich Regierung, Unternehmer und Gewerkschaften auf Mindestlohnanhebung
    Es war eine kleine Überraschung, dass die Arbeitsministerin Yolanda Diaz am Mittwoch ankündigen konnte, dass der Mindestlohn rückwirkend ab dem 1. Januar in Spanien um 5,5% ansteigen wird. Statt 900 Euro im Monat bekommen viele Beschäftigten nun 950 Euro. Da es in Spanien 14 Zahlungen gibt, sind es im Vergleich zu anderen Ländern, in denen es wie z. B. in Frankreich nur 12 Zahlungen gibt, umgerechnet 1.108 Euro im Monat. Nach Angaben der Ministerin beziehen gut zwei Millionen Bürger den Mindestlohn.
    Quelle: Telepolis

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