Das Auswärtige Amt in Berlin scheint eine Art Wurmfortsatz des StateDepartments, des Pentagon und des CIA zusammen zu sein

Ein Artikel von:

Der NachDenkSeiten-Leser Marco Dette wollte vom Auswärtigen Amt, genauer: vom deutschen Außenminister, wissen, ob er die Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages teilt, wonach die Tötung des iranischen Generals Soleimani eine völkerrechtswidrige Handlung war. Er hat eine Antwort des Auswärtigen Amtes erhalten. Wir dokumentieren beide Mails und zuvor seinen Kommentar zum Vorgang. Albrecht Müller.

Marco Dette an die Redaktion der NachDenkSeiten:

„es ist erstaunlich, mit viel viel Dreistigkeit das AA Behauptungen der USA einfach übernimmt. Egal, ob es sich um angebliche Gefahren für US-Bürger handelt, gegen die man natürlich präventiv vorgehen muss und dabei einen Krieg mit vielen Toten einfach mal in Kauf nimmt, oder um die Nutzung von Ramstein, von wo natürlich nur gezielte Drohnenangriffe erfolgen und niemals Zivilisten ums Leben kommen könnten. Ich komme mir beim Lesen solch einer Antwort wie jener des Auswärtigen Amtes verhonepipelt vor und dies ist noch sehr nett ausgedrückt.“ 

Die Dokumentation der beiden E-Mails, erstens der Mail von Marco Dette an das AA und zweitens der Antwort des Auswärtigen Amtes, und dann noch ein Nachtrag:

Erstens:

Von: Marco Dette
Gesendet: Sonntag, 19. Januar 2020 08:03
An: Poststelle des AA

Betreff: Wissenschaftlicher Dienst zu Soleimani

Sehr geehrter Herr Aussenminister Maas,

Wie beurteilen Sie die Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes, dass es sich bei der Tötung von Soleimani um eine völkerrechtswidrige Handlung handelte?

Wie sehr wäre die Bundesregierung involviert, wenn sich herausstellen sollte, dass die Drohne über die Relaisstation Ramstein gelenkt worden wäre? Hätte dann Deutschland nicht eine Mitschuld an dieser Tötung? Wäre dies nicht ein verheerendes Signal für die deutsche Diplomatie?

Ich meine mich zu erinnern, dass der Wissenschaftliche Dienst die Bundesregierung aufforderte, die Aktivitäten in der US Air Base Ramstein unter die Lupe zu nehmen, weil Drohnenangriffe und Völkerrecht nicht zueinander passen. Wie ist der aktuelle Stand hierzu?

In der Erwartung einer Antwort verbleibt

Mit freundlichen Grüßen
Marco Dette
 
Zweitens: Antwort des Auswärtigen Amtes
Gesendet: Dienstag, 21. Januar 2020 um 11:55 Uhr
Von: “500”
An: “Marco Dette”

Betreff: Ihre Anfrage vom 19. Januar 2020 – Betreff: Wissenschaftlicher Dienst zu Soleimani

Sehr geehrter Herr Dette,

vielen Dank für Ihre nachstehende Anfrage an Bundesaußenminister Maas.

Hinsichtlich der Tötung von General Qassem Soleimani am 3. Januar durch einen gezielten Luftschlag der USA hat die Bundesregierung das Schreiben der USA an den VN-Sicherheitsrat vom 8. Januar zur Kenntnis genommen, wonach General Soleimani in die Planung und Ausführung mehrerer bewaffneter Angriffe des Iran auf US-Einrichtungen in Irak und der Region verwickelt gewesen sei. In Reaktion auf eine eskalierende Serie derartiger Angriffe hätten die USA in Ausübung ihres völkerrechtlichen Selbstverteidigungsrechts gehandelt. Soleimani sei aus Sicht der USA nicht nur der Drahtzieher dieser Angriffe gewesen, sondern als Militär und Kommandierender ein legitimes militärisches Ziel im Sinne Kriegsvölkerrechts gewesen. Gegen dieses Ziel sei durch einen gezielten Schlag unter Berücksichtigung der Bestimmungen des humanitären Völkerrechts vorgegangen worden.

Eine umfassende völkerrechtliche Bewertung dieses US-Vorbringens seitens der Bundesregierung erfordert eine detaillierte Analyse der tatsächlichen Umstände. Die Bundesregierung verfügt jedoch nicht über die Kenntnis aller Umstände dieses Falls.

Das von Ihnen angeführte Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen. Grundsätzlich kommentiert die Bundesregierung derartige Beiträge zur wissenschaftlichen Debatte nicht.

Bewaffneter Drohnen sind keine völkerrechtlich verbotenen Waffen, und ihr Einsatz verstößt nicht per se gegen das Völkerrecht. Zu den Fragen einer etwaigen Rolle des US-Luftwaffenstützpunkts Ramstein beim Einsatz bewaffneter Drohnen steht die Bundesregierung in einem vertrauensvollen Dialog mit unseren amerikanischen Partnern. Die USA haben der Bundesregierung wiederholt bestätigt, dass Aktivitäten in US-Militärliegenschaften in Deutschland im Einklang mit geltendem Recht erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
 
     
Referat 500
Werderscher Markt 1, 10117  Berlin
www.auswaertiges-amt.de
ü SAVE PAPER – THINK BEFORE YOU PRINT
 
 
Nachtrag Albrecht Müller: Die Erfahrung, die unser Leser Dette hier macht, entspricht auch dem, was andere Journalistinnen und Journalisten bei der Bundespressekonferenz erleben: die Sprecherin des Auswärtigen Amtes wie auch Sprecher anderer Ministerien und der Regierungsprecher verhalten sich dort wie gefügige Wurmfortsätze der Interessen der USA. Das war wirklich schon einmal besser. Ich kann das einigermaßen beurteilen, weil ich in meiner Zeit als Abteilungsleiter Planung im Kanzleramt jeden Tag in der morgendlichen Lage erlebt habe, wie eigenständig meine Kollegen von der Auslandsabteilung des Bundeskanzleramtes, die jeweils aus dem Auswärtigen Amt kamen und wieder dorthin zurückgingen, agierten und argumentierten. Sie verhielten sich wie Beamte und Diplomaten im Dienste unseres Landes und vom deutschen Steuerzahler bezahlt. Auch die Bundesaußenminister Willy Brandt, Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher waren von anderem Kaliber als ihr Nachfolger heute. Hier gilt halt das, was der süddeutsche Volksmund so sagt: Wie der Herr so’s Gscherr.

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