Am letzten Freitag erschien Julian Assange erneut per Videolink vor dem Westminster Magistrates Court in London. Wie die britische Daily Mail berichtete, hat Julian Assange bis dato keinen Zugang zu wichtigen Anklagepunkten gegen ihn erhalten. Einige Zuhörer auf der Besuchertribüne beschrieben seinen Gesundheitszustand als weiter verschlechtert. Leider habe ich in der deutschsprachigen Presselandschaft keinen Bericht über diese Verhandlung gefunden und darum nachfolgend eine kurze Zusammenfassung. Von Moritz Müller.
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Thomas Scripps, der für WSWS (World Socialist WebSite) schreibt, beschreibt Assange:
“Er war in einem sichtlich schlechteren Zustand als bei seinem letzten Auftritt vor Gericht und wirkte unruhig, müde und niedergeschlagen. Zeugen auf der Tribüne stimmten zu, dass sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert zu haben schien.”
Zuschauer aus dem Gerichtssaal sagten, dass Julian Assanges Hände mit Mullbinden verbunden waren. Wenn man bedenkt, dass schon im November 60 Ärzte in einem Offenen Brief seine Verlegung in eine Universitätsklinik gefordert haben, weil sein Leben in Gefahr sei, dann ist sein weiter verschlechterter Gesundheitszustand Grund zu dringender Besorgnis.
Dies scheint die zuständigen Stellen aber nicht weiter zu beunruhigen, zumal die jetzige konservative Regierung, durchsetzt mit Personen, die ihr Urteil über Assange schon gefällt haben, nach den Unterhauswahlen vom vergangenen Sonntag richtig fest im Sattel sitzt. Nicht nur im Zusammenhang mit Julian Assange werden sich in Zukunft viele Wähler fragen, wen sie da auf Grund schöner Verheißungen eines durch den Brexit entfesselten Landes gewählt haben.
Vielleicht ringt sich der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, ja doch noch zu einer Intervention durch, im Lichte dieser sich auf vielen Ebenen für Julian Assange verschlechterten Lage. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Zur Vorbereitung auf den für Ende Februar geplanten Prozess zur Auslieferung an die Vereinigten Staaten hörte das Gericht, dass seine Anwälte einen Antrag an die Richterin gestellt hatten, in dem sie sich über fehlenden Zugang zu ihrem Mandanten im Gefängnis beschwerten.
Die Verteidigerin Gareth Peirce sagte, dass das Rechtsteam sich damit abmühte, Dokumente für den Fall vorzubereiten, dass Assange keinen Zugang zu den Beweisen gegen ihn habe. “Ohne das Wissen von Herrn Assange sind einige davon neu hinzugekommene Beweise, andere das Ergebnis monatelanger Ermittlungen, nicht immer in diesem Land, von denen er wegen der Blockierung der (Anwalts-)Besuche nichts weiß.”
Die Fallübersicht, die das Rechtsteam von Assange am 19. Dezember dem Gericht vorlegen wird, ist ein “dichtes Dokument” mit “potenziell 20 Zeugen” und “kürzlich gewonnenen Beweisen”, sagte seine Anwältin. “Mr. Assange hatte keine Gelegenheit, die Zusammenfassung zu überprüfen, geschweige denn andere Beweise”, sagte Peirce dem Gericht und bemerkte, dass “wir dafür eine angemessene Zeit brauchen würden”.
“Dieser Zeitplan ist leider nicht realisierbar, Mr. Assange bekommt nicht das, was er braucht, und wir tun unser Bestes”, sagte Peirce gegenüber Richterin Baraitser. “Trotz unserer Bemühungen wurde Herrn Assange nicht das gegeben, was ihm zusteht, und wir tun unser Bestes, um diesen Zustand zu durchbrechen.”
Peirce sagte, dass der Gouverneur von Belmarsh Familienbesuchen Vorrang vor Anwaltsbesuchen eingeräumt habe, und sie bat die Bezirksrichterin Vanessa Baraitser einzuschreiten. Aber diese entgegnete, sie habe keine Zuständigkeit für die Gefängnisordnung.
Da frage ich mich, wer denn die Zuständigkeit für Julian Assanges Haftbedingungen hat. Aus den Berichten aus dem Gerichtssaal geht auch nicht hervor, ob diese Frage von Assanges Anwälten gestellt wurde, obwohl sie ja naheliegend ist.
Nichtsdestotrotz gab die Richterin noch dieses, wohl auf die Gefängnisbehörden gemünzte Statement ab:
“Ich möchte klarstellen, dass ich nicht den Wunsch habe, jedwedem Anwalt im Weg zu stehen, der einen angemessenen Zugang zu seinem Mandanten sucht, und es ist im Interesse der Justiz, dass er diesen Zugang hat. Was ich tun und sagen kann, ist, vor Gericht zu erklären, dass es für dieses Auslieferungsverfahren hilfreich wäre, wenn die Anwälte von Herrn Assange den Zugang zu ihrem Mandanten hätten.”
Ob der Gouverneur vom Belmarsh-Gefängnis, wo Julian Assange eingekerkert ist, dieses Signal hört oder als solches auffasst, muss sich zeigen, und es kann natürlich auch sein, dass dies einfach nur schöne Worte der Richterin sind, um uns Zuschauende zu beruhigen. Auch wenn sie keine Befehlsgewalt über das Gefängnis hat, hindert sie nichts daran, dort einmal anzurufen und die obigen Worte zu wiederholen.
Gut, dass vor einigen Tagen die deutschsprachige Webseite Candles4Assange ans Netz gegangen ist, auf der sich viele zur Unterstützung von Julian Assange nötige Tipps und Veranstaltungen finden. Den Macherinnen und Machern dieser wichtigen Seite gehört ein gebührender, großer Dank!
Nachfolgend einige englischsprachige Links zu obigem Gerichtstermin:
Titelbild: Antoni Mantorski/shutterstock.com