Hinweise der Woche
Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Oskar Lafontaine zum Mauerfall: „Meine Prognose ist leider eingetreten“
- Rennen um SPD-Vorsitz
- Bolivien
- “Europa muss die Sprache der Macht lernen”
- Grundrente: Ergebnis mit Schwindsucht
- Sozial schwach
- Schwarze Weste für die dreckigen Zwanzig
- Wie ultrakonservative US-Organisationen ihre Agenda exportieren
- Der stumpfe Stachel des linken Sektierertums
- 30 Jahre 1989: Die doppeldeutige Revolution
Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Oskar Lafontaine zum Mauerfall: „Meine Prognose ist leider eingetreten“
Oskar Lafontaine über seine Erinnerungen an den Mauerfall, seine Ideen zur deutschen Einheit und seine Vorstellungen von Willy Brandt.
Quelle: Frankfurter Rundschau - Rennen um SPD-Vorsitz
Denkt nach, Genossen!
Wenn die SPD noch eine Chance haben will, muss sich die Basis dem Parteiestablishment widersetzen und für Walter-Borjans und Esken stimmen.
Quelle: tazAnmerkung unseres Lesers U.D.: der taz-Autor hat eine gute Analyse zur Wahl des neuen SPD-Vorsitzes geschrieben. Da stimmt eigentlich alles.
- Bolivien
- Berlin und der Putsch
Die Bundesregierung und ein führender Politiker der Opposition billigen den Putsch in Bolivien. Der von der Armeeführung erzwungene Rücktritt des gewählten Präsidenten Evo Morales sei ein “wichtiger Schritt hin zu einer friedlichen Lösung”, behauptet ein Berliner Regierungssprecher. Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag urteilt, die Militärs hätten “die richtige Entscheidung getroffen”. Morales hatte, um Blutvergießen zu vermeiden, nach einer Meuterei der Polizei und einer ultimativen Drohung des Armeechefs sein Amt aufgegeben. Treibende Kräfte des Umsturzes sind vor allem weiße, wohlhabende Kreise aus dem bolivianischen Tiefland, deren Politiker zum Teil mit parteinahen deutschen Stiftungen kooperieren; einer von ihnen ist als Übergangspräsident im Gespräch. Vom Umsturz betroffen ist hingegen vor allem die indigene Bevölkerung, von der ein erheblicher Teil erst durch Morales’ Maßnahmen aus bitterster Armut befreit wurde. Entwicklungen, die jüngst die Stellung des Präsidenten schwächten, wurden auch durch ein deutsches Unternehmen verstärkt.
Quelle: German Foreign Policy
Deutsches Lithium-Unternehmen ruft Altmaier zu Hilfe
Für Elektroautos ist Lithium extrem wichtig – in Bolivien sollte ein deutsches Unternehmen erstmals Zugang zu dem Rohstoff bekommen. Doch das Projekt wurde gestoppt. Nun fordert der Firmenchef Unterstützung von der Politik.
… “Wir geben dieses Projekt nicht einfach auf”, sagte ACISA-Chef Wolfgang Schmutz dem SPIEGEL. “Jetzt werden Lösungen gesucht und gefunden. Dazu brauchen wir auch die Unterstützung der Politik.”
(…) Schmutz sagte, er werde die Bundesregierung und die Stuttgarter Landesregierung um Hilfe bitten. “Wir sind in eine schwierige Situation gekommen. Es ist wichtig, dass die Politiker, die uns damals unterstützt haben, jetzt nicht abtauchen, sondern für uns weiter eintreten.” Das sei auch in ihrem eigenen Interesse: “Elektromobilität und Energiewende sind Riesenthemen in der deutschen Wirtschaft. Der Rohstoff Lithium ist die existenzielle Grundlage dafür.”
Quelle: SPONAnmerkung Marco Wenzel: Der Beitrag des „Spiegel“ ist vom 6. November. Die „Unterstützung der Politik“ hat ACISA ja nun bekommen. Natürlich war es nicht Altmeier, der den Putsch in Bolivien angezettelt hat. Und natürlich ist Lithium auch nur einer der Rohstoffe, auf den das internationale Kapital es in Bolivien abgesehen hat. Aber Lithium wird dabei auch eine Rolle gespielt haben.
Evo Morales hatte sich den Zorn der indigenen Bevölkerung, die bisher zu seinen treuesten Unterstützern gezählt hatte, durch den Vertrag mit Acisa zugezogen. Der Zorn wuchs, als sich herausstellte, dass ACISA sich nicht an die Abmachungen halten wollte und die Weiterverarbeitung des Rohstoffes außerhalb von Bolivien betreiben wollte. Damit wäre außer großen Umweltschäden für Bolivien nicht mehr viel vom Abbau übrig geblieben. Morales hat im letzten Augenblick die Reißleine gezogen. Zu spät, wie es scheint.
Ergänzende Anmerkung Jens Berger: Die externe Motivlage ist komplex und vielschichtig. Den USA kommt es sicher zudem gelegen, dass Bolivien auch der größte Erdgasproduzent Südamerikas ist. Die Fracking-Konzerne sind dringend auf neue Abnehmer angewiesen. Dabei geht es nicht um freie Lieferkapazitäten an sich, sondern vor allem um eine Stützung des Gaspreises, der durch den Fracking-Boom im Keller ist.
Durch den Preisverfall arbeiten viele Gasfelder der USA nur noch defizitär und diese Milliardenprojekte sind durch gehebelte Finanzinstrumente finanziert, die – wie einst die Subprime-Kredite – eine toxische Menge erreicht haben. Der große Befreiungsschlag wäre die Verhinderung von Nord Stream 2 gewesen; aber hier sieht es zur Zeit für die USA ja eher schlecht aus.
In diesem Kontext sollte man auch im Hinterkopf behalten, dass Trumps wichtigste Unterstützer und Finanziers Hedgefonds- und Öl-/Gasmilliardäre wie Paul Mercer Renaissance), John Paulson (Paulson & Co), Gary Cohn (Goldman Sachs), Kelcy Warren (Energy Transfer Partners), Carl Icahn (Icahn Enterprises), Stephen Feinberg (Cerberus) und Harold Hamm (Continental Resources) sind. Bislang hat er deren Wünsche (z.B. Keystone Pipeline, Iran-Sanktionen) stets pflichtgetreu erfüllt.
Marco Rubio und der Texaner Ted Cruz, die offenbar in besonderer Weise beim Putsch in Bolivien involviert waren (siehe dazu den Hintergrundartikel von Frederico Füllgraf) stehen übrigens ebenfalls ganz oben auf der Payroll von Big Oil und Big Gas.
- Berlin und der Putsch
- “Europa muss die Sprache der Macht lernen”
“Europa muss auch die Sprache der Macht lernen”, sagte sie in Berlin in einer Europa-Rede vor der Konrad-Adenauer-Stiftung. “Das heißt zum einen, eigene Muskeln aufbauen, wo wir uns lange auf andere stützen konnten – zum Beispiel in der Sicherheitspolitik”, sagte die frühere deutsche Verteidigungsministerin. “Zum anderen die vorhandene Kraft gezielter einsetzen, wo es um europäische Interessen geht.” (…)
Von der Leyen rief Europa auf, sich auf seine Stärken zu besinnen. Für Verzagtheit gebe es keinen Grund. “Europa ist heute attraktiver, als wir es oft wissen oder zumindest darüber reden.” Europa möge hinsichtlich seiner Bevölkerung älter und weniger werden. “Aber wir haben etwas, was unschätzbar ist: Rechtsstaat, Freiheit, Demokratie, Offenheit für viele Lebensentwürfe – das finden junge Menschen in China oder Russland nicht.”
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung Christian Reimann: So sieht also die Vorstellung der künftigen EU-Kommissionspräsidentin, Frau von der Leyen, für die Europäische Union (oder doch ganz Europa?) aus. Das sind ihre Wünsche. Aber wie heißt es schon in der Pädagogik: Wünsche müssen nicht in Erfüllung gehen.
Beherrscht Frau von der Leyen eigentlich die „Sprache der Macht“? Zum Ausdruck kommt doch vielmehr eine Rhetorik der Konfrontation – insbesondere gegen China und Russland. Aber offenbar an der Seite der USA, die zumindest dem „SPON“-Beitrag zufolge nicht einmal erwähnt wurde. Bitte lesen Sie dazu auch “Von der Leyen in Brüssel: Eindeutig für die Politik der Stärke und Abschreckung gegenüber Russland. Ansonsten schwammig.“.
Lesen Sie dazu bitte auch: Albrecht Müller: “Den Geist der Zeit bestimmen Personen, die sich nur noch in Nuancen vom Geist der Rechten unterscheiden“.
- Grundrente: Ergebnis mit Schwindsucht
Schon der Gesetzentwurf zur Grundrente hatte grundlegende Mängel (siehe Artikel aus dem Februar). Jetzt gibt es eine Einigung in der Regierungskoalition, die kein Anlass zum Frohlocken ist. Mit Vermeidung von Altersarmut hat das nichts zu tun und mit einer Anerkennung von Lebensleistung nur sehr selektiv.
(…) Dass die Ergebnisse dieser Kürzungsarie als große Reform gefeiert werden, die nun auch für die Rettung der Großen Koalition herhalten muss, ist überaus merkwürdig.
Diese „große Reform“ ist lediglich ein Reformkrümelchen, das bei genauerer Betrachtung vergiftet ist, weil es viel Ungerechtigkeiten beinhaltet, zu vielen Enttäuschungen führen wird und Spaltungspotential besitzt.
(…) Obwohl die jetzt verhandelte Grundrente Millionen Bedürftige ausschließt und für viele Begünstigte nur bescheidene bis keine geldlichen Vorteile gegenüber der Grundsicherung bringt, wird sie von Parteien, Sozialverbänden und Gewerkschaften über den grünen Klee gelobt. Nur eine kleine Auswahl:
„Die Koalition zeigt damit, dass sie handlungsfähig ist und anerkennt die Lebensleistung von nahezu 1,5 Millionen Beschäftigten.“ (DGB)
„Es ist sehr positiv, dass die Renten von bis zu 1,5 Millionen Menschen automatisch aufgewertet werden.“ (Sozialverband VdK)
“Wir begrüßen den hart errungenen Kompromiss zur Grundrente. Nach 35 Arbeitsjahren darf niemand gezwungen sein, im Alter zum Sozialamt zu gehen.“ (IG Metall)
„Wer 35 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt hat, hat künftig Anspruch auf die Grundrente, wenn ansonsten die Rente zu niedrig wäre.“ (SPD)
Die LINKE beschränkt sich auf Detailkritik und versäumt es, das Konzept für eine Mindestrente als einzig richtige Alternative in die Diskussion zu bringen.
Eine Mindestrente, die über der Armutsgefährdungsschwelle liegt, könnte aktuell und dauerhaft Altersarmut zurückdrängen. Aktuell wäre das eine Rente von ca. 1.100€ netto.
Dass eine derartige Mindestrente möglich ist, zeigen die Mindestrenten in Österreich…
Quelle: Seniorenaufstand - Sozial schwach
Es gehört zur Tragik der Sozialdemokratie, dass sie als Partei, geschwächt von den parteipolitischen Folgen von Hartz IV, nicht mehr die Kraft und nicht mehr die politische Potenz hatte, Hartz IV entscheidend zu korrigieren. Die wichtigsten Korrekturen hat nicht die Politik, sondern, viele Jahre nach dem Inkrafttreten der Hartz-IV-Gesetze, das Bundesverfassungsgericht initiiert. Hätte sich die Politik bei der Bankenrettung so lange Zeit gelassen wie bei der Korrektur von Hartz IV – die kriselnden Banken wären bankrott gegangen. Aber die sogenannten “sozial Schwachen” stehen nicht so im Lichte wie die Banken und sie galten und gelten auch nicht als “systemrelevant”.
Das war und ist aber ein grober Irrtum, denn bei der Hilfe für Menschen, die nicht genug Arbeit oder genug Arbeitslohn zum Leben haben, geht es um die Konkretisierung von Artikel 1 Grundgesetz. Und dort steht nicht, dass die Würde der Banken, sondern dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Dazu passt es nicht, dass Hartz IV die Schuld an der Arbeitslosigkeit an diejenigen abschiebt, die arbeitslos sind. Dazu passt es nicht, dass die Hartz-IV-Gesetze die Arbeitslosen kontrollieren und sanktionieren und mit Unterstützungsleistungen unglaublich knausern. Dazu passt es nicht, dass Hartz IV, trotz Mindestlohn, hilft, die Löhne zu drücken. …
Es bleibt dabei, dass Elemente des Strafrechts im Sozialrecht eine große Rolle spielen: Wer sich nicht konform verhält, wer echt oder angeblich zumutbare Arbeit nicht annimmt, nicht zur gemeinnützigen Arbeit antritt, Termine nicht wahrnimmt oder Dokumente nicht beibringt – dem werden die Leistungen bis weit unter das Existenzminimum gekürzt, wenn auch nicht mehr ganz so brutal und pauschal wie bisher; er kann aber womöglich auch künftig seine Stromrechnung nicht mehr bezahlen.
Karlsruhe hat dazu nicht Nein, sondern nur Jein gesagt. Im Jahr des 70. Grundgesetzjubiläums hätte man sich ein Urteil gewünscht, das mehr Gespür dafür hat, dass Armut auch Armut an Demokratie ist, und das der Bedeutung des Sozialstaatsgebots mehr und besser Rechnung getragen hätte.
Quelle: Heribert Prantl in der SZAnmerkung JK: Chapeau! Herr Prantl. Chapeau! Aber leider wird auch dieser Appell ungehört verhallen. Für die Durchsetzung der neoliberalen Agenda ist das Hartz IV Repressionsregime ein zu zentrales Element, als dass die Parteien der neoliberalen Mitte dieses grundsätzlich in Frage stellen würden.
Und ja, auch wenn es bereits bis zum geht nicht mehr wiederholt wurde, mit der Einführung der Agenda 2010 und des Hartz IV Repressionsregimes hat die SPD alles verraten für das sie jemals eingestanden ist. Historisch hat dies die Dimension des Verrates der Revolution von 1918 an die alten kaiserlichen Eliten. Es ist bis heute unverständlich wie sich die SPD an einen vom Ehrgeiz zerfressenen Parvenü verkaufen konnte, der sein größtes Glück darin fand die Brosamen vom Tisch der herrschenden Oligarchie aufzuklauben.
- Schwarze Weste für die dreckigen Zwanzig
Trotz aller Klimaversprechen steigen in den G20-Staaten die Emissionen von Klimagasen weiter an, zeigt eine neue Analyse. Ziele sind so schwach, dass sie trotzdem erfüllt werden (…)
„Die CO2-Emissionen aus den 20 größten Volkswirtschaften steigen an“, heißt es im diesjährigen Bericht „Brown to Green“, den das internationale Forschungsnetzwerk „Climate Transparency“ am Montag veröffentlicht. „Keines der Länder hat Pläne für einen Pfad, der die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt, obwohl die meisten dafür die technischen Möglichkeiten und ökonomische Anreize haben.“
Der jährliche „Brown to Green“-Report verfolgt die Fort- und Rückschritte der Industriestaaten auf dem Weg zu einer „grünen“ Weltwirtschaft. Zusammen sind die Staaten der G20 für etwa 80 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich
Quelle: taz - Wie ultrakonservative US-Organisationen ihre Agenda exportieren
Die religiöse Rechte der USA schickt Millionen nach Europa, um ihr Weltbild auch hier zu propagieren.
Sie sind gegen Abtreibung, Sterbehilfe, Frauenrechte und für «traditionelle Werte». In den USA wehren sich fundamentalistische christliche Organisationen selbst dagegen, dass in der Schule die Evolutionstheorie gelehrt wird. Wenn von Fundamentalismus die Rede ist, gehen diese Organisationen aber meist vergessen, dabei haben sie in den USA grossen Einfluss – nicht zuletzt aufgrund vermögender Geldgeber.
Im Namen «traditioneller moralischer Werte» tragen sie ihren «Kulturkampf» auch ausserhalb der USA aus. Seit Jahren unterstützen sie rechtspopulistische Gruppen in Europa und lobbyieren in Parlamenten. Neben Expertise unterstützen sie europäische Organisationen auch mit Geld.
Schätzungsweise 56 Millionen Euro seien von 2008 bis 2017 von ultrakonservativen US-Organisationen an rechtspopulistische Empfänger in Europa geflossen, schreibt das österreichische Magazin «Kontrast» mit Bezug auf «Open Democracy». Seither hätten sich die Summen eher noch erhöht. Inhaltlich überschneiden sich ihre Ziele oft mit der Islam- und fremdenfeindlichen Agenda der europäischen Rechtspopulisten. (…)
Ramsey hält es für sehr wahrscheinlich, dass ein Grossteil der Graswurzelbewegungen, die gegen Schwulen- oder Frauenrechte protestieren, aus den USA finanziert werden. Der Einfluss fundamentalistischer Christen habe in den letzten Jahren stark zugenommen, sagen auch Vertreter von LGBTQ-Organisationen. Evelyne Paradis, Vertreterin der europäischen Dachorganisation ILGA, führt das zunehmend «toxische Umfeld» sowie die Zunahme von Hatespeech gegen Randgruppen auf ihre Aktivitäten zurück.
Kampagnen zur «Wiederherstellung der natürlichen Ordnung», die beispielsweise das christliche Netzwerk «Agenda Europe» fährt, untergraben so lokale Gesetze und die Menschenrechte. Nach Unterlagen, die 3sat vorliegen, hat «Agenda Europe» das Verbot von Abtreibung, Homosexualität und Sterbehilfe zum Ziel. Das 9-Minuten-Video «Die Armee der Bibeltreuen» lässt sich bis zum 28. Oktober 2020 in der ZDF-Mediathek aufrufen.
Quelle: Infosperber - Der stumpfe Stachel des linken Sektierertums
Die politische Debatte hat in Deutschland manchmal die Eigenart, sich durch Scheingefechte von wichtigeren Fragen ablenken zu lassen. So jüngst geschehen im Umfeld von Aktionen ‚antifaschistischer‘ Aktivisten. (…)
Leider aber ergänzen genau solche Auffassungen eine in der Öffentlichkeit – vor allem aber in linksliberalen Zuhörerschaften – grassierende Tendenz zur Pauschalisierung, wonach jeder EU-Kritiker nur anti-europäisch, jeder Brexit-Unterstützer nur nationalistisch-borniert und jede Beschränkung des ungehinderten Waren- und Arbeitskraftverkehrs nur protektionistisch und rückschrittlich sein kann. (…)
Es besteht die Gefahr, dass vor allem junge, politisch noch unerfahrene Leute solche Auftritte entweder als einzig denkbare, weil einzig sichtbare Variante der politischen Aktionsform wahrnehmen. Es wäre ein fatales Signal für die demokratischen Mühen der Ebene, wo Verhandlungs-, Bündnis-, Kompromiss- und Geduldsfähigkeit gefragt sind, sprich politikfähiges Engagement.
Auch problematisch wäre, wenn Nachwuchsaktivisten genau von solchem Verhalten angezogen werden, aber absehbar nach kurzer Zeit aus dem sektiererischen Durchlauferhitzer aussteigen und dann entweder zynisch, ‚liberal‘ gewendet werden oder sich gänzlich von jeder Politik verabschieden abwenden. Bisherige Erfahrung mit politischen Kleinstgruppen im vermeintlichen Besitz intellektueller und moralischer Überlegenheit geht jedenfalls in genau diese Richtung.
Quelle: Alban Werner auf Makroskop - 30 Jahre 1989: Die doppeldeutige Revolution
Für die politischen Ereignisse, die im Herbst 1989 ihren Anfang nahmen und nach einem turbulenten Jahr am 3. Oktober 1990 mit dem Beitritt zur Bundesrepublik das Ende der DDR besiegelten, haben sich in der kollektiven Wahrnehmung zwei konkurrierende Bezeichnungen und ein weltweit anerkanntes Ereignis von symbolischer Wirkung festgesetzt. „Wende“ und „Friedliche Revolution“ sind die beiden Sammelbezeichnungen, und das symbolische Ereignis ist der „Fall der Mauer“ am 9. November 1989. Alle drei Begriffe haben in den drei Jahrzehnten seither neben ihrem faktischen Inhalt einen propagandistischen Beigeschmack bekommen. (…) Ähnlich doppeldeutig stehen die beiden berühmten, damals vor allem in Leipzig gerufenen Losungen „Wir sind das Volk“ und, Wochen danach: „Wir sind ein Volk“.
Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik