Mit Wirtschaftssanktionen setzen vor allem mächtige Industrieländer unterlegene Nationen unter Druck – wenn sich diese etwa einer „wirtschaftlichen Öffnung“ widersetzen wollen. Diese Praxis ist abzulehnen, die „moralischen“ Phrasen der Begründung sind zynisch. Die Ländergruppe „77+China“ geht nun gegen diese Sanktionspolitik in der UNO vor – zur Unterstützung kann man einen Appell unterzeichnen. Von Tobias Riegel.
Wirtschaftssanktionen werden vor allem von gewichtigen Industrienationen unterlegenen Nationen aufgebürdet – als radikale „Erziehungsmaßnahme“ bei ungebührlichem Widerstand gegen Forderungen nach „Öffnung“ oder „Liberalisierung“ der dortigen Märkte für Ressourcen und Arbeitskräfte. Diese Sanktionen treffen fast immer die Zivilbevölkerung – mit einer Härte, die man nur als Terror bezeichnen kann. Angesichts dieses terroristischen Charakters der Zwangsmaßnahmen erscheinen die fadenscheinigen Begründungen – oft verbunden mit Vokabeln der „Menschenrechte“ – als reiner Zynismus. Einen Höhepunkt dieses Zynismus beschreibt sicher der berüchtigte Auftritt von US-Außenministerin Madeleine Albright, bei dem sie den Tod von 500.000 irakischen Kindern durch US-Sanktionen rechtfertigt:
Gegen diese Praxis der destruktiven Sanktionierung geht nun die in der UNO vertretene Ländergruppe „77+China“ mit einer Resolution vor. In dem überfälligen und wichtigen Dokument wird unter anderem verlangt:
„2. fordert die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, dringende und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Anwendung einseitiger wirtschaftlicher, finanzieller oder handelspolitischer Maßnahmen zu unterbinden, die nicht von den zuständigen Organen der Vereinten Nationen genehmigt sind und die mit den Grundsätzen des Völkerrechts oder der Charta der Vereinten Nationen….. unvereinbar sind;
3. fordert die internationale Gemeinschaft auf, die Auferlegung der Anwendung solcher Maßnahmen als Mittel des politischen und wirtschaftlichen Zwangs gegen Entwicklungsländer zu verurteilen und abzulehnen…..;“
Der „Segen“ der Sanktionen: Hunger, Medikamentenmangel, Obdachlosigkeit
Dieser Resolutionsvorschlag werde derzeit im Zweiten Ausschuss der UN-Generalversammlung diskutiert und der Ausschuss werde am 14. November die endgültige Abstimmung darüber vornehmen, berichtet etwa das US-Medium „Peoples Mobe“ (auf Englisch). Dort wird auch beschrieben, dass es laut UN-Berichten derzeit über 33 Länder und Dutzende von nichtstaatlichen Einheiten gebe, die von Sanktionen betroffen sind. Dazu gehörten unter anderem Venezuela, Kuba, Nicaragua, Iran, Syrien, Simbabwe, Weißrussland und viele andere, „deren Bevölkerung unter Hunger, Medikamentenmangel, Obdachlosigkeit und Störungen ihres Bildungssystems und anderer wichtiger sozialer Dienste leidet“. Den Entwurf der UN-Resolution kann man hier einsehen.
Zur Unterstützung der wichtigen Resolution ruft „Peoples Mobe“ zur Unterzeichnung eines Appells auf, der hier zu finden ist.
Die NachDenkSeiten haben sich bereits in zahlreichen Artikeln mit internationalen Sanktionen und ihren schlimmen Folgen beschäftigt. In jüngerer Vergangenheit wurde etwa in diesem Artikel die fragwürdige Haltung deutscher Bischöfe zu den Sanktionen gegen Syrien beschrieben, oder in diesem Artikel die Folgen der Sanktionen für die Menschen in Venezuela.
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