Positive Anmerkungen zu Erhard Epplers Wirken
Der sozialdemokratische Politiker Erhard Eppler ist am 19. Oktober gestorben. Er hat für unser Land und auch für seine Partei Großes geleistet. Albrecht Müller.
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Den ersten Kontakt zu Epplers Wirkungskreis hatte ich schon anfangs der Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts. Damals war Eppler einer der Köpfe einer kleinen, heute leider vergessenen und kleingeschriebenen Partei, der Gesamtdeutschen Volkspartei. Sie wurde von Gustav Heinemann, dem späteren Bundespräsidenten initiiert, weil er und seine Mitstreiter die Wiederbewaffnung Deutschlands verhindern wollten, um noch die Chance auszuloten, die Bundesrepublik West und die DDR damals schon zu vereinen. Aber sie wurden von der Agitation der Kalten Krieger hinweggefegt.
Erhard Eppler trat dann wie die meisten anderen aus dieser GVP-Gruppe der SPD bei. Ab 1961 war er Mitglied des Deutschen Bundestages und Mitglied des Finanzausschusses. Dort wurde in den sechziger Jahren an der Reform der Umsatzsteuer gearbeitet. 1968 wurde dann die All-Phasen-Brutto-Umsatzsteuer durch die Mehrwertsteuer ersetzt. Das war eine sehr bedeutende Reform, was die meisten Menschen wohl nicht wissen. Dadurch wurde nämlich endlich die konzentrationsfördernde bisherige Umsatzsteuer von 4 % beim Umsatz von Stufe zu Stufe durch etwas Vernünftigeres ersetzt. Da ich mich mit dieser negativen Wirkung schon von Hause aus und dann beim Studium sowieso viel beschäftigen musste, kann ich die Leistung und Mitwirkung Epplers an dieser Reform nicht hoch genug ansetzen.
Im gleichen fachlichen Milieu habe ich ihn dann 1971 kennengelernt. Sein persönlicher Referent Gunter Huonker und ich hatten es übernommen, der von Eppler geleiteten Steuerreformkommission der SPD zuzuarbeiten. Die Arbeit in und mit dieser Kommission war aufregend, weil Erhard Eppler sehr sachverständig und die verschiedenen Strömungen versöhnend und dennoch mit klarem Ziel arbeitete. Das Kommissionsergebnis wurde dann Ende des Jahres 1971 vom Bonner/Bad Godesberger SPD-Parteitag verabschiedet. In der Debatte dort gab es einen berühmten Eklat. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Professor Karl Schiller rief aufgeregt in den Raum „Genossen lasst die Tassen im Schrank“, als versucht worden ist, das Kommissionsergebnis noch etwas zu verschärfen. Erhard Eppler hat dies prima durchgestanden. Die Leistung dieser Kommission war vorbildlich und das hatte wesentlich mit seinem Vorsitz und seiner Person zu tun.
Dann habe ich Erhard Eppler noch einmal als unterstützende Kraft erlebt, als es darum ging, das Wahlprogramm für den wichtigen Wahlgang im Jahre 1972 zu schreiben und dort schon im Titel die Forderung „für eine bessere Qualität des Lebens“ unterzubringen. Das war der ökologische Akzent, den Willy Brandt seit 1961 setzte und wofür er in Erhard Eppler einen engagierten Mitstreiter fand. Auch im Ergebnis der Steuerreformkommission findet sich schon der Vorschlag für eine Ökosteuer.
Erhard Eppler hat sich dann Anfang der achtziger Jahre wie bekannt für die damalige Friedensbewegung gegen die Nachrüstung engagiert. Das hat ihm mit Recht viele Sympathien eingebracht. Dass er damit schuld am politischen Ende der Kanzlerschaft Helmut Schmidt gehabt habe, ist eine Unterstellung zu Erhard Epplers Lasten. Der Niedergang hatte ganz andere Gründe. Die wesentlichen lagen bei Helmut Schmidt selbst.
Dann gäbe es noch viel zu schreiben über Erhard Eppler – über seine Kritik an den Beschäftigungsprogrammen des Kanzlers Helmut Schmidt, über seine Unterstützung des Kosovo-Krieges, des Afghanistan-Krieges und der Agenda 2010 und sein Mitwirken am Niedergang seiner Partei. Aber wie heißt es so schön und wohl auch treffend: Von Verstorbenen soll man nur Gutes sagen. Erhard Eppler hätte es auf Lateinisch sagen können: De mortuis nil nisi bene.
Daran will ich mich halten.
Aber Erhard Eppler hat es verdient, dass später einmal mit den engagierten Laudatoren von heute ein ehrliches, offenes Gespräch geführt wird. Es bleibt auch bei ehrlicher Betrachtung nämlich immer noch sehr, sehr viel Verdienstvolles zum Leben dieses großen Schwaben zu vermerken.
Nachtrag: Ich hatte versäumt, auf Erhard Epplers große Leistung als Entwicklungshilfeminister hinzuweisen. Er hat dieses Thema, er hat die Zusammenarbeit mit den Ländern des Südens und die Hilfe für sie überhaupt erst richtig in die deutsche Debatte eingeführt. Das war die eine Seite und die Hauptsache. Die andere Seite war, dass er damit engagierte junge Leute an die Politik und auch an die SPD herangeführt hat.