Die Auslandseinsätze, die SPD und die Standhaftigkeit

Die Auslandseinsätze, die SPD und die Standhaftigkeit

Die Auslandseinsätze, die SPD und die Standhaftigkeit

Tobias Riegel
Ein Artikel von: Tobias Riegel

Die aktuellen Pläne zur Verlängerung des Bundeswehreinsatzes „gegen den IS“ sind nicht nur aus völkerrechtlichen und geopolitischen Gründen abzulehnen. Sie sind zusätzlich ein Schlag gegen die Glaubwürdigkeit der SPD, die einmal mehr als „Einknicker“ dasteht. Jetzt ist der Bundestag gefragt: Die Parlamentarier können die falsche Entscheidung noch kippen. Von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die Bundesregierung will den völkerrechtlich höchst umstrittenen Bundeswehreinsatz „gegen den IS“ verlängern – auch die SPD ist offensichtlich dazu bereit. Das ist eine sehr schlechte Nachricht – nicht nur aus dem Blickwinkel der Militarisierung und des Rechtsbruchs: Die Entscheidung des Kabinetts ist zusätzlich ein (weiterer) Schlag gegen die Glaubwürdigkeit der SPD und dadurch auch ein Schlag gegen SPD-Personal, auf das man momentan seine Hoffnungen setzt. So wird etwa SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich durch den Vorgang beschädigt.

Die Beschädigung der SPD – Was sind Kabinettsbeschlüsse noch wert?

Schließlich hieß es noch Ende August im „Spiegel“:

„Die SPD geht auf Konfrontationskurs zu Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Entgegen der Forderungen Kramp-Karrenbauers lehnen die Sozialdemokraten eine Verlängerung des Anti-IS-Mandats der Bundeswehr weiter ab.“

Dass die SPD das Mandat nun doch wieder verlängern wolle, sei “eine bittere Niederlage für den Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, der noch im Juli etwas anderes erklärt hat”, sagte etwa LINKEN-Fraktionschef Dietmar Bartsch gegenüber Medien. Man müsse auch die Frage stellen, was Kabinettsbeschlüsse eigentlich noch wert seien.

Keine militärische „Anschluss-Versorgung“?

Offiziell begründet wird die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes damit, dass es nicht gelungen sei, die deutschen Kriegs-Dienstleistungen durch andere Nationen ersetzen zu lassen. Zudem müssten „bisherige Erfolge gesichert und ein Wiedererstarken des IS verhindert werden“, so der von Medien zitierte Mandatstext: „Andernfalls droht ein erneutes Abgleiten in unsichere und volatile Verhältnisse mit negativen Auswirkungen auf die gesamte Region.“ Weitere Hintergründe zum Einsatz und zum Beschluss des Kabinetts finden sich etwa in diesem Artikel. Demnach soll das Mandat für Aufklärungsflüge deutscher Tornados von Jordanien aus sowie die Luftbetankung von alliierten Kampfflugzeugen (mindestens) bis Ende März weitergehen. Es werde aber die Zahl der beteiligten deutschen Soldaten von 800 auf 700 reduziert.

Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen begrüßte laut Medien explizit diese Einigung. Er sagte aber zugleich, es sei klar, dass Tornadoeinsatz und Luftbetankung Ende März endeten. Leider ist das wegen der wiederholten Erfahrungen mit der fehlenden Standhaftigkeit einiger Sozialdemokraten alles andere als „klar“. Eigentlich wäre angesichts des Zustands der SPD genau jetzt die Zeit für deutliche Zeichen, die den Eindruck der politischen Konsequenz vermitteln. Der aktuelle Vorgang signalisiert das Gegenteil – und das ist brandgefährlich für die Sozialdemokraten.

Der Bruch des Völkerrechts und die Täuschung des Bundestags

Der LINKEN-Verteidigungspolitiker Alexander Neu warf der Bundesregierung laut DPA vor, den Bundestag getäuscht zu haben, indem kein Abzug vorbereitet worden sei. Auch das neue Mandat sehe keinen Abzugszeitplan vor. „Mit anderen Worten, die SPD ist mal wieder vor der Union eingeknickt – der sogenannte Anti-IS-Einsatz läuft faktisch auf unbestimmte Zeit weiter.“ Zwar mag die tatsächliche Schuld für die fehlende militärische „Anschluss-Versorgung“ in Jordanien und Syrien eigentlich die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) treffen – Leidtragende sind aber in der Öffentlichkeit nun einmal mehr die Sozialdemokraten.

Dass der Bundeswehreinsatz mutmaßlich internationales Recht bricht, vermutet aktuell auch der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner im „Handelsblatt“. So sei die völkerrechtliche Legitimation der Mission im Irak und Syrien „mehr als fragwürdig“.

„Absurd und dreist“

Und Fraktionsvize Sevim Dagdelen stellt laut Medien für die LINKEN fest:

„Es ist nicht akzeptabel, wie die Bundesregierung den Bundestag mit dem neuen Einsatzmandat vorführt. Der Bundestag hat vor einem Jahr den Abzug der Bundeswehr zum 31. Oktober 2019 beschlossen. Das Ende des Mandats kommt mithin für keinen überraschend. Es ist absurd und dreist, wenn Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer jetzt sagt, man habe bisher noch keinen Ersatz für die Bundeswehr finden können und müsse daher noch einmal verlängern.“

Die Hoffnung liegt jetzt auf den Abgeordneten

Angesichts dieses Widerstands aus der Opposition und der vermutlich großen Unzufriedenheit an der SPD-Basis über den Kabinetts-Vorstoß besteht noch Hoffnung: Der Bundestag muss der Entscheidung zu den Bundeswehreinsätzen noch zustimmen. Jetzt ist also der Moment, um sich direkt an seine/n Bundestagsabgeordnete/n zu wenden und ein entsprechendes Abstimmungsverhalten einzufordern.

Titelbild: PRESSLAB / Shutterstock