Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Grob fahrlässig: Haushaltswoche im Bundestag
  2. Neue Satellitenaufnahmen zeigen dramatische Eisschmelze
  3. Brexit: So kann Labour das Land aus dem Chaos führen
  4. Staatsverschuldung: Italiens Trumpf gegen die EU
  5. 9/11: Studie deutet auf Sprengung des dritten Turms
  6. Neues Gesetz geplant: Kalifornien bringt Uber und Lyft in Gefahr
  7. Türkische Attacke auf den saudischen Kronprinzen
  8. Steinmeiers Rede zum Bürgerfest – Chuzpe hat der Mann
  9. Den Ausverkauf stoppen
  10. Gutachter: Enteignen ist legitim
  11. Pharmakonzerne steigen aus Antibiotika-Entwicklung aus
  12. In der Wohlstandsmitte entspringt ein skeptisches Bild der Gesellschaft
  13. Totalitarismus der Selbstoptimierung
  14. Der Teufel trägt Öko

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Grob fahrlässig: Haushaltswoche im Bundestag
    CDU/CSU und SPD haben mit der Zukunft abgeschlossen. Investitionen sollen auf Jahre eingefroren werden. Die Regierung reagiert nur noch auf dumpfe Reize, z. B. wenn Trump wüste Drohungen gegen Deutschland ausstößt. Sein Botschafter hat bereits mit dem Abzug der US-Truppen aus unserem Land gedroht, wenn wir nicht mehr Geld für Rüstungskonzerne und Bundeswehr bereitstellen. Also, ich finde diesen Vorschlag gut. Der Abzug der US-Truppen würde viel Geld sparen und die Sicherheit in unserem Land erhöhen. Ihre abscheulichen Atomwaffen könnten sie gleich mitnehmen. Europa muss atomwaffenfrei werden.
    In diesen Tagen ist bekannt geworden, dass die Bundesregierung eine Schallmauer durchbrochen hat. Sie will zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik über 50 Milliarden Euro für das Militär ausgeben (nach NATO-Kriterien). Wer das Wettrüsten beschleunigt, macht diese Welt unsicherer. Jeder siebte Euro aus dem Bundeshaushalt wird in das Wettrüsten fließen. Das entspricht einer Aufrüstungsquote von 14 Prozent. Die Investitionsquote des Bundes stagniert dagegen bei 11,1 Prozent. Statt sich eine Quote von der NATO vorschreiben zu lassen, sollten wir eine Investitionsquote in das Grundgesetz schreiben. Allein bei der Deutschen Bahn gibt es einen Investitionsstau von 57 Milliarden. Doch womit beschäftigt sich der zuständige Minister, der über den größten Topf verfügt? Er kämpft mit der Abwicklung der gescheiterten Maut. Minister Scheuer ist die personifizierte Investitionsbremse.
    Es wird ja gern über die »Schuldenbremse« und die »schwarze Null« debattiert. Natürlich ist die Schuldenbremse ökonomischer Unsinn. Die Koalition hat sich an Armen und Beinen gefesselt. Die eine Fessel ist die Schuldenbremse und die andere der Ausschluss von Steuererhöhungen für Vermögende. Wir können nur wieder handlungsfähig werden, wenn die Fesseln gelöst werden. Die Schuldenbremse gehört abgeschafft und eine ordentliche Vermögenssteuer eingeführt. Nur so bekommen wir wieder Spielraum für Investitionen.
    Die Leistungen für Arbeit und Soziales (ohne Rente) aus dem Bundeshaushalt betragen lediglich 38,94 Mrd. Euro, weniger als für Rüstung und Militär. Das ist in Anbetracht einer drohenden Rezession grob fahrlässig! Das Armutsrisiko für Neurentnerinnen und Neurentner in Ostdeutschland wird sich in den nächsten elf Jahren im Vergleich zu Westdeutschland fast verdoppeln. Wir brauchen sofort eine solidarische Mindestrente. Doch für die geplante Grundrente hat die Bundesregierung keine Vorsorge im Haushalt getroffen. Auch für den Klimaschutz stehen bisher viele Leerstellen im Entwurf des Finanzministers. Die Ausgaben für Bildungen sollen sogar sinken. Der ganze Haushalt ist ein Armutszeugnis für diese Regierung.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Marco Wenzel: Grob fahrlässig, treffender kann man es kaum sagen.

    dazu: Ein Dreijähriger versteht, dass Altmaier’s Deal bekloppt ist
    Michael Hüther, ein arbeitgebernaher Ökonom und bekanntlich nicht bei den LINKEN, kritisiert die mitunter theologisch anmutende Begeisterung für die Schuldenbremse. Er sagt, dass sei so, als wenn der Staat Geld auf dem Bürgersteig liegen lässt, statt die Scheine aufzuheben. Und was schlägt Herr Altmaier vor?
    Herr Altmaier will Reichen wegen der Schuldenbremse 2% Zinsen zahlen für Geld für den Klimaschutz. Dabei zahlt Deutschland am Markt nur -0,4%! Und warum nicht eine Vermögenssteuer? Ein Dreijähriger versteht, dass Altmaiers Deal bekloppt ist.
    Quelle: Fabio de Masi

    Anmerkung Marco Wenzel: Bei Aufnahme eines Kredites von 50 Mia € mit 2% Zinsen beträgt die Rückzahlung nach 10 Jahren 60,9 Mia €. Bei Ausgabe von Staatsanleihen mit -0,4% Zinsen dagegen nur 48 Mia €. Differenz: 12,9 Milliarden. Dieses Geld will Altmeier jetzt denen nachwerfen, die es längst schon nicht mehr brauchen. Wie wäre es denn, das Geld den Bedürftigen zukommen zu lassen? In welcher Form auch immer.

  2. Neue Satellitenaufnahmen zeigen dramatische Eisschmelze
    Klimaforscher haben die Auswirkungen der globalen Erwärmung anscheinend unterschätzt. Neue Satellitenaufnahmen der Nasa zeigen eine dramatische Eisschmelze, die in diesem Ausmaß nicht erwartet wurde.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wenn man nach ähnlichen Artikeln googlet, dann findet man für 2011 “Meereis in der Arktis schrumpft dramatisch schnell” und für 2012 “ARKTISCHES MEEREIS – Größte Eisschmelze seit Beginn seriöser Messungen“. Jahr für Jahr für Jahr ein neuer Rekord – traurigerweise ist das kein neues Thema.

  3. Brexit: So kann Labour das Land aus dem Chaos führen
    Wäre der Brexit eine TV-Serie, würden sich die ZuseherInnen längst beschweren, dass sie der Handlung kaum noch folgen können. Kommt der Austritt oder Neuwahlen, droht gar ein Putsch? Warum profitiert Labour vom konservativen Chaos nicht? Wie kann ein Ausweg aus der Brexit-Bredouille aussehen? Das erklärt der Labour-Aktivist Steve Hudson im Interview mit Benjamin Opratko.
    mosaik: Die meisten von uns haben wohl den Überblick in Sachen Brexit verloren. Kannst du uns erklären, was gerade der Stand der Dinge ist?
    Steve Hudson: Die ehemalige Premierministerin Theresa May hatte ein Abkommen mit der EU verhandelt, für das sie keine Mehrheit in der eigenen konservativen Partei hatte. Deshalb musste sie zurücktreten. Ihr Nachfolger Boris Johnson wurde als Premierminister nur von rund 100.000 Mitgliedern der Tories gewählt. Er musste keine allgemeine Wahl oder auch nur Abstimmung im Parlament gewinnen. Johnson ist mit einem harten, autoritären Programm und dem Versprechen, den Brexit unter allen Umständen durchzuführen, angetreten. Viele Konservative waren frustriert, dass es in drei Jahren nicht gelungen ist, die Entscheidung für den Austritt aus der EU umzusetzen und haben Johnson auch deshalb unterstützt…
    Vor diesem Hintergrund ist jetzt ein seit 30 Jahren schwelender Konflikt innerhalb der Tory Party über das Verhältnis zur EU zum offenen Bruch eskaliert. Das Parlament ist Anfang September aus der Sommerpause zurückgekehrt. Die Mehrheit der Abgeordneten – darunter nun auch einige Tories – will mit allen Mitteln einen No Deal-Brexit verhindern. Dafür haben sie nun mehrere Abstimmungen durchgeführt. Boris Johnson hat jede einzelne verloren, weil Abgeordnete seiner eigenen Partei gegen ihn gestimmt haben.
    (…) Warum hat Labour gegen den Neuwahlantrag gestimmt?
    Der Grund dafür ist die berechtigte Sorge, dass Boris Johnson dann sagt: Okay, wir machen Neuwahlen, aber wir setzen sie nach dem 31. Oktober an. Das ist der Tag, an dem der Austritt Großbritanniens aus der EU automatisch stattfindet, wenn kein neuer Aufschub verhandelt wird. Dann hätte Johnson genau, was er will: einen No Deal-Brexit, ohne dass das Parlament eine Möglichkeit hätte, einzugreifen. Deshalb haben die Labour-Abgeordneten, aber auch Tory-Rebellen, dem Neuwahlantrag nicht zugestimmt…
    Quelle: Mosaik

    Anmerkung Marco Wenzel: Zum besseren Verständnis der Geschehnisse und Diskussionen auf „der Insel“: Lesenswert!

    dazu: Das Brexit-Drama geht in die nächste Runde
    (…) Worin besteht der politökonomische Kern der Sache?
    Johnson legt es offensichtlich darauf an, das verrückte Ideal von einem unabhängigen, nur sich selbst verpflichteten, im eigenen Saft schmorenden Großbritannien gegen alle realen Abhängigkeiten, Handelsbeziehungen und Verflechtungen als rücksichtslosen Bruch mit der Europäischen Union theatralisch zu inszenieren – komme, was wolle, und sei dagegen, wer will! Wen interessieren schon die etwa sechs- bis siebentausend Vereinbarungen und Vertragsklauseln, in die die britische Ökonomie eingebunden und von denen ihr Erfolg seit Jahrzehnten abhängig ist?!
    Getragen wird er dabei von einer Welle der nationalistischen Verblendung, zu der sich ein nicht unerheblicher Teil der britischen Bevölkerung hat hinreißen lassen. Deren Frust über den von den britischen Regierungen der letzten vierzig Jahre durchgesetzten Ruin des Sozialstaats und des Lebensunterhalts der arbeitenden Klassen bis in die Mittelschicht hinein wurde erfolgreich auf den Hass gegen alles “Fremde”, die EU, die Ausländer und überhaupt umgeleitet.
    Dabei wurde als unterschwelliger Tenor der rückwärtsgewandte Traum von der “guten alten Zeit”, vom britischen Empire bemüht: Wir, einst die herrschende Macht der Erde, müssen uns von den Bürokraten vom Kontinent nichts sagen lassen! Unser großartiges Großbritannien kommt auch alleine zurecht!
    Im Widerspruch dazu buhlt Johnson jetzt schon um einen Handelsvertrag mit den USA und muss dabei feststellen, dass Trump sich als am längeren Hebel sitzend weiß und entsprechende Bedingungen andeutet: Da müssen Änderungen der im Rahmen der EU eingespielten Warenqualitätsmaßstäbe ebenso in Kauf genommen werden wie eine Öffnung des öffentlichen Gesundheitswesens für amerikanische Investoren. Den “Brexiteers” könnte daran eigentlich klar werden, dass ihr Inselstaat eben nicht mehr das unabhängige, selbstbezüglich überlebensfähige “Empire” darstellt, als das sie sich zu wähnen scheinen …
    Quelle: Telepolis

    dazu auch: No-Deal-Brexit: Britische Regierung gibt “Yellowhammer”-Dokument frei
    Welche direkten Folgen hätte ein harter Brexit für die britische Bevölkerung? Die Regierung in London musste nun ein Papier freigeben, das genau das beschreibt. Erwartet werden demnach Unruhen sowie Engpässe bei Nahrung und Benzin.
    Auf Druck des Parlaments hat die britische Regierung am Mittwochabend ein internes Papier für den Fall eines No-Deal-Brexits veröffentlicht. Die sogenannten Yellowhammer-Dokumente listen die wahrscheinlichen Folgen eines harten Brexits auf.
    Die “Sunday Times” hatte bereits im August detailliert über die Papiere und ihren Inhalt berichtet. Vergangene Woche hatte das britische Parlament dann die Regierung zur Veröffentlichung gezwungen. Staatssekretär Michael Gove, der im Kabinett von Premierminister Boris Johnson für die No-Deal-Brexit-Planungen zuständig ist, betonte am Mittwoch, das Papier sei lediglich ein Szenario für den schlimmsten Fall und keine Vorhersage der wahrscheinlichen Entwicklung. Auch solle es noch aktualisiert werden.
    Laut dem Papier sind bis zu 85 Prozent der britischen Lkw möglicherweise nicht ausreichend auf französische Grenzkontrollen am Ärmelkanal vorbereitet. Daher könne die Abfertigungsrate um 40 bis 60 Prozent sinken und die Wartezeit bis zu zweieinhalb Tage betragen. Das wiederum werde Folgen für die Versorgung mit Medikamenten und Medizinprodukten haben.
    “Der Nachschub an bestimmten frischen Nahrungsmitteln wird abnehmen”, heißt es in dem Dokument. Und weiter: “Es besteht das Risiko von Hamsterkäufen, die eine weitere Dezimierung von Nahrungsvorräten zur Folge hätten.”
    Quelle: Spiegel Online

  4. Staatsverschuldung: Italiens Trumpf gegen die EU
    (…) Italien hat eine neue Regierung – und Brüssel atmet auf. In den EU-Institutionen herrscht die Erwartung, dass die Zusammenarbeit mit der neuen Koalition aus der linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten der PD deutlich leichter wird als bisher – oder zumindest angenehmer. Die im August in die Brüche gegangene Vorgängerregierung aus den Fünf Sternen und der Lega war gegenüber Brüssel äußerst aggressiv auftreten, vor allem bei dem heiklen Thema Migration. Der Ton dürfte nun konzilianter werden.
    Gleichwohl dürfte die neue Regierung in Rom Brüssel noch erhebliche Kopfschmerzen bereiten, schließlich haben die potenziellen Koalitionspartner schon angekündigt, dass sie nicht vorhaben, im Haushaltsstreit mit Brüssel nachzugeben. Ganz im Gegenteil; die Koalition fordert sogar ein Entgegenkommen der EU-Kommission, die bisher von Italien Ausgabendisziplin verlangt. In ihrem Koalitionsvertrag haben die Koalitionäre vereinbart, die stagnierende italienische Wirtschaft mit höheren Staatsausgaben anzukurbeln. Brüssel solle diese Politik unterstützen.
    Die auf zusätzliche Ausgaben getrimmten Haushaltspläne haben für die Regierung offenbar oberste Priorität: Gleich im ersten Punkt des Arbeitsprogramms, das mehr als zwei Dutzend Punkte umfasst, kündigen die Koalitionäre für das kommende Jahr eine „expansive Wirtschaftspolitik“ an. Vor allem Familien sollen von zusätzlichen Leistungen profitieren, genauso wie Behinderte und von Wohnungsnot Betroffene. Auch für Schulen, Universitäten und Forschung soll mehr Geld fließen und im strukturschwachen Süden soll verstärkt investiert werden, um die Region voranzubringen.
    Mit diesen Plänen für zusätzliche Ausgaben geht die neue Regierung auf Konfliktkurs mit der EU-Kommission. Rom und Brüssel liegen wegen der italienischen Haushaltslage quasi im Dauerclinch, und seit dem Amtsantritt der Vorgängerregierung aus Fünf Sternen und Lega im Juni 2018 hatte sich der Streit erheblich verschärft, nicht zuletzt wegen des konfrontativen Tons aus Rom.
    Quelle: Welt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wenn das so kommt, daß die EU(-Kommission) der neuen italienischen Regierung mehr Freiheiten beim Schuldenmachen erlaubt, die sie zu Zeiten der 5-Sterne-Lega-Regierung noch strikt verweigert hat, dann zeigt das nur zum x-ten Mal, was die EU von ihrem angeblichen Grundwert “Demokratie” hält, nämlich nichts. Salvini ist eine mehr als schwierige Figur, war aber genauso demokratisch gewählt wie die 5 Sterne und der Partito Democratico, die jetzt zusammen die Regierung stellen. In dem einen Fall wird die Regierung erpresst, im anderen bekommt sie – unter denselben Rahmenbedingungen – viel mehr Freiraum: das ist Politik nach Gutsherrenart.

  5. 9/11: Studie deutet auf Sprengung des dritten Turms
    Forscher der Universität Alaska Fairbanks haben den Zusammenbruch von World Trade Center 7 untersucht und schließen Feuer als Einsturzursache aus
    In dem vergangene Woche veröffentlichten Abschlussbericht ihrer vier Jahre dauernden Untersuchung erklären die promovierten Bauingenieure Leroy Hulsey, Zhili Quan und Feng Xiao, der Einsturz von World Trade Center 7 am 11. September 2001 sei aufgrund eines “nahezu gleichzeitigen Versagens jeder Säule des Gebäudes” erfolgt und “nicht durch Feuer”.
    Sie stützen sich dabei auf eine neue Computersimulation, die die thermische Wirkung auf die Stahlkonstruktion im Detail nachbildet. Der 126-seitige Bericht wurde am 3. September an der Universität Alaska Fairbanks (UAF) öffentlich vorgestellt. Die großen Medien berichten bislang nicht.
    Die Ergebnisse stehen im Widerspruch zur offiziellen Untersuchung der Regierungsbehörde NIST (National Institute of Standards and Technology) aus dem Jahr 2008, in der, ebenfalls auf Grundlage einer Computersimulation, erklärt worden war, der 186 Meter hohe Wolkenkratzer sei durch Bürobrände in sich zusammen gefallen, indem Stahlträger sich durch Feuer verformt hätten, wodurch die einzelnen Etagen nacheinander eingestürzt wären. ZDF und BBC hatten damals in einer aufwändig gemeinsam produzierten Dokumentation zu WTC 7 resümiert: “Offiziell ist das letzte große Rätsel des 11. September nun gelöst.”
    (…) Die der Untersuchung zugrunde liegenden Rohdaten sollen bis Ende September auf der Projektwebseite der Universität Alaska veröffentlicht werden. Bis zum 1. November werden darüber hinaus fachliche Einschätzungen zur Studie gesammelt, die in einem Ende des Jahres zu veröffentlichenden finalen Abschlussbericht einfließen sollen.
    Quelle: Heise

    Anmerkung Marco Wenzel: Es geht hier um vorsätzlichen Mord an dreitausend Menschen, die an diesem Tag in NY gestorben sind und es geht darum, wer dafür die Verantwortung trägt. Es war eines der größten Verbrechen, das je in den USA begangen wurde.

    Der Terroranschlag und der Zusammensturz der Bürotürme in Manhattan am 11. Sept. 2001 war der Anlass für alle von den USA seither angezettelten „Kriege gegen den Terrorismus“. Auf der Basis von 9/11 wurde eine neue Doktrin für Präventivkriege entwickelt.

    Ganze Länder liegen für den Krieg gegen den Terrorismus in Schutt und Asche. Mit Millionen von Toten und Flüchtlingen. Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien…

    Die Flüchtlinge sind unterwegs aus allen Ländern, meistens aber aus dem Nahen Osten. Viele davon kommen nach Westeuropa, viel nach Deutschland. Die Überlebenden der Kriege gegen den Terrorismus werden zunehmend radikalisiert, die Gewaltspirale rotiert immer schneller.

    Wenn es stimmt, was viele bisher als Verschwörungstheoretiker diffamierte Spezialisten seit Langem behaupten, wenn die Anschläge ein Insiderjob, ausgeführt im Auftrag oder mit Wissen der US Regierung waren, dann ist auch die Begründung für den Krieg gegen den Terrorismus eine Lüge, von deren Legitimation im Sinne des Völkerrechts mal ganz abgesehen.

    Wenn es sich herausstellt, dass dieses Verbrechen im Auftrag der US-Regierung, oder zumindest mit deren Wissen, begangen wurde, dann müssen wir daraus epochale politische Schlussfolgerungen nicht nur in der Außenpolitik, sondern auch in der Innenpolitik ziehen.

    Lesen Sie dazu auch: Der 11. September 2001 wird volljährig – Zeit, um endlich erwachsen zu werden.

  6. Neues Gesetz geplant: Kalifornien bringt Uber und Lyft in Gefahr
    Ein neues Gesetz gegen die „Gig-Economy“ soll Fahrer zu Angestellten machen. Die Geschäftsmodelle großer Fahrdienstleister sind dadurch bedroht – doch nicht nur die.
    Alle Zeichen deuten darauf hin, dass der Senat des Bundesstaates Kalifornien noch in dieser Woche ein Gesetz verabschiedet, das das Geschäftsmodell der Fahrdienstleister Uber und Lyft fundamental bedroht. Das Gesetz würde es für Unternehmen nahezu unmöglich machen, Mitarbeiter als freie Dienstleister zu klassifizieren, wenn sie zentrale Funktionen fürs Unternehmen erfüllen. Für Uber oder Lyft zu fahren, würde darunter fallen.
    Die Unternehmen hatten in den Börsenprospekten für ihre jeweiligen Börsengänge vor einer Umklassifizierung ihrer Beschäftigten gewarnt und auf mögliche Auswirkungen auf Einnahmen und Finanzen hingewiesen. Die Uber-Aktie büßte seit Anfang Juni, als das kalifornische Repräsentantenhaus für das Gesetz votierte, 30 Prozent ihres Wertes ein. Lyft ist ein Viertel weniger wert als noch Anfang Juni.
    Die vom geplanten Gesetz betroffenen Unternehmen unternahmen größte Anstrengungen, die Parlamentarier noch umzustimmen. Lyft, Uber und der Essen-Bringdienst Doordash haben Medienberichten zufolge zusammen 90 Millionen Dollar eingeplant, um den Gesetzesentwurf aufzuhalten. Damit wollen sie eine Volksabstimmung stützen, die Teile des Gesetzes außer Kraft setzen würde.
    Die Chefs der sich sonst hat bekämpfenden Unternehmen Uber und Lyft verfassten im Juni einen gemeinsamen Zeitungskommentar im „San Francisco Chronicle“, in dem sie ihren Fahrern Zugeständnisse wie Weiterbildungs-Angebote, Ruhestandsplanung, bezahlte Auszeiten und generell mehr Mitsprache in Aussicht stellten – unter der Voraussetzung, dass sie weiter freie Dienstleister blieben. Vor zwei Wochen schließlich boten die Unternehmen sogar an, jedem Fahrer einen Mindestlohn von 21 Dollar die Stunde zu garantieren – für die Zeiten, in denen sie Kunden befördern oder auf dem Weg zu ihnen sind.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Leider kommt das alles sehr (oder fast zu) spät. “Unternehmen, die die Löhne und Arbeitszeiten der Mitarbeiter kontrollieren, müssen demnach diese als Angestellte entlohnen.” – Wieso muss eine solche Selbstverständlichkeit noch festgestellt werden? “Beschäftigte, die das Kerngeschäft des Unternehmens erledigen, [sollen] nun als Angestellte gelten” – auch das ist eigentlich selbstverständlich. Uber und Lyft müssen die Kosten für Gesundheitsvorsorge und Sozialversicherungen (Rentenzahlungen) tragen – das sollte bei Angestellten die Norm sein, alles andere ist Schwarzarbeit. Leider haben Uber und Lyft schon eine viel zu große Verbreitung gefunden und u. a. das Taxigewerbe vielerorts zerstört, während ihre Mitarbeiter unter immer weiter sinkenden Löhnen leiden.

  7. Türkische Attacke auf den saudischen Kronprinzen
    “Wohin mit der Leiche?”: Die Veröffentlichung von Gesprächsprotokollen weist Mohammed Bin Salman als verantwortlich für den kaltblütigen Mord an Khashoggi aus. Warum wird die Sache wieder aufgenommen?
    Die Daily Sabah, das Sprachrohr der türkischen Regierung, packt aus. Sie veröffentlicht Teile des Abhörprotokolls der Gespräche zwischen Mitgliedern eines saudi-arabischen Sondereinsatzteams, dessen Aufgabe darin bestand, Jamal Khashoggi zu beseitigen.
    Das dokumentierte Gespräch zwischen Maher Abdulaziz Mutreb und Dr. Salah Muhammed Al-Tubaigy setzt mit der Frage des ersteren ein, ob man die Leiche in einer Tasche (“Bag”) wegschaffen könne. Dr. Al-Tubaigy gibt zur Antwort, dass dies nur ginge, wenn man die Leiche zerschneide. Er sei aber dazu fähig, habe Erfahrung darin, wenn auch nicht mit einer “noch warmen Leiche”. Dann kommt die Aussage, die schon vor Monaten internationale Berühmtheit erlangte:
    Üblicherweise höre ich Musik über Kopfhörer, wenn ich Leichen seziere. Zwischendrin trinke ich Kaffee und rauche. Wenn ich mit dem Schneiden fertig bin, werdet ihre die Leichenteile in Plastiktüten verstauen und diese in Kofferpacken und rausschaffen.
    – Dr. Salah Muhammed Al-Tubaigy
    Das Extra der aktuellen Veröffentlichung besteht nun darin, dass sie den Zeitpunkt des Gespräches zwischen Mutreb und Al-Tubaigy herausstellt: 12 Minuten, bevor Jamal Khashoggi (oder auch: Dschamal Chaschukdschi) am 2. Oktober 2018 das saudi-arabische Konsulat betreten haben wird. Seither fehlt jede Spur von ihm.
    Quelle: Telepolis
  8. Steinmeiers Rede zum Bürgerfest – Chuzpe hat der Mann
    Der Bundespräsident hatte zum Bürgerfest ins Schloss Bellevue eingeladen. Dort hielt Steinmeier eine Rede, die paradigmatisch für die völlige Entfremdung der politischen Eliten steht – denn er ist einer der Architekten der Spaltung Deutschlands und Europas. (…)
    Zum einen steht er als maßgeblicher Architekt der Agenda 2010 für diejenigen Maßnahmen, durch die die Bundesrepublik immer weiter gespalten wurde und wird.Was hat er getan? Er hat ein System befördert, das Druck auf die Arbeitnehmer ausübt, das einen riesigen Niedriglohnsektor in Deutschland geschaffen hat. Er ist mitverantwortlich für die Schwächung der Gewerkschaften und damit dafür, dass in Deutschland die Löhne weit hinter dem Möglichen zurückgeblieben sind. Er hat aktiv die Angst der Mittelschicht vor der realen Möglichkeit eines Abstiegs befördert.
    Das hatte aber auch Rückwirkungen auf die Länder der Währungsunion. Er hat es mit zu verantworten, dass sich Deutschland als Mitglied in dieser Währungsunion durch Lohndumping, durch systematischen, gesetzlich beförderten Betrug an den Arbeitnehmern in Deutschland, Wettbewerbsvorteile gegenüber den anderen Nationen des Euroraumes erschlichen hat. Auf Kosten der anderen Euroländer wurde Deutschland zum Exportweltmeister, der nicht nur Autos und Technologie, sondern auch seine Arbeitslosigkeit an seine Handelspartner exportiert.
    Um einen gesunden Währungsraum zu haben, müssen Handelsbilanzen ausgeglichen sein, in die eine wie die andere Richtung. Deutschlands Handelsbilanz ist extrem ungesund. Steinmeier ist mit der Ausgestaltung der Agenda 2010, dem Umbau und dem Rückbau der sozialen Sicherungssysteme, maßgeblich für das ökonomische Ungleichgewicht mitverantwortlich, an dem die EU zu scheitern droht. Er hat darüber hinaus die Angst vor einem individuellen Abstieg geschaffen, die so etwas wie die AfD hervorgebracht hat. Die Politik, die er zu verantworten hat, hat den Aufstieg rechter Parteien und Parteien, die man gemeinhin populistisch nennt, erst möglich gemacht. Es war eine rot-grüne Regierung, die sozialdemokratische und linke Politik von der Idee der Verteilungsgerechtigkeit völlig entkernt und damit nach rechts verschoben hat. Seitdem ist der Platz links von rechten, marktradikalen Wirtschaftspolitiken frei. (…)
    Auch außenpolitisch hat Steinmeier nicht zur Einigung Europas, sondern als Spaziergänger auf dem Maidan zu einer neuen Spaltung Europas beigetragen. Dabei sind ihm alle diplomatischen Gepflogenheiten abhanden gekommen. Es gilt nach wie vor das völkerrechtliche Prinzip der Nichteinmischung. Ein Außenminister, der auf Demonstrationen im Ausland mit seiner Präsenz einer Gruppe Unterstützung für ihr Anliegen zusichert, verstößt gegen dieses Prinzip.
    Das war allerdings nicht das erste Mal. Mit der rot-grünen Regierung und dem Überfall auf die Bundesrepublik Jugoslawien wurde der Völkerrechtsbruch zum regulären Mittel der deutschen Außenpolitik erhoben. Gewalt ersetzt Recht. Die Beispiele dafür sind inzwischen zahlreich. Egal, ob militärische Unterstützung im Irak, in Syrien, Anerkennung von selbsternannten Präsidenten, Staatspiraterie mit deutscher Unterstützung usw. usf., die Außenpolitik Deutschlands ist inzwischen von groben Missachtungen internationalen Rechts durchzogen.
    Quelle: RT Deutsch

    Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten weisen seit vielen Jahren auf die hier genannten Fehlleistungen des heutigen Bundespräsidenten hin. Bitte lesen Sie dazu auch den aktuellen Diskussionsbeitrag von Albrecht Müller: “Zur Diskussion gestellt: Arbeitet das Spitzenpersonal Steinmeier und Merkel für uns oder für fremde Interessen?“.

  9. Den Ausverkauf stoppen
    Der Einstieg schwerreicher Erben der Discounterdynastie Aldi in einen Agrarbetrieb ist ein Weckruf. Er zeigt exemplarisch, dass immer mehr landwirtschaftliche Unternehmen bei großen Investoren landen, die fernab der Höfe wohnen. Das betrifft vor allem Ostdeutschland mit seinen traditionell sehr großen Betrieben. Denn ein Konzern wie der weltgrößte Rückversicherer Munich Re, der Möbelhaus-Clan Steinhoff oder die Pharmaerben Merckle (Ratiopharm) wollen nicht ein paar Hunderttausend Euro anlegen, sondern Millionen.
    Für diese Reichen sind Agrarbetriebe vor allem wegen der Landwirtschaftssubventionen attraktiv. Die Europäische Union vergibt diese EU-weit rund 58 Milliarden Euro pro Jahr bisher vor allem in Form von „Direktzahlungen“, die die Landwirte einfach pro Hektar bekommen. Wer also viel Land hat, bekommt auch besonders viel Geld vom Staat. Dieses viel kritisierte System garantiert Investoren wie den Aldi-Erben eine sichere Rendite, die wegen der andauernden Niedrig-Zins-Phase höher ist als die jeder einigermaßen sicheren Anleihe auf dem Kapitalmarkt.
    Eigentlich soll dieses Staatsgeld ländliche Regionen etwa in Mecklenburg oder Sachsen-Anhalt stärken. Doch immer mehr Eigentümer der Agrarbetriebe dort leben in Starnberg, Hamburg oder Hannover. Deshalb fließt immer mehr dieser Subventionen anstatt in die wirtschaftlich schwachen Regionen im Osten in den wohlhabenderen Westen. An Leute, die es eh nicht brauchen, weil sie ja schon auf Millionen oder Milliarden – oft nur geerbt – sitzen.
    Diese Umverteilung von Ost nach West, von Arm zu Reich, nehmen viele Leute in den Dörfern wahr. Das trägt zu dem weit verbreiteten Gefühl bei, abgehängt zu sein und dem Eindruck, dass die Reichen immer reicher werden. Auch das speist den Unmut, von dem die AfD profitieren kann. Landgrabbing ist also auch eine Gefahr für unsere tolerante Gesellschaft.
    Deshalb sollten die seit der Föderalismusreform zuständigen Länder endlich Gesetze verabschieden, um Verkäufe von Agrarbetrieben an überregionale Großinvestoren verbieten zu können. Bisher dürfen die Behörden nur den Verkauf von Agrarland untersagen.
    Es gab zum Beispiel in Sachsen-Anhalt einen Gesetzentwurf in diese Richtung. Doch ausgerechnet der Bauernverband hat ihn verhindert. Schließlich sitzen in seinen Reihen Profiteure des Ausverkaufs. Die Regierungsfraktionen zum Beispiel in Magdeburg oder Potsdam sollten den Schneid haben, sich über so ein Veto hinwegzusetzen. Schließlich sind sie vom Volk, nicht von einer egoistischen Lobbygruppe gewählt worden.
    Quelle: taz
  10. Gutachter: Enteignen ist legitim
    Linksfraktionen veröffentlichten Expertise des renommierten Staatsrechtlers Joachim Wieland
    Mit dem Staatsrechtler Joachim Wieland haben die Linksfraktionen im Bundestag und im Abgeordnetenhaus nicht irgendeinen Wissenschaftler für ein Rechtsgutachten zum Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co enteignen« gewinnen können. Der Professor für Öffentliches Recht an der Universität Speyer hat bereits mehrfach Prozessvertretungen für Bundespräsidenten vorgenommen. Als Grundgesetzkommentator beschäftigt er sich seit 25 Jahren mit Artikel 15 des Grundgesetzes. Dieser besagt: »Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.« Auf Grundlage dieses Paragrafen fordert die Berliner Initiative »Deutsche Wohnen & Co enteignen«, dass private Wohnungsgesellschaften, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen, vergesellschaftet werden.
    »Ich habe immer gedacht, die Beschäftigung mit Artikel 15 ist reine rechtswissenschaftliche Theorie und wird keine praktische Bedeutung erlangen«, sagte Wieland am Mittwoch bei der Vorstellung des Rechtsgutachtens im Abgeordnetenhaus. Dass der Artikel 15 in Berlin nun doch praktisch werde, habe ihn erfreut. Die Kernergebnisse des Gutachtens unterstützen das Ansinnen der Berliner Initiative: Grundsätzlich darf das Land Berlin ein Gesetz erlassen, das die Vergesellschaftung von großen Wohnungskonzernen mit jeweils mehr als 3000 Wohnungen vorsieht. Das Land Berlin hat die Gesetzgebungskompetenz, weil der Bund von seiner »konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis« für ein Vergesellschaftungsgesetz bislang keinen Gebrauch macht.
    »Das Grundgesetz selber sagt, ein legitimes Ziel ist die Vergesellschaftung«, betonte Wieland. Zur Erreichung dieses Ziels sei die Sozialisierung geeignet, also die Enteignung gegen Entschädigung. Ein »milderes Mittel« sei nicht ersichtlich. Was die Höhe der Entschädigung angeht, die die Konzerne für ihre Wohnungsbestände bekommen sollen, stellte der Gutachter fest: »Die Höhe der Entschädigung hängt von einer gerechten Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten ab, muss aber keineswegs am Verkehrswert orientiert sein.« Kurz: Es wäre auch denkbar, dass die Konzerne in einer Höhe entschädigt werden, die den Boden- und Immobilienwerten entsprechen, die sie vor der Zeit des Immobilienbooms hatten.
    Quelle: Neues Deutschland

    dazu: Enteignet für S 21
    Für günstigen Wohnraum zu enteignen, wäre DDR. Es für Braunkohle, die Flugzeugproduktion oder eine schiefe Tiefhaltestelle zu tun, dient hingegen dem Allgemeinwohl. Eine Gegenüberstellung verrückter Maßstäbe. […]
    In der Geschichte der Bundesrepublik haben bereits 125 000 Menschen ihre Behausungen verloren, weil sich der Staat in ihre Eigentumsverhältnisse einmischte. Allerdings nicht, um günstiges Wohnen zu ermöglichen, sondern für die Braunkohle. 370 Gemeinden mussten für den Tagebau Garzweiler weichen, den RWE betreibt, und die juristische Legitimation für die Enteignung eines Landstrichs ergibt sich aus dem Gemeinwohl, das vom Verbrennen der fossilen Energieträger profitieren soll. Begründet wurde das seinerzeit mit einer stabilen und günstigen Stromversorgung, die gewährleistet sein müsse. Heute ist Deutschland Europas größter Stromexporteur und Europas größter CO2-Verursacher.
    Doch nicht nur bei der Braunkohle, auch beim Verkehr müssen sich Einzelinteressen dem Gemeinwohl unterordnen. Zum Beispiel beim Straßenbau. Aber auch, damit ein Flugzeugproduzent Kasse machen kann: In Hamburg mussten 2003 mehrere Obstbauern für eine verlängerte Landebahn einer Airbus-Produktionsstätte weichen. Ermöglicht hat diese Enteignung der Genosse der Bosse: Auf Initiative von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) wurde damals eigens zu diesem Zweck das Luftverkehrsgesetz geändert. Fürs Gemeinwohl, versteht sich.
    Und damit nun nach Baden-Württemberg, wo mit Stuttgart, Freiburg und Heidelberg immerhin drei der zehn teuersten deutschen Wohnstädte beheimatet sind – und wo das “tiefrote Gespenst” der Enteignung Investoren verschreckt, wie Innenminister Thomas Strobl (CDU) warnt, und der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann pflichtet ihm bei, dass er die Debatten für Unsinn hält. Allerdings ist auch hier nur der Wohnungsbau gemeint, denn enteignet wird durchaus. Etwa für Stuttgart 21, denn den knapp 60 Kilometern Tunnel, die für das Projekt gegraben werden, stehen circa 3500 Privatgrundstücke im Weg. Nicht alle Eigentümer sind oder waren bereit, die Bahn bei sich bauen zu lassen.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung

  11. Pharmakonzerne steigen aus Antibiotika-Entwicklung aus
    Medienberichten zufolge seien Antibiotika im Vergleich zu anderen Medikamenten nicht lukrativ genug. Zahlreiche Konzerne stellen deswegen ihre Forschungen ein.
    Immer mehr Pharmahersteller ziehen sich nach Informationen des NDR aus der Erforschung neuer Antibiotika zurück. Fast die Hälfte der etwa 100 Firmen, die 2016 eine gemeinsame Erklärung über mehr Anstrengungen im Kampf gegen Resistenzen vereinbart hatten, sei in dem Bereich nicht mehr aktiv, berichtet der Fernsehsender am Donnerstag in der Sendung „Panorama“ im Ersten (21.15 Uhr). Der Internationale Pharmaverband (IFPMA) hatte damals eine Industrieallianz gegründet. Neue Antibiotika werden benötigt, weil Bakterien zunehmen gegen ältere resistent werden. Grund für den Rückzug der Unternehmen sind laut NDR die geringeren Verdienstmöglichkeiten im Vergleich zu Medikamenten gegen Krebs und chronische Erkrankungen. Sie werden nur wenigen Tage eingenommen. Zudem sollten neue Mittel nur im Notfall eingesetzt werden, wenn alle herkömmlichen Antibiotika nicht mehr anschlagen.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung: Den zitierten Panorama-Beitrag finden Sie hier.

  12. In der Wohlstandsmitte entspringt ein skeptisches Bild der Gesellschaft
    Allensbach untersucht die Befindlichkeiten der Generation Mitte und findet die Einschätzung einer Wirklichkeit, die immer aggressiver wird
    Was passiert mit einer Gesellschaft, bei der die “optimistische Zukunftserwartung der Nachkriegszeit durch die Diktatur der Gegenwart von heute” (Harald Welzer) ersetzt wurde?
    Sie wird ängstlicher, beharrt auf dem, was man hat, und bekommt Probleme mit einem Zusammenhalt, der sich nicht über einen äußeren Gegner, sondern über eine gemeinsame bessere Aussicht definiert, wäre eine naheliegende, allgemeine Antwort. Das Allensbacher Institut hat im Auftrag der Deutschen Versicherer (GDV) die Befindlichkeit der “Generation Mitte” erkundet.
    Dazu zählen die Studienverfasser mehr als 35 Millionen 30- bis 59-Jährige, die, so die Charakterisierung der FAZ, mitten im Berufsleben stehen, Kinder erziehen und die Sozialsysteme finanzieren. Sie stellen angeblich “70 Prozent der Erwerbstätigen und erwirtschaften über 80 Prozent der steuerpflichtigen Einkünfte”. Die 1.103 im Juli von Allensbach Befragten bilden einen repräsentativen Querschnitt der 30- bis 59-jährigen Bevölkerung, so die Auskunft der Studienautoren. Sie sind also höchst systemrelevant. In der öffentlich zugänglichen Zusammenfassung der Ergebnisse bestätigt sich das Erwartete …
    Quelle: Telepolis
  13. Totalitarismus der Selbstoptimierung
    Die Achtsamkeitslehre fügt sich dadurch perfekt in die heutige Ich-Fixiertheit ein, die den Lebenskodex vieler beherrscht. Das Ich ist ein work in progress, an dem man sich abarbeiten muss. Selbstoptimierungstrends wie das Quantified-Self, bei dem der eigene Körper zu einem komplett messbaren Organismus wird, oder das Biohacking, bei dem Physis und Psyche durch Zunahme von Ergänzungsmitteln oder Eingriffe in die DNA-Struktur verbessert werden sollen, liegen im Trend.
    Genau wie bei diesen geht es auch bei der Achtsamkeit darum, Autonomie über den eigenen Körper (zurück) zu erlangen, um das Bewusstsein zu stärken und resistenter zu machen – in jedem Bereich des Lebens.
    Der Journalist David Gelles gab in seiner wöchentlichen „New York Times“- Kolumne „Meditation for Real Life“ über Jahre hinweg Tipps, wie man den Alltag am achtsamsten bestreitet, „achtsam krank ist“, „achtsam mit dem Hund Gassi geht“ oder „achtsam saisonale Allergien übersteht“ – ganz simpel: Wenn die Nase zugeschwollen ist, einfach die Aufmerksamkeit auf einen anderen Körperteil lenken, ohne eine Wertung des eigenen physischen Zustands vorzunehmen.
    Gelles Texte verdeutlichen den Totalitarismus der Selbstoptimierung zwar mit einem Augenzwinkern, sind aber symptomatisch für eine Entwicklung, die keine Ineffizienz im Leben duldet und die Selbsthilfeliteratur zum Millionengeschäft gemacht hat. Dabei fällt nicht mehr auf, wie viel Abhängigkeit und wenig Selbstbestimmung in der Selbsthilfe steckt. Wie Komiker George Carlin es zusammenfasste: „Wenn es in einem Buch steht, ist es nicht Selbsthilfe, sondern einfach Hilfe.“
    Der Fokus auf das Selbst, schreibt Purser, sei die Auslebung des neoliberalen Individualismusmantra, das Verantwortung auf den Einzelnen schiebt und das Gesellschaftsgefühl untergräbt. Die Achtsamkeitslehre predigt wie der Neoliberalismus, dass gesellschaftliches Umdenken erst beim Individuum stattfinden muss, aber sie raubt ihm die nötigen Emotionen, um dieses voranzutreiben.
    Ärger oder Wut haben keinen Platz mehr, sie gehören nicht zur mentalen Hygiene. Doch ein sediertes Bewusstsein, das nur noch um sich selbst kreist, leitet keinen Wandel ein. Wut, Traurigkeit oder Hilflosigkeit sind kostbare Emotionen, die fast schon auf religiöse Art ausgetrieben werden.
    Quelle: Tagesspiegel
  14. Der Teufel trägt Öko
    Wenn die Klimawende alternativlos ist, was bleibt uns dann? Kommt die Freiheit an ihr Ende? …
    “Man muss endlich in der Wirklichkeit ankommen” – diesen Satz konnten konservative Geister in der Vergangenheit gar nicht oft genug unters Volk bringen. Es ist eine offene Frage, ob die sogenannte Weltgemeinschaft oder wenigstens eine Koalition der Willigen in der Wirklichkeit des Klimawandels ankommt, ob sie sich zusammenrauft und ihre Freiheit nutzt, um Handlungsdruck aufzubauen. Sie müssten dabei allerdings gegen die Funktionsprinzipien eines Systems verstoßen, das mit dem Namen Kapitalismus immer noch präzise beschrieben ist – ein bewundernswert kreatives Modell, das auf einzigartige Weise nicht das Miteinander prämiert, sondern das Gegeneinander, nicht die Kooperation, sondern die Konkurrenz. Der Erfolg des Systems beruht auf rationalem Egoismus und der gemeinsamen Verfolgung eigensüchtiger Interessen. Doch die Freiheit, die es in Anspruch nimmt, ist blind für die Abhängigkeit von dem, was man früher einmal Natur genannt hat. Das zu ändern klingt wie eine Utopie. Dass alles so bleiben kann, wie es ist, aber auch.
    Quelle: Die Zeit

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