Hinweise des Tages II

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  1. Sie schaufeln sich ihr eigenes Grab
  2. Jetzt investieren – in gleichwertige Lebensbedingungen!
  3. Marode Fernstraßen: Infrastruktur zulasten zukünftiger Generationen kaputtgespart
  4. Neue Agenda 2010: Ein Gespenst kehrt zurück
  5. Soziale Ungleichheit: Superreiche werden noch reicher
  6. G7-Gipfel in Biarritz: Norbert Röttgen warnt vor chinesisch-russischer Allianz
  7. Big Data, KI und der Weg in eine teil-autonome Polizeiarbeit
  8. Verbände fordern Millardeninvestitionen für bezahlbares Wohnen in Berlin
  9. Kurdischer Südosten der Türkei: Stacheldraht und goldene Hähne
  10. Nicht gleich den Hitler an die Wand malen
  11. UK: Umbau des Parteisystems abgeblasen?
  12. Umfrage: Bürger geben Lobbygruppen Mitschuld am Klima-Versagen
  13. Zu guter Letzt: Außenminister Maas bietet deutsche Hilfe gegen Feuer im Amazonas an

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Sie schaufeln sich ihr eigenes Grab
    Wenn die Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen weiter wächst, verlieren die Menschen das Vertrauen in die Demokratie. Und die Volksparteien lösen sich auf. Anstatt etwas gegen die wachsende Ungleichheit zu tun, beschließen CDU, CSU und SPD, unterstützt von den Parteien der Besserverdienenden FDP und Grünen, den Soli weitgehend abzuschaffen. Der Steuerexperte des DIW Stefan Bach mahnt: Seit 1995 wurden die Spitzenverdiener steuerlich um einen Betrag entlastet, der zwei- bis dreimal so hoch ist, wie der, den sie heute für den Soli zahlen müssen. Wenn jetzt der Soli weitgehend abgeschafft wird, kommt das in erster Linie den Nutznießern der wachsenden Ungleichheit der Einkommen und Vermögen zugute.
    Die gut zehn Milliarden fehlen dann für notwendige Aufgaben wie Infrastruktur-Investitionen, soziale Leistungen, Pflege, Bildung und so weiter. Man fasst sich nur noch an den Kopf.
    Die neoliberalen Parteien CDU, CSU, SPD, FDP und Grüne sind unbelehrbar geworden und die neoliberale AfD, deren Steuerpolitik genauso unsozial ist, lacht sich ins Fäustchen, wäscht sich die Hände in Unschuld und sammelt die Proteststimmen ein.
    Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook

    dazu: Wiedereinführung: SPD will bis zu zehn Milliarden mit Vermögensteuer einnehmen
    Im SPD-Grundsatzprogramm steht die Vermögensteuer seit Langem. Nun legt Interims-Parteichef Schäfer-Gümbel ein Konzept vor: Die Steuer soll bis zu zehn Milliarden einbringen, Investitionen finanzieren und die Schweiz zum Vorbild haben. […]
    Die Forderung nach einer Vermögensteuer ist seit Jahren Teil des SPD-Grundsatzprogramms. Sie wird in Deutschland seit 1997 nicht mehr erhoben. Damals verzichtete die Bundesregierung darauf, die Steuer nach Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu reformieren.
    Schäfer-Gümbel sagte der “Rheinischen Post” zur Begründung der Wiedereinführung, allein im kommunalen Bereich fehlten Investitionsmittel von 150 Milliarden Euro. Nach seinem Konzept sollen auch Kapitalgesellschaften einbezogen werden.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung André Tautenhahn: Der Schritt ist zu begrüßen. Nur: Die Vermögensteuer ist 1997 mit der Begründung ausgesetzt worden, dass es schließlich einen Spitzensteuersatz von 53 Prozent und einen zusätzlichen Solidaritätszuschlag von 7,5 Prozent gebe. Durch die rot-grünen Steuerreformen liegt der Spitzensteuersatz mittlerweile bei 42 Prozent und der Soli bei 5,5 Prozent. Der Grund, warum man auf eine Vermögensteuer verzichten sollte, ist damit schon lange weggefallen. Nun soll ab 2021 auch noch der Soli für 90 Prozent der Steuerzahler gestrichen werden. Für weitere 6,5 Prozent der Steuerzahler gibt es eine stufenweise Anpassung, euphemistisch „Milderungszone“ genannt. Mit anderen Worten, die schwarzen und roten Nullen schaffen ein riesiges Einnahmeloch von rund 10 Milliarden Euro und das mitten in der Rezession. So ist es ja im Koalitionsvertrag vereinbart. Nun reaktiviert die SPD die Vermögensteuer – die aber eben nicht im Koalitionsvertrag steht – um an die künftig fehlenden 10 Milliarden Euro wieder heranzukommen. Man hätte also auch einfach auf die Soli-Abschaffung verzichten können oder gleich ein vernünftiges Steuerkonzept in den Koalitionsvertrag hineinschreiben sollen. Das hat die SPD, die ja angeblich bis zum Quietschen gut verhandelt hat, nur leider nicht gemacht. So wurde beispielsweise die Idee, eine komplette Abschaffung des Soli durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes zu kompensieren, sehr schnell verworfen. Heraus kam schließlich eine Teilabschaffung des Soli, gegen die weiterhin erfolgreich mobil gemacht werden kann. So behauptet der Bund der Steuerzahler zum Beispiel, dass unter dem Restsoli Sparer zu leiden hätten. Hinter dieser inszenierten Empörung lässt sich die abermalige Entlastung der Besserverdienenden weiterhin gut verstecken. Und der SPD-Finanzminister steht staunend daneben, weil er sich wohl Applaus dafür erhofft hatte, dass er mit seinem Vorschlag noch über das, was im Koalitionsvertrag vereinbart war, hinausgegangen ist.

  2. Jetzt investieren – in gleichwertige Lebensbedingungen!
    Jetzt ist es beschlossen: der Soli wird weitgehend abgeschafft. Doch während die meisten davon kaum profitieren werden, gehen dem Bund allein im Jahr 2021 rund 11 Milliarden Euro verloren. Geld, das dringend gebraucht würde – für bessere Lebensbedingungen und neue, gute Arbeitsplätze. Nicht nur im Osten, sondern bundesweit. Der DGB-klartext. […]
    In kaum einem anderen Industrieland sind die Lebensbedingungen zwischen den Regionen so unterschiedlich wie in Deutschland, stellte das IW Köln kürzlich in einer Studie fest. Jede fünfte Region hierzulande ist aktuell wirtschaftlich, demografisch und infrastrukturell abgehängt oder droht zurückzufallen. Der Kreis der abgehängten Gebiete beschränkt sich dabei nicht auf ländliche Regionen in Ostdeutschland, sondern umfasst beispielsweise auch ehemalige westdeutsche Industrie-Hochburgen im Ruhrgebiet oder im Saarland. Dabei ist die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen deutschen Regionen sogar grundgesetzlich geboten. Das Problem der strukturschwachen Regionen ist so dringlich, dass die Bundesregierung eigens eine Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ einrichtete. […]
    Über kurz oder lang fehlen nicht nur Jobs. Auch Freizeitmöglichkeiten, Einkaufsläden, der Nahverkehr und Schulen fallen oft weg. Studien zeigen, dass diese negativen Veränderungen im Lebensumfeld gerade in ländlichen, weniger dicht besiedelten Räumen oft als ein Kernproblem wahrgenommen werden (siehe Grafik).
    Klar ist: Die betroffenen Regionen brauchen Unterstützung, damit sich die Lebensbedingungen wieder verbessern und neue, gute Arbeitsplätze entstehen. Die Kommission der Bundesregierung hat hierzu viele Vorschläge gemacht. Und auch der DGB hat konkrete Forderungen formuliert: Es braucht einen Altschuldentilgungsfonds, über den Bund und Länder überschuldeten Kommunen Schuldenlasten abnehmen, um ihnen Luft zum Atmen zu geben. Außerdem sollte eine neue „Gemeinschaftsaufgabe regionale Daseinsvorsorge“ geschaffen werden, die gezielt in die soziale, medizinische und kulturelle Infrastruktur im strukturschwachen ländlichen Raum investiert. In diese Maßnahmen muss Geld fließen, nicht in die Abschaffung des Soli.
    Quelle: DGB klartext
  3. Marode Fernstraßen: Infrastruktur zulasten zukünftiger Generationen kaputtgespart
    Geht es so weiter, geht bald gar nichts mehr.
    Auf Autobahnen jagt eine Baustelle die nächste. 538 Autobahnbaustellen gibt es derzeit bundesweit. Ich habe die Bundesregierung gefragt, wie viele Autobahnen und Bundesstraßen in Deutschland sanierungsbedürftig sind. Die Antwort (PDF) fällt verheerend aus: Ein Drittel des Bundesstraßennetzes und jeder sechste Autobahnkilometer sind substanziell marode. Auf 11813 Kilometer Bundesstraße wurden tieferliegende Schäden festgestellt. Auf 5481 Kilometer ist die Fahrsicherheit beeinträchtigt. Das ist die Bilanz von 10 Jahren CSU – Verkehrsministern.
    Würden alle Straßen auf einmal saniert, die es nötig hätten – auf Deutschlands Straßen ginge nichts mehr vor und zurück. Besonders alarmierend: Warn- und Schwellenwerte werden bei der Fahrsicherheit und bei der Straßensubstanz auf zigtausenden Kilometern überschritten. Das ist die Verantwortung einer Politik, die nachhaltige Investitionen in das Land meidet, wie der Teufel das Weihwasser. Insbesondere die CSU-Minister Ramsauer, Dobrindt und Scheuer haben offenkundig jahrelang weggeschaut, um sich lieber Debakeln wie der Maut zu widmen. Sie waren untätig wie beim Diesel-Betrug.
    Spätestens, wenn es um die Sicherheit geht, darf nicht gespart werden. Wenn Straßen kaputt sind, müssen sie schnellstmöglich erneuert werden. Dringend notwendige Investitionen in den Erhalt des Fernstraßennetzes sind ausgeblieben. Pendler und Urlauber sind die Leidtragenden. Noch längere nervige Staus und noch höherer Investitionsbedarf sind die Folgen.
    Das marode Straßennetz wird zum Ausdruck eines Landes, das auf Sparflamme kocht: In Schulen, in Krankenhäusern, beim Klima, beim Bahnnetz und bei schnellem Internet. Wir müssen endlich wieder auf die Überholspur. Aber das geht nur mit Investitionen und ganz sicher nicht mit dieser Bundesregierung.
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  4. Neue Agenda 2010: Ein Gespenst kehrt zurück
    Die Rezession droht – deshalb sollen die Menschen mal wieder flexibler werden und verzichten. Sagen Konzernbosse. Dabei hat genau so etwas zur akuten Krise von Konjunktur und Demokratien beigetragen. […]
    In Zeiten des Trump- und Brexit-Abschwungs eine neue deutschelnde Agenda 2010 zu fordern, klingt dabei nicht nur widersinnig, es birgt womöglich sogar das Potenzial größerer Katastrophen. Wenn die politischen Schocks der vergangenen Jahre etwas lehren, dann ja, dass die Menschen womöglich doch nicht so flexibel sein wollen und können, wie es die Globalisierung will – und stattdessen wieder mehr Sicherheit bräuchten.
    Wir verstehen ja durchaus, dass ein Vorstandsvorsitzender gucken muss, wie er fehlende Einnahmen in der Not auffängt, damit die Bilanz nicht blöd aussieht. Und in der Verzweiflung die Belegschaft um, sagen wir, mehr Flexibilität bittet. Wobei der BASF-Chef im Interview nicht gesagt hat, was er sich darunter genau vorstellt. Nur hilft das ja nicht gegen die akuten Ursachen fehlender Einnahmen. Zumal Politik auch nicht da ist, um Gewinnfortzahlung im Rezessionsfall zu gewähren.
    Wenn Briten, Italiener oder Amerikaner gerade Aufträge bei der deutschen Industrie kappen und Unternehmen mit größeren Investitionen zögern, hat das ja nichts damit zu tun, dass in Deutschland die Beschäftigten seit ein paar Monaten, huch, zu teuer sind. Gemessen am Umsatz der Wirtschaft sind die Lohnkosten selbst in den Aufschwungjahren so gut wie nicht gestiegen und liegen heute nach wie vor deutlich niedriger als 2003. Die Wirtschaft macht per Saldo Gewinn – historisch.
    Quelle: Thomas Fricke auf Spiegel Online
  5. Soziale Ungleichheit: Superreiche werden noch reicher
    Eine Oxfam-Studie vor dem Beginn des G7-Gipfels zeigt: Die soziale Ungleichheit nimmt zu. Schuld daran sind die großen Industriestaaten. […]
    In dem mehrseitigen Bericht nimmt Oxfam konkret auch Deutschland ins Visier, zweitgrößter Exporteur und die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die Deutschen würden nicht ausreichend gegen Armut und soziale Ungleichheit vorgehen, kritisiert die Organisation. So würde die Bundesregierung Steuertransparenz „nach Kräften“ blockieren, die Konzerne dazu verpflichten würde, öffentlich zu berichten, in welchen Ländern sie wie viel verdienen und welche Steuern sie darauf zahlen. Die Bundesregierung tue auch nur wenig dafür, dass deutsche Unternehmen in Entwicklungsländern höhere Steuern zahlen.
    Und auch bei der Entwicklungshilfe tut sich nur wenig. Seine Verpflichtung, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in Entwicklungshilfe zu stecken, hat Deutschland nicht erfüllt. 2018 waren es lediglich 0,61 Prozent. „Deutschland wird seiner Verantwortung im Kampf gegen die weltweite Armut nicht gerecht“, kritisiert Oxfam. Außer Großbritannien habe kein G7-Land das 0,7-Prozent-Ziel erreicht. Keines der G7-Länder unternehme auch nur annähernd genug, um den Klimawandel zu begrenzen und arme Länder zu unterstützen, sich den Folgen anzupassen.
    Quelle: taz
  6. G7-Gipfel in Biarritz: Norbert Röttgen warnt vor chinesisch-russischer Allianz
    Es wäre falsch, aus G7 wieder G8 zu machen, solange „Russland nirgendwo kooperativ ist“, sagte Norbert Röttgen im Dlf. Der Außenpolitiker warnte die führenden sieben Industriestaaten vor einem drohenden Bedeutungsverlust und einer machtpolitischen Allianz Chinas und Russlands.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unseres Lesers M.H.: Röttgen warnt vor chinesisch-russischer Allianz, hält aber gleichzeitig die Tür für Russland geschlossen! Während sich Großbritannien aus der EU verabschiedet, um sich mehr den USA zuzuwenden, gibt Röttgen den Kalten Krieger gegen Russland.

  7. Big Data, KI und der Weg in eine teil-autonome Polizeiarbeit
    Ein White Paper über die Gegenwart und Prognose für die Zukunft der polizeilichen Informationslandschaft in Deutschland
    Innere Sicherheit war DAS große Thema im letzten Bundestagswahlkampf und dominiert nach wie vor die Liste der innenpolitischen Forderungen von CDU/CSU, FDP und AfD.
    Moderne und rundum funktionsfähige polizeiliche Informationssysteme sind elementare Voraussetzung für das rechtskonforme Funktionieren der polizeilichen Arbeit. Auf diesem Gebiet werden seit Jahren dreistellige Millionenbeträge für Dienstleistungs- und Beratungsaufträge zum Fenster rausgeworfen. Vollmundig verkündete Projektankündigungen, wie zuletzt der Polizeiliche Informations- und Analyseverbund – PIAV – und inzwischen “Polizei 2020”, bringen die versprochene Leistung nur in der Zukunft bzw. auf dem Papier bzw. gar nicht. Die Wirklichkeit ist beherrscht von einem Sammelsurium von “Datentöpfen” – es sind mindestens drei ganz wichtige in jeder der 16 Landespolizeibehörden und der drei Bundespolizeibehörden, zusammen also MINDESTENS 57 dieser Datentöpfe, die NICHT in der Lage sind, Informationen miteinander zu teilen.
    In dieser Situation beginnen große Bundesländer, wie Hessen, Nordrhein-Westfalen und nun auch Bayern damit, sich eigene Systeme anzuschaffen für die verfahrens- und systemübergreifende Recherche und Analyse. Das wird einer weiteren Zersplitterung der polizeilichen IT-Landschaft Vorschub leisten. Und kann – konsequent weiter gedacht – zur Übernahme von wesentlichen Teilen polizeilicher Ermittlungs-, Analyse- und Auswertungstätigkeit durch “autonome” virtuelle Assistenten führen. Annette Brückner, langjährige Projektleiterin und Entwicklerin für polizeiliche Informationssysteme, gibt einen Überblick über die aktuelle Situation und “wagt” einige Prognosen über die Zukunft der polizeilichen Informationstechnik, die neben Polizeibeamten auch jeden betreffen, der auch nur “möglicherweise” mit Polizei zu tun bekommt.
    Quelle: Police IT
  8. Verbände fordern Millardeninvestitionen für bezahlbares Wohnen in Berlin
    Ein unübliches Bündnis aus Mietervertretern, Bauwirtschaft, Gewerkschaft und Caritas schlägt Alarm: Wohnen wird unbezahlbar und fast nichts passiert.
    Ein unabhängiges Bündnis von Verbänden unter Beteiligung von Mieterbund, Bauwirtschaft und Caritas fordert angesichts der Wohnungsnot besonders in Ballungsgebieten wie Berlin einen milliardenschweren „Akutplan für soziales und bezahlbares Wohnen“. Ein großer Teil der Menschen mit durchschnittlichen Einkommen könnte es sich wegen der hohen Mieten nicht mehr leisten, in Großstädten zu wohnen. Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) habe das Wohnen zwar zur „sozialen Frage unserer Zeit“ erklärt. Doch trotz der Bekenntnisse schrumpfe das Angebot an Sozial- und günstigen Mietwohnungen unverändert.
    Quelle: Tagesspiegel

    dazu: Not und Rendite
    Bündnis fordert Kurswechsel in der Wohnungspolitik. Bauwirtschaft unterstützt Vorstoß für mehr Sozialwohnungen
    Die Frage, warum bei der Vorstellung des »Akutplans für soziales und bezahlbares Wohnen« am Donnerstag in Berlin auch drei auffällig wortkarge Vertreter der Bauwirtschaft auf dem Podium saßen, wurde – wenn auch nicht von diesen selbst – am Ende doch noch beantwortet. Matthias Günther, der als Leiter des Hannoveraner Pestel-Instituts die gleichnamige Studie vorstellte, befand, dass das »hochpreisige Segment« der Wohnungswirtschaft »abgegriffen« sei. Jetzt, sollte das heißen, kann und muss eben wieder Geld mit dem »sozialen Wohnen« verdient werden.
    Das Verbändebündnis »Soziales Wohnen«, dem neben der Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU), Mieterbund und Caritas also auch der Bundesverband des deutschen Baustoffachhandels und die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau angehören, fordert in dem »Akutplan« Bund, Länder und Kommunen zu einem »konsequenten Kurswechsel in der Wohnungsbaupolitik« auf. Jährlich müssten mindestens 80.000 Sozialwohnungen neu gebaut werden. Das seien immerhin 53.000 mehr als im vergangenen Jahr. Zusätzlich müssten noch einmal 75.000 Wohnungen durch Modernisierung und den Ankauf von Belegrechten eine Preis- oder Sozialbindung erhalten, heißt es in dem Forderungspapier. Bis 2030 komme man somit auf einen Bestand von zwei Millionen Sozialwohnungen. Eine Revolution wäre auch das nicht, denn damit würde lediglich der Bestand des Jahres 2007 wieder erreicht werden.
    Quelle: junge Welt

  9. Kurdischer Südosten der Türkei: Stacheldraht und goldene Hähne
    Die Regierung Erdogan suspendiert drei Bürgermeister im kurdischen Südosten – und versetzt so das ganze Land in Aufruhr.
    «Und schon stehen wir wieder unter (fremder) Besatzung.” Der Aufschrei der kurdischen Menschenrechtlerin Nurcan Baysal dürfte die gegenwärtig vorherrschende Stimmung unter Kurden in der Türkei getreu widerspiegelt haben. Diese Woche hat für die kurdische Bewegung mit bösen Überraschungen angefangen: Zunächst verkündete der türkische Innenminister Süleyman Soylu, dass die bei den Kommunalwahlen im März demokratisch gewählten Oberbürgermeister von Van, Diyarbakir und Mardin ab sofort ihrer Ämter enthoben werden.
    Während diese Nachricht in den TV-Sendungen lief, machte das Innenministerium bekannt, dass die Polizei bei landesweiten Razzien an einem einzigen Tag 418 HDP-Mitglieder festgenommen habe. Die Demokratische Partei der Völker (HDP) ist in der Türkei die einzige, legale pro-kurdische Partei. Kundgebungen der HDP gegen die unerwartete Repressionswelle wurden in der westlichen Metropole Istanbul wie in Städten des kurdischen Südostanatoliens gewaltsam aufgelöst. Die Türkei werde niemals zulassen, dass der Terrorismus den Rechtsstaat und die Demokratie zu seinen Zwecken ausnütze, brüstete sich danach Innenminister Süleyman Soylu.
    Quelle: Infosperber
  10. Nicht gleich den Hitler an die Wand malen
    Hitlervergleiche und NS-Parallelen: Selten hat man sie so inflationär gebraucht wie heute. Was wie ein besonders rücksichtsvoller Umgang mit der deutschen Geschichte aussehen soll, bewirkt das Gegenteil: Die Banalisierung der Erinnerung.
    Vor drei Wochen hat Jens Berger einen Artikel über Greta Thunberg geschrieben. Über Facebook hat er kurz danach eine an ihn gerichtete Mail zitiert. In der entgegnete Bergers Leser, dass ihm »ein eiskalter Schauer über den Rücken« laufe, nachdem er die Reaktionen auf den Artikel bei den NachDenkSeiten gelesen habe. Ja, »beinahe sprachlos« sei er: Wegen der Hetze gegen das Mädchen. »Viele erinnern in Art und Duktus an die Ausfälle eines Roland Freisler«, schob er nach. Tja, da war er wieder: Der beliebte Rückgriff auf Hitler und Nationalsozialismus. Godwin’s law greift einfach immer wieder. Manchmal schneller als man »SS« tippen kann. Es ist schon erstaunlich, wie schnell das in unseren Breitengraden geht. Offenbar können wir uns die Gegenwart gar nicht mehr ohne jene tausend Jahre vorstellen, die nur zwölf andauerten.
    Seit es die AfD gibt, hat sich der Nazi-Vergleich im öffentlichen Diskurs etabliert. Da fungiert ein Mann namens Höcke als Goebbels, wird aus dem Bundestagseinzug der Fraktion eine neue Machtergreifung und die Partei ganz grundsätzlich zur NSDAP erklärt. Schon bevor es diese Rechtspartei gab, hatten sich die Rückgriffe auf jene deutschen Jahre zwischen 1933 und 1945 zu einer Art polemischen Popkultur entwickelt. Der Journalist Daniel Erk, der jahrelang für die taz den Hitlerblog betrieben hatte, behauptete in seinem gleichnamigen Buch, dass »so viel Hitler […] selten« war.
    Quelle: neulandrebellen
  11. UK: Umbau des Parteisystems abgeblasen?
    Die Tories sind in einer aktuellen Umfrage auf 42 Prozent hochgeschnellt und könnten im Falle einer vorgezogenen Neuwahl mit einer bequemen Mandatsmehrheit rechnen
    Das Umfrageinstitut Kantar sieht die britischen Tories in einer aktuellen Umfrage bei einem Stimmenanteil von 42 Prozent. Auf den zweiten Platz folgt die Labour Party mit einem gehörigen Abstand und 28 Prozent, auf dem dritten finden sich mit 15 Prozent die Liberaldemokraten. Im britischen First-Past-the-Post-Mehrheitswahlsystem deutet ein so bequemer Umfragevorsprung auf eine noch bequemere Mandatsmehrheit im Falle einer baldigen Neuwahl hin.
    Nigel Farages Brexit Party, die die Europawahl im Vereinigten Königreich noch mit 30,5 Prozent gewann, liegt in der Kantar-Umfrage nur mehr bei fünf Prozent. Das zeigt, dass der neue Tory-Chef und Premierminister Boris Johnson den Befürwortern eines Ausstiegs aus der EU glaubhaft vermitteln kann, dass er den am 23. Juni 2016 vom Volk direkt geäußerten Wunsch (anders als seine Vorgängerin Theresa May) zu nächsten angepeilten Datum auch wirklich umsetzt. Mit einer Ausstiegsvereinbarung ohne Zollunions-Backstop (die er anstrebt), oder ohne eine solche, wenn sich Merkel und Macron dazu nicht bereit erklären (vgl. “Wir schaffen das” mit britischem Akzent).
    Die Kantar-Umfrage hat allerdings den Aussagekraftsmangel, dass dieses Institut die Briten nicht sehr oft nach ihrer Meinung fragt. Seine letzte Umfrage davor stammt noch aus dem Mai. In der letzten Umfrage eines anderen Instituts hatte YouGov am 14. August für die Times nur 30 Prozent Stimmenanteil für die Tories ermittelt, aber noch 14 Prozent für die Brexit Party. Aber auch damit hatten die Konservativen neun Prozent Vorsprung vor der zweitplatzierten Labour Party, weil diese dort mit 21 Prozent nur knapp vor 20 Prozent starken Liberaldemokraten gemessen wird. Die beiden Umfragen davor, die BMG und ComRes für den Independent und den Telegraph durchführten, maßen den Abstand mit 31 Prozent für die Konservativen und 25 beziehungsweise 27 Prozent für die Sozialdemokraten etwas geringer.
    Hält sich das Umfragebild, wäre der von Nigel Farage angestrebte große Umbau des britischen Parteiensystems vorerst abgeblasen.
    Quelle: Telepolis
  12. Umfrage: Bürger geben Lobbygruppen Mitschuld am Klima-Versagen
    Lobbyisten haben ein miserables Image. Eine klare Mehrheit der Deutschen wünscht sich nach SPIEGEL-Informationen schärfere Kontrollen der Interessenvertreter. Besonders kritisch wird ihr Einfluss auf die Klimapolitik gesehen.
    Lobbyisten helfen Politikern, dringend benötigte Fachkenntnisse zu sammeln – so zumindest verteidigen die Strippenzieher selbst gern den eigenen Stand. Eine große Mehrheit der Bürger vermag hingegen kaum einen Nutzen in der derzeitigen Lobbypraxis erkennen.
    Quelle: Spiegel Online

    dazu: LINKE fordert Lobbyregister
    Die Fraktion DIE LINKE startet eine neue Initiative, um endlich ein verpflichtendes Lobbyregister im Bundestag einzuführen. Der Gesetzentwurf (PDF) stellt eine gewünschte und zulässige Interessenvertretung nicht in Frage, hält aber Transparenz für zwingend erforderlich. Es soll nachvollziehbar sein, “welche Interessenvertretung in wessen Auftrag und mit welchem Budget auf die Gesetzgebung oder andere politische Entscheidungen einwirkt oder einzuwirken versucht”, heißt es in dem Entwurf. “Immer mehr Leute denken, die Politik könne sowieso nichts mehr entscheiden oder werde ohnehin von Konzerninteressen gelenkt”, sagt Jan Korte, 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, zu dem erneuten Vorstoß. “Es ist wichtig dem etwas entgegenzusetzen und dringend etwas für die Glaubwürdigkeit der Politik zu tun.”
    Bereits mehrfach hat die Fraktion DIE LINKE die Bundesregierung aufgefordert, für mehr Transparenz bei der Interessenvertretung zu sorgen. Zuletzt scheiterte ein Antrag (PDF) im Juni 2016 am Widerstand der Union, die partout kein Transparenzdefizit im Bundestag sehen wollte. Das verweist aber nur auf ein verkürztes Demokratieverständnis.
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag

  13. Zu guter Letzt: Außenminister Maas bietet deutsche Hilfe gegen Feuer im Amazonas an
    Im Amazonas-Gebiet brennen die Regenwälder – mit verheerenden Folgen. Bundesaußenminister Heiko Maas bietet nun deutsche Hilfe bei der Brandbekämpfung an. Diese Aufgabe gehe alle an.
    Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat deutsche Hilfe zur Bekämpfung der Feuer im Amazonas-Gebiet angeboten. „Wenn wochenlang der Regenwald brennt, dann kann uns das nicht kalt lassen“, sagte Maas dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Deutschland steht bereit, Hilfe und Unterstützung zu leisten, um die Brände zu bekämpfen.“
    Quelle: Wolfsburger Allgemeine

    Anmerkung André Tautenhahn: Welche Hilfe sollte das denn sein? Deutschland ist auf große Brände selbst nicht sonderlich gut vorbereitet, wie in diesem und im vergangenen sehr trockenen Jahr deutlich wurde. So gibt es keine Löschflugzeuge und die Flotte an Löschhubschraubern könnte auch besser ausgestattet oder überhaupt verfügbar sein.

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