Leserbriefe zu „Moskau: Die Proteste, die Medien und das Gewaltmonopol“

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Unser Beitrag “Moskau: Die Proteste, die Medien und das Gewaltmonopol” zog eine breite Palette von Leserbriefen nach sich, welche wir hier nachfolgend veröffentlichen. Die Frage, wie Proteste, wo auf der Welt, von wem erlaubt, behindert oder niedergeknüppelt werden, wird uns sicher auch in Zukunft weiter beschäftigen, und hier gilt es, wie eigentlich bei allen Themen, mit dem gleichen Maß zu messen. Zusammengestellt von Moritz Müller.

1. Leserbrief

Lieber Herr Riegel,

Die französischen “Robocops” haben bei Protesten der Gelbwesten Gummigeschosse und Tränengas sicher immer nur mit äußerster Vorsicht und formvollendeter Höflichkeit eingesetzt.

So mussten unsere Medien darüber kaum berichten, geschweige denn protestieren. Alles in bester (staatlicher) Ordnung, wir leben doch schließlich in der besten aller möglichen Welten, nicht wahr?

VG Michael Wrazidlo 


2. Leserbrief

Hallo,

kurzer Kommentar zum sehr gut geschriebenen Artikel

Moskau: Die Proteste, die Medien und das Gewaltmonopol“.

„Vergessen“ hat Ihr Autor nur den Anlass der Proteste von Moskau, die aber überall in den deutschen Qualitätsmedien erwähnt wurden. Die Nichtzulassung von „unabhängigen“ Oppositionspolitikern zu einer Kommunalwahl aus formalen Gründen.

Hm, frag ich mich da, woher kenn ich das? Also aus Deutschland, oder gar aus Sachsen? Wohl kaum! Bei uns gibt es sowas nicht, hier ist alles in Ordnung, wir sind ja eine Demokratie, und Wahlkommissionen sind völlig neutral und überparteiisch…

Ja und selbstverständlich ist sowas eine Weltnachricht, wenn bei einer Stadtwahl in Russland, immerhin das größte Land der Welt, in der Millionenstadt Moskau, Kandidaten wegen Formfehlern nicht zugelassen werden. So wichtig, wie neulich die Nachricht aus China, als ein Sack Reis umgefallen war…

Und bei uns darf auch jeder demonstrieren, ohne Genehmigung. Und selbstverständlich wird da auch die Polizei nicht gegen vorgehen.

Wir wissen ja, das gibt’s nur in Diktaturen, wie Russland eben, unter der blutigen Knute des Diktators und Machthaber Putin…

Da halten “wir” uns doch lieber an unsere demokratischen Freunde in Saudi-Arabien…

Es geht mal wieder um das Doppelmaß unsere Qualitätsmedien, nebst ihrer Qualitätsparteien.

Gruß, Jo Gerke!


3. Leserbrief

Liebes Nachdenkseiten-Team, sehr geehrter Herr Riegel,

man mag sich gar nicht vorstellen, wie gerade die Berliner Polizei in eine nicht genehmigte Demonstration fahren würde. Wahrscheinlich komplett mit Wasserwerfern, Reizgas, voll aufgerüstet und „Knüppel frei“. So wie u.a. bei „Occupy“ in Frankfurt. G20 in Hamburg oder Stuttgart 21.

Massiv widersprechen muss man auch Herrn „Ordnungspolitiker“ Bosbach. Nach seiner Definition ist eine „wehrhafte” Demokratie ein gegen die eigenen Bürger hochgerüsteter Polizeistaat. Dann wäre ja in Moskau, China oder, im Extrem Nordkorea, alles in Ordnung.

NEIN, eine Demokratie ist wehrhaft, wenn sich der BÜRGER gegen den STAAT wehren darf und kann.

Und das beinhaltet, dass Bürger immer wieder Sand im Getriebe einer gut geschmierten Regierung sein müssen.

Vielen Dank und mit freundlichem Gruß…
Karl Bihlmeier


4. Leserbrief

Werter Herr Riegel!

Um es gleich vorweg zu schicken. Ich möchte den Demonstranten, in keiner Weise ihr Recht auf freie Meinungsäußerung absprechen! Aber die Berichterstattung unserer Leitmedien zu den Protesten in Russland, war für mich nur noch mit einer großen Portion Zynismus zu ertragen. Wenn man das krampfhafte Bemühen der Reporter (auch vor Ort) sieht eine Story zu kreieren, welche den Russischen Staat in der vom Westen erwünschten Boshaftigkeit erscheinen lässt, wirkt das für mich mehr als lächerlich. Es wird wie gehabt in keiner Weise objektiv über die wahren Zusammnehänge berichtet und jedes noch so kleine Aufflackern von Protest gegen die Regierung wird zu einer Revolution gegen die angeblich stattfindende Unterdrückung durch den Staat aufgebauscht. Da wird dann von übermäßiger Härte gegen Demonstranten gesprochen, suggeriert das ein jeder von den Festgenommen wohl gleich ins Gulag kommt und jede noch so kleine Randnote wird genutzt, um sein Entsetzen über den Mangel an Demokratie und Werten zum Ausdruck zu bringen.

Nur zu Erinnerung! Als es in Frankreich zu den Protesten der “Gelb Westen” kam, hätte ich mich über eine ausführlichere Berichterstattung gefreut. Leider passte diese Demonstration der Gewalt, nicht so gut ins Bild vom “Werte Westen” unserer Leitmedien! Präsident Macron hatte seine Polizeikräfte und dort vor allem die Spezialeinheiten, zu äußerster Brutalität aufgefordert, um die Demonstrationen schnellstmöglich zu unterbinden. Die Demonstranten in Frankreich können mehr als ein Lied von der Brutalität singen (Von den verlorenen Augen ganz zu schweigen!), welche einen entgegenschlägt, wenn man im Europa der freien Meinungsäußerung und Toleranz für seine legitimen Rechte auf die Straße geht und von seinem Demonstrationsrecht Gebrauch macht. Unseren Leitmedien waren diese Orgien der Gewalt nur kurz und knapp gehaltene Kommentare wert, in welchen die Demonstrierenden sogar als die Schuldigen dargestellt wurden. Erst als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sich einschaltete und Macron für die Gewalt seiner Einsatzkräfte tadelte, änderte sich die Berichterstattung etwas. Macrons Weste blieb aber selbst dort noch Blütenweiß!

Zusammenfassend kann man festhalten, dass der eingeschlagene Kurs in Richtung Gleichschaltung der Meinung, von unseren Leitmedien weiter fortgesetzt wird. Frei nach dem Motto, “Wenn zwei das Gleiche tun, ist das noch lange nicht dasselbe.”

Mit frdl Grüßen, Ralf Matthias, Hannover


5. Leserbrief

Zu eurem Artikel „Die Proteste, die Medien und das Gewaltmonopol“ vermisste ich einen Hinweis auf die aktuellen Vorgänge in Hongkong.

german.cri.cn/3071/2019/07/30/1s296532.htm

Wäre ich in Honkong, wäre ich womöglich auf der Seite der Protestler, aber die Doppelmoral der hiesigen Medien ist dennoch auffällig.


6. Leserbrief

Hallo Freunde bei den Nachdenkseiten,

„Zudem gibt Deutschland dem Staat strenge Gesetze und eine hochgerüstete Polizei an die Hand, damit der sein Gewaltmonopol verteidigen kann. Schließlich ist man eine „wehrhafte Demokratie“. Diese Haltung ist grundsätzlich sehr zu begrüßen – auch wenn über Exzesse der Sicherheitspolitik immer wieder diskutiert werden muss.“ (Hervorhebg. AF).

Ich wundere mich sehr, diese Sätze auf den Nachdenkseiten zu lesen. Kann man dermaßen formal das Gewaltmonopol des Staates abhandeln, noch dazu in Deutschland, wo die „wehrhafte Demokratie“ nicht den Menschen dient, sondern der herrschenden Klasse?

Die Hintergründe der Nichtzulassung von Wahlkandidaten sind leider nicht bekannt. Sollten die Menschen um ihre Rechte betrogen worden sein, dann ist es zu unterstützen, wenn sie trotz Demonstrationsverbot auf die Straße gehen. Selbst in Russland.

Was in dem Artikel völlig fehlt ist der Hinweis, dass die Medien die Vorgänge in Frankreich fast vollständiig verschweigen: Hier geht die Polizei mit äußerster Brutalität mit schwersten Verletzungen gegen Demonstranten vor. Darin zeigt sich noch deutlicher die Heuchelei unserer Meiden. Oder ist Herr Riegel der Ansicht, dass die  Gelbwesten zuhause bleiben sollten, schließlich herrscht ja inzwischen in Frankreich fast ständig Demonstrationsverbot.

Freundliche Grüße
Andreas Faber


7. Leserbrief

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Nachdenkseiten.

Ich möchte einen kleinen Kommentar zur „Moskau: Die Proteste, die Medien und das Gewaltmonopol“ schreiben. Im Artikel ist nicht erwähnt, warum die Moskauer Demonstration verboten war. Die Organisatoren wollten unbedingt neben Moskauer Rathaus demonstrieren, und Behörden haben eine andere Straße, die auch in der Stadtmitte ist, als Kundgebungsort vorgeschlagen. Der Absagegrund ist, dass das Rathaus steht auf der 12 Fahrstreifen breit Straße, die für den ganzen Stadtverkehr extrem wichtig ist.

Ich finde diese Information wichtig, weil „verbotene Demonstration“ schon negativ klingt, besonders wenn es um Russland geht. 

Mit freundlichen Grüßen
Konstantinas Iljinas


8. Leserbrief

Liebe Nachdenkseiten Mitarbeiter,

Habe gerade Ihren Kommentar zu obigem Thema gesehen.
 
Erwähnenswert in Ihrer Sendung wäre vielleicht auch, dass in unserem Land regelmäßig Veranstaltungen und Demonstraionen gegen Aufrüstung, Drohneneinsätze und Krieg heruntergespielt werden. Oder sie werden ignoriert , wie zum Beispiel 29.6.2019 Ramstein ( Airbase) oder vor ein par Tagen in Stuttgart gegen Africon.

Ich habe vor einiger Zeit in diesem Zusammenhang die öffentlich-rechtlichen Sender angeschrieben und um Stellungnahme gebeten . Wie immer ohne Erfolg.

Bleiben Sie dran.
Gruß Brigitte Müller


9. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel!

Mit Verwunderungen stelle ich fest, dass es ihnen nicht gefällt, dass über Ereignisse in der Russischen Öffentlichkeit in unseren Medien berichtet wird. Dabei versuchen Sie den Eindruck zu erwecken, es gäbe in Deutschland einen Informationseinheitsbrei. Kriitik an der Arbeit der Medien ist überlebenswichtig für die wahrhaftige Berichterstattung. Aber unterschwellig immer die Botschaft zu über-bringen, die Medien bei uns seien staatsgelenkt und des deshalb per se unglaubwürdig ist eine Tendenz bei der ich mir unsicher bin, wessen Geschäft eigentlich erledigt werden soll.

  • Nehmen wir einmal die deutsche Presselandschaft: Von TAZ bis zur Welt (ich spanne einmal diesen breiten Bogen sehr unterschiedlich zu charakterisierender Zeitungen) wird permanent, nahezu täglich, zumindest wöchentlich über Demonstrationen in Nord- und Südamerika, Asien, Afrika, Europa und Deutschland berichtet. Vergleicht man diese Berichte, kann man keinesfalls von uniformer Information sprechen. In den Berichten zu den Demonstrationen in Moskau wurde übrigens immer berichtet es handelte sich um ungenehmigte Demonstrationen. Es mag sich dabei um einen persönlichen Eindruck handelt.
  • Ich empfehle Ihnen einmal einen Blick auf die Weltkarte der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ für das Jahr 2018, und die Berichte zur Drangsalierung von Reporter weltweit werfen. Ich kann mir vorstellen, dass ihnen die Aussagen zur Pressefreiheit, die dort abzulesen ist, nach dem was ich so lese, nicht gefällt.
  • Präsident Putin hat in einer seiner bekannten Pressekonferenzen vor zwei oder drei Monaten, die lügnerische und verleumderische Aussage getroffen, die SZ (Lieblingsfeind vieler Verbreiter der Meinung, die westliche Presselandschaft sei gesteuert) gehöre einer amerikanischen Großbank. Nachdem die SZ ihm die Eigentumsverhältnisse am nächsten Tag mitgeteilt hat, entschuldigte er sich zwar sofort, allerdings nur direkt gegenüber der SZ und nicht gegenüber der Weltpresse, die auf seiner Konferenz anwesend war. Dass die SZ, übrigens in Zusammenarbeit mit einer Reihe anderer weltweit agierender Presseorgane in den letzten Jahren hervorragende Recherchearbeit geleistet hat ist natürlich nicht der Rede wert.
  • Noch einmal zu Russland. Vielleicht ist es ein lohnendes Ziel ihrer Recherchearbeit einmal zu unter-suchen, wie es in Russland Gruppen ergeht, die regierungskritische Demonstrationen anmelden möchten oder wie es Journalisten ergeht, die regierungskritisch recherchieren.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Gessnitzer

Hinweis von CG: anti-spiegel.ru/2019/leicht-ueberpruefbar-wer-hinter-den-demonstrationen-in-moskau-steckt/amp/


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