Barack Obama hatte seinen Wahlkampf mit leeren Floskeln bestritten. Will man aber Obamas Leistungen als Präsident der USA beurteilen, so muss man untersuchen, ob es in Sachen Frieden und sozialer Gerechtigkeit Fortschritte durch seine aktive Einflussnahme gegeben hat. Von Marco Wenzel.
Obama war angetreten als Nachfolger von G. W. Bush. Es besser zu machen als sein Vorgänger, dürfte nicht schwergefallen sein, jeder hätte es besser gemacht. Seinen Wahlkampf hat er mit der schwammigen Aussage „Yes, we can …“ bestritten.
Wobei er mit diesem Halbsatz wohlwissentlich verschwiegen hat, was man denn mit ihm als Präsidenten alles hätte machen können – und vor allem auch machen würde.
Seine Wähler, des unsäglichen Bush Junior – so wie der Rest der Welt – überdrüssig, dürften diesen Slogan zumindest überwiegend so verstanden haben, dass unter seiner Präsidentschaft die Welt friedlicher und gerechter werden sollte. G. W. Bush hatte ja gerade das Gegenteil davon gemacht und neue Kriege angezettelt.
Im Januar 2009 wurde Obama als Präsident der USA in sein Amt eingeführt.
Will man Obamas Leistungen als Präsident der USA beurteilen, so muss man untersuchen, ob es in Sachen Frieden und sozialer Gerechtigkeit Fortschritte durch seine aktive Einflussnahme gegeben hat.
An ihren Taten sollt ihr sie erkennen
Schöne Worte zu schreiben, reicht aus für einen Schriftsteller, einen Politiker muss man an seinen Taten messen. Das wollen wir denn nun tun:
Als allererstes nach seiner Amtseinführung wollte Obama das Gefängnis auf Guantanamo Bay, Kuba, schließen. Abgesehen von der Tatsache, dass die USA nichts auf Kuba zu suchen haben, ist das Gefängnis von Guantanamo ein Ort, an dem Menschen ohne Gerichtsprozess und ohne rechtskräftiges Urteil unter dem fadenscheinigen Vorwand, sie seien illegale Krieger, auf unbegrenzte Zeit von den USA gefangen gehalten und vom Rest der Welt isoliert werden.
Den Gefangenen gesteht man nicht einmal zu, sich von einem Anwalt ihrer Wahl vertreten zu lassen. Das verstößt gegen das Völkerrecht, als ehemaliger Verfassungsanwalt musste Obama das wissen. Nach achtjähriger Amtszeit bestand die Gefangenenanstalt auf Kuba nach wie vor und viele der Gefangenen sitzen dort immer noch ein. Yes, we can …
Keinen Krieg beendet, aber neue angezettelt
Dann wollte Obama die unter seinem Vorgänger Bush angezettelten Kriege beenden. Als Vorschuss für diese guten verbalen Absichten verlieh man ihm schon im Dezember 2009 den Friedensnobelpreis. Tatsächlich hat Obama aber keinen einzigen dieser Kriege beendet, sondern, schlimmer noch: Er hat zusätzlich noch neue Kriege angezettelt. Seine Außenministerin Hillary Clinton hat, mit seiner Unterstützung, eine Koalition gegen Libyen zusammengetrommelt, den dortigen Präsidenten Gaddafi gestürzt und ihn ermorden lassen und in Libyen einen Bürgerkrieg entfacht, der das Land in Schutt und Asche gelegt hat.
Die USA haben Milliarden Dollar ausgegeben, um in der Ukraine mit Hilfe von faschistischen Schlägertrupps einen Regierungssturz herbeizuführen und das Land ins Chaos zu stürzen.
Obama hat den Krieg in Afghanistan nicht wie versprochen beendet und auch nicht seine Truppen zurückgeholt, sondern im Gegenteil, das Land hat jetzt nicht nur eine muslimische Extremistengruppe, sondern gleich mehrere, die sich gegenseitig bekämpfen. Mit Waffen auch aus den USA. Der Opiumanbau geht weiter. Unter der Regie des Friedensnobelpreisträgers Obama wurden so viele völkerrechtswidrige Drohnenangriffe gegen Pakistan und seine Nachbarstaaten geflogen und Menschen ohne Gerichtsprozess und -urteil aus den Wolken heraus zu Tode gebombt wie noch unter keinem anderen Präsidenten vor ihm. Yes, we can …
Hass geschürt, Terrorismus begünstigt
Auch den „Terrorismus“ wollte Obama, wie schon seine Vorgänger, bekämpfen. Stattdessen hat er den Grundstein für noch mehr Terrorismus geschaffen, indem er die Heimat von unzähligen Menschen auf der Welt zerstört und ihren Hass geschürt hat.
Obama hat in Syrien Assad stürzen wollen und er hat damit das Land in einen nicht enden wollenden Krieg gestürzt. Sowohl die Al-Nusra-Rebellen wurden mutmaßlich von den USA aufgebaut als auch der sogenannte Islamische Staat, als Speerspitze gegen Präsident Assad. Obama hat geduldet, dass rechtskonservative Republikaner wie Frau Nuland in ihrer Funktion als Verantwortliche im State-Department oder wie Samantha Power in der UN Einflussarbeit in anderen Ländern geleistet haben, um dort Regierungen entweder zu stürzen oder zu schützen, je nachdem, ob sie den Falken in den USA in ihr abstruses außenpolitisches Konzept der Weltbeherrschung passen oder nicht. Yes, we can …
Auch die NATO wurde in seiner Regierungszeit nicht aufgelöst, sondern sogar weiter ausgebaut. Die NATO hat sich „neue Aufgaben gesucht“ und sich, sehr zur Verärgerung der betrogenen Russen, weiter nach Osten ausgedehnt. Die Beziehungen zu Russland sind so schlecht wie noch nie seit Anfang des Kalten Krieges – und dies, obwohl der russische Präsident Putin sowohl den USA und auch Europa immer wieder die Hand ausgestreckt und zu gemeinsamen Verhandlungen und Friedensmaßnahmen aufgefordert hat. Yes, we can …
Kein Präsident der Afroamerikaner
Kurz: Die Welt ist mit einem Friedensnobelpreisträger als Präsident des mächtigsten Staates so unsicher geworden wie nie zuvor, die Militärausgaben sind drastisch gestiegen und die Anzahl der weltweit geführten Kriege und der Kriegsflüchtlinge ist so hoch wie nie zuvor. Yes, we can …
Die Schwarzen in den USA hatten besonders viele Hoffnungen auf Obama gesetzt. In der achtjährigen Amtszeit eines afroamerikanischen Präsidenten wurden die Rassenunruhen in den USA größer als vor seiner Amtszeit. Tausende von Schwarzen sitzen wegen geringfügigen Vergehen in den überfüllten Gefängnissen und werden täglich von einer rassistischen Polizei schikaniert oder gar erschossen. Yes, we can …
Verschärfung der sozialen Krise
Die soziale Krise ist inzwischen in den USA so extrem wie schon lange nicht mehr, Amerika wird von großer Armut und hoher Arbeitslosigkeit, einer Welle von Polizeimorden und Polizeigewalt und einer rapide ansteigenden Mordrate heimgesucht. Gleichzeitig wird der Reichtum der Finanzeliten immer perverser. Diese Entwicklung geht größtenteils auf den Aktienboom unter Obama und eine beschleunigte Umverteilung des Reichtums von der unteren Hälfte der amerikanischen Bevölkerung zum obersten Prozent zurück. Die Lebenserwartung in den USA ist gesunken, die Löhne sind deutlich zurückgegangen, die Zahl der Todesopfer durch Drogen gestiegen und der Anteil junger Menschen an den Hauseigentümern ist auf einen historischen Tiefstand gesunken. Obamas Regierung hat mehrfach die Sozialausgaben gekürzt und dafür Banken gerettet. Yes, we can …
Wenn Obama behauptet, die Arbeitslosigkeit in den USA sei seit seinem Amtsantritt gesunken und die Zahl der Arbeitsplätze sei wie nie zuvor stetig angestiegen, dann sagt er nicht, dass die meisten der neuen Arbeitsplätze, die in seiner Amtszeit geschaffen wurden, Teilzeit- oder befristete Stellen sind. Yes, we can …
Fazit:
Obama hat persönlich die Ermordung amerikanischer Staatsbürger und Tausender anderer Menschen auf der ganzen Welt durch Drohnen angeordnet, die für Folter verantwortlichen CIA-Mitarbeiter geschützt und befördert, das Gefangenenlager Guantanamo Bay weiterbetrieben, Journalisten verfolgt und Whistleblower eingesperrt, die Polizei militarisiert und die illegale Überwachung elektronischer Kommunikationen ausgeweitet.
Obama hat in seiner ganzen achtjährigen Amtszeit Krieg im Ausland und gegen die Arbeiter im Inland geführt. Zum Wohl des militärisch-industriellen Komplexes, zum Wohl der Aktienbesitzer, des „Establishments“, der Reichen und der Finanzelite.
Gräben zu Russland vertieft
Zum Schluss machte er sich noch dadurch lächerlich, dass er die Russen für die Wahlniederlage seiner früheren Außenministerin verantwortlich gemacht und neue Sanktionen gegen Russland verhängt hat. Als letzte Amtshandlung sozusagen. Zum letzten Yes, we can …
Wenn es den US-amerikanischen Arbeitern seit Obamas Amtsantritt wirklich so gut wie nie zuvor gegangen wäre, dann soll uns mal einer erklären, warum diese dann so dumm waren, nicht die „tolle“ Frau Clinton als seine Nachfolgerin zu wählen.
Obama hat nichts gehalten von dem, was er versprochen hat. Aber so richtig versprochen hat er ja nie was. Er hat nur gesagt: Yes, we can. Den Rest haben sich die jetzt Enttäuschten dann selber zurechtgelegt.
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