Hinweise der Woche
Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Von der Leyen
- Lawrow zu seinem Deutschland-Besuch: „Dieses Bewusstsein bricht sich Bahn“
- Stand der Kriegsvorbereitung gegen den Iran
- Wagenknecht – „Die Klimadebatte, wie die Grünen sie führen, ist völlig verkürzt“
- Farce auf Schienen
- Krankenhauspolitik: Health in all policies?
- Der national-soziale Anstrich der AfD
- »Der Osten wird vom Westen verwaltet und beherrscht«
- So viel Geld sollten Sie für die Rente zurücklegen
- Schulstreiks: Bußgelder wegen Klimademos
Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Von der Leyen
- Zensursula wird EUrsula
Nach viel Kontroverse wurde über Ursula von der Leyen als neue EU-Kommissionspräsidentin abgestimmt. Die Mehrheit erzielte sie nur knapp.
Sie musste bangen und kämpfen, doch am Ende eines langen Tages hat sie es geschafft: Das Europaparlament hat die deutsche CDU-Politikerin Ursula von der Leyen mit 383 zu 327 Stimmen zur nächsten Präsidentin der EU-Kommission gewählt. Sie erhielt neun Stimmen mehr als nötig. 23 Parlamentarier enthielten sich, es gab eine ungültige Stimme. Die Abgeordneten bestätigten damit die umstrittene Nominierung durch den Rat. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich über den Willen des Parlaments hinweggesetzt und keinen der Spitzenkandidaten für die Europawahl benannt.
Der Wahl waren stundenlange hektische Beratungen vorausgegangen. Vor allem die Sozialdemokraten rangen um eine gemeinsame Haltung – die sie am Ende aber nicht fanden. So scherten die meisten deutschen Sozialdemokraten aus und stimmten mit Nein. Auch Grüne und Linke verweigerten von der Leyen ihre Stimme. Am Vormittag hatte von der Leyen mit viel Inbrunst für sich und ihr Programm geworben. Sozialer, grüner und weiblicher soll die EU werden, versprach die 60-Jährige. […]
Und dann war da noch die feministische Offensive: Sollte sie zur Kommissionspräsidentin gewählt werden, so werde sie auf Parität zwischen Frauen und Männern in ihrem Team bestehen, betonte von der Leyen. Zur Not werde sie jene EU-Länder, die nur Männer nach Brüssel schicken wollen, auffordern, eine Frau nachzunominieren. […]
Passiert ist es trotzdem. So haben die Abgeordneten der Fidesz-Partei von Ungarns „illilberalem“ Regierungschef Viktor Orban geschlossen für von der Leyen gestimmt. Etliche Stimmen dürfte sie auch von der rechtsradikalen Lega in Italien bekommen haben.
Quelle: tazAnmerkung Jens Berger: Eine Kommissionspräsidentin von Gnaden der Lega, Fidesz und der PiS … wie passt das mit den Sonntagsreden eines liberalen und demokratischen Europa zusammen?
Zur Wahl von von der Leyen und der Nominierung von Kramp-Karrenbauer lesen Sie bitte auch den redaktionellen Kommentar von Albrecht Müller.
- Alles nur zum Schein
EU Die Demokratie in Europa krankt an mehr als der Nominierung Ursula von der Leyens
(…) Zu fragen wäre aber: Macht es überhaupt einen Unterschied, wer Kommissionspräsidentin ist?
(…) Ähnlich verhält es sich mit der Frage, ob die Nominierung von der Leyens demokratisch sei. Schließlich birgt das Spitzenkandidatenprinzip jenes Versprechen, wonach die Bürger über den Chef der europäischen Exekutive in Wahlen entscheiden können. Doch diese Debatte lenkt von den eigentlichen demokratischen Problemen der EU ab. Denn ob der Spitzenkandidat der größten Gruppe im Europäischen Parlament automatisch Kommissionspräsident wird oder nicht, ändert nichts Wesentliches an der Struktur der EU-Institutionen, die ob ihrer Komplexität und Eigenlogik für jeden Demokratietheoretiker eine Herausforderung sind. Obwohl die Kommission eine Art von europäischer Exekutive sein soll, hat sie auch Machtbefugnisse, die eigentlich der Legislative vorbehalten sind. Das Parlament und der Rat sollen den zwei Kammern eines Parlaments entsprechen. Allein aber, welche das Unter- und welche das Oberhaus sein soll, ist unklar.
Mag die Beteiligung an der Europawahl dieses Jahr von 43 auf 51 Prozent gestiegen sein – die merkwürdige Struktur der EU führt dazu, dass vor allem zwischen nationalen Interessen, etwa im deutsch-französischen Streit über den Euro, und zwischen „Europäern“ und „Anti-Europäern“ debattiert wird. Eine europaweite Debatte zwischen links und rechts, etwa zu Verteilungsfragen, wie man sie von Demokratien auf nationaler Ebene kennt, existiert nach wie vor nicht.
In Europa besteht der Status quo darin, dass einer permanent regierenden Großen Koalition keinerlei Opposition außer der der „Anti-Europäer“ gegenübersteht. Einen Machtwechsel zwischen Regierungsparteien, je nachdem, ob sie Wahlen gewonnen oder verloren haben, gibt es nicht. Kurzum, es fehlt das, was gemeinhin als fundamentale Voraussetzung einer Demokratie gilt: die Möglichkeit, eine Regierung abzuwählen. Solange sich dies nicht ändert, wird die EU eine Scheindemokratie bleiben. Dabei ist nicht von Belang, wer künftig die Europäische Kommission führen wird.
Quelle: der Freitag - Ist es Liebe?
In keinem Land blicken die Menschen positiver auf eine Deutsche an der EU-Spitze als in Frankreich. Ursula von der Leyen profitiert dabei vor allem vom hohen Ansehen Angela Merkels.
Plötzlich reden viele Franzosen von ihr. “Ist sie nicht eine Freundin von Merkel?” will der Tresen-Nachbar im Pariser Eck-Café “L’autobus” wissen. Und behauptet bei einem Glas Rosé: “Ich glaube, sie ist eine Kopie Merkels.”
Es geht um Ursula von der Leyen. Bisher kannte kaum ein Franzose ihren Namen. Wer in Deutschland kennt schon die französische Verteidigungsministerin Florence Parly? Genauso war es auch umgekehrt. Bis die Deutsche vor zehn Tagen von den europäischen Staats- und Regierungschefs zur Kandidatin für die Präsidentschaft der EU-Kommission ausgewählt wurde.
“Die Mehrheit der Franzosen sieht in Ursulas Nominierung einen Sieg Macrons”, sagt der Pariser Außenpolitik-Experte Dominique Moisi, der von der Leyen seit vielen Jahren persönlich kennt. Doch während Moisi das Postengeschacher in Brüssel im Detail verfolgt und von der Leyen skeptisch eine “deutsch-französische Kompromisskandidatin” nennt, machen sich Medien und Öffentlichkeit in Frankreich selten diese Mühe. Sie sehen nur zwei neue, sehr seriöse Frauen an der Spitze Europas, die eine Französin – da bekommt auch die Zweite jede Menge Vorschusslorbeeren.
“Von der Leyen, das ist er!” sagt Sébastian Maillard, Leiter des Pariser Jacques-Delors-Instituts, über den französischen Hype um von der Leyen und die französische Anwärterin auf den Chefposten der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde. Er, das ist natürlich Macron. Tatsächlich hat sich die Geschichte, dass es kein anderer als der französische Präsident war, der von der Leyen ins Rennen schickte, in Frankreich gut verkauft. […]
Und die jetzt gern glauben wollen, dass sie mit von der Leyen den vielleicht bestmöglichen Merkel-Ersatz für den Spitzenposten in Brüssel bekommen: solide, kompromissfähig, korruptionsfrei. […]
Dabei musste man die Sache eigentlich auch aus französischer Sicht viel kritischer sehen.
Quelle: SPIEGEL OnlineAnmerkung unseres Lesers J.A.: Die Story Machine von Kai Diekmann feuert in allen deutschen Zeitungen aus vollen Rohren zur Wahl von der Leyens. Spin und Propaganda OK, aber diese Parodie ist ein Scherz. “[Z]wei neue, sehr seriöse Frauen an der Spitze Europas” – “von der Leyen de[r] vielleicht bestmögliche[…] Merkel-Ersatz für den Spitzenposten in Brüssel […]: solide, kompromissfähig, korruptionsfrei” – gemeint ist anscheinend Ursula von der Leyen, die in drei Bundesministerien entweder knallhart neoliberal agiert oder völlig versagt hat, und im Verteidigungsministerium wird der “korruptionsfreien, seriösen Frau” Korruption vorgeworfen… Amüsant noch die völlig konträre Bewertung des Professor Moisi in den letzten Abschnitten: “keinesfalls Lagarde für die Zentralbank, weil diese weder Ökonomin ist noch Zentralbankerfahrung mitbringt”; “Genauso wie er bei von der Leyen als besondere Qualifikation nur erkennt, dass sie Deutsche, CDU-Mitglied und bisher Ministerin ist” – mit anderen Worten, der ganze Artikel ist hinfällig, weil hier zwei völlig ungeeignete Kandidatinnen auf Posten gehoben werden sollen, für die sie Null Kompetenz mitbringen und im wahrscheinlichen Fall enormen Schaden anrichten können.
Anmerkung JK: Die Propagandaschlacht, die die deutschen „Qualitätsmedien hier abliefern ist in der Tat wieder einmal nicht zu überbieten.
- Warum Ursula von der Leyen den früheren “Bild”-Chef engagiert hat
Kommende Woche will Ursula von der Leyen EU-Kommissionschefin werden. Bei ihrer Kampagne setzt sie auf einflussreiche Helfer. Doch der Widerstand bleibt groß. (…)
Als Kommissionspräsidentin hätte sie dafür rund 35 000 Mitarbeiter. Als Kandidatin kann sie sich nur auf eine Handvoll Berater stützen – und nicht jeder ist hilfreich. So dient sich von der Leyen ein Mann an, der dieser Tage selbst um seinen Job kämpft: Martin Selmayr. (…)
Anstelle des feinsinnigen Diplomaten versucht nun der EU-Beamte Selmayr die Kandidatin erfolgreich zu positionieren. Von der Leyens spätabendlicher Besucher gilt als manipulativ und knallhart. Selmayr war Kabinettschef von Jean-Claude Juncker, ehe er im März 2018 unter dubiosen Umständen Generalsekretär der EU-Kommission wurde. (…)
Dabei sind die Bedenken gegen Selmayr berechtigt. Um ja nichts zu versäumen, hat der Spitzenbeamte gleich mehrere Getreue in von der Leyens “Übergangsteam” untergebracht. Pauline Rouch etwa arbeitete mit Selmayr bereits im Stab der damaligen Justizkommissarin Viviane Reding zusammen, von der Leyens Verbündeter im Kampf um eine Frauenquote.
Sollte von der Leyen ihren Landsmann tatsächlich behalten, wäre dies eine überraschende Fehleinschätzung einer Frau, die sonst nichts dem Zufall überlässt. (…)
Folglich kam die Ministerin auf ein altes Angebot zurück, das die Agentur “Story Machine” schon vor Monaten bei ihr hinterlegt hatte. Die junge Agentur, die Ex-“Bild”-Chef Kai Diekmann mit zwei Kompagnons gegründet hat, erfüllt die Internetträume prominenter Entscheidungsträger.
Als Ministerin hatte von der Leyen die Offerte noch abgelehnt, neue Schlagzeilen über externe Berater konnte sie nicht brauchen. Aber als der Ruf aus Brüssel kam, zögerte sie nicht lange. Am Tag nach der Nominierung wurde “Story Machine” tätig, schuf den Twitteraccount @vonderleyen und grüßte sofort dreisprachig in die Welt.
Quelle: SPIEGEL Online (hinter Paywall)Anmerkung Jens Berger: Schade, dass dieser Artikel hinter einer Paywall versteckt ist. Der Inhalt ist durchaus interessant und brisant. Von der Leyen stützt sich bei ihrer Kandidatur also auf die beiden Säulen Selmayr und Diekmann, die übrigens beide überzeugte Transatlantiker sind. Über Selmayr hatten die NachDenkSeiten schon im Vorfeld der Europawahl kritisch berichtet – dass die auf EU-Ebene schlecht vernetzte von der Leyen auf die Netzwerke des “Schattenmanns” Selmayr angewiesen ist, überrascht nicht und der erzkonservative wirtschaftsliberale Selmayr passt ja auch gut zu ihr. Über Kai Diekmann muss man nicht mehr viel sagen. Interessant wäre hier nur die Frage, wer Diekmanns Beraterdienste eigentlich bezahlt? Ein Budget für Berater wird sie als Kandidatin bei der EU ja wohl nicht haben. Zahlt sie den Ex-Bild-Chef aus eigener Tasche? Diese nicht eben unwichtige Information verschweigt SPIEGEL Online auch seinen zahlenden Lesern.
- Zensursula wird EUrsula
- Lawrow zu seinem Deutschland-Besuch: „Dieses Bewusstsein bricht sich Bahn“
Die antirussische Sanktionspolitik schade ihrerseits den Europäern selbst gravierend, so Lawrow. Jedoch breche sich das Bewusstsein, dass der politische und wirtschaftliche Druck auf Russland perspektivlos sei, Bahn. Deshalb werde im deutsch-russischen Verhältnis eine positive Entwicklung beobachtet, vor allem in Handel und Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Kultur, aber auch auf Ebene der zivilgesellschaftlichen Kooperation. […]
Anders als noch Anfang der 2000er Jahre, als eine neue Qualität der Russland-Nato-Zusammenarbeit bei der Erklärung von Rom 2002 oder beim Lissabonner Ratsgipfel 2010 ins Visier genommen wurde, hat man laut Lawrow heute mit einer besorgniserregenden Situation zu tun.
„Unter dem Druck aus Washington, das eigene geopolitische Ziele verfolgt, beteiligen sich die Nato-Länder an einer aggressiven antirussischen Politik.“ So finde eine durch nichts gerechtfertigte Erhöhung der Militärausgaben statt. Russland gehe davon aus, so Lawrow weiter, dass zur Bekämpfung negativer Entwicklungen die Leitung der führenden Nato-Länder ihren jetzigen Russland-Ansatz überdenken müsse. Von russischer Seite seien konkrete Vorschläge zur Verminderung militärischer Gefährdung und zur Unterbindung unbeabsichtigter Zwischenfälle unterbreitet worden. Man sehe der Stellungnahme der Nato entgegen.
Quelle: SputnikAnmerkung André Tautenhahn: Die positive Entwicklung in den Beziehungen wird umgehend von der künftigen EU Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zurückgewiesen. In einem Interview mit Springers Welt machte sie deutlich, dass ihr an einer Fortsetzung der Konfrontation mit Russland gelegen ist.
„Der Kreml verzeiht keine Schwäche. Aus einer Position der Stärke heraus sollten wir an den Russland-Sanktionen festhalten […] Ich will dafür sorgen, dass unsere amerikanischen Freunde nie vergessen, dass wir auf der gleichen Seite des Tisches sitzen“
Diese Ansage ist parallel zum Petersburger Dialog wohl überlegt. Sie entspricht der Rolle einer Sprechpuppe Washingtons. Von der Leyen ist damit keine Hoffnungsträgerin Europas, wie die bürgerliche Presse meint, sondern eine Hoffnungsträgerin für die Transatlantiker, die kein Interesse an einem guten Verhältnis Westeuropas zu Russland haben.
- Stand der Kriegsvorbereitung gegen den Iran
Die Wahrscheinlichkeit eines neuen Kriegs am Persischen Golf steigt. Allerdings haben die USA bisher weder einen Verteidigungsminister noch eine “Koalition der Willigen”
In den vergangenen Wochen verschärfte die amerikanische Außenpolitik ihre seit mehr als einem Jahr anhaltende Eskalation gegenüber der Islamischen Republik Iran noch einmal deutlich. Jüngster Höhepunkt ist die Beschlagnahme des iranischen Supertankers Grace 1 auf Antrag der amerikanischen Behörden. Es ist das erste Mal in der jüngeren Geschichte, dass ein Öltanker wegen Sanktionsbestimmungen in internationalen Gewässern festgehalten wird.
Die britischen Behörden, welche die Grace 1 vor Gibraltar haben festsetzen lassen, behaupten, dass Schiff sei Richtung Syrien unterwegs gewesen. Diese bisher unbelegte Konstruktion soll ihnen eine plausible Rechtsgrundlage verschaffen. Innerhalb der EU sind die amerikanischen Sanktionen gegen die Republik Iran nicht rechtskräftig. Gegen Syrien hingegen hält die EU weiterhin ihre 2014 erlassenen Sanktionen in Kraft, um den Wiederaufbau des durch Söldner- und Dschihadistenhorden verwüsteten Landes zu behindern.
Auffällig am Vorgehen der britischen Behörden ist auch, dass die Verwaltung von Gibraltar gerade erst am 3. Juli ein neues Regelwerk verabschiedet hat, um Sanktionen durchzusetzen. Gleich am darauffolgenden Tag enterte eine 30-köpfige Spezialeinheit der britischen Flotte zusammen mit Polizeieinheiten aus Gibraltar das Schiff (Britische Marines entern iranischen Tanker vor Gibraltar).
Mithilfe der frisch erlassenen Sanktionsvorschriften entschied ein Gericht in Gibraltar nun, den Kapitän und den Ersten Offizier festzunehmen und das Schiff bis mindestens 21. Juli festzuhalten. Wohlgemerkt: Unter dem Vorwurf, dass Schiff habe den syrischen Hafen Baniyas im Mittelmeer anlaufen wollen.
Ausgerechnet dort kam es am Samstag, den 22. Juni, zu einer massiven Sabotageaktion. Mindestens fünf Unterwasser-Ölpipelines in der Nähe von Baniyas wurden sabotiert und verursachten eine Ölpest, wie israelische Medien unter Berufung auf die syrische Nachrichtenagentur Sana berichteten. Fotos zeigen massive Eindellungen und lange Risse an den Rohren.
Der syrische Minister für Erdöl, Ali Ghanem, erklärte später, dass sogar sechs Leitungen beschädigt worden seien und nannte den Vorgang einen “feigen Terroranschlag”. Die Pipelines verbinden den Hafen von Baniyas mit einer Entladeplattform, an der Supertanker wie die Grace 1 anlegen können…
Quelle: Telepolisdazu: Kriegspropaganda in der Tagesschau
In seinem Bericht setzt der Washington-Korrespondent der Tagesschau, Stefan Niemann den vermeintlichen Vorfall im Persischen Golf – vollkommen richtig – in den größeren Zusammenhang:
„Streit gibt es zwischen Teheran und London bereits um einen Supertanker mit iranischem Öl an Bord. Die Briten hatten ihn vergangene Woche vor Gibraltar wegen des Verdachts illegaler Öllieferungen für Syrien festgesetzt, wogegen der Iran heftig protestiert.“
Einen Moment, bitte – „illegale Öllieferungen für Syrien“? (…)
Die Frage stellt sich nun, ob ein iranischer Tanker, der Öl nach Syrien verschifft, „den Sanktionen der Europäischen Union gegen Syrien unterliegt“? Haben wir es also mit einer „illegalen Öllieferung“ zu tun, wie uns die Tagesschau subtil mit auf den Weg gibt?
Die EU liefert Abhilfe und beantwortet diese Frage in ihren Syrien-Sanktions-FAQs. Demnach ist der Geltungsbereich der Sanktionen wie folgt festgelegt (der Übersicht halber teils von mir zusammengefasst, nicht wörtlich zitiert):- im Gebiet der EU
- an Bord von Flugzeugen und Schiffen unter der Hoheitsgewalt eines EU-Mitgliedstaats
- für Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats
- für Entitäten, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet oder eingetragen sind
- für Entitäten, die Geschäfte in der EU betreiben
Trifft irgendeiner dieser Punkte auf einen iranischen Öltanker auf dem Weg nach Syrien zu?
Geht die EU nun denselben Weg wie US-Präsident Trump und verhängt über drei Ecken Sekundärsanktionen gegen alles und jeden?
Und die vielleicht wichtigste Frage:
Warum macht sich die Tagesschau zum Sprachrohr US-amerikanischer Kriegspropaganda?
Quelle: JusticeNow! - Wagenknecht – „Die Klimadebatte, wie die Grünen sie führen, ist völlig verkürzt“
[…] FOCUS: Die Grünen argumentieren hoch moralisch. Ist das nicht, wenn man sich deren Zustimmungswerte anschaut, ein Erfolgsrezept?
Wagenknecht: Ein Klimaschutz, der zulasten der Mittelschicht und der Ärmeren geht, statt sich mit den globalen Konzernen anzulegen, ist weder moralisch noch wirkungsvoll. Außerdem führt dieser Ansatz, der schon beim Erneuerbare-Energien-Gesetz verfolgt wurde, dazu, dass es für Umweltpolitik weniger Rückhalt gibt.
FOCUS: Die Klimafrage scheint zurzeit allerdings alles andere zu verdrängen.
Wagenknecht: Ich finde, dass die Klimadebatte, wie die Grünen sie führen, völlig verkürzt ist.
FOCUS: Wieso?
Wagenknecht: Menschen, die aufs Auto angewiesen sind, weil in ihrer Region kein Zug und kein Bus mehr fährt, taugen nicht zum Feindbild. Nicht jeder kann sich eine Wohnung in hippen Großstadtbezirken leisten, wo man gut mit dem Fahrrad zum Job kommt. Und der klimaschädliche Ausstoß einer Durchschnittsfamilie, die sich einmal im Jahr eine Flugreise leistet und öfter Fleisch isst, steht in keinem Verhältnis zum klimazerstörenden Effekt der Globalisierung, in deren Rahmen Konzerne ihre Produkte teilweise mehrfach über riesige Distanzen verschiffen, um immer dort zu produzieren, wo die Löhne am niedrigsten und die Standards am schlechtesten sind.
Ein anderes Beispiel: Viele große Unternehmen konstruieren ihre Produkte bewusst so, dass sie schnell wieder kaputtgehen, „quick and dirty“ bringt Rendite, und man kann schnell das nächste Modell in den Markt drücken. Eine unglaubliche Verschwendung! Würden alle Gebrauchsgüter doppelt so lange halten, würde ihre Produktion halb so viel Treibhausgase erzeugen.
FOCUS: Ist es nicht ein guter Ansatz, von jedem zu verlangen, dass er wegen des Klimaschutzes aufpassen soll, was er kauft und was er isst?
Wagenknecht: Ja, wer das kann, sollte es tun. Aber viele Leute können sich den Bioladen nicht leisten. Deshalb ist es falsch, den Konsum in den Mittelpunkt zu stellen und wie die Grünen Umweltpolitik zu einer Frage des Lifestyles zu machen. Das ist ein elitärer Ansatz. Wenn jetzt etwa die CO2-Steuer zur Hauptforderung in der Klimadebatte wird, dann geht das wieder zulasten der Ärmeren und der Mitte, die schon heute einen immer größeren Teil ihres Budgets für Strom und Benzin ausgeben müssen. Wann haben die Grünen interveniert, als die Bahn auf Börsenfähigkeit getrimmt wurde? Das hat dazu geführt, dass in ländlichen Gegenden viele Bahnstrecken stillgelegt wurden. Dann auf die Leute herabzublicken, die in diesen Regionen leben und ihr Auto brauchen, ist arrogant.
FOCUS: Das klingt, als stünden Sie als Linke dem Diesel-Fahrer aus der Provinz näher als dem progressiven Grafikdesigner in Prenzlauer Berg.
Wagenknecht: Links heißt, nicht die Interessen der Eliten zu vertreten, sondern die der abstiegsbedrohten Mitte und der Ärmeren. Eine Politik, die die Situation dieser Menschen weiter verschlechtert, ist für mich nicht tragbar. […]
Quelle: Focus - Farce auf Schienen
In seinem Heimatland Großbritannien gilt Go-Ahead als “das schlechteste Bahnunternehmen”. Ein Ruf, der offenbar auch in Baden-Württemberg verpflichtet, wo der Konzern seit Juni auf einigen Strecken fährt. So schlimm ist die Lage, dass Verkehrsminister Hermann mit dem Geld seiner Bürger nun einen “Lokführer-Pool” schaffen will – in ganz Europa sucht er dafür das Personal.
Bis vor Kurzem war das so: Man sah überall auf dem Land, also dort, wo es noch Schienen gibt, die roten Nahverkehrszüge der Deutschen Bahn. Jetzt, seit Anfang Juni, geht es auf den Schienen in Baden-Württemberg etwas bunter zu: Man sieht nun im Nah- und Regionalverkehr um Stuttgart gelbe Züge mit der Aufschrift Go-Ahead und Abellio. Das sind börsennotierte Unternehmen. Abellio ist eine Tochter der niederländischen Staatsbahn und Go-Ahead ist ein britisches Konsortium, das in vielen Ländern primär Busse fahren lässt, und bei dem die SNCF, die französische Staatsbahn, mitbeteiligt ist.
Und warum sind diese Gesellschaften nun hier aktiv? Etwa zwischen Stuttgart und Mannheim, Pforzheim, Tübingen, Ulm, Aalen, Karlsruhe? Wegen des grünen Verkehrsministers Winfried Hermann. Aber vor allem deswegen: Weil sich hier sehr leicht sehr viel Geld verdienen lässt – dank Unterstützung des Steuerzahlers.
Quelle: Kontext: Wochenzeitung - Krankenhauspolitik: Health in all policies?
Auf gut 375 Mrd. Euro beliefen sich 2017 die Gesundheitsausgaben in Deutschland, auf die Krankenhäuser entfielen fast 95 Mrd. Euro. Mehr als 5,5 Millionen Menschen waren im gleichen Jahr im Gesundheitswesen tätig, davon 1,1 Mio. im Krankenhausbereich – mit 1.942 Krankenhäusern und 19,5 Mio. Behandlungsfällen.
Die Zahlen machen vielleicht etwas verständlicher, warum die aktuelle Bertelsmann-Studie „Zukunftsfähige Krankenhausversorgung“ mit ihrer Forderung nach einer drastischen Reduktion der Krankenhäuser gerade so einen Aufruhr verursacht. Bei den Krankenhäusern geht es um einen Wirtschaftssektor von ähnlicher volkswirtschaftlicher Bedeutung wie die Automobilindustrie.
Quelle: ScienceBlogsdazu: Medienhype um die Klinikstudie der Bertelsmann-Stiftung
Ein Beleg für versteckten Lobbyismus und die Blindheit der Medien
Es ist schon sehr interessant. Da macht eine der bekanntesten Stiftungen Deutschlands eine Studie zu der Krankenhausversorgung in Deutschland und kommt zu dem Schluss, dass viele Kliniken geschlossen werden sollten. Der Gründer und Finanzier dieser “Stiftung” ist der Bertelsmann Konzern, der durch diese Stiftung viele Steuern sparen und gleichzeitig riesigen Einfluss auf die Politik nehmen kann. Eine Win-Win-Situation also für den Konzern.
Auffällig an der Krankenhausgeschichte, die gestern und heute auf allen Medienkanälen läuft, ist aber vor allem – wie so oft -, was nicht berichtet wird: Dass nämlich Dr. Brigitte Mohn nicht nur im Vorstand der Bertelsmann Stiftung sitzt, sondern zugleich Mitglied des Aufsichtsrats der Rhön-Privatkliniken AG ist, eine Aktiengesellschaft also, die ein direktes finanzielles Interesse an der Schließung öffentlicher Krankenhäuser haben könnte. Schon jetzt gehört die Rhön Kliniken AG zu den großen Playern in Deutschland und erwirtschaftete 2018 einen Gewinn von rund 51,2 Millionen Euro, fast 40 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Wenn es womöglich bald zu wenige öffentliche Krankenhäuser gibt, dann können sicherlich ein paar großherzige private Helfer wie die Rhön Kliniken in der Not einspringen …
Quelle: TelepolisLesen Sie dazu bitte auch „Krankenhäuser schließen – Leben retten?“ – Öffentlich-rechtlicher Kampagnenjournalismus zur besten Sendezeit.
- Der national-soziale Anstrich der AfD
AfD-Rechtsaußen Björn Höcke fällt mit scheinbar sozialen Forderungen zur Rente auf. Der Rentenexperte Gerd Bosbach erklärt, was wirklich dahinter steckt. […]
Also glauben Sie der AfD nicht, dass sie die Rente wirklich sozial denkt.
Der Gesamt-AfD sowieso nicht, die wollen in wichtigen Teilen sogar die gesetzliche Rente zugunsten der unsozialen Privat-Rente opfern. Aber auch die Höcke-AfD scheint mir überwiegend andere Absichten zu haben.
Woraus schließen Sie das?
Höcke selber hat seine sozialen Aktivitäten 2018 so begründet: „Die soziale Frage war das Kronjuwel der Linken, es war ihre Existenzgarantie. Und wenn wir als AfD glaubwürdig bleiben und entschlossen bleiben, dann können wir der Linken dieses Kronjuwel jetzt abjagen! Und das sollten wir tun!“ Es sind also taktische Motive, nicht Sorge und Einsicht über steigende Altersarmut. Außerdem verdreht seine thüringische AfD richtige soziale Analysen zu nationalistischen und damit unsozialen Forderungen.
Geht das etwas genauer?
Im Höcke-Rentenpapier heißt es: „Doch nicht nur die gebrochenen Erwerbsbiographien bedingen zunehmend die Altersarmut. Hinzu kommt: Deutschland beherbergt den größten Niedriglohnsektor Europas …“. Richtig! Aber dem begegne ich doch nicht mit einer Staatsbürgerrente – nur für Deutsche. Gerade ausländische Kollegen sind im besonderen Maße von Arbeitslosigkeit, Niedriglöhnen und daraus folgenden Armutsrenten bedroht. Da werden nationalistische Gedanken scheinbar aus sozialen Analysen gefolgert. Deshalb glaube ich Höcke die sozialen Absichten nicht. Statt der Wertschätzung der Arbeit interessiert die AfD die Wertschätzung der richtigen nationalen Herkunft. Aber soziales Denken ist nicht teilbar. […]
Welche Ideologie sehen Sie hinter dem Konzept?
Als Nutznießer der Veränderungen der letzten Jahrzehnte wird fast nur „das internationale Versicherungskapital“ oder an anderer Stelle „das grenzenlose internationale (Finanz-)Kapital“ genannt. Da schimmern schon die rechten Feinde durch, das Ausland und das Geldkapital – bei Rechten oft mit Juden assoziiert. Dass die Hauptnutznießer und Betreiber der Rentenreformen alle Arbeitgeber sind, also auch die deutschen, die bei ihren Beiträgen zur Rente massiv sparen, das haben die AfDler beim Abschreiben aus der sozialen Bewegung bewusst „übersehen“.
Quelle: FR Online
Zur Orientierung der AfD auf „soziale“ Themen lesen Sie bitte auch Die AfD, die Rente und das Kronjuwel der Linken https://www.nachdenkseiten.de/?p=53486. - »Der Osten wird vom Westen verwaltet und beherrscht«
Ein Gespräch mit Yana Milev. Über die kulturkoloniale Dominanz der BRD, die Mär von der »Wiedervereinigung« und die Ähnlichkeiten der DDR mit der Schweiz (…)
Erstens: Die »friedliche Revolution« – sie war keine. Die Abwesenheit physischer Gewalt bedeutete nicht, dass es nicht psychischen Druck und andere Formen der Übernahme oder Konterrevolution gab. Zweitens: Die »Wiedervereinigung« – es war keine. Es haben sich nicht zwei Staaten »vereinigt«, sondern der eine übernahm den anderen. Das nennt man Staatensukzession, also Einrücken des Kernstaates ins Beitrittsgebiet. Drittens: die Wohlstandsversprechen von Helmut Kohl 1990. »Es wird niemandem schlechter gehen als zuvor, dafür vielen besser«, hieß es. Man schaue nur in die Statistik … Viertens: »Wir sind ein Volk« – das ist es nicht! Die Ost- und die Westdeutschen haben aufgrund der komplementären gesellschaftlichen Entwicklungen unterschiedliche Erfahrungen. Eine Vereinigung, die nur in den Narrativen der deutschen Nation und der deutschen Währung stattfindet, dabei das unterschiedliche soziale und kulturelle Erbe negiert, muss – zumindest aus soziologischer Sicht – scheitern. Ich widerspreche der Behauptung von der angeblich erfolgreichen »Transformation des Ostens«. (…)
Der damals 81jährige Heym – geboren in Chemnitz, als Jude von den Nazis ins Exil getrieben und seit 1953 in der DDR-Hauptstadt lebend – machte darauf aufmerksam, dass »zahllose Bürger und Bürgerinnen der Ex-DDR« protestieren, »dass die Errungenschaften und Leistungen ihres Lebens zu gering bewertet und kaum anerkannt oder gar allgemein genutzt werden«. Und er mahnte die Westdeutschen: »Massenarbeitslosigkeit, meine Damen und Herren – das haben Ihre Eltern vor Jahren schon durchleben müssen –, zerstört die gesamte Gesellschaft und treibt das Land in den Abgrund.« Darauf verweigerte ihm die Unionsfraktion – einschließlich der damaligen Bundesministerin Angela Merkel – geschlossen den Applaus. Einige Unionsabgeordnete verließen sogar den Saal.
Das war allerdings vor 25 Jahren.
Heym hatte recht. Der West-Ost-Konflikt verwächst sich nicht, die Erfahrungen pflanzen sich fort, vergleichbar mit Kriegstraumata. Selbst Ende der 80er Jahre und später geborene Ostdeutsche, die »Wendekinder«, sind davon geprägt. Sie erleben die Kulturkonflikte, die Zurücksetzung und Ausgrenzung der Ostdeutschen in der Gegenwart. Bei einer 2018 in Sachsen vorgenommenen repräsentativen Umfrage sahen sich 65 Prozent aller Befragten als »Bürger zweiter Klasse«, die unter der Entwertung früherer Werte und unter der Ungleichheit vor dem Gesetz leiden. Fast 70 Prozent der 18- bis 29jährigen stimmten dieser Aussage zu!
Quelle: junge WeltAnmerkung unseres Lesers W. A.: Wer die Seele der Ostdeutschen, ihr Denken und Handeln, verstehen will, der muss diesen interessanten Artikel gelesen haben!
Anmerkung unseres Lesers M.B.: Ich habe zum ersten Mal eine solche kultursoziologische Betrachtung gelesen und halte diesen Ansatz für interessant.
- So viel Geld sollten Sie für die Rente zurücklegen
“Darum müsste ich mich eigentlich mal kümmern.” Das ist so ein Satz, der oft kommt, wenn es in Gesprächen mit Freunden um die Rente geht. Das Thema ist so etwas wie der Endgegner im Parcours der Finanzentscheidungen. All die Fragen rund um die Rente sind unangenehm. Viele assoziieren sie mit dem Altwerden oder gar dem Sterben, das verdrängt man als junger Mensch lieber.
Die meisten meiner Freunde wissen aber, dass die gesetzliche Rente nicht reichen dürfte, um den gewohnten Lebensstandard im Alter zu halten. Denn die Rentenversicherung ist durch die Alterung der Gesellschaft unter Druck geraten. Weil die Geburtenraten gesunken sind und zudem die Lebenserwartung gestiegen ist, leben in Deutschland immer mehr ältere und weniger jüngere Menschen.
Meiner Generation stehen deutlich mehr Rentenempfänger gegenüber, die sie durch ihre Beiträge finanzieren muss. Und wenn wir selber im Rentenalter sind, wird es weniger Beitragszahler geben, die für uns aufkommen.
Man muss also selbst etwas tun. Aber wie viel Geld sollte man zur Seite legen, um im Alter noch vernünftig leben zu können? Der Young-Money-Blog hat mit Unterstützung der Verbraucherzentrale NRW beispielhaft berechnet, wie viel Geld junge Durchschnitts-, Besser- und Geringverdiener zurücklegen sollten. (…)
Gerade junge Menschen sollten deshalb so früh wie möglich damit anfangen, Geld zu sparen und es fürs Alter anzulegen. Besonders schwer ist das nicht. Diese drei Möglichkeiten stehen zur Auswahl oder können miteinander kombiniert werden:- Einen langfristigen ETF-Aktiensparplan anlegen und selbst fürs Alter vorsorgen (…).
- Betriebsrenten des Arbeitgebers abschließen und den nächsten Arbeitgeber davon überzeugen, dass es sinnvoll ist, in den Vertrag des vorherigen einzuzahlen.
- Gute Riester-Verträge abschließen oder weiterführen und die staatliche Förderung mitnehmen.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Mit Propaganda und Werbung für die angeblich “kapitalgedeckte” Altersvorsorge können also nicht nur Finanzinstitute viel Geld verdienen, sondern auch die schreibende Journaille. Aber möglicherweise sind die vielen Online-Anzeigen für Fondsinvestments in dem Artikel reiner Zufall (s. Anhang).
Ein Kommentar bringt es auf den Punkt: “Die Rentenlücke für mittlere und hohe Einkommen ist grober Unfug, denn je höher das Einkommen, desto weniger wird davon verkonsumiert. Wenn meine Ausgaben als Gutverdiener aber nur 40% des Einkommens betragen und ich den Rest eh schon spare, dann brauch ich im Alter auch keine 70% dieser Einkünfte, von dem ich einen Großteil ja trotzdem nur sparen würde. Und in die andere Richtung – so ca bei 50% der Bevölkerung – sind selbst die 100 Euro Zusatzbedarf einfach nicht finanzierbar, weil bereits 100% oder gar mehr vom Einkommen für das Bestreiten der Existenz drauf gehen.
Übrigens:- Aktien sind erfahrungsgemäß dann am wertlosesten, wenn man das Geld ganz dringend braucht
- Entgeltumwandlung durch Betriebsrenten verringern die gesetzlichen Rentenansprüche, da diese das zu versteuernde Einkommen reduzieren (wovon auch die Rentenbeiträge berechnet werden)
- gute Riester-Verträge gibt es nicht, weil bei allen ein horrender Verwaltungsanteil von den Versicherungen einbehalten wird, der in der Regel der Höhe der staatlichen Zuschüsse mindestens entspricht”
Zu den üblichen Anmerkungen (“Denn die Rentenversicherung ist durch die Alterung der Gesellschaft unter Druck geraten.”) ist noch hinzuzufügen, daß der Nettolohn der Beispiel-Lara “ähnlich stark steigt wie die Inflation” (sie also keinesfalls am Produktivitätsfortschritt teilhaben soll, der über viele Jahrzehnte alleine den Unternehmen zufallen wird). Blankeste Propaganda unter dem Deckmantel der Seriosität (leider halten manche Menschen dieses Revolverblatt noch für seriös). Wenn es wirklich um die Rente ginge, wie die Überschrift suggeriert, dann könnte der SPIEGEL deutliche Lohnerhöhungen und höhere Beitragssätze für die Umlagerente empfehlen – aber eher friert die Hölle zu.
dazu auch: Altersversorgung auf dem Prüfstand
Eine unabhängige Expertenkommission soll eine Reform der Altersabsicherung der Landtagsabgeordneten in Schleswig-Holstein erarbeiten. Mit dem aktuellen Modell drohe Parlamentariern aufgrund niedriger Zinsen nach 15 Jahren “ein wirklicher Bruch in der Altersversorgung”, sagte Klaus Schlie (CDU). (…)
Seit 2007 müssen die Abgeordneten in Schleswig-Holstein selbst für ihre Rente sorgen. Dafür bekommen sie zusätzlich zur sogenannten Entschädigung aktuell 1829 Euro pro Monat. Schlie rechnet vor, dass Abgeordnete der seit 2017 laufenden Legislatur damit nach fünf Jahren bei einem Garantiezins von 0,9 Prozent auf eine Garantierente für diesen Zeitraum in Höhe von 384 Euro kämen.
Parlamentarier müssten in der Lage sein, eine angemessene Altersversorgung aufzubauen, um unabhängig politisch tätig sein zu können, sagte Schlie. Das 2007 eingeführte System sei “damals zwar revolutionär” gewesen, heute aufgrund der ökonomischen Entwicklung jedoch “nicht mehr tauglich”. Laut Schlie könnte eine Reform der Altersversorgung nach der 2022 geplanten Landtagswahl umgesetzt werden. Für fünf Jahre im Parlament stehen Abgeordneten derzeit knapp 114 000 Euro für die Vorsorge zu, die sie versteuern müssen.
Quelle: Kieler NachrichtenAnmerkung unseres Lesers J.U.: Unsere Landtagsabgeordneten möchten die kapitalbasierte Rente nicht mehr. Sie sei aus der ökonomischen Entwicklung heraus, sprich: weil es keine Zinsen mehr gibt- untauglich. Wie dreist ist das denn: Genau diese kapitalbasierte Rente wird uns doch seit Jahren als das Mittel gegen Rentenarmut verkauft. Für sich selbst ändern die das mal schnell.
- Schulstreiks: Bußgelder wegen Klimademos
Ausgerechnet in dem einzigen Bundesland mit einem grünen Ministerpräsidenten werden erste Bußgelder gegen streikende Schüler verhängt
Im baden-württembergischen Mannheim sind erste Bußgeldbescheide an Eltern verschickt worden, deren Kinder während der Schulzeit an den Fridays-for-Future-Klimaprotesten teilgenommen haben. Je 88,50 Euro sollen für jeweils zwei unentschuldigt versäumte Schulstunden gezahlt werden, berichtet der Mannheimer Morgen.
Die Schüler würden auf ihren Demonstrationen für die Betroffenen sammeln. In einem Brief an die Zeitung hatten die gemaßregelten Eltern gefragt: “Wie kann eine Schule, die sich nach Sophie und Hans Scholl benennt, so mit Kindern umgehen, die sich politisch interessieren und engagieren?”
Quelle: Telepolis