Wochenrückblick auf eine „Verrückte Welt“

Wochenrückblick auf eine „Verrückte Welt“

Wochenrückblick auf eine „Verrückte Welt“

Albrecht Müller
Ein Artikel von: Albrecht Müller

Das war der Stoßseufzer eines Freundes am Telefon, als wir gerade vom Auftritt der CDU-Vorsitzenden auf einer Veranstaltung der Atlantikbrücke gehört hatten. Sie hat Trump in Schutz genommen und sich darüber beklagt, dass dieser ehrenwerte US-amerikanische Präsident in eine Reihe mit Erdogan und Putin gestellt werde. Siehe zum Beispiel hier. Das war am Mittwoch. Am Wochenanfang erkor der „Spiegel“ den lieben Kevin zum Kandidaten für den SPD-Vorsitz mit Tendenz zum Kanzlerkandidaten. Einfach irre. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Am Donnerstag meldeten die Medien, zum Beispiel der Berliner Tagesspiegel: „Trump erwägt Verlegung von Truppen nach Polen – aus Deutschland“. Also näher an Russland ran. Dann wird gemeldet, Litauen begrüße diese Absicht und Russland sei besorgt. Zum Beispiel hier.

Und dann wird gestern gemeldet, im persischen Golf würden zwei Schiffe brennen. Selbstverständlich machen die USA den Iran verantwortlich. Tendenz in der westlichen Welt, die US-Version zu glauben. So war das immer und ist das immer. US-Politiker können lügen, so viel sie wollen, wir akzeptieren ihre Lügen für neue Kriege als bare Münze. Frau Kramp-Karrenbauer verziert das Ganze noch mit dem Heiligenschein der westlichen Wertegemeinschaft. So auf der erwähnten Konferenz der Atlantikbrücke. Sie hat dort übrigens geredet wie ein Vertreter der Jungen Union n den härtesten Zeiten des Kalten Krieges der fünfziger und anfangs der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Restauration ist eines der Markenzeichen der verrückten Zeiten, in denen wir leben.

Die Interimsführung der SPD sucht nach neuer Profilierung und kommt nicht auf die Idee, ihr altes Markenzeichen, die Friedens- und Entspannungspolitik wieder zu entdecken und zur neuen Profilierung zu nutzen. Das wäre nicht nur propagandistisch und parteipolitisch vorteilhaft. Es wäre berechtigt, es wäre notwendig. Was ist mit diesen Leuten passiert? Haben sie kein bisschen Respekt vor der eigenen Geschichte? Haben Sie alles vergessen? Sind sie alle Agenten der Atlantikbrücke? Man muss den Eindruck gewinnen. Immerhin ist ja Sigmar Gabriel, von dem manche meiner Gesprächspartner einmal meinten, der sei wenigstens etwas offen für die alte Friedenspolitik, der neue Vorsitzende der Atlantikbrücke. Sigmar Merz und Friedrich Gabriel – das ist das neue wunderbare Gespann der Agitation in unserem Land, jene zwei, die man als Journalist immer abrufen kann, wenn man eine Botschaft, die in die Kampagne passt, gestützt auf Auftritte prominenter Personen weiterverbreiten will.

Es wird über Rente und Demographie diskutiert – übrigens so, als wäre dieser zusammengeworfene Themenkomplex erst in den letzten zehn oder zwölf Jahren entdeckt worden. Ein Zeichen der Kurzlebigkeit. Die NachDenkSeiten werden in der nächsten Woche dreimal auf das Thema bzw. auf den Themenkomplex zurückkommen. In einem dieser drei Beiträge erinnern wir an die Rürup-Kommission, ihr Ergebnis und die damals handelnden Personen. Schon jetzt würde ich denjenigen, die für die SPD nach einem neuen Profil suchen, empfehlen, sich anzuschauen, was im Jahre 2002 und 2003 zulasten der Stammwählerschaft der SPD verbrochen worden ist. Wenn man wissen will, warum die SPD jetzt bei 15 oder nach einer Umfrage auch bei 12 % gelandet ist, dann muss man diese Texte überfliegen. Grauenhaft. Verrückt.

Grauenhaft und verrückt sind auch die in den Umfragen erkennbaren Wählerwanderungen. Da nimmt eine Partei, die Grünen, einfach mal so 10 oder sogar 16 Prozentpunkte zu. Einfach so. Ein Profilierungsthema und zwei nette Leute an der Spitze. Das reicht. Anderes zählt nicht, anderes wird nicht recherchiert.

Leute, wohin wandern wir aus?

Australien. Das geht leider nicht. Australien kümmert sich nicht mal um seine eigenen Bürger. Es überlässt den Australier Assange der Justizwillkür der Briten und der Verfolgungswut US-amerikanischer Geheimdienste. Die NachDenkSeiten haben berichtet. Und werden es weiter tun. Moritz Müller war deshalb wieder in London.

Brasilien scheidet auch aus. Früher war das ein begehrtes Auswandererland. Jetzt herrscht dort Justizterror, politischer sowieso.

Österreich? Auch dessen Alpengipfel leuchten nicht mehr wie zu guten Zeiten.

Also bleiben wir hier und machen weiter, zum Beispiel mit den NachDenkSeiten. Und dank kritischer und zugleich freundlicher Leserinnen und Leser lässt sich das gerade noch aushalten. Eine kleine Bitte muss ich dabei noch loswerden: viele Leserinnen und Leser sind ausgesprochen freundlich, schicken uns interessante Links und ermuntern uns weiterzumachen; aber andere neigen dazu, sofort den Stab zu brechen, wenn Ihnen mal etwas nicht passt. Mancher droht mit Abschied, nur weil ihm ein Artikel eines Gastautoren nicht gefällt. Wir prüfen bei Gastautoren und ihren Texten, ob es zu den NachDenkSeiten passt. Aber manchmal passt es nicht und ist trotzdem als Denkanstoß interessant und dann bringen wir einen solchen Artikel. Das war in der vergangenen Dekade gleich zweimal der Fall. Ist das zu viel?

Titelbild: M-SUR / Shutterstock