Warum 2% Senkung der Lohnnebenkosten die Wettbewerbsfähigkeit verbessern, eine Verteuerung des Euro um 29% aber nicht?
Der gesamte Personalaufwand aller deutschen Unternehmen betrug 2001 17,4% des Umsatzes. Eine 2%-ige Senkung der Lohnebenkosten schlüge mit 0,35% der unternehmerischen Kostenrechnung zu Buche. Die Senkung der Lohnnebenkosten wird in der politischen Debatte und in der Agenda 2010 als eines der wichtigsten Ziele zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit behandelt. Der Euro hatte von 2002 auf 2003 einen Wertzuwachs gegenüber dem US-Dollar um 29% . Trotz der verteuerten Exporte war das Jahr 2004 für die deutsche Exportwirtschaft dennoch ein absolutes Rekordjahr. Offenbar wird bei der Wettbewerbsfähigkeit mit zweierlei Maßstäben gemessen, legt einer unserer Leser dar.
Nach der Unternehmensstatistik der Deutschen Bundesbank belief sich im Jahr 2001 der Personalaufwand (Löhne, Gehälter, soziale Abgaben und freiwillige soziale Aufwendungen) aller deutscher Unternehmen, also aller Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften und Einzelunternehmen, auf 17,4 Prozent des Umsatzes dieser Unternehmen. Seit 2001 hat sich die Rationalisierung in den Unternehmen fortgesetzt, hat es eine neue Welle der Arbeitslosigkeit gegeben, wurde die Personalkostenquote der Unternehmen noch weiter reduziert.
Wenn nun die Unternehmen – maximal gerechnet – 20 Prozent der Löhne und Gehälter als Sozialbeiträge zahlen, dann entspricht das, hochgegriffen, einer Umsatzquote von etwa 3,5 Prozent. (Die anderen rd. 20 Prozent Sozialabgaben zahlen ja die Arbeitnehmer selbst.) Gelänge es tatsächlich, diesen Beitragsanteil der Unternehmen zu den Sozialabgaben von 20 Prozent auf 18 Prozent, also um zwei Prozentpunkte zu reduzieren, was schon eine stolze reformerische Leistung wäre, dann schlüge das mit 0,35 Prozentpunkten des Umsatzes bzw. der Kostenrechnung zu Buche, was also makroökonomisch schon kaum mehr messbar wäre. Das ist natürlich eine Durchschnittsrechnung, die Personalkostenbelastung der Arbeitgeber ist im Handwerk, im Einzelhandel, bei den freien Berufe natürlich weit überdurchschnittlich, wirkt sich dafür aber auch im internationalen Wettbewerb mangels Globalisierung dieser Bereiche kaum aus.
Allein von Januar 2002 bis zum 6. Mai 2003 wurde der Euro gegenüber dem US-Dollar um 29 Prozent aufgewertet, verteuerte sich also der deutsche Export in den Dollarraum in diesem Ausmaß, und die Aufwertungstendenz hat sich in die Folgejahren fortgesetzt. Die meisten Fachleute sagen, das sei überhaupt kein Problem für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, eine Feststellung, die auch durch die Ausfuhrstatistik belegt wird: Das Jahr 2004 war für die deutsche Exportwirtschaft ein absolutes Rekordjahr.
Gesamtwirtschaftliche Veränderungen, Chancen und Risiken werden also in der öffentlichen Diskussion mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen, je nachdem, ob sie im Bereich der Arbeit oder aber des Kapitals eintreten.