Joe Lauria, Herausgeber des Magazins Consortium News, sagte am 5. November 2016 voraus, dass die Demokraten im Falle einer Wahlniederlage von Hillary Clinton – auch ohne Beweise – die Russen dafür verantwortlich machen werden, um Trump aus dem Amt zu entfernen. Das war die Geburtsstunde von Russia-Gate. Aus dem Englischen von Josefa Zimmermann.
Lauria schrieb, wenn Hillary Clinton gegen Donald Trump verliert, werden die Demokraten auch ohne Beweise Russland beschuldigen und auf dieser Basis versuchen, das Wahlleutekollegium oder den Kongress davon zu überzeugen, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen. Tatsächlich probierten es die Demokraten mit dieser Taktik, scheiterten aber bei beiden. Danach versuchten sie zweieinhalb Jahre lang zwanghaft, das Narrativ vom Russia-Gate am Leben zu erhalten, mit dem Ziel, Trump zu schwächen oder abzusetzen.
(Der Artikel vom 5. November 2016 wird hier erneut wiedergegeben.)
Hillary Clintons Ass im Ärmel: Russland
Von Joe Lauria
erschienen am 5. November 2016 in der Huffington Post
Wenn Hillary Clinton diese sehr knappe Wahl verliert, könnte ihr Ass im Ärmel Russland heißen.
Die Konzernmedien reagierten schroff, als Donald Trump in der letzten Debatte sagte, er würde abwarten und sehen, was passiert, bevor er das Wahlergebnis anerkennt. „Ich werde euch auf die Folter spannen”, sagte er. Trump behauptete, die Wahl würde manipuliert werden.
Wenn Trump knapp verliert, können wir mit der Forderung nach einer Neuauszählung und eventuell mit einer juristischen Anfechtung rechnen. Einige seiner gewalttätigeren Anhänger haben bereits Unannehmlichkeiten angedroht.
Was aber ist, wenn Clinton die Wahl knapp verliert? Nach den Enthüllungen von WikiLeaks und FBI ist Clintons beträchtlicher Vorsprung geschrumpft und ein knappes Resultat wird immer wahrscheinlicher.
Ein paar Stunden nach der letzten Debatte wurde Clinton in ihrem Kampagnenflugzeug gefragt, ob sie versprechen könnte, das Wahlergebnis zu akzeptieren. Clinton ignorierte diese Frage und begann, Trump zu attackieren.
Wenn Clinton um Haaresbreite verlieren sollte, hat sie zwei Möglichkeiten, die Wahl zu kippen und sich selbst zur Präsidentin zu machen – und beide Möglichkeiten involvieren eine Schuldzuweisung an Russland. Sie kann versuchen, das bizarre amerikanische System der Wahlleutekollegien zu beeinflussen oder mindestens zwei Verbündete im Kongress dazu zu bewegen, die Wahl nicht anzuerkennen.
Das indirekte amerikanische Wahlrecht
Den meisten Menschen außerhalb der Vereinigten Staaten und auch vielen Amerikanern ist unbekannt, dass der US-Präsident nicht vom Volk gewählt wird. Die Präsidentschaftswahl ist tatsächlich eine Wahl in 50 separaten Einzelstaaten. Wenn ein Kandidat oder eine Kandidatin in einem Bundesstaat die einfache Mehrheit erhält, wird ihm oder ihr eine Anzahl von Wahlleuten zugeordnet, die sich nach der Bevölkerungszahl richtet.
Dies sind die eigentlichen Personen, die im Namen des Volkes über den Präsidenten abstimmen. Die Listen der Wahlleute werden von den beiden großen politischen Parteien vor der Wahl beschlossen. Die Partei, die in einem Bundesstaat gewinnt, stellt die Wahlleute, die den Präsidenten wählen. Es gibt 538 Wahlleute und ein Kandidat muss 270 ihrer Stimmen erhalten, um zum Präsidenten gewählt zu werden.[*]
Dieses System ignoriert die Stimme des einzelnen Wählers, so dass ein Kandidat landesweit die Mehrheit der Stimmen erhalten kann, aber trotzdem die Wahl verliert. Das geschah bisher viermal, das letzte Mal im Jahr 2000, als Al Gore die meisten Stimmen erhielt, der Wahlsieg aber an George W. Bush ging.
Manche Staaten, wie New York und Kalifornien, wählen normalerweise demokratisch, während andere, wie viele Staaten im Westen und Süden, sich üblicherweise im republikanischen Lager befinden. Es gibt jedoch auch sogenannte Swing-States und dort findet der intensivste Wahlkampf statt.
Ein Szenario könnten so aussehen, dass die vier Wahlleute von Maine diese Wahl entscheiden.
Deswegen hat Trump letzte Woche dort Wahlkampf gemacht. Maine und Nebraska sind die beiden einzigen Staaten, die sich einige Wahlleute teilen. Ein Kandidat oder eine Kandidatin kann eine der Stimmen der vier Wahlleute erhalten, wenn er oder sie einen Kongressbezirk gewinnt.
Beeinflussung der Wahlleute durch Schuldzuweisungen an Russland
Die Behauptung des Clinton-Lagers nach den ersten WikiLeaks-Enthüllungen kurz vor dem Konvent der Demokraten, dass der russische Geheimdienst hinter den Enthüllungen steckte, wurde Anfang Oktober von Geheimdienstchef James Clapper dahingehend erweitert, dass er „die höchsten Beamten Russlands” beschuldigte, dass sie sich „in den US-Wahlkampf einmischen“ wollten, indem sie den Hackerangriff auf das Democratic National Committee autorisierten.
Clapper ging jedoch noch deutlich weiter und behauptete, dass ein russisches Unternehmen hinter den versuchten Angriffen auf Wahlcomputersysteme in verschiedenen Bundesstaaten steckte.
Diese Behauptungen der Obama-Administration wurden von den Medien weitgehend akzeptiert, obwohl es keine öffentliche Bestätigung der angeblichen russischen Machenschaften gab. Wenige Tage vor der Wahl griffen die Clinton-freundlichen Medien die Geschichte wieder auf. Der Nachrichtensprecher von CNN Jake Tapper sagte am Freitag fälschlicherweise, dass die USA die russische Regierung, jedoch keine Firma, beschuldigen, die Wahl zu gefährden.
In der letzten Debatte sagte Clinton, der Hack „komme von der höchsten russischen Regierungsebene, eindeutig von Putin selbst, in dem Versuch, unsere Wahl zu beeinflussen, wie 17 unserer Geheimdienste bestätigten“. Diese 17 Geheimdienste wurden allein von Clapper repräsentiert. Clinton hatte keinerlei Beweise dafür.
Wenn Clinton nur wenige Stimmen der Wahlleute fehlen und sie verliert, könnte sie das Ergebnis anfechten, indem sie behauptet, Russland habe die Wahl manipuliert. Darauf wurde die Öffentlichkeit bereits mit einer Reihe unbewiesener Behauptungen vorbereitet, die von den Konzernmedien verbreitet und allgemein akzeptiert wurden. Da die Medien im Vorhinein keine Beweise für solche Behauptungen fordern und falls sie von den Geheimdiensten gestützt werden, könnte ihre einzige Herausforderung darin bestehen, die erforderliche Zahl von Wahlleuten der Republikaner zu überzeugen, für sie zu stimmen, um eine Mehrheit zu erhalten.
Es gibt nur 26 Staaten, in denen die Wahlleute gesetzlich dazu verpflichtet sind, für den Kandidaten zu stimmen, der in dem Staat die Wahl gewonnen hat. Virginia empfiehlt das lediglich. Die anderen 24 Staaten haben keine derartigen Gesetze, so dass die Wahlmänner frei nach ihrem Gewissen auch gegen die eigene Partei stimmen können.
Der Swing-Staat mit den meisten Wahlleuten, in dem es keine gesetzliche Verpflichtung der Wahlleute gibt, ist Pennsylvania mit 20 Wahlleuten. Andere Bundesstaaten wie Arizona, Utah, Texas, Georgia, North Carolina, Nevada und New Hampshire haben ebenfalls keine Gesetze, um die Wahlleute zur Stimmabgabe für die eigene Partei zu verpflichten. Ohio und Florida, die beiden größten Swing-Staaten, verpflichten die Wahlleute jedoch gesetzlich.
Das Clinton-Lager wäre damit konfrontiert, eine Anzahl Wahlleute umstimmen zu müssen, damit sie gegen den republikanischen Kandidaten und für Clinton stimmen. Sie muss sie überzeugen, dass ein geändertes Votum die amerikanische Demokratie gegen die Einmischung eines vermeintlich feindlichen Staates, der die Wahl zugunsten von Trump manipuliert, verteidigt.
Clinton müsste diese sogenannten „abtrünnigen Wahlleute“ überzeugen, gegen den Wählerwillen des eigenen Bundesstaates zu stimmen. Dies ist in sieben vorausgegangenen Wahlen passiert. Jedes Mal stimmte nur einer der Wahlleute abweichend. Das geschah in den Jahren 1948, 1956, 1960, 1968, 1972, 1976 und 1988. Aber kein abtrünniger Wahlmann hat je eine Präsidentenwahl entschieden.
Die Wahl von 2016, eine der seltsamsten, an die man sich erinnert, könnte den Wahnsinn dadurch auf die Spitze treiben, dass es zum ersten Mal geschieht.
Die zweite Option
Wenn es ihr nicht gelingt, genügend Wahlleute davon zu überzeugen, für sie zu stimmen, besteht für sie noch eine letzte Chance. Am 6. Januar um 13 Uhr treffen sich beide Häuser des Kongresses, um die Wahl zu bestätigen. Ein Gesetz von 1887 erlaubt es jedoch jedem Kongressmitglied, formell gegen das Ergebnis Einspruch zu erheben.
Der Einspruch muss schriftlich eingereicht und von mindestens einem Senator und einem Kongressabgeordneten unterzeichnet werden. Die gemeinsame Sitzung wird verschoben und die beiden Kammern haben zwei Stunden Zeit, um jede für sich den Einspruch zu prüfen. Dann stimmt jedes Haus darüber ab. Wenn beide dafür stimmen, werden die Stimmen der Wahlleute nicht ausgezählt.
Es gab bisher nur zweimal einen Einspruch und in beiden Fällen, 1969 und 2005, wurde er zurückgewiesen. Wenn Clinton erfolgreich ist und der Einspruch angenommen wird, wodurch die Stimmen der Wahlleute für Trump in mehreren Einzelstaaten wegen der angeblichen Einmischung Russlands für ungültig erklärt werden, könnte dies dazu führen, dass er weniger als die erforderlichen 270 Stimmen erhält. Aber auch dadurch würde Clinton die nötigen Stimmzahl nicht erreichen.
Wenn keiner der Kandidaten auf 270 Stimmen kommt, dann wird die Wahl laut Verfassung durch ein Votum des Repräsentantenhauses entschieden. Jeder Bundesstaat hat eine Stimme und es ist eine einfache Mehrheit erforderlich. Das Haus wird derzeit von den Republikanern kontrolliert. Aber viele Republikaner unterstützen Trump nicht.
Das Haus hat bisher erst zweimal eine Präsidentenwahl entschieden. Im Jahr 1800 stimmten jeweils 78 Wahlmänner für Thomas Jefferson und Aaron Burr. Nach 36 Wahlgängen über sechs Tage wählte das Haus Jefferson zum dritten Präsidenten. Bei der Wahl von 1824 erhielt Andrew Jackson 99 Wahlmännerstimmen, 32 Stimmen zu wenig für eine Mehrheit, und John Quincy Adams erhielt 85. Aber das Repräsentantenhaus entschied sich mit einer Mehrheit von 32 Stimmen für Adams.
Es wäre sicherlich ein erhebliches Risiko für Clinton, sich einer dieser beiden Taktiken zu bedienen, um eine drohende Niederlage gegen Trump abzuwenden. Aber wäre irgendjemand wirklich überrascht angesichts all der anderen Vorkommnisse in diesem Wahlkampf?
Joe Lauria ist Chefredakteur des Magazins Consortium News und ehemaliger Korrespondent des Wall Street Journal, des Boston Globe, der Sunday Times of London und zahlreicher anderer Zeitungen. Er kann unter [email protected] erreicht und auf Twitter @unjoe verfolgt werden.
[«*] *Das System war ein Kompromiss zwischen dem Kongress und den Wählern (zunächst nur weiße Männer mit Vermögen), die den Präsidenten wählten. Es gab auch wenig bevölkerten Sklavenhalterstaaten im Süden bei Präsidentschaftswahlen ein größeres Mitspracherecht. Es wurde 1789 eingeführt, zu einer Zeit, als der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches von einem Wahlmännerkollegium gewählt wurde. Von 1849 bis 1918 wählten die preußischen Wähler Wahlmänner, die ihrerseits in einem indirekten Wahlsystem die Abgeordneten des Parlaments wählten. Der französische und der irische Senat werden heute von einem Wahlleutekollegium gewählt. Der Papst wird noch heute von einem Kardinalskollegium gewählt.