Hinweise des Tages II

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  1. Was die offizielle Arbeitslosenzahl verschweigt: 3,23 Millionen Menschen ohne Arbeit
  2. Viele Eingliederungsvereinbarungen werden nicht rechtskonform abgeschlossen
  3. Ärztemangel: Jeder achte Arzt stammt aus dem Ausland
  4. Endlich mal eine gute Nachricht: Die Zweiklassengesellschaft wird beendet. Also bei der Deutschen Post und ihren Paketzustellern
  5. „In der Leiharbeit durch Helfertätigkeiten dequalifiziert“
  6. Bankenfusion bringt Risiken und Arbeitsplatzverluste
  7. Solidarität mit Eckart Seith
  8. Europa-Wahl: Schöner kriseln mit CDU und CSU
  9. Wilhelm Heitmeyer: »Auf diese Weise zerstört sich eine liberale Demokratie«
  10. Zweiter Luftfahrtgipfel – Schlechte Aussichten für Fluggäste
  11. Auf dem Abstellgleis
  12. Nicht alles soll auf die Schiene
  13. Deutsche Hybris
  14. Spiel mit dem Feuer
  15. Timoschenko vor Ukraine-Wahl: “Ich verstehe, was das Land braucht”
  16. Zu guter Letzt: Einigung im britischen Parlament: EU soll Vereinigtem Königreich beitreten

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Was die offizielle Arbeitslosenzahl verschweigt: 3,23 Millionen Menschen ohne Arbeit
    Im März meldet die Bundesagentur für Arbeit rund 2,3 Millionen Arbeitslose. Das gesamte Ausmaß der Menschen ohne Arbeit bildet die offizielle Zahl jedoch nicht ab. Denn knapp 931.000 De-facto-Arbeitslose sind nicht in der Arbeitslosen-, sondern in der separaten Unterbeschäftigungsstatistik enthalten. Im März 2019 gab es offiziell rund 2,3 Millionen Arbeitslose. Das sind knapp 72.000 Personen weniger als im Vormonat. Nicht in der offiziellen Arbeitslosenzahl enthalten sind allerdings fast 931.000 ebenfalls faktisch Arbeitslose, darunter

    • knapp 670.000 Menschen, die an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnahmen,
    • knapp 85.000 am Tag der Erfassung Krankgeschriebene und
    • rund 170.000 über 58-Jährige, die innerhalb der letzten 12 Monate kein Jobangebot erhielten.

    Insgesamt ergibt sich so eine tatsächliche Arbeitslosenzahl von über 3,23 Millionen Menschen. Gegenüber dem Vormonat hat die Zahl der „inoffiziell Arbeitslosen“ um rund 12.000 Personen zugenommen.
    Quelle: O-Ton Arbeitsmarkt

    dazu: 6,72 Millionen Menschen leben von Arbeitslosengeld oder Hartz-IV-Leistungen
    Rund 2,4 Millionen Arbeitslose gab es im Januar 2019. Doch mit knapp 6,72 Millionen lebten fast dreimal so viele Menschen in Deutschland von Arbeitslosengeld oder Hartz-IV-Leistungen, darunter knapp zwei Millionen Kinder und Jugendliche. Denn nur ein Teil derer, die staatliche Unterstützung benötigen, gilt auch als arbeitslos im Sinne der Statistik.
    Im Januar (teilweise aktuellste verfügbare Werte durch Wartezeiten in der Statistik) gab es rund 2,4 Millionen Arbeitslose gemäß der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA). Gleichzeitig lebten aber knapp 6,72 Millionen Menschen von Arbeitslosengeld und/oder Hartz-IV-Leistungen. Knapp 892.000 Menschen bezogen Arbeitslosengeld und rund 5,89 Millionen Menschen lebten in einem Hartz-IV-Haushalt, einer so genannten Bedarfsgemeinschaft, darunter fast zwei Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (Dezember 2018). 65.000 (gerundeter Wert aus November, aktuelle Zahlen sind nur mit Wartezeit verfügbar) von ihnen waren Doppelbezieher von Arbeitslosengeld und Hartz-IV-Leistungen.
    Quelle: O-Ton Arbeitsmarkt

    dazu auch: Geschönte Arbeitslosenquote: Linke und Gewerkschafter fordern Reform der Arbeitsmarkt-Statistik
    Fragt man bei den Regierungsparteien nach, was sie davon halten, erntet man Schweigen. Mehrere Politiker aus Union und SPD wollten sich zu einer Reform der Zählweise nicht äußern. Mehr Ehrlichkeit gab es zuletzt übrigens 2005. Die Regierung von Gerhard Schröder nahm hunderttausende Sozialhilfeempfänger in die Statistik auf. Dafür erntete die SPD Häme, denn auf dem Papier war die offizielle Arbeitslosenzahl dadurch sprunghaft angestiegen.
    Quelle: mdr

  2. Viele Eingliederungsvereinbarungen werden nicht rechtskonform abgeschlossen
    In seinem Urteil vom 21.3.2019 (Aktenzeichen B 14 AS 28/18 R) rügte das Bundessozialgericht die gängige Praxis der Jobcenter Eingliederungsvereinbarungen „bis auf weiteres“ abzuschließen.
    Im vorliegenden Fall, der zur Entscheidung anstand, gab das Bundessozialgericht der Klägerin Recht, die bemängelte, dass ihre Eingliederungsvereinbarung, die per Verwaltungsakt erlassen wurde, „bis auf weiteres“ gültig sein sollte.
    Dementsprechend sind auch Eingliederungsvereinbarungen, die nicht per Verwaltungsakt abgeschlossen wurden und „bis auf weiteres“ gültig sein sollen, ungültig. Hannelore Weber Mitglied im SprecherInnenrat der Bundesarbeitsgemeinschaft Hartz IV der Partei DIE LINKE meint dazu: „In vielen Fällen werden die Eingliederungsvereinbarung den Betroffenen einfach vorgelegt, und es wird erwartet, dass sie diese noch vor Ort unterschreiben, ohne von ihrem Recht auf eine Prüfung Gebrauch zu machen.
    Eine Verhandlung der Eingliederungsvereinbarung, wie sie gesetzlich vorgeschrieben ist, oder eine Beratung, die ebenfalls gesetzlich vorgeschrieben ist, findet in den seltensten Fällen statt.“
    Quelle: scharf-links

    Anmerkung Christian Reimann: Also auch rund 15 Jahre nach Einführung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen lohnt sich das Einreichen von Widersprüchen und Klagen immer noch. Und mit Ironie oder Zynismus könnte hinzugefügt werden: Das waren echt tolle Juristen, die für diese Gesetze vor allem verantwortlich waren: Die Herren Wolfgang Clement (als damaliger “Superminister” für Wirtschaft und Arbeit) und Gerhard Schröder (als Bundeskanzler) …

  3. Ärztemangel: Jeder achte Arzt stammt aus dem Ausland
    Die Zahl ausländischer Ärzte in Deutschland hat sich in zehn Jahren verdreifacht. Ärztekammer und NRW-Regierung warnen: Die Versorgungslücken sind so nicht zu schließen.
    Ohne ausländische Ärzte würden Patienten in einigen Regionen Deutschlands kaum mehr versorgt. Nach der bisher unveröffentlichten Jahresstatistik der Bundesärztekammer stammt inzwischen jeder achte praktizierende Mediziner aus dem Ausland. Allein 2018 stieg ihre Zahl um 7,3 Prozent auf 48.672. Das sind fast dreimal so viele wie zehn Jahre zuvor. Die Neuen behandeln vor allem Patienten in Krankenhäusern, aber auch in ambulanten Praxen. „Gerade in ländlichen Regionen leisten Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung“, sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery der WirtschaftsWoche.
    Bereits jeder achte der insgesamt 392.402 berufstätigen Ärzte in Deutschland ist inzwischen Zuwanderer. Nach den Zahlen der Kammer stammen die meisten aus Staaten Ost- und Südosteuropas – aus Polen, Ungarn und der Ukraine, aus Bulgarien, Griechenland und vom Balkan. Fast jeder zehnte der Zugewanderten stammt aus Rumänien. Eine andere größere Gruppe kommt aus Syrien, Ägypten, Libyen oder dem Iran.
    Die Entwicklung bringt sowohl für die Versorgung hier als auch für die Herkunftsländer einige Probleme. Ärztepräsident Montgomery verweist auf kulturelle und Sprachhindernisse. „Es ist eine große Herausforderung, die für eine gute Patientenversorgung notwendigen Fachsprachen-Kenntnisse zu vermitteln und zu prüfen.“ Die Akademiker studieren meist in ihren Heimatländern, die ein im Vergleich eher schlecht ausgestattetes Gesundheitssystem haben. Montgomery: „Es muss uns bewusst sein, dass die zugewanderten Kollegen in ihren Herkunftsländern fehlen.“
    Quelle: WirtschftsWoche

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Das Thema – wir steuern auf einen Ärztemangel zu – ist seit Jahren bekannt, die Politik hat – analog zu den Lehrern nicht reagiert, nicht mehr Studienplätze geschaffen. Die Lücken füllen jetzt ausländische Ärzte, die allermeisten kommen aus dem armen Rumänien, der Weggang reißt dort Lücken ins System. Dabei wurden diese Ärzte durch rumänische Steuermittel ausgebildet. Das ist die Kehrseite von Migration und offenen Grenzen. Wird in der Debatte leider “gern” ausgeblendet!

  4. Endlich mal eine gute Nachricht: Die Zweiklassengesellschaft wird beendet. Also bei der Deutschen Post und ihren Paketzustellern
    Im Jahr 2015 wurde hier ein Beitrag veröffentlicht, der sich mit dem damaligen Streik bei der Deutschen Post beschäftigt hat. Folgende Ausgangssituation wurde beschrieben: »Die Ausgründung von Billig-Tochtergesellschaften (DHL Delivery) und die zwischen 20 und 30 Prozent geringere Bezahlung der dort Beschäftigten wurde völlig zu Recht erkannt als eine Rutschbahn nach unten für die gesamten Beschäftigungsbedingungen im Konzern. Dagegen hat man sich zur Wehr setzen wollen – verständlich, denn warum sollen die Beschäftigten auch noch dabei zusehen, wie sie dafür herhalten müssen, die nach oben getriebenen Renditeversprechen des Konzernvorstands zu bedienen – wohlgemerkt in einem Unternehmen mit einem Gewinn in Höhe von fast 3 Milliarden Euro, also keinesfalls in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckend, die ein Entgegenkommen der Mitarbeiter nachvollziehbar bzw. diskussionswürdig hätte erscheinen lassen?« Wegen der Ausgliederung der damals noch 49 regionalen Zustell-Tochtergesellschaften, die seither jeweils unter dem Namen „Delivery“ firmieren, war es im Sommer 2015 zu wochenlangen Streiks gekommen. Der Titel des damaligen Beitrags – Das Ende des Post-Streiks: Ein „umfassendes Sicherungspaket“ (für die, die drin sind) und ein verlorener Kampf gegen die Billig-Post – verhieß nichts Gutes hinsichtlich dessen, was der Arbeitskampf gebracht hat: »Und was ist nun raus gekommen nach vier Wochen Dauer-Streik? In der Gesamtschau von außen muss man zu dem Ergebnis kommen – nicht viel. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Gewerkschaft einen unbefristeten Streik, also gleichsam die letzte Stufe des Arbeitskampfes, gezündet hatte, drängt sich der Eindruck auf: Eine krachende Niederlage für die Gewerkschaft.«
    »Es sei nicht gelungen, die Deutsche Post AG von einer Rücknahme der DHL Delivery GmbHs zu überzeugen.« So der damalige O-Ton der Gewerkschaft. Und das ist nur die eine Hälfte der Wahrheit. Man hatte zwar Bestandsschutz für die Insider bekommen – aber die andere Seite der Medaille: alle Neueinstellungen in der boomenden Paketzustellung sollen über die Billig-Töchter laufen. So war das 2015.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  5. „In der Leiharbeit durch Helfertätigkeiten dequalifiziert“
    Jobcenter vermitteln 30 Prozent der Arbeitssuchenden an Zeitarbeitsfirmen. Eine Quote, die nach Ansicht der Grünen viel zu hoch ist. Befristete Jobs führten selten in eine Festanstellung – und schaden gut qualifizierten Arbeitnehmern.
    Mitte 2018 hatten 37,8 Millionen Menschen in Deutschland eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Etwas mehr als eine Million von ihnen war bei Zeitarbeitsfirmen angestellt, das entspricht 2,7 Prozent. Leiharbeit also ist kein großer Sektor auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
    Aber eine große Rolle spielt die Leiharbeit bei der Bundesagentur für Arbeit (BA). Denn im vergangenen Jahr wurden 30 Prozent der Personen, denen die BA einen neuen Job besorgte, an Zeitarbeitsfirmen vermittelt. Das lässt sich als Beleg für die Bedeutung dieser Branche bei der Arbeitsmarktintegration von Jobsuchenden deuten.
    Fraglich ist, ob diese Integration von Dauer ist. Denn mit vielen der dortigen Anstellungen ist es schnell wieder vorbei. Im ersten Halbjahr 2018 hatte von den knapp 780.000 beendeten Beschäftigungsverhältnissen bei Zeitarbeitsfirmen ein Viertel nicht einmal einen Monat gedauert. Weniger als ein halbes Jahr war es bei insgesamt 59 Prozent der Fälle.
    Quelle: Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Aber genau das, was die Grünen heutzutage beklagen, war Absicht, denn im “Hartz IV”-System spielen erworbene Erfahrungen, Kenntnisse und Qualifikationen keine Rolle. Der “Kundschaft” der Jobcenter ist – abgesehen von Ausnahmen – jede Arbeit zumutbar.

  6. Bankenfusion bringt Risiken und Arbeitsplatzverluste
    10 Jahre nach der Finanzkrise forciert die Bundesregierung eine Mega-Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank. Dadurch würde ein Riese entstehen, der im Krisenfall die gesamte Wirtschaft in den Abgrund stürzen könnte. Die Bundesregierung täte gut daran die Lehren aus der Finanzkrise zu ziehen, schreibt der DGB klartext.
    Vor mehr als 10 Jahren stand die Weltwirtschaft am Rande eines Zusammenbruchs. Staaten mussten mit Milliardensummen marode Banken retten, weil eine Pleite der Finanzhäuser auch die Realwirtschaft ins Chaos gestürzt hätte. Insgesamt hat die Krise den deutschen Steuerzahler auf diese Weise bisher etwa 70 Milliarden Euro gekostet. Begriffe, wie „notleidend“ und „systemrelevant“ machten die Runde und erlangten gar zweifelhaften Ruhm als Unwort des Jahres.
    Alles Vergangenheit? Nein! Diese Schlagworte haben nichts an Aktualität verloren. Denn aktuell wird über eine Fusion der schwächelnden Deutschen Bank und der Commerzbank zur drittgrößten Bank Europas diskutiert. Dadurch würde ein neuer Riese entstehen, der im Krisenfall die ganze Wirtschaft in den Abgrund ziehen könnte. Deshalb würde der Staat wohl wieder einspringen.
    Doch damit nicht genug: Die Gewerkschaft ver.di rechnet im Falle der Fusion mit dem Verlust von mindestens 30.000 der insgesamt 140.000 Arbeitsplätze. Jede dritte der 1.500 Filialen könnte schließen. Zudem gibt es Zweifel am Erfolg einer fusionierten Bank. Der neue Finanzriese wäre nach der Fusion über Jahre mit der Neuaufstellung beschäftigt, anstatt sich um wichtige Geschäftsfelder und Kernthemen zu kümmern.
    Quelle: DGB klartext
  7. Solidarität mit Eckart Seith
    • Eckart Seith hat entscheidend zur Aufklärung des Milliardenraubs CumEx beigetragen und steht dafür in der Schweiz vor Gericht.
    • Er deckte im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit Struktur, Funktionsweise und Hintermänner hinter dem betrügerischen Geschäftsmodel auf und leitete diese an die zuständigen deutschen Behörden weiter.
    • Anstatt gegen das Agieren der beteiligten Bank Sarasin vorzugehen, erhebt die Staatsanwaltschaft Zürich Anklage gegen Seith. Ihm drohen bis zu 3,5 Jahre Haft.

    Seith hat wesentlich dazu beigetragen, die kriminellen CumEx-Akteure zur Verantwortung zu ziehen und damit Vertrauen in den Rechtsstaat wiederherzustellen. Jetzt sollten wir ihn nicht hängenlassen, wenn diese Akteure mit Hilfe der Schweizer Justiz zurückschlagen. Deshalb: Das Bundesverdienstkreuz für Eckart Seith als klares Zeichen, dass die ehrlichen Menschen hinter ihm stehen!
    Quelle: Finanzwende.de

  8. Europa-Wahl: Schöner kriseln mit CDU und CSU
    Manfred Weber will EU-Chef werden. Seine Partei wünscht sich den Euro so, wie er früher mal gedacht war – vor der Euro- und Bankenkrise. Sein Plan wird Europa in der nächsten Krise nicht stabilisieren, sondern zerreißen.
    Als die zuständigen Politiker diese Woche vorstellten, was sie den deutschen Wählern zur Europawahl so vorschlagen, war viel zu lesen darüber, dass jetzt ja erstmals die CDU mit der CSU zusammen Programm macht. Wahnsinn. Etwas untergegangen ist vor lauter Kuschelambiente nur, was drinsteht. Dabei haben es die Versprechen in sich, zumindest, was die Passagen dazu angeht, wie es künftig mit dem Euro weitergehen soll: So, wie es in den Bibelausgaben hiesiger Ordnungsapostel mal vorgesehen war.
    Als hätten globale Bankenkrisen und Euro-Desaster nicht einiges in den vergangenen Jahren ad absurdum geführt, was die Deutschen da lange gepredigt haben. Nicht schlimm, könnte man sagen, wenn es von irgendeiner Dingsda-Partei käme. Es steht nur jetzt im Programm von der Partei, die mit Manfred Weber ganz gern den künftigen EU-Kommissionspräsidenten stellen würde. Und vielleicht auch wird.
    Quelle: Thomas Fricke auf Spiegel Online
  9. Wilhelm Heitmeyer: »Auf diese Weise zerstört sich eine liberale Demokratie«
    Ein Interview mit dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer über Kontrollverluste und Radikalisierungen. Heitmeyer forscht bereits seit den 1980er Jahren zu Rechtsextremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit. Er hat das Analysekonzept der »Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit« entwickelt.
    Herr Professor Heitmeyer, Sie haben zuletzt ein neues Buch veröffentlicht, das auf Ihre langjährigen Untersuchungen und Analysen »Deutscher Zustände« beruht. Das Buch heißt »Autoritäre Versuchungen« und knüpft nicht nur an Ihre früheren Studien an, sondern explizit auch an aktuelle gesamtgesellschaftliche Entwicklungen. Wie würden Sie diese Entwicklungen kurz beschreiben? In welchen Zeiten leben wir zurzeit? Und wer ist in diesem Fall »wir«?
    Heitmeyer: Wir leben in »entsicherten Zeiten«. Das bedeutet für mich, dass seit Beginn des neuen Jahrhunderts zwei Prozesse in unseren westlichen Gesellschaften wirksam geworden sind. Es sind zum einen offensichtliche Krisen, die dann auch auf der öffentlichen Tagesordnung standen und stehen sowie verdeckte, schleichende Prozesse, die weniger thematisiert worden sind, aber auch zu Vergiftungen in diesen Gesellschaften, d.h. auch in Deutschland beigetragen haben.
    Bei der Verwendung des Begriffes »Krise« muss man genau definieren, was das ist, denn nicht alle Veränderungen und Probleme sind auch gleich Krisen. Für mich ist diese Charakterisierung angemessen, die zwei Kriterien enthält. Erstens werden durch die eingetretenen Ereignisse die sicherheitsspendenden Routinen im Alltag, in der Politik und der Wirtschaft außer Kraft gesetzt; und zweitens lässt sich der Zustand vor diesem Ereignis nicht wieder herstellen. Das betrifft ganz konkret die Ereignisse von 9/11 in 2001 mit dem islamistischen Angriff in New York; dann die Hartz IV-Gesetze 2005 für Teile der Gesellschaft; danach 2008/2009 die Banken- und Finanzkrise und schließlich 2015 die Flüchtlingskrise.
    Quelle: Blickpunkt WiSo
  10. Zweiter Luftfahrtgipfel – Schlechte Aussichten für Fluggäste
    Tausende Flugpassagiere mussten im vergangenen Jahr Verspätungen und Ausfälle hinnehmen. Ein Luftfahrtgipfel beschloss Gegenmaßnahmen. Heute wird Bilanz gezogen – Anlass zu Optimismus gibt es nicht.
    Das Drama im vergangenen Jahr zeigte eine Mischung aus Planungsfehlern der Airlines, die sich nach der Air-Berlin-Pleite neu aufgestellt hatten, verknüpft mit personellen Engpässen bei der Deutschen Flugsicherung (DFS) und Wetterextremen. All das traf auf eine Flughafeninfrastruktur, die hier und da am Limit agiert – was viele Kunden schon an den Fluggast-Kontrollstellen verzweifeln lässt.
    Auffällig: Auch diesmal sitzen keine Gewerkschaften mit am Tisch. Dabei kommen gerade von dort kritische Töne.
    Am Himmel wird es erneut eng. Die Gewerkschaft der Fluglotsen (GdF) rechnet mit “keinerlei Verbesserung der Verspätungssituation”. “Ganz im Gegenteil”, klagt der Bundesvorsitzende Matthias Maas: “Sollte sich der Verspätungsanteil der DFS in diesem Jahr nicht mehr als verdoppeln, so könnte man das schon als einen Erfolg bezeichnen – allerdings erscheint diese Erwartung unrealistisch.”
    Maas (Anm.: GdF) rechnet sogar damit, dass jeder Überflug durchschnittlich mindestens fünf Minuten Verspätung haben wird. Das kann ganze Flugpläne durcheinanderwirbeln. “Allein im Center Karlsruhe, das den oberen Luftraum steuert, fehlen 140 Lotsen”, sagte Maas im Gespräch mit tagesschau.de.
    Er kritisiert Managementfehler an höchster Stelle der DFS und klagt über “jahrelang verfehlte Sparpolitik”. Es habe Zeiten gegeben, da seien mehr als 200 Lotsen ausgebildet worden. In den zurückliegenden Jahren habe die Zahl der Akademie-Absolventen aber bei um die 50 gelegen. Der Lotsenmangel sei kurzfristig nicht zu beheben, sagt Maas. Jetzt würden Lotsen aufgefordert, im Sommer Überstunden einzulegen. Die Gespräche von DFS und GdF dazu sind vom Arbeitgeber aber erst im April geplant.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Die Tagesschau kann, wenn die Redakteure wollen und dürfen. So sieht kritische und informative Berichterstattung aus – wenigstens teilweise. Der Bundesvorsitzende der GdF kommt zu Wort. Das Offensichtliche, das in Karlsruhe von den Dächern gepfiffen wird, wird genannt. Es stellt sich aber die Frage, warum erst jetzt und warum werden hier nicht radikaler die Ursachen genannt? Dies fällt vermutlich wieder unter den Bann, über die neoliberale Agenda dieser Bundesregierung und die Folgen nicht berichten zu dürfen. Es ist zu hoffen, dass die offensichtlich bestehenden Arbeitsanweisungen von Kai Gniffke irgendwann geleakt werden, in denen kritische Töne zur Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge, Folgen der Gewinnmaximierung von Unternehmen, die eigentlich hoheitliche Aufgaben übernehmen und der Austeritätspolitik von der Berichterstattung ausgeklammert werden. So auch hier. Anders in den NachDenkSeiten zur Sicherheit im Luftverkehr.

  11. Auf dem Abstellgleis
    Verspätung, Ausfälle, Servicemängel: Privatisierungskurs hat der Deutschen Bahn erheblichen Schaden zugefügt. Protest gegen Profitorientierung
    Der Vorstand der Deutsche Bahn AG hat am Donnerstag in Berlin die Jahresbilanz 2018 präsentiert. Das von Konzernchef Richard Lutz und Finanzvorstand Alexander Doll verkündete Ergebnis enthält wenig Licht und viel Schatten.
    So lässt etwa der vierprozentige Zuwachs auf ein Rekordniveau von 148 Millionen Reisenden in den Fernzügen der Marke ICE, IC oder EC das riesige Potential für einen Umstieg von Straße und Flugzeug auf die Schiene erahnen. Ohne die anhaltenden Zugausfälle, Servicemängel und großen Verspätungen dürfte hier das Plus noch viel höher sein. Die offiziell auf 74,9 Prozent veranschlagte Pünktlichkeit der Fernzüge sei »nicht zufriedenstellend«, räumte Lutz ein. Zu den Schattenseiten der Bilanz gehört der Einbruch der Verkehrsleistung der Güterverkehrstochter DB Cargo um 4,8 Prozent. Während der Konzernumsatz um drei Prozent auf 44 Milliarden Euro stieg, schrumpfte der Gewinn um 29 Prozent auf 542 Millionen Euro. Die Nettofinanzschulden haben den Rekordwert von 19,5 Milliarden Euro erreicht.
    Quelle: junge Welt
  12. Nicht alles soll auf die Schiene
    Rheinland-Pfälzer Genossen der Bahngewerkschaft stellen sich gegen Rüstungstransporte
    Die Güterverkehrstochter der Deutschen Bahn, DB Cargo, transportiert auch Rüstungsgüter. Dagegen stellte sich nach »nd«-Recherchen nun die alljährliche Wahlkreiskonferenz der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Rheinland-Pfalz. Mitte vergangener Woche verabschiedete die Konferenz in Ingelheim am Rhein mit klarer Mehrheit den von 23 Delegierten unterzeichneten und eingebrachten Initiativantrag »EVG gegen Militarisierung und Kriegsvorbereitung bei der Deutschen Bahn«.
    Dieser Beschluss enthält eine Aufforderung an die gewerkschaftlichen Gremien, »sich gegen die im Rahmenfrachtvertrag zwischen der Deutschen Bahn und der Bundeswehr vereinbarten Kriegsvorbereitungen (…) durch die Deutsche Bahn zu positionieren«. Bundestagsabgeordnete aus den Reihen der EVG- und anderer DGB-Gewerkschaften werden aufgefordert, den Rahmenfrachtvertrag »in den parlamentarischen Gremien zu thematisieren und die Umsetzung zu verhindern«. Zudem werden die Betriebsräte und gewerkschaftlichen Vertrauensleute aufgefordert, »aufzuklären und zu mobilisieren, sich dieser Militarisierung zu verweigern«, so der Wortlaut.
    Quelle: Neues Deutschland
  13. Deutsche Hybris
    Im Streit um Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien spitzen sich die ohnehin zunehmenden Konflikte zwischen Deutschland und Frankreich ein weiteres Stück zu. Auslöser ist, dass Berlin die Ausfuhr französischer Waffen verschleppt oder ganz untersagt, sofern in der Produktion deutsche Bauteile genutzt wurden und das Empfängerland von der Bundesrepublik nur eingeschränkt oder gar nicht beliefert wird. Es gehe nicht an, dass Frankreichs Exportpolitik von der Bundesregierung bestimmt werde, heißt es in Paris. Dort wächst ohnehin der Unmut über die Weigerung Berlins, auch nur die geringsten Zugeständnisse bezüglich der EU-Reformvorschläge von Präsident Macron zu gewähren und stattdessen völlig unannehmbare Forderungen wie diejenige nach einer “Europäisierung” des französischen Sitzes im UN-Sicherheitsrat penetrant zu wiederholen. Paris hat inzwischen begonnen, sich gegen die Berliner Dominanz zur Wehr zu setzen. Der britische Austritt aus der EU verschiebt die Stimmverhältnisse in der Union zu Gunsten Frankreichs.
    Quelle: German Foreign Policy
  14. Spiel mit dem Feuer
    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und seine Partei suchen angesichts der EU-Wahlen Halt bei der politischen Rechten – die Linke spielt kaum noch eine Rolle […]
    Noch im selben Monat begann Macron, das Land, die Institutionen und die Sozialstrukturen zu »reformieren«: neues, unternehmerfreundliches Arbeitsrecht; Privatisierung der staatlichen Eisenbahngesellschaft SNCF und der Pariser Flughäfen; ein Antiterrorgesetz, das den Ausnahmezustand zur Regel macht; ein Antirandalierergesetz, das den Protest der »Gelbwesten« eindämmen soll; nicht zuletzt die Streichung der Vermögensteuer, eine Maßnahme, die Macron nicht nur aus der Sicht kritischer Soziologen zum »Präsident der Ultrareichen« beförderte.
    In der Bevölkerung wuchs die dunkle Ahnung, dass ihnen der gelernte Kapitalist Macron weder Glück noch Zufriedenheit bescheren werde, sondern dass seinem Programm Vereinzelung, Entsolidarisierung und Zerstörung innewohnen. Die Frage, die sich den Franzosen nicht nur im Rahmen der inzwischen 19 Protestwochenenden der »Gelbwesten« immer dringender stellte, formulierte der Theoretiker Johannes Agnoli schon vor 50 Jahren in seiner Schrift »Die Transformation der Demokratie«: Repräsentiert der alle vier oder fünf Jahre gewählte Volksvertreter seine Wähler oder repräsentiert er die Regierung und deren Hintermänner? Repräsentiert seine Mehrheitsfraktion »La République en Marche« (LREM) Macron und dessen streng neoliberale »Reformpolitik«, indem sie im Parlament alles abnickt, was ihr der Mann aus dem Élysée-Palast hinschiebt – oder müsste sie nicht vielmehr im Interesse der Krankenschwestern, Lehrer, Müllkutscher und Eisenbahner handeln, denen sie vor zwei Jahren den Abschied »vom alten System« und das Blaue vom Himmel versprach?
    Quelle: junge Welt
  15. Timoschenko vor Ukraine-Wahl: “Ich verstehe, was das Land braucht”
    Zum dritten Mal tritt Julia Timoschenko für das Präsidentenamt in der Ukraine an. Im Gespräch präsentiert sich die frühere Ministerpräsidentin als Kämpferin gegen Korruption.
    Ina Ruck: Warum haben Sie sich dazu entschieden, nochmal zu kandidieren?
    Julia Timoschenko: Ich bin seinerzeit aus dem “Big Business” in die Politik gekommen. Ich verstehe, was das Land braucht, um den Wechsel von einem postsowjetischen System, von einer Klan-Oligarchie, hin zu einem demokratischen, europäischen Modell zu schaffen. Wir haben jetzt die Chance, Verantwortung zu übernehmen – das Land zu entwickeln, Ordnung zu schaffen, Schluss zu machen mit der Korruption, und die Menschen spüren zu lassen, dass zwei Revolutionen (Die “Orange Revolution” von 2004 und den Euromaidan von 2014, Anmerkung der Redaktion) nicht vergebens waren, dass ihr Kampf mit einem Sieg endet.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers K.H.: Die „Gas-Prinzessin“, wie sie seinerzeit wegen ihrer – diskussionswürdigen – Geschäftspraktiken genannt wurde, scheint es der Tagesschau-Redaktion besonders angetan zu haben. Sie sagt, sie komme aus dem „Big Business“ und sie verstehe, „was das Land braucht“. Dass sie versteht, was man braucht, um gute Rendite im Gasgeschäft zu machen, ist unbestritten. Wozu soll dieses Interview dienen? Es handelt sich um reine Propaganda – wobei ich mir die Frage stelle, an welches Publikum sie eigentlich adressiert ist. Der Beitrag ist ein Beispiel für den Niedergang, den Abstieg der Tagesschau in die Gosse – nein, tiefer: in die Abwasserkanäle …

  16. Zu guter Letzt: Einigung im britischen Parlament: EU soll Vereinigtem Königreich beitreten
    London (dpo) – Das politische Chaos in London hat ein Ende! Nachdem gestern noch acht Probeabstimmungen zu verschiedenen Brexit-Varianten allesamt durchgefallen waren, kam es heute zu einer überraschenden Einigung aller Parteien im Unterhaus. Demnach soll die EU zum 12. April dem Vereinigten Königreich beitreten und dessen Gesetze vollständig übernehmen.
    Vorgeschlagen wurde der Kompromiss von Tory-Hinterbänkler Fergus Hickinbottom aus West Yorkshire. Nachdem er zunächst ausgebuht wurde, begannen immer mehr Abgeordnete, die Idee zu unterstützen. Schließlich wurde der Vorschlag mit 422 zu 139 Stimmen angenommen.
    Konkret bedeutet der Beitritt: Alle EU-Mitgliedsstaaten erhalten jeweils einen Autonomiestatus ähnlich dem von Wales. Sie dürfen ihre eigenen Parlamente behalten, sind jedoch als Teil des Vereinigten Königreichs in zahlreichen Punkten London unterstellt. So werden etwa Englisch als erste Amtssprache sowie der Linksverkehr europaweit verpflichtend.
    Quelle: Der Postillon

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