Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Entscheidung Maduros: Venezuela weist deutschen Botschafter aus
- „Diese ganze Geschichte ist ein einziger großer Schwindel“
- Was ist die Haltung von Kanzlerin Merkel angesichts Hunderter schwerverletzter Gelbwesten?
- Wohl eher Reichenvertreter
- Steigende Dividenden
- Arme Kinder, schlechte Schulen
- Wo soll das alles enden?
- Ost-West-Unterschied beenden: Stadt und Land lebenswert machen!
- Discounterkritik in der sibirischen Verbannung
- Fett, ungesund, aber billig: Wie das importierte EU-Hühnerbein Ghana erobert
- Greenpeace-Studie: Verfehlen der Klimaziele kostet Milliarden
- Die Deutsche Umwelthilfe – ein “Abmahnverein”?
- Tödliches Sicherheitszertifikat
- Wie die Droge Spice in Manchester wütet
- Russische Medien zu Skripal – Eine Flut von Behauptungen
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Entscheidung Maduros: Venezuela weist deutschen Botschafter aus
Venezuelas Regierung hat den deutschen Botschafter ausgewiesen. Hintergrund ist dessen Unterstützung für die Opposition. Außenminister Maas sprach von einer völlig unverständlichen Reaktion des “Maduro-Regimes”. […]
Das Auswärtige Amt bestätigte, dass Kriener zur persona non grata erklärt worden ist. “Wir stimmen derzeit das weitere Vorgehen ab, auch vor Ort mit unseren Partnern”, sagte eine Ministeriumssprecherin.
Außenminister Heiko Maas sprach von einer völlig unverständlichen Reaktion des “Maduro-Regimes”. Im Gespräch mit der ARD kündigte Maas an, dass Kriener zu Konsultationen nach Berlin zurückberufen wird. Ob er danach wieder nach Venezuela entsandt wird, lies Maas offen.
Die deutsche Außenpolitik steckt in einer heiklen diplomatischen Zwickmühle: Da sie Guaidó als Interimspräsident anerkannt hat, müsste die Maduro-Anweisung eigentlich wirkungslos sein.
Quelle: TagesschauAnmerkung Albrecht Müller: Der deutsche Bundesaußenminister persönlich leitet diese stümperhafte völkerrechtswidrige Außenpolitik. Er persönlich hat den deutschen Botschafter zum Abholen des angeblichen Präsidenten geschickt. Wahrscheinlich hat der US-amerikanische Botschafter in Berlin vorher angerufen und ihm das aufgetragen.
Anmerkung André Tautenhahn: Für Heiko Maas ist das alles völlig unverständlich, obwohl das, was in Venezuela gerade passiert, ziemlich verständlich in einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages steht. Darin heißt es:
„Die Anerkennung des Oppositionspolitikers Guaidó als venezolanischen Interimspräsidenten stellt in gewisser Weise eine Abkehr von der bisherigen Anerkennungspraxis der Bundesrepublik Deutschland dar. […]
Die Anerkennung des Interimspräsidenten Guaidó durch die Bundesrepublik Deutschland am 4. Februar 2019 stützt sich u.a. auch auf Art. 233 der venezolanischen Verfassung. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass Präsident Maduro aus deutscher Sicht über keine verfassungsrechtliche Legitimation (mehr) verfügt. Mit dem Verweis auf Art. 233 der venezolanischen Verfassung positioniert sich Deutschland gleichzeitig in einer strittigen Frage des venezolanischen Verfassungsrechts. Dies erscheint unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der „Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates“ völkerrechtlich ebenso fragwürdig wie die (vorzeitige) Anerkennung eines Oppositionspolitikers als Interimspräsidenten, der sich im Machtgefüge eines Staates noch nicht effektiv durchgesetzt hat.“Dass Maduro von einer Einmischung in innere Angelegenheiten spricht, ist also nicht völlig unverständlich, sondern laut Gutachtern des Bundestages durchaus nachvollziehbar. Unverständlich ist aber die Berichterstattung der Tagesschau, die offenbar nur an den Lippen dieser Bundesregierung hängt. Denn in Kenntnis des Gutachtens dürfte die Redaktion eigentlich nicht zu dem Schluss kommen, dass die Maduro-Anweisung eigentlich wirkungslos sein müsste. Das wäre sie ja nur, wenn sich Guaidó im Machtgefüge auch durchgesetzt hätte. Hat er aber nicht und das sollte die Bundesregierung vielleicht einmal zur Kenntnis nehmen und zu den Grundregeln des Völkerrechts zurückkehren.
dazu: Was will die Opposition in Venezuela?
Die Opposition gegen Präsident Maduro umfasst sämtliche politischen Strömungen – von den traditionellen Parteien, die bis zur Ära Chávez die Macht unter sich aufgeteilt hatten, bis hin zur sozialistischen Linken. Ihre Pläne für Venezuelas wirtschaftliche Zukunft sind unklar und widersprüchlich. Einigkeit gibt es nicht. […]
Die Einheit der Opposition ist fragil. Sie wird brüchiger werden, wenn Fragen der Machtverteilung, der Besetzung wichtiger Posten und der politischen Ausrichtung in den Vordergrund rücken. Was die Schlüsselfiguren angeht, besteht ein Mangel an ideologischer und politischer Klarheit. Es zeichnet sich ab, dass Venezuela während eines „Übergangsprozesses“ von einem deutlich weniger breiten Bündnis regiert werden könnte.
Dabei sollten der Zuschnitt, die personelle Besetzung und die Setzung der Prioritäten von Guaidós Parallelregierung und Planung für die Zeit nach Maduro von größtmöglicher Pluralität geprägt sein. Doch die Choreografie des Regimewechsels wird von Guaidós Minderheitspartei Voluntad Popular (die 2015 bei der Parlamentswahl nur 14 der 167 Sitze errang) und ihrem einflussreichen Diaspora-Netzwerk in den USA dominiert.
Ein großer Teil der Opposition bleibt bei den strategischen Verhandlungen zwischen US-Beamten, Voluntad Popular, deren Vertreter in Washington und einzelnen stark profilierten Persönlichkeiten wie Maria Corina Machado, der Vorsitzenden von Vente Venezuela, und Antonio Ledezma, dem Chef der Alianza Bravo Pueblo, ausgeschlossen. Vente Venezuela und Alianza Bravo sind im Vergleich zu Gruppierungen wie Primero Justicia und Acción Democrática kleine Fische, mehr persönliche Wahlvereine als strukturierte Parteien, und verfügen im Parlament nur über je einen Sitz.
Juan Guaidó selbst gehört innerhalb der Opposition zu einer Fraktion von Hardlinern, die bei den venezolanischen Wählerinnen und Wählern wenig Rückhalt hat, nur eine begrenzte Kompromissfähigkeit an den Tag legt, sich über ihre ideologische Ausrichtung ausschweigt und sich in der Frage, wie ihre Pläne für den nationalen Wiederaufbau umgesetzt werden sollen, auffallend bedeckt hält. Falls Guaidó einen versöhnlicheren Ton anschlagen und auf die nach wie vor beträchtliche chavistische Wählerschaft zugehen sollte, riskiert er den Widerstand seiner eigenen radikalen Basis.
Quelle: Le Monde diplomatique - „Diese ganze Geschichte ist ein einziger großer Schwindel“
Seymour Hersh, einer der bekanntesten Journalisten Amerikas, glaubt nicht daran, dass der amerikanische Präsident aus Russland gesteuert wird. Im FAZ.NET-Interview deutet er viel schmutziges Insiderwissen über Dick Cheney und Hillary Clinton an. […]
Eins sage ich Ihnen gleich: Die Vorstellung, dass die Russen von Assange irgendwas bekommen haben, ist total verrückt. Was ich dazu zu sagen habe, will eh niemand hören. Dass die Demokraten, die von den Russen gehackt wurden, unverschlüsselte Gmail-Konten benutzen haben? Kommen Sie, meine Kinder erzählen mir, wie wichtig Verschlüsselung ist. Die Russen knacken Gmail-Konten? Jeder kann Gmail-Konten knacken, da hackt man sich in einer Minute rein. Und was stand da drin? Dass die Parteiführung der Demokraten Bernie Sanders hasste und Clinton bevorzugte. Hallo? Das brauchten die Leute noch mal schriftlich? Was ist denn das große Ding, das die Russen vor dieser Wahl bekommen haben? […]
Was haben wir denn bislang genau, außer dass Trump mit den Russen Geschäften machen und ein Gebäude in Russland bauen wollte? Da wäre er nicht der erste. Als ich vor ein paar Jahren das letzte Mal in Russland war, habe ich im Hyatt übernachtet – auch eine amerikanische Hotelkette, die sie da gebaut haben. Okay, würden Sie von einem Immobilienunternehmer einen Gebrauchtwagen kaufen? Nein. Das sind Ganoven, Hochstapler. Trump ist von all diesen Tunichtguten umgeben, die angeklagt werden für Dinge, mit denen die ihren Lebensunterhalt verdienen. Typen wie Paul Manafort und Roger Stone kann man jeden Tag anklagen, da gibt es Hunderte von in Washington. Ich weiß nicht, was Mueller machen wird. Er wird nichts Definitives haben, nur eine Menge zu den Geldgeschäften. Wahrscheinlich kommen Trumps Berater ins Gefängnis. Aber zu denken, dass die Russen mit solch einem Trickbetrüger einlassen? Ich kaufe diese Geschichte nicht ab, nicht bei dieser Fallhöhe.
Quelle: FAZAnmerkung Jens Berger: Hersh legt den Finger – wieder einmal – mitten auf die Wunde. Ein sehr lesenswertes Interview.
- Was ist die Haltung von Kanzlerin Merkel angesichts Hunderter schwerverletzter Gelbwesten?
Die Menschenrechtskommissarin des Europarats Dunja Mijatović hat das Vorgehen der französischen Sicherheitskräfte gegen die Gelbwesten scharf kritisiert und in Anbetracht von Tausenden Verletzten ein Verbot von Hartgummigeschossen gefordert. RT fragte dazu auf der BPK nach. […]
Doch Regierungssprecher Steffen Seibert verkündete auf die Frage von RT Deutsch, das die Bundesregierung sich grundsätzlich nicht zum polizeilichen Vorgehen gegen die französische Protestbewegung der Gelbwesten äußern wird:Ich werde mich zu dem polizeilichen Vorgehen in Frankreich im Zusammenhang mit Demonstrationen der Gelbwesten nicht äußern.
Diese Stellungnahme entspricht einem Freifahrtschein für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und den exzessiven Gewalteinsatz seiner Sicherheitskräfte. Der Vergleich mit Aussagen des Regierungssprechers etwa zu Venezuela oder auch der Türkei, anlässlich von Demonstrationen mit einer weit geringeren Zahl an schwerverletzten Demonstranten, zeigt exemplarisch auf, wie die Bundesregierung mit zweierlei Maß misst. Von der tendenziösen Kommentierung Steffen Seiberts in Bezug auf Polizeieinsätzen bei Protestbewegungen in Russland, die generell ganz ohne verletzte Demonstranten auskommen, ganz zu schweigen.
Quelle: RT deutsch - Wohl eher Reichenvertreter
Lea Elsässers Buch bestätigt eine oft geraunte Vermutung: Die Politik hat die Interessen des Kapitals im Sinn […]
Bezeichnend an Elsässers Ergebnissen ist, dass auch unter der rot-grünen Koalition zwischen 1999 und 2005 und der Großen Koalition zwischen 2005 und 2009 (mit den SPD-Ministern für Arbeit und Soziales, Franz Müntefering und Olaf Scholz) die politischen Entscheidungen zugunsten der oberen Einkommensschichten verzerrt blieben. Weder vertrat die SPD ihre alte Kernwählerschaft der Arbeiter*innen, noch unternahm sie Versuche, den Interessen der wachsenden Gruppe einfacher Angestellter politisch eine Stimme zu geben.
Auf die Frage, warum das so ist, antwortet Elsässer vorsichtig: Es sei plausibel, dass der Einfluss wirtschaftsnaher Interessenvertretungen auf die Politik und die gleichzeitige Schwäche von Gewerkschaften ein erklärender Faktor sei. Ebenso die Hypothese, dass der Bundestag die Interessen oberer Berufsgruppen vertrete und unterer ignoriere, weil nur wenige Mitglieder des Bundestags Arbeiter*innen und Angestellte seien. Jedenfalls widerlegt Elsässer die Erklärung, sozialpolitische Maßnahmen im Sinne der unteren Berufsgruppen würden nicht umgesetzt, weil der fiskalpolitische Handlungsspielraum dafür – Stichwort Standortwettbewerb – nicht gegeben sei. Selbst in Zeiten voller Kassen, etwa den 1980ern, fanden ja die Interessen der unteren Klassen kein Gehör. Umgekehrt gab es auch in jüngerer Zeit umfangreiche staatliche Interventionen aufgrund des Drucks der oberen sozialen Klassen.
Elsässers Studie ist eine eindrückliche Aufforderung, an die Ursachen von „Politikverdrossenheit“ zu rühren und keine Zeit mit Symptombekämpfung und Marketing zu verschwenden. Es droht sonst der Demokratie ihr „demos“ abhandenzukommen.
Quelle: der Freitagdazu: Hartz IV – undemokratisch? – Die Anstalt vom 24. April 2018 | ZDF
Max und Claus erörtern, wie demokratisch der Entstehungsprozess von Hartz IV eigentlich war, und was die Bertelsmann Stiftung damit zu tun hat.
Quelle: ZDF via YouTube - Steigende Dividenden
Der Vorstand der Schaeffler AG hat am Mittwoch verkündet, angesichts der krisenhaften Entwicklung des Unternehmens ein drastisches Kürzungsprogramm aufzulegen. Damit sollen in den nächsten eineinhalb bis zwei Jahren ungefähr 90 Millionen Euro eingespart werden. Das geschieht in erster Linie auf Kosten der Beschäftigten. Insgesamt rund 900 Stellen sollen gestrichen werden. Auf derselben Pressekonferenz wurde erklärt, dass trotz eines zehnprozentigen Rückgangs beim Nettogewinn auf 881 Millionen Euro die Dividende pro Aktie stabil bei 55 Cent bleiben solle. Das kommt zum größten Teil den beiden Haupteignern Georg Schaeffler und seiner Mutter Maria-Elisabeth Schaeffler zugute. Sie halten drei Viertel der Aktien. Dementsprechend entfällt auf sie eine Dividendensumme von mehr als einer Viertelmilliarde Euro. Der Trend setzt sich fort: Die Aktionäre werden extrem begünstigt. Vergleicht man die Summe aller Dividenden, die von den 30 Dax-Konzernen ausgeschüttet werden, so dürfte sie in diesem Jahr fast viermal so hoch sein wie noch 2002. […]
Der vor allem früher von Wirtschaft und Politik immer wieder zu hörende Satz, dass die Gewinne von heute die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen seien, wirkt angesichts dieser Zahlen mehr als unglaubwürdig. Die einzigen, die wirklich profitieren, sind diejenigen, die Aktien besitzen, und das sind die Wohlhabenden und Reichen wie die Schaefflers. Sie hätten die großzügige Dividende wirklich nicht nötig; denn sie verfügen nach der aktuellen Milliardärsliste des Managermagazins immer noch über ein Gesamtvermögen von über 21 Milliarden Euro.
Quelle: Michael Hartmann in junge Welt - Arme Kinder, schlechte Schulen
Lehrermangel, Unterrichtsausfall, Vertretungsstunden – mit diesen Problemen kämpfen in Berlin besonders Schulen in sozialen Brennpunkten. Obwohl schon lange zusätzliche Mittel an Schulen fließen, in denen besonders viele Kinder aus einkommensschwachen Haushalten lernen, ist die Qualität dieser Schulen messbar schlechter als die von Schulen mit einer günstigeren sozialen Zusammensetzung. Das zeigt eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), die am Beispiel von Berlin untersucht hat, wie die soziale Mischung an einer Schule und deren Qualität zusammenhängen. […]
Für die Unterrichtsabdeckung zeigt die Studie zum einen, dass nur rund die Hälfte der Schulen eine Unterrichtsabdeckung von 100 Prozent erreicht – die Zahl der Lehrkräfte also dem entspricht, was rechnerisch für den Unterricht an einer Schule benötigt wird. Zum anderen wird deutlich, dass die Unterrichtsabdeckung vor allem an den Grundschulen mit der sozialen Lage zusammenhängt. So erreichen bei sozial privilegierten Grundschulen (unter 10 Prozent lernmittelbefreiter Kinder) 55 Prozent eine 100-prozentige Unterrichtsabdeckung, bei sozial benachteiligten (ab 50 Prozent lernmittelbefreiter Kinder) nur 35 Prozent.
Mit einer schlechter werdenden sozialen Zusammensetzung an einer Schule steigt auch der Anteil der Schulstunden, die nicht von der regulären Lehrkraft unterrichtet werden. So müssen an sozial privilegierten Grundschulen knapp 10 Prozent aller Schulstunden vertreten werden, an Schulen mit 70 Prozent lernmittelbefreiter Schüler sind es 14,5 Prozent (siehe Grafik). „Wenn ein Lehrer eine Schulstunde vertreten muss, kann er selten dort ansetzen, wo seine Kollegin in der letzten Stunde aufgehört hat. Stunden, die vertreten werden müssen, können daher nicht so effektiv sein wie regulärer Unterricht“, sagt WZB-Forscher Marcel Helbig. Soziale Unterschiede bei den Ausfallstunden zeigen sich hingegen bei den Sekundarschulen. An sozial benachteiligten Schulen fallen 50 Prozent mehr Schulstunden aus als an sozial privilegierten Sekundarschulen.
Quelle: WZB - Wo soll das alles enden?
Nach der Modernisierung wird die Miete mehr als verdoppelt. Betroffen ist eine Krankenschwester im Stuttgarter Westen, die sich den Profitinteressen eines Bauunternehmens schutzlos ausgeliefert sieht. Zum ersten Mal in ihrem Leben organisiert sie eine Demonstration.
Nein, es ist kein Tippfehler: Um 136 Prozent soll die Miete steigen. Von 488,30 Euro im Monat auf 1155,24 Euro, so steht es in einem Schreiben der Schwäbischen BauWerk GmbH, das Tanja Klauke im vergangenen November in ihrem Briefkasten fand. “Ich war völlig entsetzt”, sagt sie. Denn 14 Jahre lang konnte die Krankenschwester im Stuttgarter Westen vergleichsweise günstig leben. “Ich traue mich kaum, das zu erzählen”, betont die 44-Jährige. Aber als sie eingezogen ist, habe sie für ihre 66 Quadratmeter nur 360 Euro gezahlt. “Das ist ja heutzutage, gerade in Stuttgart, fast schon undenkbar günstig.”
Quelle: Kontext: Wochenzeitung - Ost-West-Unterschied beenden: Stadt und Land lebenswert machen!
Wenn es nach Vertretern des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle geht, dann soll Geld für Strukturförderung im Osten Deutschlands künftig nur noch in Städten und Ballungszentren investiert werden. Auch der Infrastrukturerhalt soll vor allem dort stattfinden. Die Menschen würden ländliche Regionen auf der Suche nach Arbeit ohnehin verlassen, Investitionen lohnten daher dort nicht mehr. Anlass für diese Aussagen ist eine Untersuchung der wirtschaftlichen Entwicklung Ostdeutschlands. Das Ergebnis ist nicht eben neu: Nach wie vor gibt es große Unterschiede bei der Wirtschaftskraft und den Einkommen zwischen Ost und West. Doch auch innerhalb des Ostens sind die Unterschiede zwischen Stadt und Land mitunter gravierend.
Aus Sicht des DGB sind die Vorschläge aus Halle nicht brauchbar, wenn es um die Frage geht, wie den Unterschieden beizukommen ist „Wer Stadt und Land gegeneinander ausspielt, treibt die Spaltung der Gesellschaft voran,“ kommentiert Stefan Körzell, Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes. „Es muss doch darum gehen, Stadt und Land lebenswert für die Menschen zu machen und endlich den Ost-West-Unterschied zu beenden. Das ist übrigens auch Auftrag des Grundgesetzes an den Gesetzgeber, für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zu sorgen.“
Quelle: DGB - Discounterkritik in der sibirischen Verbannung
Warum der russische Discounter deutsche Konkurrenten wie Aldi und Lidl plötzlich seriös aussehen lässt
Ein Dreiviertel Liter Rotwein für 1,04 Euro, 500 Gramm Kaffee für 1,97 Euro und 530 Gramm Würstchen für 2,12 Euro: So billig ist der sibirische Discounter Mere wirklich – jedenfalls ging es so durch die Presse. Er ist günstiger als Aldi, billiger als Lidl, da geht keiner mehr erstmal zu Penny. In den letzten Wochen wurde ja viel über Mere berichtet. Rätselhaft erschienen die Preise. Wie kann der Discounter aus Sibirien nur so günstig Lebensmittel anbieten? Was hat es mit dem Geschäftsmodell auf sich? Das kann doch nicht ganz koscher sein, da muss doch was dahinterstecken. Das macht doch irgendwie das seriöse Discountergeschäft in unserem Land kaputt – oder etwa nicht?
Seriöses Discountern? Mensch, es ist ja lobenswert, dass die Qualitätsmedien das mal kritisch hinterfragen. Denn reale Preise können das bei Mere nun tatsächlich nicht sein. Schade ist allerdings nur, dass die Preisschlachten deutscher Discounter ansonsten als normaler Wettbewerb abgetan werden. Denn das sind sie auf keinen Fall. Seriosität kann man Aldi und Co. sicher nicht nachsagen, wenn es darum geht, an der Preisschraube zu drehen. […]
Man hat sich in einer Koexistenz eingerichtet. Auf dem Billigmarkt ist offenbar genug für die zwei Giganten und weitere kleinere Ketten drin. Mere verbindet, Mere ist unbezahlbar. Der sibirische Discounter adelt unsere deutschen Discounter. Neben Mere sehen sie professionell, besser ausgestattet, organisierter, ja auch ein bisschen verantwortungsvoller aus. Es ist, als wäre Mere von ihnen engagiert worden, um den eigenen Ruf ein wenig aufzupolieren.
Quelle: Heppenheimer Hiob - Fett, ungesund, aber billig: Wie das importierte EU-Hühnerbein Ghana erobert
Der Westen liefert hoch subventionierte, billige Geflügelprodukte nach Afrika. Die Brust bleibt in Europa, die Beine für die Afrikaner. Ghana importiert fast 300.000 Tonnen Hühnchenfleisch pro Jahr. Die Produzenten dort kämpfen um ihre Existenz.
Auf dem großen Madina-Markt in Ghanas Hauptstadt Accra: Stände mit bunten Sonnenschirmen und kleine überdachte Holzbuden bilden ein Labyrinth von endlos langen Gassen. Ein Freiluft-Lebensmittelparadies. Frisches Gemüse wird hier verkauft, Obst, Fisch, vor allem aber Fleisch. Metzger mit langen Beilen zerteilen Lammschultern, Rinderhüften und Schweinefüße. Fleisch „Made in Ghana“, die Kunden schwören darauf. Aber: Beim Geflügel sei das anders, sagt Gladys Klu vom Metzgerladen „Goodness and Mercy“.
„Hühnchen aus Ghana gibt es einfach nicht auf dem Markt. Und die Leute wollen einfach das Importfleisch, so ist das eben. Ich verkaufe da 200 bis 400 Kartons in der Woche. Ich würde ja auch gerne das lokale Hühnchen verkaufen, aber das ist viel teurer und außerdem kaum zu bekommen!“
Schon vor einigen Jahren haben wir Gladys hier befragt. Geändert hat sich seitdem nur, dass sie noch deutlich mehr Importgeflügel verkauft als damals – pro Woche insgesamt rund 600 Kilo tiefgekühlte Hühnerbeine, Hühnerfüße und Hühnerflügel. In einer Theke tauen einige Pakete vor sich hin, das Tauwasser tropft in kleinen Rinnsalen an den Glasscheiben runter. Kein Wunder, bei über 40 Grad im Schatten und ständigen Stromausfällen.
Quelle: Deutschlandfunk Kultur - Greenpeace-Studie: Verfehlen der Klimaziele kostet Milliarden
Wenn Deutschland seine Klimaschutzziele reißt, kann das für den Steuerzahler teuer werden: Eine neue Studie im Auftrag von Greenpeace nennt Kosten von bis zu 36 Milliarden Euro.
Die Bundesregierung hat sich verbindliche Klimaschutzziele gesetzt. Werden die nicht eingehalten – und so sieht es derzeit aus -, dann kostet das viel Geld: bis zu 36 Milliarden Euro für einen Zeitraum von rund zehn Jahren. Das hat das Kölner New Climate Institute im Auftrag von Greenpeace ausgerechnet. Vor allem die Bereiche Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft hinken beim Einsparen von Treibhausgas hinterher.
Schafft Deutschland die eigenen Klimaziele nicht, müsste die Bundesregierung bei anderen europäischen Staaten Verschmutzungsrechte kaufen. Derzeit wäre das noch günstig – aber die Preise steigen, je knapper die Emissionszertifikate werden.
Quelle: Tagesschau - Die Deutsche Umwelthilfe – ein “Abmahnverein”?
Die Deutsche Umwelthilfe treibt Politik und Autokonzerne vor sich her. Kritiker fordern, ihr die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Ist das realistisch? Wie konnte ein kleiner Umweltverband überhaupt so mächtig werden?
35 Verfahren wegen erhöhter Stickstoffdioxid-Werte führt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) derzeit, für fünf deutsche Großstädte gibt es schon Entscheidungen.
Nun soll die DUH ausgebremst werden. Der Bundesfinanzgerichtshof hatte dem globalisierungskritischen Verein Attac die Gemeinnützigkeit aberkannt. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Steffen Bilder (CDU), sagte daraufhin im “Handelsblatt”: “Das Urteil wird sicherlich eine Rolle bei der weiteren Bewertung der Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe spielen.”
Droht der DUH nun das gleiche Schicksal? Und wie schafft es die DUH überhaupt, so einflussreich zu sein – obwohl sie mit rund 5.000 Fördermitgliedern und 110 Angestellten eher zu den kleinen Vereinen in Deutschland gehört? Auch Jurist Ekkehard Hofmann hält die Kritik “Abmahnverein” für zu einfach: “Gesetze vollziehen sich nicht von alleine. Die Verwaltung schafft es mit ihrem Personal und Ressourcen oft nicht, die Einhaltung zu überprüfen und durchzusetzen.”
Aus rechtsstaatlicher Sicht sei es dann sogar wünschenswert, dass Vereine wie die DUH nachhelfen, meint Hofmann. Sonst entstehe ein sogenanntes Vollzugsdefizit. “Die DUH macht ja nicht eigene Gesetze, wie sie es gerne hätte. Sie sorgt dafür, dass eingehalten wird, was eingehalten werden müsste.”
Über die Vorstöße aus der CDU, die Gemeinnützigkeit nun doch zu prüfen, kann man bei der DUH deshalb nur schmunzeln: “Wir legen eben den Finger in die Wunde”, sagt Müller-Kraenner. Zuletzt war die Gemeinnützigkeit im August 2018 vom Finanzamt Singen für fünf weitere Jahre bestätigt worden.
Quelle: Web.deAnmerkung unseres Lesers S.K.: Ein guter Artikel, der die DUH aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, mit dem klaren Urteil, dass die DUH gemeinnützig ist. Am Ende des Artikels findet man gut sichtbar einen Quellenverweis (war mir so nie aufgefallen).
dazu: Begleitprogramm zur Weltpolitik
Nichtregierungsorganisationen warnen vor der Ausschaltung von Kritik an der Berliner Politik mit Hilfe finanziellen Drucks auf regierungskritische Organisationen. Der vom Bundesfinanzhof exemplarisch gegen die Organisation Attac verhängte Entzug der Gemeinnützigkeit, den Teile der Regierungsparteien auch für andere Vereinigungen fordern, könne zu einer ernsten “Einschränkung” des Meinungsspektrums führen, warnt etwa die deutsche Sektion von Transparency International. Zugleich beginnt die Bundesregierung, Proteste – Schülerproteste für besseren Klimaschutz – dem Verdacht einer Steuerung durch fremde Mächte auszusetzen. Frankreichs Präsident fordert eine EU-“Agentur für den Schutz der Demokratie”, um angebliche auswärtige “Manipulationen” zu unterbinden. Der Druck auf Regierungskritiker wird in einer Zeit intensiviert, in der Berlin und die EU ihren Kampf um eine führende Stellung in der Weltpolitik massiv verstärken. Dass in solchen Phasen Kritik im Innern nach Möglichkeit unterdrückt wird, ist historisch nicht neu.
Quelle: German Foreign Policy - Tödliches Sicherheitszertifikat
Schwere Vorwürfe gegen den TÜV Süd werden im Zusammenhang mit der Dammbruchkatastrophe in Brumadinho unweit der brasilianischen Metropole Belo Horizonte laut. Bei der Katastrophe waren am 25. Januar mutmaßlich über 300 Menschen in einer Lawine von Klärschlamm aus einer Eisenerzmine ums Leben gekommen. Eine Außenstelle des TÜV Süd in São Paulo hatte zuvor für den Damm ein Sicherheitszertifikat ausgestellt. Wie nun bekannt wird, ist der TÜV Süd, der geschäftlich eng mit dem Minenbetreiber Vale kooperiert, mit dem Zertifikat eingesprungen, nachdem ein anderes Unternehmen den Damm als beträchtliches Sicherheitsrisiko eingestuft hatte – und obwohl in der Region bereits im November 2015 ein Dammbruch eine tödliche Klärschlammlawine ausgelöst hatte. Deutschland bezieht über die Hälfte seines Eisenerzes aus Brasilien, nicht nur aus der Region südlich von Belo Horizonte, sondern auch aus der im nördlichen Bundesstaat Pará gelegenen riesigen Erzlagerstätte Carajás, in deren Bergbau gleichfalls desolate Arbeits- und Umweltbedingungen herrschen.
Quelle: German Foreign Policy - Wie die Droge Spice in Manchester wütet
Für Obdachlose wirkt die Droge wie eine Erlösung. Doch Spice richtet Menschen zugrunde – und breitet sich in Großbritannien rasant aus.
Sie nennen es die Zombiedroge. Weil Spice das aus dir macht. Einen, der im Stehen schläft, einen, an dem die Tage vorbeidämmern. Einen, der mehr tot zu sein scheint als lebendig.
Es ist ein kurzer Fußweg von Manchesters Hauptbahnhof Piccadilly Station bis zum Straßenbahnstopp Piccadilly Gardens. Die 600 Meter Richtung Stadtzentrum geben dem, der darauf achtet, eine Ahnung davon, wie verbreitet Spice hier ist. Vor Supermärkten, Hotel- und Hauseingängen kauern Dutzende Männer und eine Handvoll Frauen. Schmutzige Gesichter, Schatten unter den Augen, eingefallene Wangen, oft nicht mehr Besitztümer als einen Quadratmeter Pappkarton, auf dem sie sitzen, und die Kleidung, die sie tragen. Manche betteln. Manche sind dazu nicht in der Lage. An einem Ampelmast vor einem Supermarkt sitzt Richard. Er hat nur noch wenige Zähne, zerfurchte Haut, seine blauen Augen schauen aus tiefen Höhlen. Er sagt: „Wenn ich auf Spice bin, ist es, als ob mir jemand das Gewicht von den Schultern nimmt.“
Spice ist eine Droge, die sich in den vergangenen Jahren rapide in Großbritannien verbreitet hat. Zuerst ist sie als so genanntes Legal High in den Umlauf gekommen, als Substanz, die nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fiel und im regulären Handel vertrieben werden konnte. Im vergangenen Sommer richteten sich 20 Polizeikommissare mit einem offenen Brief ans britische Innenministerium, sie warnten, Spice sei die größte Bedrohung für die öffentliche Gesundheit seit Jahrzehnten. In Manchester ist sie offensichtlich.
Quelle: Tagesspiegel - Russische Medien zu Skripal – Eine Flut von Behauptungen
Vor einem Jahr ist der ehemalige russische Agent Skripal vergiftet worden. London macht Moskau dafür verantwortlich. Russische Staatsmedien reagieren darauf mit einer Flut oft widersprüchlicher Narrative.
Das Nowitschok sei in der britischen Militäranlage Porton Down hergestellt worden. Oder: Es wurde zwar in Russland fabriziert, allerdings nicht vom Staat. Oder es wurde gar kein Nowitschok eingesetzt. Oder: Der Anschlag auf Sergei Skripal sei eine Operation unter falscher Flagge gewesen, um Russland vor der Fußball-WM zu diskreditieren – oder um von einem Skandal um Kinderpornografie in Großbritannien abzulenken.
Dies sind nur einige Behauptungen und Erzählungen, die russische Politiker und Staatsmedien nach dem Anschlag in Großbritannien verbreiteten. […]
Als Quellen nutzten RT und Sputnik auch Autoren von rechten Online-Projekten, die beispielsweise behaupteten, die Vergiftung von Skripal habe gar nicht stattgefunden und sei ein “Hoax”, die Vorlage dafür sei ein Fernsehdrama gewesen. Eine weitere besonders bizarre Theorie besagte, dass Sergei Skripal abhängig von Nowitschok gewesen sei und eine Überdosis eingenommen habe. […]
Quelle: FaktenfinderAnmerkung unseres Lesers J.P.: In dem Beitrag des Faktenfinders der Tagesschau findet man keinen einzigen Fakt über Skripal. Dafür werden über die viel ohne Quellenangaben zitieren russischen Medien die abenteuerlichsten Behauptungen aufgestellt. Unter anderem bringt der Beitrag Sputnik und RT in Zusammenhang mit der Aussage Skripal sei abhängig von Nowitschock gewesen und an einer Überdosis gestorben. Kann ich kaum glauben und dank fehlender Quelle auch nicht überprüfen. Ich schlage vor, den ‘faktenfinder’ der tagesschau in ‘meinungsfinder’ umzubenennen, denn im Gegensatz zu Fakten enthält dieser Beitrag eine Fülle an Meinung.