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- Venezuela: “Es ist falsch, von Hilfslieferungen zu reden”
- Kriegsgefahr in Kaschmir
- Jetzt wollen sie Zeit kaufen
- Geschönter Ausblick
- Ran an die Reichen
- Jobcenter geben 60 Millionen Euro aus, um 18 Millionen einzutreiben
- TTIP reloaded: Das Kapital hat bei den neuen EU-US-Handelsgesprächen die Nase vorn
- Die vietnamesische Blaupause
- „Ex-Anwalt Cohen vor dem US-Kongress: Jeden Tag lügen für Trump
- Deutsche Westafrikapolitik: Brandstifter als Feuerwehr
- Personalmangel bei der Bundeswehr: Verteidigungsministerium will verstärkt auf Reservisten zurückgreifen
- Das goldene Begräbnis der Bahn
- Zu laut geworden
- Doping made in Germany
- VWL-Lehrbücher fürs Grundstudium: Einführung in die Ideologie des Marktes
- Zu guter Letzt: Karfreitag als Feiertag – erst hatten ihn viele, dann wollten ihn alle, jetzt hat ihn keiner
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Venezuela: “Es ist falsch, von Hilfslieferungen zu reden”
Im Moment spielt der Streit um Hilfslieferungen in der Berichterstattung die Hauptrolle. Es ist von Hunger die Rede, von fehlenden Medikamenten. Wie ist die Versorgungslage in Venezuela?
Komplex. Es herrscht kein Hunger. Die Lage ist nicht so schlimm, wie sie oft dargestellt wird. Wer Geld hat, bekommt alles. Die Oberschicht und Menschen, die Zugang zu Devisen haben, können gut leben. Für einen Großteil der Bevölkerung gibt es Lebensmittelpakete, die über staatliche Strukturen verteilt werden. Über 60 Prozent der Bevölkerung werden so versorgt (Nach unabhängigen venezolanischen Zahlen stieg der Anteil von 69,2 Prozent der Haushalte 2017 auf 87,9 Prozent 2018. Anmerkung der Redaktion). Dazu kommt der Unterschied zwischen Stadt und Land. Auf dem Land kann die Eigenproduktion die Versorgung besser sicherstellen als in den Städten. Insgesamt aber erfordert die Organisation des Alltags einiges an Phantasie, weil zum Beispiel Babynahrung, Windeln und bestimmte Lebensmittel nur auf dem Schwarzmarkt oder selten erhältlich sind.
Viele andere Produkte sind für die arme Bevölkerung ohne Zugang zu Devisen sehr teuer und nicht erschwinglich. Die Menschen verbringen viel Zeit damit, Schlange zu stehen oder Geschäfte zu suchen, wo die benötigten Waren vorhanden sind. Ernsthafte Schwierigkeiten bestehen in der Versorgung mit Medikamenten und medizinischem Gerät. Das Land ist stark von Importen abhängig aufgrund der wirtschaftlichen Struktur, die im wesentlichen Erdölexport bedeutet. Darum kann es sein, dass es manche Produkte wochenlang nicht gibt. Trotzdem ist die Lage weit davon entfernt, für die arme Bevölkerung so problematisch zu sein wie in manchen anderen Ländern Lateinamerikas oder der Karibik, über die jedoch nicht gesprochen wird.
Viele, auch Kritikerinnen und Kritiker der Regierung, machen vorwiegend die US-Blockade für die schlechte Versorgungslage verantwortlich. Ist das richtig?
Die Knappheit liegt zum großen Teil an der Blockade. Die spanische Fluglinie Iberia hat erst kürzlich eine Ladung von Diabetes-Medikamenten nicht befördert – mit Hinweis auf die Sanktionen. Dafür kommen Medikamente aus Russland, China, Kuba und von der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation ins Land. Die Regierung kooperiert also durchaus mit internationalen Organisationen und ist bereit Hilfslieferungen anzunehmen.
Quelle: amerika21dazu: Faktencheck Venezuela
Was in deutschen Medien über das südamerikanische Land verbreitet wird – und wie es tatsächlich aussieht
»Kritische Medien haben unter Maduro keine Chance, sie werden geknebelt und unterdrückt.«
Kaum tritt in Venezuela ein Oppositionspolitiker öffentlich auf, ist er sofort von Dutzenden Mikrofonen umlagert. Es gibt in Venezuela 16 private Fernsehkanäle und mindestens 18 private Radio-Senderketten, die oft mehrere parallele Programme ausstrahlen. Hinzu kommen viele lokale Gemeindesender. Dem stehen drei landesweite Staatssender – VTV, TVes und Vive – gegenüber sowie weitere nur lokal oder über Kabel verbreitete Programme, darunter der internationale Nachrichtensender Telesur. Allerdings hat die Telekommunikationsbehörde Conatel die Verbreitung mehrerer ausländischer Sender in den Kabelnetzen unterbunden. Betroffen davon ist zum Beispiel der kolumbianische Kanal NTN 24, der sich zum Sprachrohr der militanten Regierungsgegner gemacht hat. Problemlos zu empfangen sind nach einer aktuellen Aufstellung von Kabelnetzbetreibern nach wie vor Fox und Voice of America aus den USA; die britische BBC, die Deutsche Welle und andere. Interessanterweise macht aber der private Anbieter »Super Cable« seinen Kunden Sender wie TV Bolivia, Cubavisión, das chinesische CCTV oder das iranische Hispan TV nicht zugänglich, im Gegensatz zum staatlichen Betreiber CANTV.
Massenhaft verbreitet sind auch in Venezuela Internetseiten und »soziale Netzwerke«. Immer wieder gibt es Zensurvorwürfe. So beklagte das Internetportal Aporrea.org zuletzt, dass es nicht mehr uneingeschränkt erreichbar sei. Allerdings fallen auch staatliche Seiten wie die Homepage der Tageszeitung Correo del Orinoco oder die Angebote von Radio Nacional de Venezuela häufig aus. Ob es sich also um administrative Eingriffe oder technische Probleme handelt, ist unklar.
Probleme haben in den vergangenen Jahren Zeitungen und Zeitschriften gehabt, denn infolge der Wirtschaftskrise und der vor allem von den USA verhängten Sanktionen ist es für die Verlage immer schwieriger geworden, an das notwendige Papier zu kommen. Deshalb haben Oppositionsblätter wie Tal Cualoder El Nacional ihre gedruckten Ausgaben eingestellt, andere – zum Beispiel El Universal – erscheinen ungehindert weiter. Betroffen davon sind aber nicht nur die Organe der Opposition. Im vergangenen Jahr musste die Zeitung der Kommunistischen Partei Venezuelas, Tribuna Popular, ebenfalls ihre Druckausgabe aufgeben und erscheint seither nur noch digital. Mehrere staatliche Publikationen haben den Umfang ihrer Ausgaben eingeschränkt oder wurden ganz eingestellt.
Quelle: junge Weltdazu auch: Die Linke und Venezuela – was junge Linke von der Solidarität mit Maduro halten
Eine Gruppe von etwa 20 Linke-Mitgliedern stürmte mit Transparenten und Fahnen die Bühne und forderten Solidarität mit Venezuela und dessen sozialistischer Regierung. Mit dabei: Die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion Heike Hänsel sowie die Bundestagsabgeordneten Diether Dehm und Alexander Neu.
Angesichts der derzeitigen Krise in Venezuela wirkt diese Aktion für viele Beobachter menschenverachtend. Machthaber Maduro wies seine Truppen am Wochenende an, Konvois mit Hilfslieferungen für die hungernde Bevölkerung zu stoppen und Demonstrationen aufzulösen. Dabei kamen mindestens zwei Menschen ums Leben, Hunderte wurden verletzt. […]
Maduros Regierung unterdrückt die venezolanische Bevölkerung seit Jahren, im Land herrschen Hunger und Armut. Trotzdem solidarisieren sich Linke mit dem Staat, der sich als sozialistisch bezeichnet. Innerhalb der Partei ist die Aktion umstritten, es gibt viele verschiedene Strömungen mit teilweise sehr unterschiedlichen Ansichten.
Quelle: bentoAnmerkung JK: Gerade der Artikel des SPON-Ablegers bento ist an Bösartigkeit nicht zu überbieten. Dessen Intention ist klar die Spaltung der Linken. Es ist umso trauriger, dass sich hier junge Mitglieder der Partei finden, die sich für dieses Spiel instrumentalisieren lassen. Was ebenso traurig ist, dass die Befragten sich im Grunde im Deutungsrahmen der “Qualitätsmedien” bewegen, die Maduro dämonisieren. Man würde hier zu gerne erfahren was die jungen Mitglieder der Linken etwa zum Faschisten Bolsonaro in Brasilien einfällt. Zudem sich die deutschen “Qualitätsmedien” ziemlich ausschweigen. Aber der Mann nennt sich auch nicht Sozialist und agiert nicht gegen US-Interessen.
- Kriegsgefahr in Kaschmir
Tote bei Zusammenstößen zwischen Truppen Indiens und Pakistans. Beide Seiten fordern die andere zu Gesprächen auf
Der Konflikt zwischen den beiden Atommächten Indien und Pakistan ist erneut eskaliert. Beide Seiten erklärten am Mittwoch, sie hätten Kampfflugzeuge des anderen Landes über der sogenannten Kontrollinie, welche den indischen vom pakistanischen Teil Kaschmirs trennt, abgeschossen. Einen Tag nachdem Indiens Luftwaffe angeblich ein Dschihadistenlager in Pakistan angegriffen hatte, beanspruchte Neu-Delhi, eine pakistanische F-16 zum Absturz gebracht zu haben. Islamabad hingegen sprach davon, zwei indische Kampfflugzeuge abgeschossen zu haben.
Bereits in der Nacht zu Mittwoch war es zu Zusammenstößen zwischen Bodentruppen im pakistanischen Teil Kaschmirs gekommen. Dabei seien mindestens vier Menschen getötet worden, wie der pakistanische Informationsminister Mushtaq Minhas laut dpa sagte. Es habe von indischer Seite Maschinengewehr-, Mörser- und Artilleriebeschuss gegeben. Laut indischen Behörden habe es auf eigener Seite fünf verletzte Soldaten gegeben. Tausende Menschen seien bereits evakuiert worden, Schulen wurden geschlossen. Wie die Zeitung der Kommunistischen Partei Indiens (Marxistisch) Ganashakti am Mittwoch schrieb, ist es in der Grenzregion unter den Bewohnern zu Panik gekommen.
Quelle: junge Weltdazu: Das Trauma ewiger Feindschaft
Ein Strich auf der Landkarte besiegelte 1947 das Schicksal von Millionen: Bezirke mit muslimischer Mehrheit sollten zu Pakistan, der Rest zu Indien gehören. So endete der Freiheitskampf Mahatma Gandhis in Gewalt, Tod und Vertreibung. Bis heute sind Pakistan und Indien verfeindet – und sich doch so nah.
Es ist ein bizarres Schauspiel, jeden Abend, kurz vor Sonnenuntergang. Der Grenzübergang Wagah verwandelt sich in eine Arena. Auf beiden Seiten stehen Tribünen, sie sind voll besetzt. Es ist ein Volksfest zwischen Stacheldrähten, Grenztürmen, Flutlichtmasten und Maschinengewehren.
„Pakistan Zindabad!“ – Lang lebe Pakistan, rufen hunderte Pakistaner auf ihrer Seite. Grenzschützer marschieren in schwarzen Paradeuniformen. Sie tragen Hüte, die an den Federbusch eines Pfaus erinnern. Sie rennen geradezu auf das grün-weiß gestrichene Grenztor zu. Angefeuert vom Takt der Trommeln.
Quelle: Deutschlandfunk - Jetzt wollen sie Zeit kaufen
Nach EU-Ratspräsident Tusk haben sich auch Kanzlerin Merkel und Frankreichs Staatschef Macron für einen Aufschub beim Brexit ausgesprochen. Sie wollen Zeit kaufen – doch sie verschweigen den Preis.
“Wenn Großbritannien etwas mehr Zeit braucht, dann werden wir uns dem nicht verweigern“, sagte Merkel bei einem Treffen mit Macron in Paris. Das vereinbarte Austrittsabkommen gelte aber weiter. Dabei ist der Brexit-Deal, der in einem geheimen “Tunnel” ausgehandelt wurde und vor allem die Wünsche der EU widerspiegelt, das Hauptproblem. Vor allem gegen den “Backstop” für Irland gibt es Widerstand in London.
Ein weiteres Problem sind die Europawahlen. Wenn die Briten auch nach der Abstimmung Ende Mai noch Mitglied der EU sind, dann wissen die Wähler nicht, über welche Union sie abstimmen – die EU-27 oder die EU-28 (mit UK)? Wenn die Verlängerung über Juni hinausgeht, dann müssen die Briten sogar neue Europaabgeordnete wählen. Die Wahl würde dann in UK zu einer Abstimmung für oder gegen die EU, für oder gegen den Brexit. Am Ende könnten britische Abgeordnete in der neue Europaparlament einziehen, die keinen Bock auf die EU haben oder die Parlamentsarbeit hintertreiben wollen. Der Block der Bremser würde größer. Das Ganze wäre ein Konjunkturprogramm für EU-Skeptiker und -Gegner.
Quelle: Lost in Europe - Geschönter Ausblick
Dem Finanzminister stärkte die Meldung aus Wiesbaden am Freitag den Rücken. Das deutsche Wirtschaftswachstum sei lediglich »ins Stocken geraten«, erklärte das Statistische Bundesamt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bleibe im vierten Quartal 2018 mit 0,0 Prozent auf demselben Niveau wie zwischen Juli und September. […]
Für Olaf Scholz (SPD) gibt es deshalb auch keinen Anlass zur Sorge: »Wir haben unverändert eine ordentliche wirtschaftliche Entwicklung«, sagte er am Montag im RBB-Inforadio. Das Wachstum habe sich zwar verlangsamt, er erwarte aber weiter eine Steigerung, wenn auch nur noch gedämpft. Dies sei aus den wirtschaftlichen Daten für die weltweite Situation als auch für Europa und für Deutschland zu schließen. Den hiesigen Wohlstand könnten höchstens höhere Mächte bedrohen, wie der Handelsstreit mit den USA oder der »Brexit«. (…)
Doch die Wiesbadener Statistikbehörde machte am Montag vermeintlich positive Wachstumsimpulse aus. Im vierten Quartal 2018 sei deutlich mehr investiert worden als im dritten von 2018, insbesondere in Bauten (plus 1,3 Prozent). In dem Sektor hätten Unternehmer im letzten Monat des Jahres so viele Aufträge an Land gezogen wie noch nie in diesem Zeitraum, teilte die Behörde mit. Sie summierten sich auf 7,3 Milliarden Euro und lagen so um 10,3 Prozent höher als ein Jahr zuvor. »Damit ist der höchste jemals gemessene Wert an Aufträgen in einem Dezember in Deutschland erreicht worden«, erklärte sie dazu. 2018 seien insgesamt so viele Auftragseingänge gemeldet worden wie seit 24 Jahren nicht mehr. Sie summierten sich auf 79,5 Milliarden Euro, womit die Summe von 2017 um gut zehn Prozent übertroffen wurde.
Für die Ökonomen Friederike Spiecker und Heiner Flassbeck ist das kein Grund, um in Jubel auszubrechen. Die Aufträge in der Bauwirtschaft spielten quantitativ kaum eine Rolle, fertiggestellte Häuser seien der Maßstab. »Bemerkenswert fanden wir nur, dass das Amt in seinen Verlautbarungen der Bauwirtschaft besondere Impulse für die Konjunktur zugesprochen hat«, schrieben Spiecker und Flassbeck am Montag auf dem Wirtschaftsportal Makroskop.eu. Davon könne aber, gemessen an den vorhandenen Zahlen, nicht die Rede sein.
Vielmehr seien die volkswirtschaftlichen Absatzbewegungen vom verarbeitenden Gewerbe bestimmt. Dieses – »zusammen mit Handel und Baugewerbe« – determiniere sehr stark den zyklischen Verlauf, »weil hier die Güter produziert werden, deren Nachfrage ganz besonders von den Einkommens- und Gewinnerwartungen von Unternehmen und Verbrauchern abhängt«.
Quelle: junge WeltAnmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten haben auf den Beitrag “Die deutsche Wirtschaft ist in der Rezession” von Spieker und Flassbeck hingewiesen.
- Ran an die Reichen
“Wir brauchen einen Spitzensteuersatz von 53 Prozent wie unter Helmut Kohl”, sagte Fabio De Masi dieser Tage, als Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) laut über die Anhebung des Spitzensteuersatzes um drei Punkte auf 45 Prozent nachdachte. Der finanzpolitische Sprecher der Linken-Fraktion schlägt vor, dass diese 53 Prozent für Singles ab 7100 Euro Monatsbrutto fällig werden.
Eine ernsthafte Auseinandersetzung über dieses Reizthema wird auch diesmal wieder massiv erschwert. Es ist die Union, die unverzüglich die immergleichen Denkverbote ausgibt. “Jede Debatte über Steuererhöhungen ist Gift für die Konjunktur”, sagt Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Der Satz zeugt von Denkfaulheit und steinalten Tabus. Vor allem ist er grottenfalsch und schon so oft empirisch widerlegt worden, dass allen, die ihn rausposaunen – gerne auch aus den Reihen der FDP –, eine lange Nase wachsen müsste.
Blick in die USA könnte helfen. “Höhere Besteuerung der Reichen ist plötzlich mehrheitsfähig”, schreibt Florian Rötzer, der Chefredakteur des Online-Magazins “Telepolis”. Und weiter: “Sollte ausgerechnet in den USA, die auch Europa mit in den Neoliberalismus getrieben haben, eine Umkehr oder Rückkehr in Zeiten geschehen, als durch Steuern versucht wurde, die Kluft in den Gesellschaften nicht zu stark anwachsen zu lassen?”
Könnte jedenfalls. Seit Jahrzehnten wirbt Paul Krugman, Ökonomie-Nobelpreisträger aus New Jersey, für eine Steuerpolitik, die der oft geradezu skandalösen gesellschaftlichen Kluft zwischen Unten und Oben durch hohe und höhere Sätze für Besserverdienende und Reiche entgegenwirkt. Bis in die Siebziger Jahre war sie sogar in den USA “state of the art”, mit einem Höchststeuersatz von nicht weniger als 70 (!) Prozent. Dann kam Roland Reagan mit seiner Absenkung auf unter 30 (!) Prozent in zwei Schritten und trat eine weltweite Entwicklung los, die verheerende Folgen hatte. Denn reicher werden seither nur die Reichen, VerliererInnen wurden die anderen und eine öffentliche Hand, der viel Geld für Infrastruktur und soziale Zwecke fehlte. Und erfolgreich wurde einer Mehrheit eingeimpft, Steuererhöhungen seien des Teufels.
Quelle: Kontext: Wochenzeitung - Jobcenter geben 60 Millionen Euro aus, um 18 Millionen einzutreiben
Dass Kleinvieh auch Mist macht, ist das Lieblingssprichwort der Sparsamen. Besonders zur Sparsamkeit angehalten ist hierzulande natürlich die Verwaltung; schließlich arbeitet sie nicht mit eigenem Geld, sondern mit dem der steuer- und gebührenzahlenden Bürger. Allerdings ist es eine zweischneidige Sache, in Behörden immer auch den Pfennig zu ehren: Denn es kostet Geld, sich ums Kleingeld zu kümmern – manchmal sogar mehr, als es bringt.
Genau darum geht es dem CDU-Bundestagsabgeordneten Kai Whittaker. Er hat bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Erfahrung gebracht, wie viele Kleinbeträge die Jobcenter 2018 von Hartz-IV-Empfängern zurückgefordert haben – und was das gekostet hat. Die Zahlen, die der SZ vorliegen, zeigen ein drastisches Missverhältnis: 2018 wurden insgesamt 18 Millionen Euro an Kleinbeträgen bis 50 Euro zurückgefordert. Gekostet aber hat das 60 Millionen Euro; der Verwaltungsaufwand war also mehr als dreimal so hoch, wie die Forderungen selbst. Erschwerend kommt hinzu, dass die tatsächlichen Einnahmen sogar noch unter den Forderungen gelegen haben dürften. 2016 war das Verhältnis von Aufwand und Ertrag noch nicht ganz so ungünstig: Forderungen von zwölf Millionen Euro standen damals Verwaltungskosten von rund 26,2 Millionen Euro gegenüber. (…)
Die Bürokratie in den Jobcentern ist regelmäßig Streitthema – von den besonders strengen Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger unter 25 Jahren bis zu den Rückforderungen von Kleinbeträge. “Wir wünschen uns seit Jahren die Einführung einer Bagatellgrenze”, sagte der Vorstandsvorsitzende der BA, Detlef Scheele, der SZ. “Der jetzige Aufwand für Erstattung und Aufhebung von kleinen Beträgen steht in keinem Verhältnis zum Ertrag.” Der CDU-Abgeordnete Whittaker allerdings fordert noch weitergehende Schritte: “Forderungen sind nur ein Beispiel für den Bürokratieirrsinn im Hartz-IV-System”, sagt er. Hinzu kämen nicht klar definierte Rechtsbegriffe und komplizierte Einzelfallgestaltungen. Das alles führe Jobcenter, Gerichte und Betroffene “in einen Irrgarten”.
Quelle: SüddeutscheAnmerkung Christian Reimann: Ist nicht das gesamte “Hartz IV-System” ein politisch gewollter “Irrgarten” bzw. “Bürokratieirrsinn”?
dazu: Baldrian aus dem ifo-Reformhaus
Konservative und Neoliberale versuchen, die Debatte über eine grundlegende Reform von Hartz IV durch Scheinlösungen abzuwürgen
Nachdem die Sozialdemokraten so tun, als meinten sie es diesmal mit der Reform ihrer Jahrhundertreform ernst, die verrückterweise mit dem Namen eines Ex-Managers bezeichnet wird, gibt es urplötzlich allerlei Forderungen nach einer Hartz-IV-Reform. Nicht zuletzt aus dem konservativen Lager kommen nun Gegenvorschläge zur Güte. Die Union zum Beispiel möchte freilich auch hier und da etwas neu arrangieren, aber so grundsätzlich sei Hartz IV ja nicht übel. Die Bundeagentur für Arbeit hält dagegen, »fundamentale Änderungen« erachte sie nicht als notwendig. Und natürlich weiß auch der Godfather aller Think Tanks, das ifo-Institut nämlich, dass sich was ändern muss: Nur halt nichts Grundsätzliches.
Quelle: Heppenheimer Hiob - TTIP reloaded: Das Kapital hat bei den neuen EU-US-Handelsgesprächen die Nase vorn
Zwei Jahre nach TTIP bereiten die EU-Mitgliedstaaten und die Kommission Mandate für neue Freihandels-Verhandlungen mit den USA vor. Viel hat sich nicht geändert: Wieder durchstreifen Konzernlobbys die Korridore der EU-Verhandler. Sie versuchen, Themen zu setzen. Und die EU-Kommission verschleiert ihre Nähe zu den Konzernen.
Im Juli 2018 begannen US-Präsident Donald Trump und der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, »eine neue Phase in den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union«. Seitdem sind Beamte der EU und der USA damit beschäftigt, neue Handelsgespräche vorzubereiten. Beide Seiten haben im Januar Entwürfe für Verhandlungsmandate veröffentlicht.
Während die Kommission darauf besteht, dass »dies ein neuer Prozess ist, der nichts mit TTIP zu tun hat«, könnten diese Verhandlungen sehr wohl viele der umstrittensten Aspekte von TTIP durch die Hintertür wieder auf das Tableau bringen. Zwischen 2013 und 2016 traf TTIP in der gesamten EU auf eine beispiellose öffentliche und parlamentarische Gegenwehr. Die Bedenken in Bezug auf das Handelsabkommen reichten von seinen Bedrohungen für öffentliche Dienstleistungen über die extremen Befugnisse, die TTIP Unternehmen eingeräumt hätte, um Politik im öffentlichen Interesse zu verunmöglichen, bis hin zu Importen unerwünschter gentechnisch veränderter Lebensmittel (GVO) und von Fracking-Gas nach Europa. Die neuen Freihandelsverhandlungen zwischen der EU und den USA rufen alte Befürchtungen wieder wach.
Quelle: Blickpunkt WiSo - Die vietnamesische Blaupause
Aktuelle Versuche der Trump-Administration, Nordkorea mit Hilfe Vietnams gegen China zu positionieren, sind schon vor Jahren von deutschen Experten mit vorbereitet worden. Dabei handelt es sich um Bemühungen, Pjöngjang eine wirtschaftliche Öffnung nach vietnamesischem Modell nahezubringen, wie sie deutsche Fachleute bereits 2012 und 2013 unternommen haben. Hintergrund ist das systematisch verfolgte Ziel von Staatschef Kim Jong-un, eine innere wirtschaftliche Liberalisierung Nordkoreas mit einer äußeren ökonomischen Öffnung zu verbinden; 2013 scheiterte dies allerdings an einer Verschärfung der Sanktionen gegen Nordkorea. Der Versuch steht im Hintergrund auch des heute beginnenden Treffens mit US-Präsident Donald Trump. Dabei wird eine Öffnung nach vietnamesischem Modell in Gegensatz zu einer Öffnung nach chinesischem Modell gesehen. Vietnam kooperiert immer enger mit den USA, auch im Machtkampf gegen China. Gelänge es, Pjöngjang enger an Hanoi zu binden, dann stiegen die Chancen, es ebenfalls gegen Beijing in Stellung bringen zu können.
Quelle: German Foreign Policy - „Ex-Anwalt Cohen vor dem US-Kongress: Jeden Tag lügen für Trump
Bei seiner Befragung vor dem US-Kongress liefert der frühere Anwalt Michael Cohen viele ernste, aber auch bizarre Informationen aus seiner jahrelangen Arbeit für Donald Trump. Dem Präsidenten drohen nun noch mehr juristische Probleme.
Quelle: Spiegel OnlineAnmerkung unseres Lesers W.L.: Nun ja, ob man nun die Demokratie ‚managed‘ oder die Autoindustrie, der Unterschied ist halt nicht groß. Trump ist in bester Gesellschaft. Interessanter ist schon, wie derartige Meldungen immer hochgepuscht werden – und zwar nur bei Trump. Genau hierzu hat Jimmy Dore ein nettes kleines Video gemacht: THE JIMMY DORE SHOW – “BOMBSHELL” (THE WALLS ARE CLOSING IN)
- Deutsche Westafrikapolitik: Brandstifter als Feuerwehr
Es folgte 2017 der besonders von Frankreich und der Bundesrepublik geförderte Aufbau einer gemeinsamen 5.000-Mann-Eingreiftruppe. Dafür flossen nach offiziellen Angaben bislang etwa 28 Millionen Euro aus der deutschen Staatskasse. Zugesagt seien aber nach Angaben des Generalsekretärs dieser G5-Eingreiftruppe, des ehemaligen Außenministers Nigers, Maman Sidikou, 200 Millionen Euro. Am 22. Februar sagte er bei einem Aufenthalt in Berlin der Deutschen Welle, der Verwendungsschwerpunkt liege »weniger auf Infrastruktur« als »auf Resilienz, Verteidigung und Sicherheit«. Sidikou erklärte zudem, Deutschland sei »wichtigster Partner für den Aufbau der Militärakademie des G5-Bündnisses mit Sitz in Nouakchott«, der Hauptstadt Mauretaniens. Die fünf beteiligten Staaten, die zu den ärmsten Afrikas zählen, hätten »zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt«. Das seien für das eine Land 17 Prozent seines Budgets, für eine anderes 20 und für ein drittes »vielleicht sogar 30 Prozent«: »Das ist sehr viel – vor allem, wenn man bedenkt, dass dieses Geld sonst in Bildung oder Gesundheit fließen könnte!«
Gemessen an den Resultaten bewirkt diese Art von »Entwicklungshilfe« offensichtlich das Gegenteil von dem, was mit ihr angeblich beabsichtigt ist. Deutschland, das sich gern als politische Feuerwehr in der Region darstellt, gehört mit zu den Brandstiftern. Dafür steht jede Menge Geld zur Verfügung.
Quelle: junge Welt - Personalmangel bei der Bundeswehr: Verteidigungsministerium will verstärkt auf Reservisten zurückgreifen
Die Bundeswehr soll wachsen, doch sie hat es im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft schwer. Mit einem neuen Gesetz will Ministerin von der Leyen die Armee nun attraktiver machen. Das soll 380 Millionen Euro kosten. […]
Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zufolge will CDU-Politikerin von der Leyen den Personalmangel in der Bundeswehr auch durch die stärkere Einbeziehung von Reservisten ausgleichen. In dem Gesetzentwurf heiße es, Reservisten könnten eingesetzt werden, wenn Personallücken nicht anderweitig zu füllen seien und sonst die Funktionsfähigkeit einer Organisationseinheit gefährdet sei.
Ziel sei die “temporäre Verbesserung der personellen Einsatzbereitschaft”. Im Schnitt sind laut Bundeswehr rund 15 Prozent der Dienstposten nicht besetzt. Dies liegt unter anderem daran, dass die Personalgewinnung durch Abschaffung der Wehrpflicht schwieriger geworden ist.
Quelle: Spiegel Onlinedazu: Keine Aufstockung der Bundeswehr
Seit Jahren klagt die Bundeswehr über zu wenig Bewerberinnen und Bewerber. Jetzt will Ursula von der Leyen junge Menschen offenbar mit besserer sozialer Absicherung ködern. Die Youtube-Serien und die Plakatwerbung in deutschen Innenstädten hatten offensichtlich nicht den gewünschten Erfolg. Es ist zu begrüßen, wenn Menschen für ihre Arbeit angemessen entlohnt und sozial abgesichert werden. Eine Aufstockung der Bundeswehr lehnen wir jedoch entschieden ab.
Die Bundeswehr soll von derzeit etwa 180.000 Soldatinnen und Soldaten auf 203.000 bis zum Jahr 2025 vergrößert werden. Ursula von der Leyen geht erneut in die völlig falsche Richtung. Wir haben bereits einen Verteidigungshaushalt, der enorm gewachsen ist. Viel dringender wäre es, andere Berufe attraktiver zu machen. Gerade streiken zum Beispiel Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer sowie Busfahrerinnen und Busfahrer. Damit sollte sich das Kabinett mal befassen.
Quelle: DIE LINKE. im Bundestag - Das goldene Begräbnis der Bahn
Abgekoppelt: Stuttgart 21 soll mit der modernen Signaltechnik ETCS goldenen Zeiten entgegenfahren. Aber das Moderne ist sehr teuer, sehr anfällig, und es macht das Zugfahren in Stuttgart sehr langsam. So wird die Stadt zu einer Insel im Bahnverkehr – unerreichbar für viele Züge. Fatal: S 21 zwingt die Bürger in die Autos.
Am Anfang war die Lüge. “Es koschded nix”, hieß es 1994 in den ersten Monaten über das Bahn- und Immobilienprojekt Stuttgart 21. Inzwischen kostet dieser “Es-koschded-nix-Bahnhof” 8,2 Milliarden Euro, mindestens, denn er ist ja noch lange nicht fertiggestellt. Ob er es jemals sein wird?
Aber jetzt ist da eine weitere, eine viel größere Lüge: S21 kann aus technischen Gründen nicht perfekt funktionieren, und die Verantwortlichen wissen das, und sie wussten das schon vor neun Jahren.
Nun platzt diese Lüge. Nun wird offensichtlich, was mir ein Insider vor neun Jahren erklärte – und gut belegt hatte. Dazu ist eine kurze Rückblende notwendig:
Es ist das Jahr 2010, ich recherchiere seit einigen Monaten für den “Stern” über das S-21-Projekt. Auf einmal steht ein Mann bei mir im Büro. Der Mann hat Angst. Um seinen Job. Um seinen Berufsstand. Telefonieren wollte er nicht. Mails wollte er auch nicht verschicken, man werde überwacht. “Wenn Sie schreiben, was ich Ihnen zeige und erzähle, dann ist das der Todesstoß für S 21.”
Quelle: Kontext: Wochenzeitung - Zu laut geworden
ATTAC ist laut Urteil des Bundesfinanzhofs nicht gemeinnützig. Weitere Organisationen bedroht. Gesetzesnovelle
Der Bundesfinanzhof (BFH) in München hat laut einem am Dienstag veröffentlichten Urteil der gobalisierungskritischen Organisation ATTAC die Gemeinnützigkeit aberkannt. ATTAC versuche, die politische Meinung zu beeinflussen. Dies trage nicht zur politischen Bildung bei und sei damit nach dem Steuerrecht nicht gemeinnützig.
Die Entscheidung des BFH im Fall ATTAC ist eine Einschränkung zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume. Das Bundesgericht liest das Gesetz so, dass die bei Bildungsarbeit entstehenden Forderungen nicht lautstark verbreitet werden dürfen. Politisch einmischen dürften sich gemeinnützige Vereine und Stiftungen nur, wenn sie einen konkreten Zweck wie Umweltschutz oder Gleichstellung von Frau und Mann verfolgen.
Quelle: junge Welt - Doping made in Germany
Diverse Studien, die Aussagen von Brancheninsidern und Kronzeugen sowie nicht zuletzt der gesunde Menschenverstand legen nahe: Doping ist im System des modernen Spitzensports angelegt. Aber die Sportvertreter, allen voran die deutschen, erzählen weiter die Geschichte vom dopenden Athleten als charakterschwachem Einzeltäter. Sie müssten es besser wissen, gerade die Deutschen.
Jene Langläufer, die am Mittwoch in Seefeld verhaftet wurden, waren zwar Österreicher und Osteuropäer, aber die mutmaßlichen Köpfe eines “weltweit agierenden Dopingnetzwerks”, wie das österreichische BKA die Hauptverdächtigen nennt, agieren von Deutschland aus. Der mutmaßliche Drahtzieher, der Erfurter Sportmediziner Mark Schmidt, ist sogar ein alter Bekannter. Schon als Arzt des Radteams Gerolsteiner war er einst mit Dopingvorwürfen konfrontiert. Die Sache verlief im Sande. Jetzt wird ihm “gewerbsmäßiger Sportbetrug” vorgeworfen.
Quelle: Süddeutsche - VWL-Lehrbücher fürs Grundstudium: Einführung in die Ideologie des Marktes
Helge Peukert von der Uni Siegen hat die in Deutschland gängigsten Einführungslehrbücher der Mikro- und Makroökonomie untersucht und festgestellt, dass diese sich sehr ähneln und sehr einseitig ideologisch sind. Er hat allerdings auch festgestellt, dass man nicht unbedingt neue Lehrbücher schreiben muss, sondern dass es schon ganz gute Alternativen auf dem Markt gibt. Die Untersuchung, die man kostenlos im Internet abrufen kann, ist Studierenden sehr zu empfehlen, die mit den untersuchten Lehrbüchern traktiert werden, und Lehrenden ebenso.
Zu den Kernbereichen der VWL gehören die Einführungsveranstaltungen der Mikro- und Makroökonomie. Sie beschäftigen sich mit dem Verhalten der einzelnen Haushalte und Unternehmen (Mikro) bzw. der gesamten Volkswirtschaft (Makro). Aus den je rund 60 laut Modulhandbüchern an deutschen Hochschulen verwendeten Lehrbüchern wählte Peukert die jeweils zwei sehr deutlich dominierenden Lehrbücher aus und untersuchte sie kapitelweise hinsichtlich Pluralität und Wissenschaftlichkeit. Anschließend verglich er die Inhalte der je zwei exemplarischen Lehrbücher mit den anderen Lehrbüchern und stellte nur geringe Abweichungen fest. Man schreibt offenbar ziemlich ungeniert voneinander ab. Keiner will sich vom Mainstream entfernen, um nicht die Marktchancen des eigenen Buches zu gefährden.
Quelle: Norbert Häring - Zu guter Letzt: Karfreitag als Feiertag – erst hatten ihn viele, dann wollten ihn alle, jetzt hat ihn keiner
In Österreich kocht die Volksseele. Grund ist eine wahre Posse um den Karfreitag. Der galt bisher für bestimmte Glaubensgruppen. Der EuGH entschied: Das ist diskriminierend! Was daraus folgt, erzeugt bei unseren Nachbarn Kopfschütteln, Zorn und Galgenhumor.
Noch ist es nicht endgültig entschieden, aber die Aufregung ist seit Tagen riesig. Die einfache Frage, ob der Karfreitag in Österreich ein Feiertag sein soll oder nicht, ist bei unseren Nachbarn zum Fall für Comedians und Arbeitsrechtler geworden. Denn die von der rechtskonservation Regierung in Wien propagierte “perfekte Lösung” lautet: Statt des hohen krichlichen Feiertages erhalten alle Österreicher einen “persönlichen Feiertag”? Den können sie am Karfreitag nehmen, oder auch an einem beliebigen anderen Tag, dem eigenen Hochzeitstag beispielsweise. Allerdings muss dieser Tag “den Urlaubstagen entnommen” werden, was eigentlich nicht anderes bedeutet als: Der Karfreitag ist als Feiertag weg und wer frei haben will, muss sich halt frei nehmen. […]
Die Lösung liegt nun in einem Kniff, findet jedenfalls die Regierung: man nennt das “persönlichen Feiertag”. Den kann man nehmen, wann man will, natürlich auch am Karfreitag. Der Tag ist aber kein zusätzlicher freier Tag, sondern ein ganz normaler Urlaubstag, den man frühzeitig anmelden muss. Bleibt unter dem Strich: Der Karfreitag ist als Feiertag abgeschafft – und damit auch für die 300.000 evangelischen und altkatholischen Österreicher. Ein Meisterstück: Erst hatten den Feiertag viele Österreicher, dann wollten ihn alle haben, zwischendurch sollten alle einen halben bekommen und jetzt hat keiner mehr frei.
Quelle: Stern OnlineAnmerkung André Tautenhahn: Nur so nebenbei: So verteidigen die Rechten das „christliche Abendland“. Man stelle sich nur vor, eine „links-grün-versiffte“ Regierung mit einem Minister muslimischen Glaubens hätte diese Nummer gebracht.