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  1. Keine Rezession – stattdessen erneut ein statistisches Wunder
  2. Münchner Sicherheitskonferenz
  3. Konferenz in Warschau: Pence fordert EU-Ausstieg aus Atomdeal
  4. Ohne Ende
  5. Von der Leyens Raketenabwehr kostet Milliarden mehr
  6. Mindestlöhne: Im EU-Mittel kräftige Zuwächse, in Westeuropa meist über 9,60 Euro, neue Ansätze für europäische Koordination
  7. Mindestausbildungsvergütung: “In der Brutto-Netto-Falle verheddert”
  8. Strompreis: Steuergeschenke nur für Reiche?
  9. Vergessene Skandale
  10. Megadeals mit Immobilien: Bürger zahlt, Investor strahlt
  11. EUSFTA- & EUSIPA-Abstimmung: EU-Parlament “empowert” Konzerne
  12. Konzernklagen: Was Rheinmetall, Philip Morris, Deutschland und den Togo verbindet
  13. Gareth Dale: »Mit dem Neoliberalismus wurde das Werk Karl Polanyis wieder hochaktuell«
  14. Upload-Filter: Angriff auf Meinungs- und Kunstfreiheit im Netz spitzt sich zu
  15. Neues deutsches Sendungsbewusstsein: Die ARD will mit Moral das Publikum einseifen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Keine Rezession – stattdessen erneut ein statistisches Wunder
    Wer Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung für Statistik hält, liegt falsch. Das hat das Statistische Bundesamt bei der Vorlage der Wachstumszahlen für das letzte Quartal 2018 gerade wieder nachgewiesen.
    Uuff, das war knapp! Mit 0,0 Prozent „Wachstum“ im vierten Quartal 2018 ist Deutschland, wie das Statistische Bundesamt gestern meldete, einer Rezession gerade so entgangen. Von einer „technischen“ Rezession, so unsere Leitmedien (hier der typische Reflex in der FAZ), hätte man sprechen müssen, wenn das BIP in saisonbereinigter Rechnung zwei Mal hintereinander gesunken wäre. Da es im dritten Quartal ein Minus von 0,2 gegeben hatte, wäre tatsächlich Rezession angesagt gewesen.
    Da atmen alle erleichtert auf. Knapp an einer Rezession „vorbeigeschrammt“. Die 0,0 Prozent machen doch Hoffnung, und selbst wenn es im ersten Quartal wieder ein Minus gibt, muss man nicht von einer Rezession sprechen, weil es dann ja wieder nicht zwei Quartale hintereinander sind. Ist doch logisch, minus 0,2, dann 0,0 und danach noch einmal minus 0,2 sind einfach keine „technische“ Rezession.
    Nein, wenn es so käme, wäre es eine richtige Rezession, ganz gleich, was „Ökonomen“ eine „technische Rezession“ nennen. Auch ein Minus von 0,2 und eine Stagnation bedeuten Schrumpfung.
    Quelle: Makroskop
  2. Münchner Sicherheitskonferenz
    1. Weltpolitik unter Druck
      Vor der heute startenden Münchner Sicherheitskonferenz setzen US-Aggressionen und innereuropäische Opposition gegen die offene Berliner Dominanz zentrale Projekte der deutschen Weltpolitik massiv unter Druck. Am gestrigen Donnerstag hat US-Vizepräsident Mike Pence auf einer gegen Iran gerichteten Konferenz, die der EU-Staat Polen mitveranstaltete, von der EU den Ausstieg aus dem Nuklearabkommen verlangt. Schon zuvor hatte Washingtons Botschafter in Berlin die Gründung einer Art Tauschbörse für den künftigen Handel mit Iran als “Missachtung der US-Politik” attackiert. Für Deutschland ist das Abkommen mit Iran eines der Projekte, mit denen es sich eine eigenständige Führungsposition in der Weltpolitik erkämpfen will. Ein zweites ist die Pipeline Nord Stream 2, die Berlin die zentrale Stellung in der Erdgasversorgung der EU und entsprechenden Einfluss sichern soll. Es gerät in Gefahr, weil Paris seine konstante Unterordnung unter deutsche Ziele nicht mehr hinnehmen will. Hinzu kommen Versuche Washingtons, die Berliner Dominanz im Osten der EU zu brechen.
      Quelle: German Foreign Policy

      dazu: Bund sponsert Kriegskonferenz
      “Das Sponsoring einer Kriegskonferenz mit Steuermitteln ist ein Unding”, empört sich die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, im Vorfeld der Münchner Sicherheitskonferenz. Auf eine Schriftliche Frage der Abgeordneten zur Unterstützung der Konferenz durch den Bund teilte die Bundesregierung mit, es würden 290 Bundeswehrangehörige entsandt, um in den Bereichen Organisation, Transport, Sanitätsdienst und Dolmetscherleistungen zu unterstützen. Die Kosten hierfür werden damit deutlich über den 640.000 Euro liegen, die vor zwei Jahren für den Einsatz von lediglich 217 Soldaten fällig wurden. Hinzu kommt eine Förderung durch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in Höhe von 500.000 Euro. Jelpke kommentiert dazu weiter:
      „Über eine Million Euro für einen Ratschlag, an dem die Herrschenden über ihre Kriege diskutieren und Rüstungskonzerne ihre todbringenden Produkte anbieten – das ist ein Schlag ins Gesicht der Steuerzahler. Der Umfang des staatlichen Sponsorings beträgt rund ein Drittel des Gesamtbudgets der Konferenz. Ohne Steuergelder würde die Konferenz überhaupt nicht stattfinden – und das wäre auch gut so. Denn diese Konferenz liegt allein im Interesse der Kriegführenden und der Waffenschmiede. Aus diesem Grund werden sich auch in diesem Jahr zahlreiche Abgeordnete der LINKEN den Protesten gegen die Sicherheitskonferenz anschließen.”
      Quelle: DIE LINKE. im Bundestag

    2. Neue Wertegemeinschaft: Mit Donald Trump in die Willkürzone der internationalen Politik
      Gegen Russland, China und den Rest der Welt. Die aktuellen Entwicklungen lassen befürchten, dass sich die Bundesregierung der destruktiven Außenpolitik der Regierung unter Donald Trump unterordnet
      In den vergangenen Jahren beklagten sich zahlreiche europäische Politiker darüber, dass die Regierung unter Donald Trump willkürlich Vertragswerke und Abmachungen in den internationalen Beziehungen zerstört. Mit dem versuchten Putsch in Venezuela und dem amerikanischen Austritt aus dem INF-Vertrag hat sich der Tenor allerdings deutlich verschoben.
      Neuerdings beeilen sich auch zahlreiche deutsche Außenpolitiker, ihre Wertegemeinschaft mit Donald Trump, Mike Pompeo und Gina Haspel unter Beweis zu stellen, indem sie offensichtliche Rechtsbrüche in den internationalen Beziehungen begeistert unterstützen. Stephen Walt, Professor für internationale Politik an der Harvard-Universität, erinnerte mit Blick auf das Verhältnis zwischen USA und EU kürzlich daran, dass gemeinsame Werte eine “fromme Rhetorik” sind. Die “regelbasierte Ordnung” und eine “transatlantische Gemeinschaft” bezeichnet er als Schaufensterdekoration: “Der wahre Grund, warum sich die Vereinigten Staaten in der Vergangenheit intensiv für die europäische Sicherheit eingesetzt haben, liegt darin, dass sie dachten, es läge im Interesse des Landes zu verhindern, dass ein einzelner Staat Europa dominiert und seine reichlich vorhandene industrielle Macht kontrolliert.”
      Im Gegensatz zu vielen deutschen Außenpolitikern ist dem Herausgeber von Foreign Policy dabei bewusst, dass Europa erheblich größer ist als die EU und etwa Russland miteinschließt. Mit einer gemeinsamen Politik, so Walt, könnte Europa mächtiger sein als die USA. Als Vertreter der realistischen Schule der Außenpolitik hält er fest, dass das Engagement der USA in Europa eigentlich einem Machtkampf um die Führung in der “westlichen Hemisphäre” entspringt.
      Quelle: Telepolis
    3. Sie wollen Krieg
      Höhere Militärausgaben, Ausstieg aus dem INF-Vertrag und ein schärferer Kurs gegen Russland
      Die Bundesregierung legte der NATO am Dienstag ein Strategiepapier vor, in dem sie sich verbindlich zu einer Erhöhung der Investitionen in die Bundeswehr und deren Ausrüstung bis 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bekennt. Zudem solle der Anstieg in den Jahren nach 2024 fortgesetzt werden. Langfristiges Ziel ist es, auf 2 Prozent des BIPs zu kommen, welches von den USA innerhalb der NATO gefordert und von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) angestrebt wird.
      Die geplanten Militärausgaben belaufen sich für 2019 auf 43,2 Milliarden Euro. Sollten sie bis 2025 auf 1,5 Prozent des BIP steigen, wären das auf Basis aktueller Werte fast 51 Milliarden Euro. Da aber die Wirtschaft derzeit wächst, ist es möglich, dass die deutschen Militärausgaben bis 2025 auf mehr als 60 Milliarden Euro steigen werden.
      Neben den Verteidigungsausgaben stellt der Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag eine weitere Eskalationsstufe dar. […] Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, Russland habe zwar den INF-Vertrag verletzt, dennoch müsse das „Gesprächsfenster“ offengehalten werden. „Leider ist Russland nicht bereit, Vertragstreue wiederherzustellen“, twitterte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und forderte „umfassende Rüstungskontrollen“. Der EVP-Fraktionsvorsitzende im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), nannte das mögliche Aus des Abkommens einen „Weckruf für Europa“ und sagte: „Wir müssen unsere eigenen Sicherheitsinteressen besser und stärker in die eigene Hand nehmen.“
      Während dessen rollt schweres Kriegsmaterial durch Deutschland gen Osten. Im Rahmen der US-Operation „Atlantic Resolve“ bewegen sich nach Angaben der US-Armee seit Januar Konvois mit mehr als 5 400 Soldaten und unter anderem 80 Panzer, 120 Bradley-Kampffahrzeuge, 15 Panzerhaubitzen und 80 Kampfhubschrauber in Richtung der Westgrenze Russlands.
      Quelle: unsere zeit
  3. Konferenz in Warschau: Pence fordert EU-Ausstieg aus Atomdeal
    Auf der Nahost-Konferenz in Warschau unter US-Führung fordert Vizepräsident Pence die EU auf, ebenfalls aus dem Atomabkommen mit dem Iran auszusteigen. Nicht nur Teheran sieht die Veranstaltung gegen sich gerichtet.
    Quelle: Tagesschau

    dazu: Deutsche Teilnahme an Warschauer Kriegskonferenz ist ein Fehler
    Die Teilnahme der Bundesregierung an der Kriegskonferenz der USA, Israels und Saudi-Arabiens gegen den Iran ist ein Fehler. Es ist löblich, dass Außenminister Heiko Maas nicht selbst zu der illustren Runde nach Warschau gefahren ist. Außenpolitisch konsequent und friedenspolitisch vernünftig wäre gewesen, auch auf die Entsendung eines Stellvertreters zu verzichten”, erklärt Sevim Dagdelen, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. Dagdelen weiter:
    „Die Bundesregierung und die EU machen sich außenpolitisch unglaubwürdig, wenn Saudi-Arabien von der EU-Kommission wegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf eine Schwarze Liste gesetzt werden soll, während die Kopf-ab-Diktatur in Warschau gleichzeitig als Teil einer Kriegskoalition gegen den Iran hofiert wird.
    Frieden und Stabilität im Nahen Osten wird es nur unter Einbeziehung aller Akteure geben. Statt sich ohne Not in Warschau an einer Konferenz zu beteiligen, deren offenbares Ziel die Vorbereitung eines Krieges gegen den Iran ist, sollte sich die Bundesregierung für eine Konferenz für den Nahen und Mittleren Osten nach dem Vorbild der KSZE stark machen. Notwendig sind Sicherheitsgarantien für alle Staaten der Region. Dazu gehört auch der Kampf um den Erhalt des von US-Präsident Donald Trump einseitig aufgekündigten internationalen Atomabkommens mit dem Iran.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag

  4. Ohne Ende
    6000 Milliarden Dollar – so viel kostet der „Krieg gegen den Terror“ von 2001 bis heute. Diese unvorstellbare Summe wurde für die Homeland Security in den USA und die Kriege weltweit ausgegeben. Die Streitkräfte der USA agieren in 40 Prozent der Länder der Welt, von den Dschungeln Kolumbiens bis zu den Dschungeln Thailands. In 80 Ländern trainieren die USA Truppen, fliegen Drohnen, werfen Bomben und kämpfen mit Sondereinheiten. Zur Überraschung selbst von Kongressabgeordneten kamen 2017 vier Soldaten einer Sondereinheit in einem Hinterhalt an der Grenze zwischen Mali und Niger um. Die Kongressabgeordneten hatten keine Ahnung, dass US-Soldaten auch an dieser Grenze im Einsatz waren.
    Die US-Streitkräfte haben mit den Milliarden Dollar Länder zerstört und Städte dem Erdboden gleichgemacht. Die Zerstörung des Irak hat den IS erst möglich gemacht. Die Vernichtung von Mossul im Irak und Raqqa in Syrien, die endlose Bewaffnung sogenannter „gemäßigter Rebellen“, die die syrische Regierung bekämpfen sollten und sich am Ende immer beim IS und al-Kaida wiederfanden – das alles erhöht die Zahl dschihadistischer Kämpfer weltweit.
    Der Krieg gegen den Terror ist nicht auf ein Ende hin angelegt. Homeland Security und Überwachung gedeihen. Es gibt Erfolge und Misserfolge im Krieg gegen den Terror – aber kein Ende. Je nach Interessen der „nationalen Sicherheit“ kann der Krieg verstärkt, abgeschwächt oder verlagert werden.
    Der kommandierende General der „Operation Inherent Resolve“ in Syrien, Patrick Roberson, beschrieb, wie es gelang, den IS an jeglichen militärischen Erfolgen zu hindern. Trump beschreibt in seiner Rede zur Lage der Nation, wie seit Beginn seiner Amtszeit das Gebiet unter Kontrolle des IS auf nahezu null reduziert wurde. Doch ein Top-General warnte im Februar, dass der IS im Falle eines Abzugs der US-Truppen aus Syrien wie Phönix wieder auferstehen würde. Der Senat klatschte Beifall und untersagte seinerseits den Rückzug.
    Trump wollte an einer einzigen von unzähligen Fronten im „Krieg gegen den Terror“ den Sieg erklären. Doch nicht, wenn es nach dem Sprecher der Senats-Mehrheit geht, der meint, der IS und al-Kaida müssen erst noch besiegt werden. Der Krieg wechselt die Schauplätze, aber er hat kein Ende. Der permanente Krieg verschlingt Länder – und gebiert Profite.
    Quelle: unsere zeit
  5. Von der Leyens Raketenabwehr kostet Milliarden mehr
    Die Verteidigungsministerin wollte die Rüstungsbeschaffung neu aufstellen, damit die Kosten von Großprojekten nicht mehr aus dem Ruder laufen. Bei einem ihrer ersten eigenen Projekte wird nun klar: Es wird doppelt so teuer wie geplant
    Eines der wichtigsten neuen Rüstungsprojekte von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wird deutlich teurer als geplant. Nach Capital-Informationen kalkuliert das Ministerium für das neue Luftabwehrsystem der Bundeswehr mit Gesamtkosten von mindestens 8 Mrd. Euro. Diese Summe nannte Rüstungsstaatssekretär Benedikt Zimmer laut Angaben von Sitzungsteilnehmern am Mittwoch im Verteidigungsausschuss des Bundestags. Die Summe umfasst die Fertigentwicklung sowie die spätere Beschaffung des Systems. Bis zuletzt waren dafür insgesamt rund 4 Mrd. Euro eingeplant.
    Wie Zimmer im Verteidigungsausschuss bestätigte, wird allein der Abschluss der Entwicklungsarbeiten für das System namens Meads mindestens 3 Mrd. Euro kosten. In den bisherigen Haushaltsplanungen waren dafür rund 970 Mio. Euro vorgesehen. Auch die spätere Beschaffung der Feuereinheiten wird mit mindestens 5 Mrd. Euro teurer als geplant. Bereits in der Vergangenheit hatte es Berichte über massive Kostensteigerungen bei dem Projekt namens TLVS (Taktisches Luftverteidigungssystem) gegeben. Bislang hatte das Ministerium die Zahlen nicht kommentiert.
    Quelle: capital
  6. Mindestlöhne: Im EU-Mittel kräftige Zuwächse, in Westeuropa meist über 9,60 Euro, neue Ansätze für europäische Koordination
    Die Mindestlöhne in den 22 EU-Staaten, die über eine gesetzliche Lohnuntergrenze verfügen, sind zuletzt im Mittel kräftig angehoben worden – nominal um 4,8 und nach Abzug der Inflation um 2,7 Prozent. 20 EU-Staaten haben ihre Mindestlöhne zum 1. Januar, zum 1. Februar 2019 oder in der zweiten Hälfte 2018 erhöht, in Großbritannien ist eine Anhebung des National Minimum Wage für April beschlossen. Erstmals seit sieben Jahren stieg zum 1. Februar auch der griechische Mindestlohn wieder. Lediglich in Lettland gibt es aktuell keine Erhöhung. Die nominalen Steigerungen waren die zweitstärksten seit 2009. Das zeigt der neue Mindestlohnbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Der deutsche Mindestlohn ist mit 9,19 Euro pro Stunde weiterhin spürbar niedriger als die Lohnuntergrenzen in den westeuropäischen Euro-Staaten, die alle 9,66 Euro und mehr Stundenlohn vorsehen, in Frankreich erstmals über zehn und in Luxemburg sogar 11,97 Euro.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung

    Anmerkung JK: Auch beim Mindestlohn manifestiert sich das Bestreben, den größten Niedriglohnsektor Europas aufrecht zu erhalten.

    dazu: Der Mindestlohn steigt – (fast) überall in Europa
    Deutschland ist Schlusslicht in Westeuropa
    Es geht bergauf, zum Teil sogar kräftig: In den 22 EU-Staaten, die eine gesetzliche Lohnuntergrenze haben, sind die Mindestlöhne im Schnitt um 4,8 Prozent gestiegen. Auch in Deutschland gab es eine Erhöhung – trotzdem sind wir immer noch Schlusslicht in Westeuropa. Die aktuellen Zahlen des WSI im Überblick.
    Quelle: DGB

    dazu auch: Mindestlohn ist Niedriglohn
    Einer von Fünf Beschäftigten arbeitet im Niedriglohnsektor, auch zum Mindestlohn von 9,19 Euro. Wie hoch der Mindestlohn sein müsste, um nach 45 Jahren Vollzeitarbeit eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu bekommen, hat Susanne Ferschl die Bundesregierung gefragt. […]
    Der durchschnittliche Bruttobedarf von Empfängerinnen und Empfängern der Grundsicherung im Alter, die außerhalb von Einrichtungen leben, beträgt 814 Euro (Stand Dezember 2017, Daten für Dezember 2018 werden erst im April/Mai 2019 vorliegen). Um eine Nettorente oberhalb dieses Betrags zu erhalten, würden aktuell 28,5 Entgeltpunkte benötigt. Um dies bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden über 45 Jahre versicherungspflichtiger Beschäftigung hinweg zu erreichen, wäre aktuell rechnerisch ein Stundenlohn von 12,80 Euro erforderlich. Diese Betrachtung vernachlässigt allerdings die zusätzliche Altersvorsorge, mit der eine deutlich höhere Gesamtversorgung erzielt werden kann. […]
    Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn soll existenzsichernd sein, eine armutsfeste Rente garantieren und sicherstellen, dass auch die unteren Lohngruppen – die besonders auf den Mindestlohn angewiesen sind – nicht von der allgemeinen Lohnentwicklung abgekoppelt werden.
    Diese Höhe deckt sich mit der Vorgabe der Linken, dass der Mindestlohn 60 Prozent des Durchschnittslohns betragen soll. Seit 2015 haben sich die Löhne laut Statistischem Bundesamt um 4,8 Prozent erhöht. Ein Plus von 4,8 Prozent auf den Durchschnittslohn des Jahres 2015 von 20,44 Euro entspricht einem Plus von 98 Cent bzw. einem Durchschnittslohn von 21,42 Euro. 60 Prozent davon ergeben 12,85 Euro, ein Betrag also, der deckungsgleich mit dem Stundenlohn ist, den die Bundesregierung aktuell für notwendig erachtet, um nach 45 Beitragsjahren eine Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu erhalten: ein Stundenlohn von 12,80 Euro.
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag

  7. Mindestausbildungsvergütung: “In der Brutto-Netto-Falle verheddert”
    Warum 504 Euro für alle nicht gerecht ist
    Bundesbildungsministerin Anja Karliczek will die Mindestausbildungsvergütung an das Schüler-BAföG koppeln – für mehr Gerechtigkeit. Doch sie vergleicht dabei “Äpfel mit Birnen”, kritisiert DGB-Vize Elke Hannack: Anders als Schüler zahlen Azubis Sozialabgaben – und hätten nach diesem Vorschlag über 100 Euro pro Monat weniger in der Tasche.
    Bundesbildungsministerin Anja Kaliczek will mit einer Mindestausbildungsvergütung die Leistung von Azubis anerkennen und ihnen Wertschätzung zukommen lassen. Das hat sie beim DGB-Tag der Berufsbildung in Berlin gesagt – und das klingt auch erstmal gut und richtig. Das Problem: Sie will die Höhe nicht, wie der DGB, an die tariflichen Ausbildungsvergütungen koppeln, sondern an das Schüler-BAföG, eine Sozialleistung also, die vollzeitschulisch Auszubildende erhalten. Und übersieht dabei, dass Auszubildende von ihrer Vergütung Arbeitslosen-, Kranken-, Unfall- und Rentenversicherungsbeiträge abführen müssen, Berufsfachschüler/nnen von ihrem BAFöG nicht. Die praktische Wirkung dieses Vorschlags wäre also, dass Auszubildende mit Mindestausbildungsvergütung deutlich schlechter gestellt werden als Berufsfachschüler/innen mit BAföG-Anspruch.
    Quelle: DGB
  8. Strompreis: Steuergeschenke nur für Reiche?
    Die Union plant ein neues Leckerli für Höchstverdiener und Millionäre, an Verbrauchssteuern für die Masse wird hingegen erbittert festgehalten […]
    Um 7,5 Cent pro Kilowattstunde könnte die Stromrechnung für private Haushalte niedriger ausfallen, wenn der Fiskus auf die Stromsteuer sowie einen Teil der Mehrwertsteuer verzichten und dann noch die Subventionierung der energieintensiven Betriebe übernehmen würde, die bisher über die sogenannte EEG-Umlage den privaten Kunden aufgehalst wird. Bei rund 120 Milliarden Kilowattstunden, die private Haushalte verbrauchen, macht das für den Staatshaushalt ein jährliches Minus von neun Milliarden Euro aus.
    Hört sich nach viel an? Ein kleiner Vergleich: Die Union drängt gerade darauf, den sogenannten Soli abzuschaffen – und zwar für alle, nicht nur für die unteren Einkommensgruppen, wie es die SPD vorschlägt. Das Gros der Soli-Einnahmen von rund 18 Milliarden Euro kommt von den Besserverdienenden, während niedrige Einkommen kaum belastet werden.
    Ein Steuerpflichtiger aus dem reichsten Hundertstel der Bevölkerung zahlt 12.600 Euro im Jahr, schreibt die Zeit, während die ersten 1000 Euro Monatseinkommen und die zusätzlichen Kinderfreibeträge nicht mit der Zusatzabgabe belastet werden. Das kleine Geschenk, das CDU und CSU den Reichen und Superreichen mit der pauschalen Abschaffung machen würde, bedeutete für den Fiskus jährliche Mindereinnahmen von rund 11 Milliarden Euro.
    Oder mit anderen Worten: Steuergeschenke sind offensichtlich möglich, aber nicht für das Gros der privaten Haushalte, die unter der Last der Stromrechnungen ächzen.
    Quelle: Telepolis
  9. Vergessene Skandale
    P&R? Was war das noch? Kurz gesagt ging es in dem im Frühjahr 2018 aufgeflogenen Skandal darum, dass die Container-Firma P&R etwa 54 000 Anleger um zusammen 3,5 Milliarden Euro gebracht hatte, da diese in Schiffscontainer investierten, die es überwiegend nie gab. Aufgabe der Bafin wäre es seit einer Gesetzesänderung 2017 gewesen, hier genau zu hinzuschauen und einen solchen Anlagebetrug zu verhindern. Doch die Behörde hatte den P&R-Anlageprodukten grünes Licht gegeben. Bei diesem Fall zeige sich auch ein Systemfehler, findet Schick: Finanzberatung laufe meist nicht kundenorientiert, sondern provisionsorientiert. Berater werden von den Produktlieferanten mit Provisionen vergütet. Die Folge: “Überteuerte Finanzprodukte, bei denen die Kosten einen Großteil der Erträge auffressen.” Und Skandale wie bei P&R.
    Der schnell wieder aus der breiten medialen Aufmerksamkeit verschwundene Fall mag ein Hinweis darauf sein, dass es Finanzthemen als Gegenstand von Bürgerprotest und -engagement schwer haben. Das Mobilisierungspotential scheint geringer als zum Beispiel beim Kohleausstieg oder, früher, der Atomkraft. Dem allerdings widerspricht Gerhard Schick: “Finanzthemen haben ein riesiges Mobilisierungspotential”, betont der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete. Das habe man etwa bei der Occupy-Bewegung gesehen, die groß wurde, “als vor elf Jahren über Nacht Milliarden an Steuergeldern in Banken gesteckt worden sind”. Nur leider, meint Schick, sei Occupy “ungerichtet und ohne festes Ziel” gewesen.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  10. Megadeals mit Immobilien: Bürger zahlt, Investor strahlt
    Investoren kaufen Hunderttausende Wohnungen. Mit sogenannten Share Deals sparen sie Steuern und unterlaufen die Rechte der Kommunen. So funktioniert der Trick.
    Die Bewohner des vierstöckigen Mietshauses in Berlin-Kreuzberg haben seit vergangenem Jahr einen neuen Vermieter. Die Deutsche Wohnen, der zweitgrößte Vermietungskonzern Deutschlands, hat das Gebäude, Reichenberger Straße 55, gekauft. Nimmt man es genau, wechselte allerdings nicht das Haus den Eigentümer – sondern die BOW 3 GmbH, Amtsgericht Landshut Handelsregister B Nummer 9278. Der wiederum gehört das Haus.
    Das klingt nach Erbsenzählerei. Doch dem Land Berlin sind dadurch rund acht Millionen Euro Steuereinnahmen entgangen. “Share Deals” heißen die Konstruktionen, bei denen Investoren nicht Häuser und Grundstücke kaufen und verkaufen, sondern Unternehmen. Stellen die Beteiligten es geschickt an, lässt sich damit die Grunderwerbsteuer größtenteils sparen. Eine Steuer, die jeder Bürger zahlen muss, wenn er sich ein Haus oder eine Eigentumswohnung kauft. Zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises werden je nach Bundesland fällig – außer eben, man lebt in der Welt der Immobilienriesen.
    Quelle: Spiegel Online

    dazu: Steigende Mieten, weniger Sozialwohnungen: Arm, allein, wohnungslos
    Die Zahl der Wohnungslosen wird mittlerweile auf über eine Million geschätzt. Wer nur sechs Euro pro Quadratmeter zahlen kann, hat kaum eine Chance auf dem angespannten Wohnungsmarkt.
    Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) schätzt, dass die Anzahl der Wohnungslosen in Deutschland seit zehn Jahren steigt. Im Jahr 2016 hatten ca. 860.000 Menschen keinen mietvertraglich abgesicherten eigenen Wohnraum, so die BAG W. Von ihnen kommen knapp über 50.000 aus anderen EU-Staaten.
    440.000 Wohnungslose sollen dabei geflüchtete Menschen mit einem anerkannten Schutzstatus sein. Aber auch ohne sie steige die Zahl. Das sagt die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, Werena Rosenke:
    „Besonders anfällig sind arme Menschen, die kaum soziale Netze haben, und bei denen noch ein Schicksalsschlag dazukommt, wie zum Beispiel eine Trennung oder Scheidung und bei Frauen häusliche Gewalt.“
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

  11. EUSFTA- & EUSIPA-Abstimmung: EU-Parlament “empowert” Konzerne
    Und wieder ist es passiert: Das Europäische Parlament hat den Einfluss der Konzerne zu Lasten des Einflusses der Staaten ausgebaut. Heute hatte es sowohl über das Handelsabkommen (EUSFTA), als auch über das Investitionsabkommen (EUSIPA) mit Singapur abzustimmen. Sowohl dem einen, wie dem anderen, hat es zugestimmt. Somit wird mit Ersterem nicht nur ein Aussschusssystem etabliert werden, das die Bestimmungen aus dem genannten Handelsabkommen jenseits parlamentarischer Zustimmung fortan auslegen und weiterentwickeln wird (“living agreement”) und sich als neue Super-Schnittstelle für Lobbygruppen etabliert (detaillierte Kritik siehe z.B. hier), mit dem Investitionsabkommen wird – genauso wie bei CETA – ein öffentliches Investitionsgerichtesystem (“Investment Court System”, ICS) installiert werden, in dem Konzerne gegen Staaten klagen können, wenn sie sich um die (erwarteten) Früchte ihrer Investitionen durch Gesetze oder andere Staatshandlungen beschnitten sehen. Ebenso wie bei den privaten Schiedsgerichten, die so sehr auf Widerstand gestoßen waren, dass man das ursprüngliche Konzept überarbeitet und umbenannt hat, weiterhin ein Klagesystem jedoch exklusiv für Investoren, außerhalb der üblichen Gerichtsbarkeit.
    Quelle: Maskenfall
  12. Konzernklagen: Was Rheinmetall, Philip Morris, Deutschland und den Togo verbindet
    Deutschland hat weltweit am meisten bilaterale Investitionsschutzabkommen abgeschlossen. Auch in immer mehr EU-Handelsabkommen werden Investorenklagerechte verankert. Die Rechnung bekommen vor allem Entwicklungsländer serviert.
    Im Januar ging die Meldung über die Ticker, dass Rüstungsunternehmen Rheinmetall wolle den deutschen Staat auf Schadenersatz verklagen. Kanzlerin Angela Merkel hatte nach der Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi den Export von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien gestoppt. Nun droht Rheinmetall mit einer Klage, da die Exporte vor dem Mord genehmigt wurden. Der Spiegel berichtet, der Rüstungsexporteur fürchte seinerseits Klagen seiner Aktionäre, wenn er die Bundesregierung nicht verklagt. Der Fall könnte die zunehmende Macht der Konzerne nicht deutlicher illustrieren.
    Quelle: Zebrablogs
  13. Gareth Dale: »Mit dem Neoliberalismus wurde das Werk Karl Polanyis wieder hochaktuell«
    Viele Marxisten und Kritiker des Neoliberalismus sind in ihren Analysen von der Sichtweise Polanyis inspiriert. Was genau sind hier seine Einflüsse?
    Gareth Dale: Der Einfluss von Polanyi ist nicht auf marxistische Kreise beschränkt. Er ist zum Beispiel auch der Schule der Weltsystemanalyse ein Begriff, die nicht nur von Karl Marx und Fernand Braudel, sondern eben auch von Polanyi inspiriert wurde. Terry Hopkins und Immanuel Wallerstein, die Begründer der Weltsystemanalyse, kannten Polanyi persönlich.
    Er beeinflusste auch die linksgerichteten Sozialdemokraten sowie einige rechtsgerichtete Sozialdemokraten, wie Dominique Strauss-Kahn oder Maurice Glasman. Der Letztgenannte ist der Initiator von Blue Labour, einem Trend innerhalb der britischen Labour-Partei, der sich für eine striktere Zuwanderungspolitik einsetzt und gleichzeitig eine Annäherung an die Variante des deutschen Kapitalismus befürwortet. Glasman findet bei Polanyi Argumente für eine protektionistische Ausrichtung der Gesellschaft, die mehr Sicherheit bietet, mehr Wert auf handwerkliche Fähigkeiten und die Rolle des Facharbeiters legt und das Finanzkapital strenger kontrolliert. All dies ist mit einem Fortbestand der Klassengesellschaft, in der wir heute leben, grundsätzlich vereinbar.
    Quelle: Blickpunkt WiSo
  14. Upload-Filter: Angriff auf Meinungs- und Kunstfreiheit im Netz spitzt sich zu
    „Wenn das Parlament nun auch grünes Licht erteilt, werden die Zensurmaschinen im Internet bald Realität für alle Internetnutzer*innen in der EU. Kurzzeitig sah es so aus, als ob sich die Mitgliedstaaten nicht einigen und Bertelsmann und andere Verbände der Musikindustrie den derzeitigen Kompromiss angreifen würden, weil ihnen die absurden Einigungen wiederum nicht weit genug gingen und Ausnahmen für Start-ups und kleine Unternehmen schon zu viel der Innovation waren. Doch auch wenn die Großlobbyisten nicht in den Verhandlungsrunden sitzen, scheint ihr Druck so enorm, dass sie ihre Wünsche durchsetzen konnten und am Ende die Verantwortung bei den Europaabgeordneten liegt, diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten.“
    „Obwohl schon jetzt Upload-Filter die Meinungsfreiheit durch overblocking einzuschränken drohen*, wollen viele Konservative, dass diese absurde Maschinerie verpflichtend wird und unsere gewohnte Internetkommunikation dadurch verödet.“ „Das absurdeste daran ist jedoch, dass in Deutschland im Koalitionsvertrag der regierenden Parteien Upload-Filter als unverhältnismäßig abgelehnt werden, Abgeordnete aus Deutschland in Brüssel aber verbittert dafür kämpfen und die eigenen Abmachungen missachten. So organisiert man Demokratieverdrossenheit und Vertrauensverlust in die Politik insgesamt.“
    Quelle: DIE LINKE im Europaparlament
  15. Neues deutsches Sendungsbewusstsein: Die ARD will mit Moral das Publikum einseifen
    Ein internes Manual vom «Berkeley International Framing Institute» soll dabei helfen, dass ARD-Zuschauer ihre Gebühren weniger als Pflichtbeitrag, sondern als eine Art Spende für den guten Zweck betrachten.
    Als letzthin beim «Tatort» eine farbige Kommissarin vom Spielfilm-Verantwortlichen des Norddeutschen Rundfunks (NDR) eingeführt wurde mit einer kleinen Hassbotschaft an die Adresse der AfD, dachte man eigentlich noch an den Ausreisser eines Übereifrigen im Fach «Gesinnung statt Fakten». Nun gibt aber ein Manual zu reden, das die ARD selber beim «Berkeley International Framing Institute» bestellte.
    Dieses lässt die Bemerkung, «Alexander Gauland und Konsorten» würden die schwarze Kommissarin «nicht als Nachbarin haben wollen», nun plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen. Über die Bedienungsanleitung, welche die ARD mit Verweis aufs «Urheberrecht» nicht herausgibt, sollen sich nämlich ARD-Mitarbeiter beugen, um die berühmte Wirkmacht der Sprache zu begreifen. Dies allerdings nicht, damit aus ihnen bessere Journalisten werden, sondern um selber ein bisschen zu manipulieren und die Themen ihrem Publikum umso wirkungsmächtiger zu verkaufen. …
    Zuschauer, die Zwangsgebühren entrichten, pardon: sich «proaktiv» und «selbstbestimmt» am «gemeinsamen Rundfunk ARD» beteiligen, wie das jetzt in Zukunft heissen soll, verhilft man so zum wohlwollenden Wir-Gefühl. Denn wer möchte sich gerade in Deutschland schon unter die Rassisten einreihen lassen?
    Skeptischen Beitragszahlern könne nun also geholfen werden, kommentierte «Die Welt» angesichts des rund hundertseitigen Kompendiums das neue Sendungsbewusstsein. Denn wer schon mal von sich behaupten kann, er habe seine Zwangsgebühr wenigstens für die Bekämpfung von Herr Gauland gezahlt, ja, der schaut doch mit nachhaltig gutem Gewissen Mord und Totschlag am Sonntagabend.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung JK: Eigentlich ein Offenbarungseid zum journalistischen Selbstverständnis der öffentlich-rechtlichen Sender.

    dazu auch: Social-Media-Analyse Wer die Gelbwesten für seine Ziele nutzt
    Wer sind die Gelbwesten? Die Gruppe ist politisch schwer zu fassen. Eine Social-Media-Analyse zeigt, wer den Ton angibt und welche Rolle ausländische Akteure spielen.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung JK: Hier zeigt sich wie “Framing” funktioniert und das dieses und nicht etwa neutrale Berichterstattung schon lange ein Kernelement der “Qualitätsmedien” darstellt. Der festgelegte Deutungsrahmen zu den Gelbwesten ist diesen zu unterstellen sie seien mehrheitlich “rechts” und “eurokritisch”. In den französischen “Qualitätsmedien” scheut man offenbar inzwischen nicht einmal vor dem ultimativen Totschlagargument des Antisemitismus zurück, ein Beleg dafür wie groß die Angst der herrschenden Oligarchie ist. Die Aktivisten werden dazu als unkultivierte Provinzler charakterisiert, die mit der schönen, neuen (links)liberalen Welt der offenen Grenzen für Waren, Kapital und Arbeitskraft nicht zurecht kämen. Hinzu kommt der zentrale Aspekt, dass keinerlei Unterschied zwischen den politischen Lagern, zwischen links und rechts vorgenommen, sondern ein Antagonismus zwischen vorgeblich liberalen Werten und deren “populistischen” Anfeindungen konstruiert wird. So lassen sich auch Jean-Luc Mélenchon und Marine Le Pen in einem Atemzug nennen. Damit verschwindet (gewollt) der grundsätzliche gesellschaftliche Widerspruch zwischen Arm und Reich aus dem öffentlichen politischen Diskurs, dessen Ausdruck eigentlich die Unterscheidung in links und rechts ist. Dieser Deutungsrahmen ist konsistent fast in allen Berichten und Kommentaren der deutschen “Qualitätsmedien” zu finden. Das Ziel ist unschwer zu identifizieren, dem sozialen Protest gegen die Durchsetzung der neoliberalen Agenda soll so jede Legitimation abgesprochen werden.

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