Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Frankreich
- Infowar oder Absurdistan: Britisches Außenministerium im Strudel der Desinformation
- Finanzaufsicht Bafin warnt vor “ernster” Lage – Angst um die Betriebsrente
- Digitalisierung macht das Land reicher – und ungleicher
- Die Arbeitsmärkte waren in Deutschland noch nie in einem so schlechten Zustand
- Fachkräftemangel? Schön wär’s!
- IT-Spezialisten sind den meisten Firmen zu teuer
- Geringqualifizierte mit Arbeitsvertrag sollten befristet bei uns arbeiten dürfen
- Paketdienste – so wenig verdienen die Zusteller
- Hartz-IV-Regelsatz reicht nicht mehr für Stromkosten
- Ein sicherer Ort für obdachlose Frauen
- Zu viel auf dem Schirm
- Hat die Polizei ein Nazi-Problem, Herr Wendt?
- »Die Araber haben ein Recht auf Demokratie«
- Parteischädigend
- Schröder warnt SPD vor Linksruck
- Regierungslautsprecher, voll aufgedreht
- Das sind 8 der erfolgreichsten Falschmeldungen auf Facebook 2018
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Frankreich
- Geeint in unendlicher Wut
Ein schwerer Lkw fährt durch den Kreisverkehr vor Soissons im Nordosten Frankreichs. Der Fahrer hupt. Er unterstützt die Proteste der “Gelbwesten”, obwohl er mindestens eine Stunde im Stau stand. Ein Mann ist auf dem Weg zur Arbeit. “Das ist schon legitim, was die machen”, sagt er, “es wird nur nichts bringen.”
Das glauben Yvette und Chantal ganz und gar nicht. Die beiden Rentnerinnen, 72 Jahre, stehen am Kreisverkehr, sie tragen “Gelbwesten”, ein fester Blick: “Wir sind gegen diese Regierung, wir haben unsere Forderungen gestellt”, sagen sie. “Wenn die Regierung die nicht erfüllt, dann bleiben wir hier, bis Weihnachten und länger.” Ihre Kinder und Enkel sollen es besser haben.
Yvette bekommt 1000 Euro Rente im Monat. Sie will sich nicht beklagen. Auch die Kälte mache ihr nichts aus. “Wir machen Feuer, und da hinten gibt es eine Hütte, wir weichen nicht.”
Auf der anderen Seite des Kreisverkehrs ist die Jugend versammelt, Julien, 20 Jahre alt, ein Hüne mit einer gelben Weste, Holzfäller von Beruf. “Mir reicht es einfach mit den ganzen Steuern”, sagt er, “die nehmen uns doch alle auf den Arm, das ist eine Schande.” Den Franzosen helfe man nicht. “Aber den Migranten schon, das ist nicht normal.”
100 Meter hinter dem Kreisverkehr haben die “Gelbwesten” – illegalerweise – eine Hütte und eine Suppenküche aufgebaut. Es gibt alles: von allen für alle. “Die Leute bringen uns alles mögliche vorbei”, sagt Marie-Catherine, die hinter der Theke hin- und herwuselt. “Ravioli, Cafe, selbstgebackenen Kuchen, wir haben sogar einen Herd und einen Kühlschrank”, sagt sie. “Seit dem 17. November kommen die Leute und bringen, was sie können.”
Die “Gelbwesten”-Gemeinde vor dem Café Gosports, wie sie ihren Treff genannt haben, ist eine verschworene Gemeinschaft: Sie eint vor allem eins: unendliche Wut auf die Regierung und den Präsidenten, denen sie alles zutrauen. Alles Schlechte.
Quelle: TagesschauAnmerkung JK: Auch dieser Bericht kann sich einen überheblichen Unterton nicht verkneifen. Was aber beeindruckt ist der Zusammenhalt und die Solidarität der Menschen, die hier gemeinsam Widerstand gegen die neoliberalen Zumutungen leisten.
- Wir erleben völlig unbekannte, neue Protestformen
Der „Gelbwesten“-Protest in Frankreich vereine unterschiedliche Gruppierungen, sagte DBG-Chef Reiner Hoffmann im Dlf. Teils rechtsradikale verbündeten sich mit linken Kräften und radikalisierten sich. Die französischen Gewerkschaften hätten keine Möglichkeit, Einfluss auf die Protestler zu nehmen.
Zurheide: Aber die Frage wäre ja doch, der Protest findet so viel Aufmerksamkeit, etwas mehr, bei allem Respekt, was die da machen als das, was Sie tun. Oder müssen Sie da Container in Brand stecken, ich weiß es ja nicht, ist das die Form der Auseinandersetzung?
Hoffmann: Das ist ja nichts Neues, dass wir zum Teil unterschiedliche Protestformen, gerade was Gewerkschaften betrifft, in den 70er-Jahren zwischen Frankreich und Deutschland haben. Was wir heute erleben, Sie hatten in der Anmoderation darauf hingewiesen, sind völlig unbekannte, neue Protestformen, wo völlig unterschiedliche Gruppierungen zusammenkommen, zum Teil rechtsnational, ja, manchmal rechtsradikale Gruppen verbinden sich, verbünden sich mit linken Kräften. Dieser Protest hat auch eine Form von Radikalisierung erreicht, ich glaube, das ist überhaupt nicht zielführend. Und es ist in der Tat so, dass vieles in Frankreich offensichtlich aus dem Ruder gelaufen ist.
Ich war vor 14 Tagen mit meinen französischen Kollegen zusammen, die haben mir ganz klar gesagt, es gibt keinerlei Möglichkeiten, dass die Gewerkschaften, weder die CGT, noch die CFDT, da direkt einen Griff dran bekommt. Das sind Formen von sozialem Protest, der sich da breitmacht. Man muss ihn ernst nehmen, weil viele Menschen sind einfach auch zutiefst enttäuscht, auch Menschen, die hohe Erwartungen an Macron hatten, Menschen wenden sich ab. Und Menschen haben ein feines Gespür dafür, ob es gerecht zugeht – und da passen viele Dinge in Frankreich nicht zusammen.
Quelle: DeutschlandfunkAnmerkung JK: Die Statements von Hoffmann muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen. Er hält also die Radikalisierung des Protestes in Frankreich für nicht zielführend und plappert auch noch den Blödsinn nach, die Proteste seien „rechtsnational“. Wo kämen wir auch hin, wenn ein deutscher Gewerkschaftsvorsitzender die herrschenden Verhältnisse in Frage stellen würde. Und dass die Gewerkschaften als Einhegungsinstrumente sozialen Protests keinen Einfluss haben, ist erst einmal gut so.
- Geeint in unendlicher Wut
- Infowar oder Absurdistan: Britisches Außenministerium im Strudel der Desinformation
Das Ministerium finanziert mit der Integrity Initiative über ein obskures Institut eine antirussische Kampagne, die aber auch Labour-Politiker angriff, was nun zu einem politischen Streit führte
Die von Telepolis bereits erwähnte britische Integrity Initiative, die u.a. vom britischen Außenministerium und der Nato finanziert wird, sich aber als nicht parteiisch und als nichtstaatliches Netzwerk gibt, kommt wieder in die Schlagzeilen. Gegründet wurde sie 2015 vom ebenfalls vom britischen Außenministerium gesponserten Institute for Statecraft (IfS), um die russischen Desinformationskampagnen zu bekämpfen. Dazu wurden nach geleakten Dokumenten europaweit “Cluster” aufgebaut, auch in Deutschland (Integrity Initiative: Britische Beeinflussungskampagne gegen Russland?).
Das Budget der Integrity Initiative für den Zeitraum vom 1. April 2018 bis 31. März 2019 beträgt immerhin 2 Millionen Pfund, großteils vom britischen Außenministeríum. Ob man kurz nach dem Nervengiftanschlag auf die Skripals so ausgabefreudig war? 2017/2018 hatte man noch nur 582.000 Pfund vom britischen Außenministerium beantragt und erhalten. Leiter der Initiative ist Chris Donnelly, der auch Direktor vom IfS und Fellow der Defence Academy of the United Kingdom ist, lange an der Royal Military Academy arbeitete und als Sonderberater des Nato-Generalsekretärs (1989-2003) fungierte.
Sunday Mail, Labour nahestehend, hat darauf verwiesen, dass die Initiative des Institute of Statecraft, als “geheime, von der britischen Regierung finanzierte Infowar-Einheit in Schottland” bezeichnet und betrieben von ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern, nicht nur anti-russische Propaganda betrieb, sondern auch die Labour Party und vor allem Jeremy Corbin angreifen wollte. So wurde Corbyn auf einem Tweet über einen Link auf eine Zeitung als “nützlicher Idiot” denunziert, der Moskau unterstützt. Offensiv wird von der Initiative der Twitter- Account zur Verbreitung der antirussischen Botschaften verwendet. Die vom Außenministerium finanzierte Organisation verbreitete auch Tweets mit den Worten: “Unlike Galloway Corbyn does not scream conspiracy, he implies it” oder “It’s time for the Corbyn left to confront its Putin problem”. Tweets richteten sich auch gegen andere Labour-Abgeordnete.
Quelle: TelepolisAnmerkung Jens Berger: Warum berichten die selbsternannten Qualitätsmedien nicht darüber?
- Finanzaufsicht Bafin warnt vor “ernster” Lage – Angst um die Betriebsrente
Die Unsicherheit ist groß, die Sorge um die Betriebsrente wächst. Auch bei der Finanzaufsicht Bafin. „Die Lage ist heute noch ernster als vor zwei Jahren. Und wenn die Zinsen auf dem aktuellen Niveau bleiben, wird sie sich noch weiter verschärfen“, warnte kürzlich Deutschlands oberster Versicherungsaufseher, Frank Grund. Ein Drittel der 137 Pensionskassen, die die Betriebsrenten von acht Millionen Bundesbürgern ansparen oder auszahlen, steht bereits unter „Manndeckung“ der Bafin. Bei einigen Kassen ist die Situation besonders dramatisch. Zwei kleine Pensionskassen stehen angeblich kurz davor, Leistungen an heutige und künftige Betriebsrentner zu kürzen. Doch um wen es sich handelt, sagt die Bafin nicht. […]
Die Bafin drängt die schwächelnden Kassen schon länger dazu, von ihren Trägern und Aktionären Finanzspritzen einzufordern, um das Geschäft wieder zu stabilisieren. Allerdings sind die Unternehmen nur verpflichtet, ein Minus bei der versprochenen Rente auszugleichen, nicht aber, die Finanzlage der Pensionskassen zu stärken. Zahlen können Arbeitgeber auch nur, wenn es sie noch gibt, wenn sie nicht pleitegegangen und selbst liquide sind. Bei sieben Prozent aller Bezugsberechtigten hat die Bafin aktuell erhebliche Zweifel, ob die Arbeitgeber Hilfe leisten. Dies gilt laut Finanzaufsicht vor allem für Kassen, die mit einer großen Zahl von Unternehmen zusammenarbeiteten. In 17 Fällen haben Pensionskassen in den vergangenen vier Jahren bereits den sogenannten Rentenfaktor zulasten künftiger Rentner gekürzt, um gravierendere Probleme abzuwenden. Der Rentenfaktor setzt die eingezahlten Beiträge in ein Verhältnis zu den späteren Auszahlungen in der Rentenphase. Wird er gesenkt, schrumpft die Rente.
Quelle: Tagesspiegel - Digitalisierung macht das Land reicher – und ungleicher
Die Digitalisierung ist keine Naturgewalt. Es ist durchaus möglich, sie zu gestalten und Gewinne endlich gerecht zu verteilen – zum Beispiel nach dem Vorbild Alaskas.
Viele der großen ökonomischen Trends unserer Zeit – Globalisierung, Digitalisierung, Automatisierung – haben eines gemeinsam: Sie sind gut für die Gesellschaft, aber nicht unbedingt gut für jeden Einzelnen. Der Wandel der Wirtschaft führt zu einer stärkeren Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung. Gerade auf dem Arbeitsmarkt schafft die neue Ökonomie auch Verlierer. Es war ein großer Fehler der Politik, dass sie dieser Entwicklung zugesehen hat wie einem Hurrikan, der übers Land fegt.
Aber Globalisierung und Digitalisierung sind keine Naturgewalten. Wirtschaftspolitik kann sie gestalten und sich gegen die Ungerechtigkeit auflehnen. Wie? Im Prinzip ganz einfach: Die Regierenden hätten den Globalisierungsgewinnern einen Teil ihrer Profite nehmen und sie den Verlierern geben müssen. So aber riss die Entwicklung einen tiefen gesellschaftlichen Graben auf, der den Aufstieg von Populisten beschleunigt hat. Der Spalt ist gewaltig, er darf durch den rasenden technologischen Fortschritt, den westliche Volkswirtschaften gerade durchlaufen, nicht noch größer werden. Dieses Mal muss es den Regierenden gelingen, die Märkte zum Wohle aller zu bändigen.
Die wachsende Kluft lässt sich durch klassische Umverteilung nur schwer schließen. Denn ein Großteil dieser Umverteilung wird über die Systeme der Sozialversicherung geleistet, die finanzieren sich aber vorwiegend aus den bedrohten Arbeitskommen. Da die Lohnquote sinkt, gerät dieses System zunehmend selbst unter Druck. Auch eine Robotersteuer wäre der falsche Ansatz, folgt sie doch der rückwärtsgewandten Logik der Maschinenstürmer aus dem 19. Jahrhundert: Angriffe auf neue Technik, die Arbeitsplätze und soziale Verhältnisse zerstörte. Der Preis für eine neue Maschinenstürmerei wären erhebliche Wachstumseinbußen.
Quelle: SZ - Die Arbeitsmärkte waren in Deutschland noch nie in einem so schlechten Zustand
Der Ökonom Heinz-Josef Bontrup über geschönte Arbeitslosenzahlen, die Folgen der Digitalisierung und ein bedingungsloses Grundeinkommen
Quelle: Telepolis - Fachkräftemangel? Schön wär’s!
So langsam versteht Florian Bange* die Welt nicht mehr. Der 33-Jährige gehört eigentlich zu einer angeblich extrem gefragten Spezies, händeringend gesucht, wie es immer heißt: Er ist Ingenieur. In Hamburg hat er Verfahrenstechnik studiert, nach elf Semestern das Diplom mit der Note 1,9 abgeschlossen, danach mehrere Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni für seine Promotion geforscht. Es gibt keinen auffälligen Makel in seinem Lebenslauf. Und trotzdem findet Florian Bange keinen Job.
Zwei Tage in der Woche nimmt er sich, um nach Stellenausschreibungen zu schauen und Bewerbungen zu schreiben, 107-mal hat er seine Unterlagen in diesem Jahr schon verschickt, 15-mal wurde er zu einem Gespräch eingeladen, meistens bei Zeitarbeitsfirmen. Eine Stelle war nicht dabei. Er hat Freunde seiner Eltern gebeten, den Lebenslauf zu prüfen, einen Headhunter und eine Personalreferentin. Aber auch der professionelle Rat half nicht. “Dass die Suche einen Augenblick dauern würde, war mir ja klar”, sagt er. “Aber dass es so ein großes Problem wird, hätte ich nicht gedacht.”
Banges Erfahrung erstaunt. Denn das, was auch er Tag für Tag in den Nachrichten liest, zeichnet ein ganz anderes Bild vom Arbeitsmarkt. Aus den verschiedensten Branchen heißt es: Hilfe, wir finden keine Leute mehr! Angeblich mangelt es im großen Stil an Fachkräften, Menschen also, die eine Berufsausbildung oder sogar ein Studium abgeschlossen haben. …
Und seit Jahren schon hört man immer wieder die Klage, dem Land gingen die Ingenieure aus, stets mit neuen, einander überbietenden Horrorzahlen über die Dimension des Personalmangels. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft vermeldete im September, Monat für Monat seien in Deutschland 129.470 offene Stellen für Ingenieurinnen und Ingenieure ausgeschrieben, elf Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor – und der höchste Wert seit Beginn der Studie 2011. …
Auch das Verhältnis zwischen offenen Stellen und Bewerbern und Arbeitslosen ist so niedrig wie lange nicht mehr. Trotzdem ist Forscher Bossler zurückhaltend, wenn von einem vermeintlichen Fachkräftemangel die Rede ist. “Es kommen immer noch zwei Arbeitslose auf eine offene Stelle”, sagt er. “Man kann also nicht sagen, dass es einen generellen Engpass gibt. Im Durchschnitt sind genügend Arbeitskräfte vorhanden.” Die Mitarbeitersuche mag für viele Unternehmen zwar schwieriger geworden zu sein – trotzdem sind sie auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor in einer günstigeren Position als die Menschen, die eine Stelle suchen.
Quelle: ZeitAnmerkung unseres Lesers J.A.: Gut, dass die ZEIT den Mythos vom Fachkräftemangel auch mal dekonstruiert. Selbst da, wo die Arbeitskräfte tatsächlich etwas knapper sind (z. B. in der Pflege), bleiben die Löhne und Gehälter weiterhin hart gedeckelt; und dann beschweren sich die Arbeitgeber (bei wem eigentlich, wenn sie selbst verantwortlich sind???), über den angeblichen “Fachkräftemangel”. Dass man als Arbeitnehmer angesichts von deutlich über 3 Millionen Arbeitslosen und der deutschen Dumpinglohnpolitik gegen noch mehr Arbeitskräftezuwanderung sein sollte, als es ohnehin schon gibt, liegt auf der Hand.
- IT-Spezialisten sind den meisten Firmen zu teuer
Rund 82.000 offene Stellen für IT-Experten hat es laut einer Studie des Branchenverbands Bitkom 2018 in Deutschland gegeben. Das bedeutet einen Anstieg von 49 Prozent gegenüber dem Vorjahr und einen neuen Höchststand beim IT-Fachkräftemangel. Einer entsprechenden Umfrage zufolge haben 82 Prozent der Firmen einen Mangel an IT-Spezialisten – Tendenz steigend. Fast 60 Prozent rechnen mit einer Verschärfung der Lage.
„Quer durch alle Branchen werden IT-Spezialisten händeringend gesucht“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Der Studie zufolge dauert es derzeit im Durchschnitt fünf Monate, bis Unternehmen eine offene IT-Stelle besetzen können. Der Fachkräftemangel könne schon bald zu einer „bedrohlichen Wachstumsbremse“ werden, so Rohleder.
Als Hauptgrund für die Probleme bei der Besetzung von IT-Stellen gaben die Unternehmen die Finanzen an. 76 Prozent der Firmen erklärten, dass die Bewerber zu viel Gehalt forderten. Fehlende fachliche Qualifikation beklagen 38 Prozent, Soft Skills wie etwa Sozialkompetenzen vermissen 35 Prozent der befragten Unternehmen.
Quelle: t3nAnmerkung JK: Deutlicher geht es nicht wofür das Fachkräftezuwanderungsgesetzt herhalten soll. Marktwirtschaft geht für Unternehmer nur in eine Richtung, ein möglich großes Arbeitskräfteangebot soll die Löhne drücken. Dabei ist die Lösung des „Fachkräftemangels“ naheliegend, einfach marktgerechte Löhne zahlen. Allerdings sind Angaben zu angeblich fehlenden Fachkräften von Branchen- und Lobbyverbänden immer mit Vorsicht zu betrachten. Es liegt in deren ureigenen Interesse die Situation zu dramatisieren.
- Geringqualifizierte mit Arbeitsvertrag sollten befristet bei uns arbeiten dürfen
Das geplante Gesetz zur Einwanderung von Fachkräften wird von allen Seiten kritisiert. Vor Weihnachten soll es möglichst noch verabschiedet werden. Gestritten wird darüber, ob mehr Arbeitskräfte kommen sollen und mit welcher Qualifikation. […]
Sollten Innen-, Wirtschafts- und Arbeitsministerium sich einigen, dürfte das Ergebnis noch weiter abgestimmt werden, bevor es ins Kabinett geht. Insbesondere aus der Union kamen zuletzt kritische Töne; Abgeordnete warnten vor „Missbrauchsmöglichkeiten und möglichen Fehlanreizen“ für Ausländer auf Jobsuche.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geht der Entwurf hingegen nicht weit genug. Er teile die Einschätzung vieler Unternehmer, dass Baden-Württemberg die Zuwanderung von Arbeitskräften benötige, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“.
Dies gelte nicht nur für Hochqualifizierte, sondern auch für Geringqualifizierte: In vielen Branchen herrsche schon jetzt ein eklatanter Mangel an Fachkräften, aber auch an gering Qualifizierten. „Man sollte vereinbaren, dass Geringqualifizierte, die vorab einen Arbeitsvertrag in der Tasche haben, zeitlich befristet bei uns arbeiten dürfen.“
Quelle: WELTAnmerkung unseres Lesers J.A.: Kretschmann ist ja schon durch die absonderlichsten Äußerungen aufgefallen (“Die Grünen sind schon immer Autofahrerpartei gewesen”), aber diese hier zeigt ihn nicht nur einmal mehr als Lakaien der Unternehmen, sondern man fragt sich ernsthaft, was in seinem Hirn passiert. 3,1 Millionen Arbeitslose gibt es offiziell in Deutschland, real sicher noch ein paar Hunderttausend mehr. Wenn das keine der gesuchten Fachkräfte sind (was faktisch falsch ist), dann doch wenigstens “Geringqualifizierte” – oder? Irgendwo müssen doch die Millionen Arbeitslosen einzuordnen sein. Und warum übernimmt Kretschmann ohne jede Nachfrage die Diagnose eines (lokalen) Arbeitskräftemangels und der “offensichtlichen” Symptombekämpfung “Zuwanderung von Geringqualifizierten”, wenn gleichzeitig in Deutschland deutlich über 3 und in der gesamten EU etwa 20 Millionen Menschen arbeitslos sind – gibt es darunter allen Ernstes keine “Geringqualifizierten”? Oder ist “Geringqualifiziert” nicht vielmehr ein Codewort für “Menschen, die bereit sind, zum Niedrigstlohn zu arbeiten”? Die völlig naheliegende Lösung: Anwerbung von – man wagt es kaum auszusprechen – in Deutschland beheimateten, arbeitslosen Menschen durch Zahlung von akzeptablen (also deutlich höheren) Löhnen, fällt wahrscheinlich auch deshalb flach, weil die Jobs nur “befristet” sind. Das macht Kretschmanns Konstruktion noch absurder und positioniert den Vorschlag noch näher an offener Sklaverei: ein Mensch z. B. aus Serbien (oder Nigeria?) würde für z. B. drei Monate (“befristet”) nach Stuttgart einreisen, um sich für 9 Euro pro Stunde als Lagerarbeiter (oder Paketzusteller) anstellen zu lassen. Vom Lohn könnte er nicht einmal seine Wohnung zahlen kann, die er aber in Stuttgart eh nicht fände… und nach erfolgter Ausbeutung wieder ins Herkunftsland zurückgeschickt. Angesichts der ultramiesen Bezahlung, die kaum zum Überleben reicht und Hin- und Rückflug (-fahrt?) und Wohnungskosten nicht abdeckt, lohnt sich das nicht einmal für die Ärmsten der Armen. Sehr menschenfreundlich, die Grünen.
- Paketdienste – so wenig verdienen die Zusteller
Dass Zusteller der Paketdienste nicht nur vor Weihnachten viel Arbeit für wenig Geld leisten, dürfte allgemein bekannt ein. Wie prekär die Lage ist, hat jetzt die Bundesagentur für Arbeit auf Nachfrage bekannt gegeben.
Fast eine halbe Million Menschen arbeiten in der Vorweihnachtszeit für Post- und Paketdienstleister – so beziffert es die Bundesagentur für Arbeit. Und über die Hälfte der Aushilfen verdient weniger als 10,50 Euro, den stündlichen Satz der Niedriglohnschwelle in Deutschland. Zustande kommt das, weil die Paketunternehmen Paketzahlen vorgeben, die in der vorgegebenen Zeit nicht zu schaffen sind. Rund 200 bis 250 Pakete am Tag sind das Pensum, das laut übereinstimmenden Berichten verschiedener Untersuchungen ein Paketfahrer an den Tagen vor Weihnachten schaffen soll. Dass das mehr als optimistisch ist, lässt sich mit ein wenig gesundem Menschenverstand ausrechnen.
Im Schnitt, so erklärt die Bundesagentur für Arbeit, verdienen Aushilfen unter den Paketzustellern 2.044 Euro brutto im Monat, wenn sie Vollzeit arbeiten, wobei allerdings auch nur drei von zehn über eine passende Ausbildung verfügen – beim Rest handelt es sich um Hilfskräfte, die zum Großteil in Teilzeit oder als Minijobber tätig sind. Gelernte Kräfte arbeiten allerdings meist zu besseren Bedingungen und der Schnitt bei den Vollzeitbeschäftigten liegt bei 2.601 Euro, so die Bundesagentur für Arbeit.
Nicht berücksichtigt sind dabei jene, die selbstständig oder scheinselbstständig arbeiten – und auch die laut Verdi wachsende Zahl an ausländischen Dienstleistern, die die Paketunternehmen als Subdienstleister unterstützen, bleibt in der Statistik außen vor.
Quelle: t3n - Hartz-IV-Regelsatz reicht nicht mehr für Stromkosten
Strom soll 2019 teurer werden. Schlechte Nachrichten für alle – ganz besonders aber für Arbeitslose. Schon jetzt zahlen sie beim Strom drauf. Obwohl Hartz-IV-Empfänger künftig höhere Bezüge erhalten, reicht der Regelsatz bei Weitem nicht aus.
Anhand der durchschnittlichen Stromkosten und dem Hartz-IV-Regelsatz für Energie haben die Experten von Check24 ermittelt, dass ein arbeitsloser Single in Deutschland pro Jahr rund 129 Euro mehr für Strom bezahlt, als der Staat vorsieht. Während der Regelsatz höchstens 542 Euro beträgt, liegen die Stromkosten im Bundesdurchschnitt bei 671 Euro.
Am meisten zahlen Hartz-IV-Empfänger in Schleswig-Holstein drauf. Hier liegen die Stromkosten pro Jahr rund 168 Euro über dem Regelsatz – das sind 14 Euro im Monat. Dahinter liegen Mecklenburg-Vorpommern (164 Euro) und Brandenburg (163 Euro). Im Osten ist die Mehrbelastung mit durchschnittlich 145 Euro deutlich höher als im Westen (126 Euro/mit Berlin). …
Ein Grund für den große Kluft zwischen Regelsatz und Strompreis ist, dass die meisten Hartz-IV-Empfänger beim teuren Grundversorger gemeldet sind. Da sie häufig verschuldet sind und deshalb eine negative Schufa-Auskunft haben, können sie ihren Anbieter aber nicht wechseln.
Quelle: Focus - Ein sicherer Ort für obdachlose Frauen
Unter den Obdachlosen steigt der Anteil der Frauen seit Jahren. In den 1990er-Jahren waren noch 15 Prozent der Obdachlosen in Deutschland weiblich, inzwischen sind es 25 Prozent, so eine Statistik der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe: In ihrer Einrichtung steige vor allem der Anteil der älteren Wohnungslosen meint Claudia Peiter. Altersarmut sei der wichtigste Grund.
„Dass die Renten gerade nach Teilzeit oder Kindererziehungszeiten nicht sehr groß sind und dann gerade in so Ballungsgebieten wo günstiger Wohnraum knapp ist, wo man sich dann nicht einfach verkleinern kann, wenn man merkt, die Rente reicht jetzt nicht mehr und der Umzug in was Günstigeres ist dann einfach nicht so schnell zu bewerkstelligen, als dass nicht in der Zeit schon Mietschulden auflaufen können.“
Ungefähr 2.500 obdachlose Frauen gibt es in Berlin, aber das ist nur eine Schätzung. Die sogenannte verdeckte Obdachlosigkeit ist bei Frauen besonders hoch, so Ina Zimmermann vom Diakonischen Werk:
„Bei Frauen sieht man nur ganz selten, dass sie wohnungslos sind, weil sie irgendwie versuchen, sich anderweitig ein Dach über den Kopf zu verschaffen oder weil sie um jeden Preis vermeiden wollen, als wohnungslos erkannt zu werden.“
Quelle: Deutschlandfunk - Zu viel auf dem Schirm
- Bisher gibt es kaum belastbare Ergebnisse zur Auswirkung der Smartphone-Nutzung auf die Gehirnentwicklung von Kindern.
- Erste Erkenntnisse einer großen amerikanischen Untersuchung alarmieren Eltern. Doch noch ist es zu früh für Schlussfolgerungen.
- Dennoch sorgen sich Experten um die Kinder, die ständig am Handy hängen.
Für die einen ist es ein Folterinstrument aus dem siebten Kreis der Hölle, die anderen sehen einen nützlichen Allroundhelfer darin. Kaum eine alltagsnahe Entwicklung wird so kontrovers diskutiert und ist gleichzeitig so stark verbreitet wie das Smartphone. In den USA hat nun ein Fernsehbeitrag viele Amerikaner alarmiert. In der populären Sendung “60 Minutes” auf CBS warnen Forscher vor unabsehbaren Auswirkungen exzessiver Bildschirmzeit auf das kindliche Gehirn.
“Wir sehen in Kernspinaufnahmen, dass der Kortex dünner wird”, sagt Gaya Dowling, die an den Nationalen Gesundheitsinstituten der USA an einer Untersuchung zu den Folgen des Handygebrauchs beteiligt ist. “Das ist die äußerste Schicht des Gehirns, in der vor allem Sinneseindrücke verarbeitet werden.” Die Studie ist jedoch längst nicht beendet. Mit 300 Millionen Dollar Finanzaufwand soll an 21 Kliniken erforscht werden, wie das ständige Starren auf den Bildschirm die Entwicklung beeinflusst. Mehr als 11 800 Kinder und Jugendliche sollen in die Untersuchung einbezogen werden.
Quelle: Süddeutsche ZeitungAnmerkung Jens Berger: Dieser Artikel ist eine sinnvolle Ergänzung zum Vortrag von Getraud Teuchert-Noodt beim letzten Pleisweiler Gespräch.
- Hat die Polizei ein Nazi-Problem, Herr Wendt?
Der Frankfurter Polizeipräsident Gerhard Bereswill sagte gegenüber dem Hessischen Rundfunk dazu: “Das sind tatsächlich Hakenkreuze, Hitler-Bilder und Ähnliches gewesen.” Ein Fall, der kein gutes Licht auf die Polizei wirft. Schon seit Jahren sieht sich die Polizei mit Vorwürfen von den Vereinten Nationen sowie Amnesty International konfrontiert, es gäbe ein strukturelles Problem mit Rechten, Identitären oder auch Nazis innerhalb der Strafverfolgungsbehörde.
Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, sagt: “Wenn sich diese Anschuldigungen bewahrheiten, trifft das die Polizei besonders hart. Zudem beflügelt es das Vorurteil von Linken, die Polizei wäre ausländerfeindlich.” Den Vorwurf, die Polizei hätte ein generelles Nazi-Problem, will Wendt allerdings nicht gelten lassen. “Nein, wir haben kein strukturelles Problem mit Nazis in der Polizei. Es gibt jedoch immer wieder Einzelfälle, die auffällig werden. Diese vertuschen wir aber nicht, sondern klären auf und bringen es zur Anzeige.” (…)
Einen Anstieg von Fremdenfeindlichkeit in der jüngeren Vergangenheit will Wendt nicht bemerkt haben: “Es ist ein Dauerauftrag von uns, auf solche Entwicklungen zu achten. Das ist nichts Neues.” (…)
Ulla Jelpke, Innenpolitische Sprecherin bei Die Linke, sieht das anders. Sie beklagt “mangelnde Aufmerksamkeit” für Rechtsextremismus innerhalb der Polizei bei Polizeiführungen und Innenministerien. Ihr sei vom Bundesinnenministerium mitgeteilt worden, dass im Bereich der Bundespolizei seit 2012 ganze 14 rechtsextreme Vorfälle erfasst worden seien.
“Wenn man bedenkt, dass bei der Bundeswehr jedes Jahr über 100 solcher Vorfälle registriert werden, ist die Zahl bei der Bundespolizei natürlich verdächtig niedrig. Sie zeigt eigentlich nur, dass es ein gravierendes Erfassungsproblem gibt”, kritisiert Jelpke.
Quelle: Neue Osnabrücker ZeitungAnmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Rechtsextremismus-Verdacht erschüttert Frankfurter Polizei.
Offenbar Rechtsextreme bei der Polizei (“nur” bei der Frankfurter Polizei?), eventuell eine rechtsextreme Untergrundarmee bei der Bundeswehr und Jobcenter benachteiligen Menschen mit ausländischen Namen. Da ist die Frage “Was ist mit dem Öffentlichen Dienst los?” nicht abwegig …
- »Die Araber haben ein Recht auf Demokratie«
Der saudische Journalist Jamal Khashoggi wurde am 2. Oktober im Konsulat seines Landes in Istanbul ermordet. Erst auf massiven internationalen Druck räumte Riad ein, dass es sich dabei um eine vorsätzliche Tötung handelte. Der folgende Beitrag basiert auf einem Vortrag, den Khashoggi am 26. April bei einer Konferenz des Center for Middle East Studies der Universität Denver und des Center for the Study of Islam and Democracy in Washington gehalten hat. Wir publizieren ihn hier mit freundlicher Genehmigung in deutscher Erstveröffentlichung. Die Übersetzung aus dem Englischen stammt von Steffen Vogel. – D. Red.
Ich komme aus Saudi-Arabien, wo Demokratie und Islam sehr relevante Themen sind. In der Vergangenheit war es so: Wollte ein saudischer Regierungsvertreter die Debatte über die Demokratie abwürgen, stellte er stets in Frage, ob sie mit dem Islam vereinbar sei. Aber das hat sich mit dem Arabischen Frühling endgültig erledigt. Seinerzeit unterstützten die Menschen in der arabischen Welt die Proteste für einen demokratischen politischen Wandel. Das galt vor allem für die Jugend, aber sogar für die Islamisten, einschließlich einiger Salafisten, die zuvor der Demokratie immer kritisch gegenübergestanden hatten. Andere Salafisten behielten diese Haltung allerdings bei. Sie betrachten die Demokratie nach wie vor als „Kufr“ oder unislamisch, weil sie in ihr eine Zurückweisung religiöser Werte sehen.
Insgesamt jedoch zeigten die langen Schlangen, die sich 2012 vor den Wahllokalen in Tunesien und Ägypten bildeten, klar, dass die Menschen in der arabischen Welt bereit für den Wandel waren. Sie nahmen enthusiastisch an demokratischen Wahlen teil, und das schloss islamistische Parteien ein, die oft im Fokus standen, wenn es um die Vereinbarkeit von Islam und Demokratie ging. Diese Bilder aus Ägypten und Tunesien – von Männern und Frauen, Jungen und Alten, die zu den Urnen strömen – sollten wir jenen Scheinwahlen entgegenhalten, die wir heute in Ägypten und anderen Teilen der arabischen Welt sehen. Denn diese Bilder liefern uns ein Argument gegen all jene, die behaupten, „die Araber sind noch nicht bereit für die Demokratie“.
Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik - Parteischädigend
Nun will die SPD erneut versuchen, Thilo Sarrazin aus der Partei zu werfen. Der dürfte aber gelassen dem mittlerweile dritten Parteiordnungsverfahren entgegen blicken. Die Hürden für einen Rauswurf sind ja immer noch sehr hoch und die Wahrscheinlichkeit damit groß, dass sich die Parteispitze ein weiteres Mal blamiert. Der Ansatz des Parteiausschlussverfahrens ist ohnehin falsch.
Grundlage eines Parteiordnungsverfahrens ist parteischädigendes Verhalten. Was ist nun parteischädigend, werden Sie zurecht fragen? Ist es ein Thilo Sarrazin mit seinen Büchern und wirren Thesen oder ein Vorstand, der die Partei, um die es geht, mit immer wieder gleichlautenden Fehlentscheidungen von einem Wahldesaster zum nächsten führt. (…)
Insofern ist es auch nicht verwunderlich, wenn ein Thilo Sarrazin sagt, dass er sich in dieser SPD immer noch gut aufgehoben fühlt. Denn eine SPD, die “spaßige” Debattencamps veranstaltet und reihenweise Ankündigungen in Umlauf bringt, in der Regierung aber immer wieder klein beigibt, befindet sich nämlich auf demselben jämmerlichen Niveau.
Kleiner Tipp: Vielleicht sollte der Vorstand einfach mal die Politik ändern, also wieder zur Sozialdemokratie zurückkehren, statt dem Neoliberalismus und der Union permanent hinterherzulaufen. Vermutlich würde sich dann ein Herr Sarrazin auch viel unwohler fühlen und von ganz allein das Weite suchen.
Quelle: TauBlog - Schröder warnt SPD vor Linksruck
Die SPD steckt im Umfragetief, Rufe nach einem Linksruck in der Partei werden lauter. Für einen anderen Kurs spricht sich dagegen Altkanzler Gerhard Schröder aus.
Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat seine Partei vor einem Linksruck gewarnt und dazu aufgerufen, einen Mitte-Kurs beizubehalten. “Wenn die SPD etwas aus der Ära von Helmut Schmidt für heute lernen kann, dann ist es eines: Mehrheiten werden in der politischen Mitte gewonnen, nicht am Rand”, sagte Schröder der Deutschen Presse-Agentur anlässlich des 100. Geburtstags von Helmut Schmidt.
Der 2015 verstorbene Altkanzler Schmidt wäre am 23. Dezember 100 Jahre alt geworden. Wie auch Schröder bei seinen Wahlsiegen 1998 und 2002 konnte er gerade Wähler im politischen Zentrum überzeugen. In der SPD gibt es wegen des Umfrageabsturzes der Partei Strömungen, die in der Steuer- und Sozialpolitik nach links rücken wollen.
“Mit seiner Politik konnte er breite Mehrheiten erreichen, weil er der SPD Kompetenz in den Bereichen Wirtschaft und innere Sicherheit verschaffte”, betonte Schröder. “Die Wählergruppe, die wir heute unter dem Begriff “Mitte” fassen, hat er bei den Bundestagswahlen 1976 und 1980 für die SPD mobilisiert.”
Quelle: T-OnlineAnmerkung JK: Wie erfolgreich die Strategie ist in der Mitte Wahlen zu gewinnen lässt sich ja deutlich an den Wahlergebnissen der SPD ablesen.
- Regierungslautsprecher, voll aufgedreht
Was ein rechter Staatsfunk ist, zeigt die ARD-aktuell-Redaktion einmal mehr, inhaltlich und sprachlich, in ihrem Bericht über die Straßburger Tragödie: Der (mutmaßliche) Mörder ist tot / Die Ordnung ist wiederhergestellt / Der Weihnachtsmarkt hat wieder geöffnet / Jetzt aber Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen! – Nicht die Spur kritischer Distanz. Blankes Nachbeten der behördlichen Darstellung. Verzicht auf Nachdenken und eigenständige Prüfung. Politischen Kontext des Geschehens ignorierend. Journalistische Grundsätze missachtend, zu denen auch der Respekt vor rechtsstaatlichen Prinzipien gehört. Im vorliegenden Fall: Die grundsätzliche Pflicht zur Unschuldsvermutung im Hinblick auf den „mutmaßlichen“ Attentäter.
Da die Chose in Frankreich spielt, sei die Frage erlaubt: Wirkte die Story auf die ARD-aktuell-Redaktion nicht wie ein déjà-vu, kam kein „Aha-Gefühl“ auf? Ist den werten Kollegen nicht die vollkommene Übereinstimmung mit dem Attentat auf dem Berliner Weihnachtsmarkt aufgefallen? Oder, falls doch: Hielten sie es für unnötig, auf die Parallelität hinzuweisen? In Straßburg wie in Berlin standen die mutmaßlichen Täter schon zuvor unter enger Überwachung von Staatsschutz und Polizei. Beide sollten – „Gefahr im Verzug“ – kurz vor den Attentaten festgenommen werden. Beide konnten sich aber dünne machen, trotz der engen Überwachung. Beide hatten ein Netz von Komplizen, wahrscheinlich auch weit in die Geheimdienste hinein. Beide wurden kurz nach der Tat gesehen, verfolgt und schließlich „auf der Flucht erschossen“.
Und es können nun beide nicht mehr aussagen. Über sich, die Motive ihrer Tat, ihre Hintermänner. Wie praktisch, nicht?
Die Umstände des Berliner Zwillingsfalles sind bis heute nicht aufgeklärt, sind immer noch Gegenstand von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen. Die Tagesschau hielt es nicht für nötig, auf die frappierende Gleichheit der Ereignisse aufmerksam zu machen. Als ob diese Qualitätsjournalisten noch nie den Begriff „Tiefer Staat“ gehört hätten.
Ja, wenn man selbst zu dicht dran ist an der Staatsmacht, fast Teil derselben, dann sieht man eben nicht mehr, was dahinter steckt, hinter soviel obszöner Zufälligkeit.
Ein Querverweis auf die Gelbwesten war ebenfalls angebracht. Der Tagesschau erschien das allerdings nicht so. Kam das Attentat in Straßburg dem französischen Präsidenten Macron nicht wie gerufen? Wirkt es nicht „wie bestellt“? Die Gelbwesten hatten Macron und seine antisoziale Politik bereits an den Rand des Scheiterns gebracht. Jetzt kann er aufatmen; nach Straßburg herrscht landesweit Angst. Der Ruf nach dem Starken Staat erschallte, und schon ist die geballte Staatsmacht zur Stelle.
Quelle: Ständige Publikumskonferenz - Das sind 8 der erfolgreichsten Falschmeldungen auf Facebook 2018
Wenn Lügen und Falschmeldungen öffentliche Debatten prägen, ist das ein Problem. Deshalb hat BuzzFeed News recherchiert, welche Falschmeldungen 2018 auf Facebook besonders erfolgreich waren.
Hier sind unsere wichtigsten Ergebnisse:- Unsere Auswertung zeigt, dass besonders Angela Merkel und Flüchtlinge von den Lügen betroffen sind.
- Besonders erfolgreiche Falschmeldungen haben in diesem Jahr noch mehr Likes, Kommentare und Shares erzielt als 2017.
- Die acht erfolgreichsten Falschmeldungen hatten mehr Facebook-Interaktionen als fast alle Artikel der größten Nachrichtenseiten in Deutschland.
- Wichtigste Verbreiter dieser Falschnachrichten sind die AfD und die ehemalige CDU-Politikerin Erika Steinbach.
- Die erfolgreichste Falschnachricht auf Facebook war laut unserer Analyse dieses Jahr ein Artikel der in Russland registrierten Webseite Anonymousnews.ru. Der Artikel generierte insgesamt 148.000 Facebook-Interaktionen. Zum Vergleich: Nur die Süddeutsche Zeitung hatte in diesem Jahr einen Artikel, der mehr Interaktionen auf Facebook erzeugte. Keine andere der 50 meistgelesenen deutschen Nachrichtenseiten – nicht Bild, Spiegel, Focus, Welt oder Stern – hatten in diesem Jahr einen Artikel mit so vielen Interaktionen auf Facebook.
Quelle: BuzzFeed
Anmerkung Jens Berger: Bevor die russische Domain von Anonymousnews.ru zu falschen Schlüssen führt – diese Seite wird von einem deutschen Rechtsextremen betrieben, der sich auf der Flucht vor den Behörden befindet und auch schon Artikel der NachDenkSeiten gefälscht hat. Der Erfolg dieser Seite auf Facebook ist erschreckend, sollte jedoch nicht zu einem undifferenzierten Ruf nach strikterer Überwachung führen, unter der am Ende des Tages alle leiden würden.