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  1. Warum die EU nicht zu retten und ein Austritt keine Lösung ist
  2. Sechs Lügen über den internationalen Handel
  3. Das kommende Beben
  4. Cum-Ex-Files: Bundesregierung hat europäische Steuerzahler geprellt
  5. Alt und auf Arbeit
  6. Bittere Armut und unmenschliche Minijobs
  7. Wohnen – Ware oder Menschenrecht?
  8. Die VW-Rabatte sind eine Frechheit
  9. Air Berlin: Aufklärung kann jetzt nur noch der Gang nach Karlsruhe bringen
  10. Merkel knöpft sich Orbán vor
  11. Der Prinz und der Journalist
  12. Irrsinn mit Methode: Über die Biowaffen-Forschung der USA und Deutschlands
  13. Kirchen halfen Kriegsverbrechern: Barmherzigkeit für Massenmörder
  14. Anklage gegen Temer gefordert

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Warum die EU nicht zu retten und ein Austritt keine Lösung ist
    Die EU sei im Korsett neoliberaler Verträge gefangen, die systematisch Konzerninteressen Vorrang vor sozialen Standards, Menschenrechten und Umweltschutz geben, so Lisa Mittendrein. Eine sozial-ökologische Reform der Union sei faktisch unmöglich. Auf der anderen Seite biete ein Ausstieg aus EU oder Euro in den meisten Fällen keine Lösung. Um diesem Dilemma zu entrinnen, brauche es strategischen Ungehorsam, um öffentliche Interessen durchzusetzen, auch wenn sie mit EU-Recht in Konflikt geraten.
    Kapitalinteressen erhalten in der EU systematisch Vorrang vor sozialen Standards, Menschenrechten und Umweltschutz, so Lisa Mittendrein. Standortkonkurrenz und Steuerdumping treibe die Staaten in eine Spirale nach unten. Die Konstruktion des Euro erlaube es außerdem Exportländern wie Deutschland, die südeuropäischen Nachbarn durch Niedriglohnpolitik an die Wand zu drücken, massive Krisen dort seien die Folge. Diese Mechanismen sind, so Mittendrein, bereits in den europäischen Verträgen angelegt. Um sie im Sinne einer sozialen und ökologischen Wende zu ändern, bräuchte es einstimmige Beschlüsse im EU-Rat – die jedoch angesichts der rechten und neoliberalen Dominanz in der EU illusorisch sind.
    Quelle: Kontext TV

    dazu: So kann Europa nicht funktionieren
    Die Volkswirtschaft Italien will Schulden für teure Wahlgeschenke machen – die Last sollen Steuerzahler aus EU-Staaten mit Sparhaushalten tragen. Das ist unglaublich unverschämt.
    Irgendwie kommt mir das ziemlich bekannt vor: Da lebt ein Land aus der Eurozone über seine Verhältnisse, hält sich nicht an die europäischen Spielregeln und am Ende ist das Erpessungspotenzial so hoch, dass es einen EU-Gipfel nach dem anderen braucht, um den Euro zu retten. Kennen Sie, oder? Aber diesmal geht es nicht um Griechenland, sondern um Italien. Eine Volkswirtschaft, die um ein vielfaches größer und damit ein deutlich größeres Risiko ist. Ein echtes ökonomisches Schwergewicht.
    Allerdings: Es gibt einen großen Unterschied: Denn eigentlich ist Italien reich. Das Vermögen, das die Bürger zwischen Bozen und Palermo angehäuft haben, ist im Schnitt höher als das deutsche. Deshalb ist der angemeldete Etat aus Rom so unglaublich unverschämt.
    Es ist schlicht und einfach nicht akzeptabel, dass Menschen aus Spanien, aus Portugal, denen wir harte Einschnitte zumuten, die Italiener mit durchfüttern müssten. Nur weil eine rechtspopulistische Regierung nette Wahlgeschenke verteilen will. Nein, so kann Europa nicht funktionieren.
    Wenn die Regierung in Rom wenigstens die marode Infrastruktur verbessern und die unglaubliche Bürokratie in Italien abbauen würde. Aber nichts davon passiert. Stattdessen sucht sie Streit mit Brüssel. Das ist dreist. Die EU zerbröselt eh von Tag zu Tag mehr, wenn Leute wie Salvini sie vor sich hertreiben. Und so sehr ich Italien, das Land und die Leute mag, aber Mensch: Macht endlich mal eure Hausaufgaben.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung JK: Die deutschen “Qualitätsmedien” schießen sich auf Italien ein, wieder mit einem arroganten Unterton und wie im Fall Griechenland, mit ähnlichem Tenor, Italien lasse sich auf Kosten der anderen EU-Mitglieder “durchfüttern” und “lebe über seine Verhältnisse”. Ein absolut bodenloser Kommentar aus der Ecke des Bayerischen Rundfunks, der die Verhältnisse auf den Kopf stellt. Nicht die italienische Regierung verantwortet den Zerfall der EU, sondern das deutsche Austeritätsdiktat.

    Anmerkung André Tautenhahn: Es ist schon erstaunlich, dass der Autor zwar merkt, dass die EU von Tag zu Tag zerbröselt, das aber in erster Linie an Leuten wie Salvini festmacht und nicht am bestimmenden „wir“, welches den Menschen in Südeuropa harte Einschnitte zumutet. Salvini ist ja nur deshalb im Amt, weil die italienische Vorgängerregierung das erfolglose Austeritätsdiktat aus Brüssel und Berlin immer brav umgesetzt hat.

    dazu auch: Beispiellose Übertreibung im Defizit-Streit
    Die EU-Kommission hat Italien eine beispiellose Abweichung von europäischen Stabilitätsregeln vorgeworfen. Gleichzeitig rügt sie auch noch Frankreich, Spanien, Portugal und Belgien – eine beispiellose Übertreibung. Die erhöhten Ausgaben machten es unwahrscheinlich, dass Italien seine Staatsschulden wie zugesagt senken könne, hieß es in einem blauen Brief der Kommission, der am Donnerstag in Rom überreicht wurde. Dabei sind die Staatsschulden auch in den vergangenen Jahren nicht gesunken – als sich Italien an die EU-Regeln hielt. Das Problem sind nämlich nicht die Neuschulden, sondern das fehlende Wachstum.
    Quelle: Lost in Europe

  2. Sechs Lügen über den internationalen Handel
    Man sollte nicht alles glauben, was über internationalen Handel und Freihandelsabkommen erzählt wird: Sechs falsche Behauptungen – und wie man sie widerlegt.
    Nach 500 Tagen der Präsidentschaft von Donald Trump ist klar, dass zwischen seinen Aussagen und der Wahrheit kein systematischer Zusammenhang besteht. Er prahlt sogar mit seinem mangelnden Interesse an der Wahrheit, indem er darauf hinweist, dass er keine Ahnung hatte, was das US-Außenhandelsdefizit mit Kanada war, als er den kanadischen Premierminister Justin Trudeau mit einem angeblichen »100 Milliarden Dollar Handelsdefizit« konfrontierte. (Die tatsächliche Zahl liegt bei etwa 20 Milliarden Dollar.)
    Aber Donald Trumps Verachtung für die Wahrheit sollte nicht dazu führen, dass auch der Rest von uns zu Lügnern wird. In der Tat ist es wichtiger denn je, dass die Argumente fortschrittlicher Menschen in der Realität gründen. Dies gilt insbesondere für den internationalen Handel, wo das Lügen schon lange vor dem Eintritt von Donald Trump in die Politik Standard war. Hier sind sechs verbreitete Lügen, die es verdienen, zurückgewiesen zu werden, wann immer sie auftauchen.
    Quelle: Blickpunkt WiSo

    dazu: Die USA „vergiften” die Welt
    Im Juli hat Kanada sein Ministerium für Internationalen Handel in Ministerium für Multilateralen Internationalen Handel umbenannt. Es zielt darauf, Handelsbeziehungen mit mehreren Ländern auszubauen und die Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten zu mindern. Eines der multilateralen Zielländer ist China.
    Das kürzlich unterzeichnete Nordamerikanische Freihandelsabkommen (USMCA) allerdings hat weder die kanadische Abhängigkeit von den USA geschwächt, noch die Freiheit garantiert, mit anderen Handelspartnern Handelsabkommen zu verhandeln. Gemäß dem USMCA-Artikel 32 dürfen die Länder innerhalb von sechs Monaten aus dem USMCA-Abkommen austreten, wenn ein anderes Land ein Freihandelsabkommen mit einem nicht marktwirtschaftlichen Land unterzeichnet. Dieser Artikel betrifft China. Die britische Zeitung Financial Times kommentierte, dass in dem neuen USMCA-Abkommen viele Artikel gegen China enthalten seien und Kanada und Mexiko dabei mitwirken.
    Der US-Handelsminister Wilbur Ross bezeichnet den Artikel 32 als Giftpille, die auch in die anderen Freihandelsabkommen zwischen den USA und Partnern wie Japan, EU und Großbritannien aufgenommen werden soll. Aber können die USA es schaffen, ein neues Handelssystem ohne China aufzubauen, um China zu isolieren?
    Das „Giftpille-Abkommen” ist vor allem ein ungleicher Vertrag zwischen den USA und ihren Handelspartnern. Es ist weder frei noch fair und zielt darauf ab, die Prinzipien „America First” und „Make America Great Again” durchzusetzen. Damit berauben die USA dank ihrer starken Handelsmacht Kanada und Mexiko ihrer Souveränität und Freiheit.
    Können andere Handelspartner die „Giftklauseln” der USA akzeptieren? Zweifelslos haben solche Forderungen und die „Giftklauseln” Japan in eine sehr schwierige Lage versetzt. Immerhin ist China der größte Handelspartner Japans und auch der größte Exportmarkt. Um es mit den Worten von EU-Ratspräsident Donald Tusk zu sagen: Braucht man mit Freunden wie den USA noch Feinde?
    Quelle: CRI online

    Anmerkung Christian Reimann: Wenn die EU und insbesondere Deutschland das mitmachen, ist die Abhängigkeit von den USA oder der Vasallen-Status innerhalb des bröckelnden US-Imperiums noch offensichtlicher. Ist China tatsächlich ein “nicht marktwirtschaftliches Land”? Vielmehr scheint die US-Politik – nicht erst seit Präsident Trump – ein Interesse daran zu haben, China die Rolle des Feindbildes einzunehmen zu lassen, die früher die Sowjetunion hatte …

  3. Das kommende Beben
    Während das “Prosperitätsmodell” an seinem Erfolg zugrunde ging, wird der Neoliberalismus an seinem Misserfolg scheitern. Denn die wichtigsten Krisenerscheinungen werden sich in einer neuerlichen Finanzkrise dramatisch verschärfen, wieder ausgelöst durch simultane Bärenmärkte, insbesondere von Aktien und Immobilien (Abbildung 1), sowie zusätzlich von (Staats)Anleihen – drei Bullenmärkten haben in den letzten Jahren wieder ein enormes “Entwertungspotential” aufgebaut. An Auslösern einer Finanzschmelze wird es nicht fehlen, von Handelskriegen bis zu einer Eskalation der Konflikte um den Brexit, die Türkei, Russland oder den Nahen Osten.
    Darauf kann die Politik auf zweierlei Weise reagieren: Entweder, sie hält weiterhin an der neoliberalen „Navigationskarte“ fest und verordnet – wie 2010 – „more of the same“, oder sie knüpft nach 50-jähriger Gegen-Aufklärung wieder an die Tradition von Emanzipation und (damit) von Selbst-Ermächtigung zur (Mit)Gestaltung der Gesellschaft an. […]
    Würde die Währungsunion aufgelöst, müsste jede einzelne „Karte“ (Finanztitel) vom Euro auf eine der 19 neuen/alten nationalen Währungen „umgewertet“ werden. Dabei ergäben sich 342 bilaterale Gläubiger- und Schuldnerbeziehungen mit jeweils unterschiedlichen Typen von Finanztiteln (von Bankeinlagen bis zu Derivaten). Eine geordnete Abwicklung des Euro ist deshalb nicht möglich. Wie in der Natur so gibt es auch in der Gesellschaft irreversible Prozesse: Man kann 19 Flüssigkeiten in einen Krug gießen, trennen kann man sie nicht mehr.
    Zudem würde ein Scheitern des Euro enorme „Wutenergien“ freisetzen, die sich vor allem gegen Deutschland richten wird. Denn in den Krisenländern hat die von der „deutschen EU“ diktierte Sparpolitik ein Desaster angerichtet.
    Quelle: Stephan Schulmeister in der Freitag
  4. Cum-Ex-Files: Bundesregierung hat europäische Steuerzahler geprellt
    Das Staatsversagen Deutschlands bei Cum-Ex hat deutsche Steuerzahler und europäische Partner wie Frankreich Milliarden gekostet. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) warnte andere Staaten offenbar mit 13 Jahren Verspätung, während Bankster die Staatskassen in Europa wie eine Weihnachtsgans ausnahmen. Bankvorstände müssen endlich haftbar gemacht werden. Gangster im Nadelstreifen gehören hinter Gitter, und auch die Möglichkeiten zu Unternehmensstrafen bzw. dem Entzug der Banklizenz müssen erweitert werden”, kommentiert der stellvertretende Vorsitzende und finanzpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Fabio De Masi, die heutigen Veröffentlichung der „Cum-Ex-Files“ durch ein europäisches Mediennetzwerk. De Masi weiter:
    „Die Bundesregierung hat die Abzocke jahrelang laufen und Finanzlobbyisten im BMF an vermeintlichen Lösungen arbeiten lassen. Auch hat der zwischenstaatliche Informationsaustausch versagt. Die EU-Kommission hat nun im Rahmen der Kapitalmarktunion vereinfachte Erstattungsregeln für Kapitalsteuern vorgeschlagen, was Missbrauchsrisiken für Fälle wie Cum-Ex erhöhen könnte. Die Bundesregierung muss nun den internationalen Partnern Amtshilfe leisten. Schwere Steuerkriminalität muss in allen Fällen eine Geldwäsche-Vortat werden, um Banken zu Geldwäscheverdachtsmeldungen zu verpflichten. Der Bundestag sollte sich zeitnah erneut mit den Vorgängen um Cum-Ex und Cum-Cum befassen. Wir brauchen auf europäischer Ebene wasserdichte Regeln gegen die Finanzmafia und mehr Zusammenarbeit der Finanz- und Strafverfolgungsbehörden.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag

    dazu: “Größter Fall der Finanzkriminalität in der Geschichte der Bundesrepublik”
    Mit dubiosen Aktiengeschäften haben Banken und Investoren jahrelang in die Steuerkasse gegriffen. Der Grünen-Politiker und Finanzexperte Gerhard Schick kritisiert, dass die EU-Regierungen die Deals nicht vorher gestoppt haben.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Albrecht Müller: Offenbar ein Riesenskandal. Aber kapieren tut man das nicht, wenn man das Interview mit dem grünen Abgeordneten Schick liest. Der bläst sich zwar enorm auf, aber richtig erklären tut er nicht, wie die Sache funktioniert und wer namentlich dafür verantwortlich ist und davon profitiert hat. Ein typisches Spiegel Interview.

    Wo war eigentlich Herr Schäuble, als diese kriminellen Geschäfte eingetütet worden sind? Er war doch die ganze Zeit über Bundesfinanzminister. Sollen wir glauben, dass er von diesen Machenschaften nichts gewusst hat? Oder sollen wir annehmen, dass er den Banken ein paar besonders lukrative Geschäfte zulasten der Steuerzahler gönnte? Damit sie sich aus ihrer Schieflage erheben können!

  5. Alt und auf Arbeit
    Der Anteil der 65- bis 69jährigen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, habe sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt, erklärte Juliane Gude vom Statistischen Bundesamt gestern bei der Pressekonferenz in Berlin. 2007 habe ihr Anteil bei 7,1 Prozent gelegen, 2017 schon bei 16,1 Prozent. Das liege daran, dass einige Senioren noch ihre berufliche Lebenserfahrung einbringen wollen und können. Andere müssten »aus wirtschaftlichen Gründen bis ins hohe Alter arbeiten«. Jeder dritte im Alter zwischen 65 und 74 Jahren war dabei selbständig.
    Der Großteil der arbeitenden Senioren seien Menschen, »die noch arbeiten wollen und das auch können«, meinte Claudia Vogel vom Deutschen Zentrum für Altersfragen gegenüber dpa. Vogel leitet die regelmäßig durchgeführte »Alterserhebung« des Zentrums. Die letzte Erhebung aus dem Jahr 2014 will herausgefunden haben: Spaß an der Arbeit war mit großem Abstand der häufigste Grund, warum Menschen im Rentenalter noch arbeiteten (67 Prozent), gefolgt vom Interesse an anderen Menschen. 40 Prozent gaben demnach an, aus finanziellen Gründen weiter zu arbeiten.
    »Eine vorausschauende Seniorenpolitik sollte eigentlich darauf abzielen, dass Menschen, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben, ihren wohlverdienten Ruhestand in Würde genießen können. Die Realität ist jedoch stockfinster«, erklärte dazu am Donnerstag Katrin Werner, die seniorenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag. Werner weiter: »Für viele reicht das Geld vorne und hinten nicht aus, weshalb sie zum Aufpolieren ihrer mickrigen Rente auf Nebenjobs angewiesen sind.« Es sei jetzt »allerhöchste Eisenbahn«, dieses Problem der Altersarmut in Angriff zu nehmen.
    Quelle: junge Welt

    dazu: Eine vorausschauende Seniorenpolitik würde ältere Menschen nicht zu Erwerbstätigkeit zwingen
    Es ist jetzt allerhöchste Eisenbahn, dieses Problem der Altersarmut in Angriff zu nehmen. Perspektivisch wird der Anteil der älteren Bevölkerung steigen und die Problematik sogar noch verschärft. Es stimmt, dass viele Seniorinnen und Senioren freiwillig weiterarbeiten und ihre lebenslangen Erfahrungen weitergeben wollen. Daran soll natürlich auch niemand gehindert werden. Wenn diese Arbeit aber als Alternative zur drohenden Einsamkeit durch fehlende soziale Kontakte gesehen wird, ist auch das kritisch zu bewerten. Hier ist die Bundesregierung aufgefordert, bessere Konzepte vorzulegen und beispielsweise mehr Begegnungszentren für ältere Menschen zu schaffen.
    Der rentenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Matthias W. Birkwald, ergänzt: „Was wir im Kern brauchen, um der Altersarmut entgegenzuwirken, ist eine Solidarische Mindestrente von 1050 Euro netto und eine Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag

    dazu auch: Rürup empfiehlt Anhebung des Rentenalters über 67 Jahre hinaus
    Wie lange wird die heutige Jugend des Landes später arbeiten müssen? Geht es nach dem früheren Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, macht der demografische Wandel eine weitere Anhebung des Rentenalters über 67 Jahre hinaus notwendig.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung André Tautenhahn: Und täglich grüßt das Murmeltier. Eine Stärkung der gesetzlichen Rente kommt dem „Top-Ökonomen“ natürlich nicht in den Sinn. Er schlägt wieder das vor, was die Bürger am wenigsten wollen, wie eine Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen im August herausgefunden hat. Die Menschen plädieren mehrheitlich für eine Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung und sprechen sich sogar mit 38 Prozent dafür aus, die Beiträge zu erhöhen. Das ist trotz des medialen Dauerfeuers gegen die gesetzliche Rentenversicherung immer noch ein beachtlicher Wert.

  6. Bittere Armut und unmenschliche Minijobs
    Dieses Erbe der letzten Regierung unter einem SPD-Kanzler bleibt präsent: Der Niedriglohnbereich, ausgebaut unter Gerhard Schröder, nimmt einen zentralen Platz im sogenannten Schattenbericht der Nationalen Armutskonferenz ein.
    Dort wird aufgezeigt, dass sich nicht nur Arbeitslose, sondern auch eine stetig wachsende Zahl von Menschen, die einem Erwerb nachgehen, selbst in Deutschland mit bitteren Phänomenen der Armut herumschlagen müssen. Dass dies aus unterschiedlichen Gründen versteckt wird, passt zum Namen des Berichts.
    Offiziell wird der Begriff “Schattenbericht” von Barbara Eschen, der Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz (Mitglieder hier), damit begründet, dass er als eine Art Parallelbericht zum Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung (siehe dazu: “Westliche Demokratie” ist hohl: Reichtum regiert fungieren soll. Es geht um eine Parallelwelt, die kaum, wenn überhaupt, von denen wahrgenommen wird, die damit nicht in Berührung kommen oder nicht in Berührung kommen wollen.
    Quelle: Telepolis

    dazu: Raus aus der Teilzeitfalle – Befristete Teilzeit für alle ermöglichen!
    Meist führen persönliche oder familiäre Umstände dazu, dass der Wunsch entsteht, Arbeitszeit zu reduzieren. Auf lange Sicht ist Teilzeitarbeit aber eine Form prekärer Arbeit – der Lohn reicht oft nicht zum Leben. Die Löhne müssen zum Teil vom Staat aufgestockt werden und Altersarmut ist damit vorprogrammiert.
    Trotzdem sind immer mehr Menschen teilzeitbeschäftigt. Zwischen 1996 und 2016 hat sich die Zahl der Teilzeitbeschäftigten verdoppelt. Inzwischen arbeitet jeder vierte Beschäftigte in Teilzeit. Allerdings nicht immer freiwillig: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtsaus dem Jahr 2016 würden etwa 2,6 Millionen Beschäftigte, darunter 1,3 Millionen Frauen, ihre Arbeitszeit gern aufstocken wollen. Insbesondere Beschäftigte in Kleinbetrieben mit bis zu 50 Beschäftigten würden gern mehr arbeiten.
    Sehr häufig sind es Frauen, die für Kindererziehungs- oder Pflegezeiten beruflich kürzer treten. Daher ist es kaum überraschend, dass sie es sind, die in der oft zitierten Teilzeitfalle festhängen. Einmal die Arbeitszeit reduziert, haben sie kaum eine Chance, diese wieder zu erhöhen.
    Eine gesetzliche Regelung soll deshalb dieser Benachteiligung Abhilfe schaffen und den Beschäftigten das Recht einräumen, ihre abgesenkte Arbeitszeit wieder zu erhöhen – das von der Großen Koalition gestrickte Brückenteilzeitgesetz.
    Dieser positive Ansatz des Gesetzes wird leider zunichte gemacht, da es durch eingezogene Hürden in 98 Prozent der Betriebe nicht greift und dort nicht umgesetzt werden muss.
    Dadurch, dass das Recht auf befristete Teilzeit erst bei Unternehmen mit mehr als 45 Beschäftigten greift, werden 14,4 Millionen Beschäftigte von diesem Rückkehrrecht ausgeschlossen und haben keinen Anspruch, ihre Arbeitszeit wieder zu erhöhen.
    DIE LINKE fordert in ihrem Antrag „Rückkehrrecht in Vollzeit für alle Beschäftigten“ (PDF), dass die Möglichkeit, vorübergehend die Arbeitszeit zu reduzieren, allen Beschäftigten offensteht – egal, ob es um Erziehung von Kindern, die Pflege von Angehörigen oder einfach um mehr freie Zeit für das Privatleben geht.
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag

  7. Wohnen – Ware oder Menschenrecht?
    Im Rhein-Main-Gebiet landen immer größere Teile des Einkommens der Arbeiterfamilien bei den Miethaien. Lohnerhöhungen werden durch Mietsteigerungen mehr als aufgefressen. Inzwischen gibt dort jeder fünfte Haushalt mehr als 40 Prozent und jeder zweite Haushalt mehr als 30 Prozent seines Einkommens für die Miete aus. Ähnlich ist die Situation in Kassel und in den mittelhessischen Oberzentren Gießen und Marburg.
    Wie dramatisch die Wohnraumsituation inzwischen ist, hat eine aktuelle Studie des Pestel-Instituts zum Wohnungsmarkt in Hessen aufgezeigt. Hessen ist, bezogen auf die Einwohnerzahl, das Flächenland mit dem größten Wohnungsdefizit. Ende 2017 fehlten 70 000 Wohnungen.
    Wer jetzt glaubt, die Damen und Herren aus den Vorständen der großen Konzerne und Banken und andere Reiche und Superreiche hätten inzwischen ein Problem, in Frankfurt, Darmstadt oder Wiesbaden eine Luxuswohnung zu finden, liegt falsch. Wohnungen in den gehobenen Preislagen gibt es genug. Der Mangel konzentriert sich ausschließlich auf die unteren und mittleren Preissegmente. Kein Wunder, denn allein in den letzten vier Jahren ist die Zahl der Sozialwohnungen in Hessen um 26 Prozent zurückgegangen. Aktuell suchen hier ca. 50 000 Menschen eine Sozialwohnung. Dem stehen gerade einmal 582 genehmigte Sozialwohnungen 2017 gegenüber. […]
    Die Ankündigung, in dieser Legislaturperiode 100 000 Sozialwohnungen zu bauen, hört sich auf den ersten Blick gut an. Dass aber im gleichen Zeitraum 150 000 Wohnungen aus der Sozialbindung fallen, zeigt, dass die Ankündigung noch nicht einmal der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein ist. Nach Einschätzung der IG BAU müssten jährlich 400 000 Wohnungen, davon 100 000 preis- und belegungsgebunden, gebaut werden.
    Die Zahlen zeigen, dass der sogenannte freie Markt nichts regelt und dass im Kapitalismus das soziale Grundrecht Wohnen, ebenso wie andere Grundrechte wie Gesundheit oder Bildung, zu einer Ware verkommen.
    Quelle: unsere zeit
  8. Die VW-Rabatte sind eine Frechheit
    Es ist ein großer Tag, finden zumindest die Herren bei Volkswagen. Immerhin leiste man mit dem neuen Umtauschprogramm nun “einen signifikanten Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität” in den Städten, heißt es aus Wolfsburg. Das ist natürlich ein schlechter Scherz: dass ein Konzern, der für den wohl größten Industriebetrug der Nachkriegsgeschichte verantwortlich ist, nun so tut, als stünde die Sorge um das Gemeinwohl hinter den neuen Prämien.
    Bis zu 10 000 Euro will der Konzern zahlen, wenn ein alter Diesel verschrottet und ein neuer gekauft wird. Volkswagen bietet dieses Umtauschprogramm deshalb an, weil der Konzern das für die wirtschaftlich schlaueste Strategie hält. Es ist die Angst vor teuren Hardware-Nachrüstungen und vor Fahrverboten, die der Kalkulation dieser Prämien zugrunde liegt: Bevor man mehrere Tausend Euro investieren muss, um ein dreckiges Auto ein bisschen sauberer zu bekommen, verkauft man lieber ein neues Auto mit höheren Rabatten, verdient noch daran und ist das Problem los.
    Quelle: Süddeutsche
  9. Air Berlin: Aufklärung kann jetzt nur noch der Gang nach Karlsruhe bringen
    Im Fall Air Berlin kann jetzt nur noch der Gang nach Karlsruhe die Bundesregierung zu Transparenz zwingen. Auch ein Jahr nach Vergabe des 150-Millionen-Euro-schweren Kredits verweigert die Bundesregierung die Einsicht in zentrale Dokumente. Diese Mauertaktik der Bundesregierung bei der Aufklärung der Vergabe des Air Berlin-Kredits ist inakzeptabel. Das Bundesverfassungsgericht wird anhand dieses Falles jetzt grundsätzlich zu klären haben, ob das Parlament sein Kontrollrecht gegenüber der Bundesregierung künftig noch vollumfänglich ausüben kann”, erklärt Pascal Meiser, dienstleistungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE und Mitglied im zuständigen Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Hintergrund ist der Beitritt der Fraktion DIE LINKE zu einem Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE wollen auf diesem Wege die Informationsrechte der Abgeordneten stärken, um die verfassungsrechtlich garantierte demokratische Kontrolle der Regierung auch tatsächlich ausüben zu können. Dabei geht es vor allem um ein zentrales Gutachten des Wirtschaftsprüfungsunternehmens PwC im Fall Air Berlin. Bislang verweigert die Bundesregierung die Herausgabe. Von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind aber darüber hinaus auch Auswirkungen auf das parlamentarische Kontrollrecht zu erwarten. Meiser weiter:
    „Seit fast einem Jahr verweigert die Bundesregierung die Herausgabe des Gutachtens, das der zentralen Kreditvergabe zugrunde liegt. Nicht einmal in der Geheimschutzstelle des Bundestages wird uns als Abgeordneten die Einsichtnahme erlaubt. Die Frage, wer die Verantwortung für die missglückte Vergabe des 150-Millionen-Euro-schweren Kredits an die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin trägt, ist jedoch letztendlich nur mit Hilfe des PwC-Gutachtens zu beantworten. Das Gutachten ist auch deshalb von zentraler Bedeutung, weil sich daraus weitere Rückschlüsse auf die Rolle der Bundesregierung bei der Abwicklung von Air Berlin ergeben könnten.
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag

    Hinweis: Die NachDenkSeiten hatten sich mit den Entwicklungen rund um Air Berlin ebenfalls befasst.

  10. Merkel knöpft sich Orbán vor
    Beim Treffen der konservativen Regierungschefs eskaliert der Streit mit Viktor Orbán. Kanzlerin Angela Merkel wirft Ungarns Premier seine Nähe zu Italiens rechtem Lega-Chef Matteo Salvini vor. […]
    Im kleinen Kreis hatte sich Merkel schon mehrfach über die Wortwahl empört. Salvini profiliert sich mit einer harten Flüchtlingspolitik und teilweise unsäglichen Aussagen über Flüchtlinge. So hatte Salvini in einem Facebook-Video Flüchtlinge auf einem Rettungsschiff einmal als “Menschenfleisch” bezeichnet.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung JK: Billigste Meinungsmache. Merkel, die Kämpferin für Humanität (Flüchtlinge) und Rechtsstaatlichkeit. Darüber, dass Merkel sich den saudischen Diktator Mohammed bin Salman einmal “vorgeknöpft” hätte, war bisher nichts zu hören. Und wo war Merkels “Humanität”, angesichts der Verhältnisse in Deutschland, wie sie der jüngste Bericht der Nationalen Armutskonferenz wieder veranschaulicht hat?

  11. Der Prinz und der Journalist
    Wie das falsche Bild eines massenmordenden Prinzen durch das falsche Bild eines angeblichen “Dissidenten” zerstört wird
    100.000 Tote im Jemen, die auf das Konto eines Angriffskrieges von Saudi-Arabien mit der Hilfe der USA und Großbritanniens gehen, haben nur wenig Aufregung in westlichen Medien verursacht. Aber der Tod eines einzelnen Journalisten, vermutlich in einem Konsulat Saudi-Arabiens in der Türkei, schlägt hohe Wellen. Und dabei sind große Teile der Berichte über den angeblichen “Dissidenten” ganz einfach falsch. Aber so ist das schon mal in der Politik. Nicht über Massenmorde, Kriege oder Völkermode stolpern “Helden”, sondern über medial hervorgehobene, im Verhältnis kleine Taten. […]
    Erdogan ist bekannterweise ein Anhänger der Muslimbrüder. Der Führer der Bewegung in Saudi-Arabien soll der angeblich getötete Journalist Jamal Khashoggi gewesen sein. Durch diese simple Tatsache werden zwei Dinge offensichtlich: 1. Khashoggi war kein “Dissident” im westlichen Sinn, der sich für Demokratie und Freiheit einsetzte. Vielmehr war er ein überzeugter Anhänger von islamistischen, nicht wirklich freiheitlich-demokratischen Systemen. Einzelheiten, die manche überraschen werden, hat Thomas Pany veröffentlicht. Daraus ergibt sich 2. die Rolle Erdogans. Auch selbst Muslimbruder, verband ihn die politische Überzeugung mit Khashoggi, und die beiden hatten angeblich eine gute Beziehung. Erdogan befindet sich in einem historischen geopolitischen Konflikt mit Saudi-Arabien und strebt die Vorherrschaft im Mittleren Osten, mindestens in den arabischen Ländern, an. Eine Rolle, die Saudi-Arabien für sich beansprucht.
    Wäre es nicht die Türkei gewesen, könnte man ziemlich sicher sein, dass der Vorgang unter den Teppich gekehrt worden wäre. Aber Erdogan nutzt die Geschichte genüsslich, um seine politische Agenda zu verfolgen, und er versucht, das Thema so lange wie möglich in den Schlagzeilen zu halten.
    Quelle: Telepolis

    dazu: Keine Mordwerkzeuge mehr für Saudi-Arabien
    „Die Kriegsverbrechen im Jemen und der Mord am Journalisten Khashoggi müssen Konsequenzen haben. Der Export weiterer Mordwerkzeuge an die saudische Diktatur muss sofort gestoppt werden. Business as usual mit der islamistischen Monarchie käme einem Freibrief für Mord und Kriegsverbrechen gleich“, erklärt Sevim Dagdelen, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. Dagdelen weiter:
    „Während im Fall von Sergej Skripal sofort russische Diplomaten in vorauseilendem Gehorsam ausgewiesen wurden, belässt man es bei Saudi-Arabien bei wohlfeilen halbseichten Aufforderungen zur rückhaltlosen Aufklärung. Das signalisiert den Saudis, dass sie sich alles erlauben können. Und es zeigt die Doppelmoral der Bundesregierung.
    Saudi-Arabien ist eine Gefahr für Frieden und Stabilität in der Region und der ganzen Welt. Und es ist eine Gefahr für Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Menschenrechte. Die Bundesregierung muss endlich diplomatische Konsequenzen ziehen und ihre schauderhafte Nähe zur Kopf-ab-Diktatur beenden. Außenminister Heiko Maas ist aufgefordert, Haltung zu zeigen, die er sonst bei jeder Gelegenheit einfordert. Die Rüstungsexporte an Riad müssen sofort gestoppt, die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes für Saudi-Arabien verschärft werden.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag

    dazu auch Satire: “Folter und Enthauptung waren doch bis jetzt auch kein Problem”: Saudis ratlos, was sie beim Khashoggi-Mord falsch gemacht haben
    Riad (dpo) – Saudi-Arabien versteht die Welt nicht mehr: Nach den empörten internationalen Reaktionen auf die bestialische Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi zeigte sich das saudische Königreich verwundert, dass Folter und Enthauptungen plötzlich ein Problem für seine westlichen Partner darstellen.
    “Seit Jahrzehnten wenden wir bei Dissidenten Folter an und enthaupten unliebsame Kritiker, ohne dass sich jemand groß beschwert hat”, erklärte Kronprinz Mohammed bin Salman in Riad. “Stockhiebe, öffentliche Hinrichtungen, gewaltsame Niederschlagung von Aufständen – das alles war nie ein Problem.”
    Nicht einmal die Tatsache, dass die saudische Luftwaffe im Jemen tausende Zivilisten tötet und mit ihrer rücksichtslosen Kriegsführung den Hungertod von Millionen Menschen riskiert, hat die Weltgemeinschaft bislang groß gestört.
    Quelle: Der Postillon

  12. Irrsinn mit Methode: Über die Biowaffen-Forschung der USA und Deutschlands
    Es ist Irrsinn mit Methode einschließlich gefährlichem Blödsinn. Das „Bayern-SDI“ des Markus Söder besagt, was nicht nur an bayerischen Kaminen in München, der Stadt der sieben Dax-Konzerne, geträumt wird: Die deutschen Eichen sollen wieder in den Himmel wachsen. Unübertroffen aber bleibt bei Irrsinn mit wissenschaftlicher Methode „Mordamerika“ (Peter Hacks). Am 5. Oktober berichtete der Leiter des FAZ-Ressorts „Natur und Wissenschaft“, der Biologe Joachim Müller-Jung, von einem US-Forschungsprogramm, das an die 50er Jahre erinnert. Damals wurde die CIA zeitweilig verdächtigt, missliebigen Staaten gefräßige Kartoffelkäfer auf die Knollenäcker zu schicken. Das war am Ausgang der Dampfmaschinenära, heute ist alles High-Tech. Müller-Jung legt das anhand einer Charakteristik der „Darpa“ dar. Die sei „wissenschaftlicher Arm des amerikanischen Verteidigungsministeriums, ebenso berühmt wie berüchtigt für ihren radikalen Innovationsgeist“. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek komme bei ihr „schon mal ins Schwärmen“. Für die CDU-Politikerin stand die Darpa nämlich Pate, als sie die „neue Hundert-Millionen-Euro-‚Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen’“ per Kabinettsbeschluss im August auf den Weg brachte. Müller-Jung: „Wo die Darpa mit ihrem prallen Dollarsäckel sät, schießen große Ideen und technische Revolutionen wie Pilze aus dem Boden. So jedenfalls die Legende.“ Das klingt im Petagon-Umfeld schlecht und ist es auch, wie der Autor zeigt.
    Die Darpa hat nämlich ein Forschungsprogramm mit 27 Millionen US-Dollar ausgestattet, das den Titel „Insect Allies“ – „Insekten als Verbündete“ trägt. Angeblich geht es um „Gegenmaßnahmen für den Fall natürlicher und technisch erzeugter Gefahren für die Nahrungsversorgung und die amerikanische Landwirtschaft“. Also Landesverteidigung gegen Bioangriffe?
    Quelle: unsere zeit
  13. Kirchen halfen Kriegsverbrechern: Barmherzigkeit für Massenmörder
    Sie trugen Schuld an Massakern und Deportationen – und fanden Beistand bei Bischöfen. Irritierend energisch verlangten christliche Würdenträger die Freilassung von Nazitätern.
    Es sind etwa 30 vergilbte Briefe, handgeschrieben in blauer Tinte, verfasst zwischen 1951 und 1961. Sie liegen in einem römischen Kirchenarchiv und sind adressiert an Bischof Alois Hudal, seinerzeit Rektor von Santa Maria dell’Anima, der deutschen Pilgerkirche in der Ewigen Stadt. Autor der Zeilen: Herbert Kappler, ein rechtskräftig verurteilter NS-Kriegsverbrecher.
    Kappler war Kommandeur der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD) des Reichsführers SS. Im März 1944 hatte er in Rom das Massaker in den Ardeatinischen Höhlen befehligt und mit ausgeführt. In einem stillgelegten Bergwerk am Stadtrand Roms waren 335 Italiener hingerichtet worden – die Rache der Deutschen für einen Partisanenanschlag.
    Nach dem Krieg verurteilte ein römisches Militärgericht Kappler zu lebenslanger Haft. Bereits ab 1947 konnte der Massenmörder auf die Hilfe Hudals zählen. Der österreichische Bischof hatte im “Dritten Reich” mit den Nazis sympathisiert. Er betreute Kappler seelsorgerisch und setzte sich für dessen Amnestie ein.
    Gleichzeitig war Hudal ein zentraler Aktivposten der sogenannten Rattenlinie, über die Hunderte NS-Täter nach Südamerika entkamen, darunter Hauptverantwortliche für den Holocaust wie Adolf Eichmann und Josef Mengele.
    Quelle: Spiegel Online
  14. Anklage gegen Temer gefordert
    Die brasilianische Bundespolizei fordert, dass Präsident Michel Temer angeklagt wird. Sie wirft ihm Korruption, Geldwäscherei und kriminelle Geschäfte vor.
    Die brasilianische Bundespolizei hat die Staatsanwaltschaft aufgefordert, Präsident Michel Temer wegen Korruption, Geldwäsche und krimineller Geschäfte anzuklagen. Laut einem Polizeibericht hat Temer zwischen 2000 und 2014 Bestechungsgelder in der Höhe von rund 1,6 Millionen Franken von Firmen aus dem Hafensektor erhalten. Im Gegenzug dafür soll er im Mai 2017 ein Dekret, welches das Hafengesetz modifizierte, zugunsten von diesen erlassen haben. Weitere 4,6 Millionen Franken sollen von den Unternehmen zudem direkt an seine Partei Movimiento Democrático Brasileño geflossen sein.
    Die Polizei ermittelte 13 Monate lang gegen den seit Mai 2016 amtierenden Staatschef. Temer weist seit Beginn der Untersuchungen jede Schuld von sich. Seine Anwälte forderten am Mittwoch das Oberste Gericht auf, den jüngsten Polizeibericht für nichtig zu erklären. Die Staatsanwaltschaft entscheidet nun, ob sie Anklage erhebt, weitere Ermittlungen anordnet oder die Akte schliesst.
    Der Oberste Gerichtshof kann gemäss der Verfassung aber nur dann gegen den Präsidenten ermitteln, wenn er dazu vom Parlament beauftragt wird. Die Staatsanwaltschaft hatte im vergangenen Jahr zwei Mal Klage gegen Temer wegen Korruption und krimineller Aktivitäten eingereicht. Beide Male verhinderten die Abgeordneten Ermittlungen gegen ihn.
    Quelle: NZZ

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