Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Berechnungen des Kinderschutzbundes: 4,4 Millionen Kinder leben in Armut
- Staatsgeld für Turbobauern
- Mit Vollgas ins nächste Debakel?
- “Frau Wohl, wir brauchen Sie im nächsten Schuljahr nicht mehr”
- Bleib doch noch
- Berlins Kampfansage
- Maas, Merkel und die verlorene Unabhängigkeit bei “Swift”
- Gespräche ohne Einigung: Brexit-Poker im Panikmodus
- Die klammheimliche Erhöhung der Kfz-Steuer ist ein Unding
- Standortgesetz: Wenn die Industrie Gesetze schreibt
- Antragsverfahren zu kompliziert: Geld für Schulsanierungen kommt nicht an
- Verhandlungen über Entlastung an Unikliniken Düsseldorf und Essen gehen in die Schlichtung
- Mehr als zwei Drittel der Heizkostenabrechnungen falsch oder klärungsbedürftig
- Studie: Android übermittelt Standort Hunderte Mal am Tag zu Google
- Kaeser vs. AfD: Ein weltanschauliches Ringen zwischen Neoliberalen
- #Aufstehen
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Warnung vor Dunkelziffer: Kinderarmut höher als befürchtet
1,4 Millionen mehr Kinder als angenommen sollen unter Armut leiden. Weil ihre Familien keine Staatshilfe beziehen, fehlen sie in der Statistik.
In Deutschland leben möglicherweise weit mehr Kinder in Armut, als die offiziellen Zahlen verraten. Der Kinderschutzbund geht davon aus, dass zahlreiche Eltern keine staatlichen Hilfen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag beantragen, obwohl sie Anrecht darauf hätten. Stimmt die angenommene Dunkelziffer, leben weitere 1,4 Millionen Kinder in materieller Not, die bisher nicht in den Armutsstatistiken auftauchen, weil ihre Familien keine Sozialleistungen beziehen. Aktuell zahlt der Staat für 3 Millionen unter 18-Jährige Sozialleistungen. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens erhält. […]
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Mast sagte der taz: „Für uns ist es zentral, die Bekämpfung von Kinderarmut konsequent anzugehen.“ Deshalb wolle man „ein großes Maßnahmenpaket auf den Weg bringen“. Unter anderem solle der Kinderzuschlag erhöht werden – doch der wird laut Kinderschutzbund von vielen gar nicht beantragt. „Wenn 70 Prozent der Eltern wegen bürokratischer Hürden vor einer Antragstellung zurückschrecken, dann muss die Bundesregierung handeln und eine Reform angehen“, sagte die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock der taz. Nötig sei nicht nur eine Erhöhung, sondern auch die automatische Auszahlung des Zuschlags.
Quelle: tazAnmerkung unseres Lesers J.A.: Im Grunde genommen ist es egal, ob die weiteren 1,4 Millionen Kinder “eigentlich” armutsgefährdet sind (also auf gut deutsch: arm), oder ob sie knapp über der rechnerischen Armutsgrenze leben. 3 Millionen arme Kinder in Deutschland sind viel zu viele, noch mal 50% mehr: unmöglich. 4,4 Millionen von aktuell 13,4 Millionen Minderjährigen https://de.statista.com/statistik/daten/studie/197783/umfrage/minderjaehrige-kinder-in-deutschland/, das ist mehr als jeder dritte Minderjährige. Das Geld wird ja für wichtige andere Dinge gebraucht: Aufrüstung, Steuergeschenke an Unternehmen… Und eine Generation mit so schlimmen Erfahrungen sollen unsere Zukunft sein. Wenn so viele Kinder in Armut leben und es zu wenige Lehrer und zu viele kaputtgesparte Schulen gibt, wenn sich die Gesellschaft also ihre Kinder nicht leisten will, wieso wird dann immer geredet, es gäbe zu wenige Kinder? Dass SPD und Grüne, die via Hartz IV und massiven Lohnsenkungen schuldig sind an einem großen Teil dieser Entwicklung, plötzlich Aktionismus zeigen und angeblich “die Bekämpfung von Kinderarmut konsequent anzugehen” und „ein großes Maßnahmenpaket auf den Weg bringen” wollen, ist dann nur noch peinlich. Seit Hartz IV sind 15 Jahre ins Land gegangen, in denen alles noch schlimmer geworden ist.
dazu: Hartz IV: starker Rückgang der Arbeitslosen, aber nicht der Hilfebedürftigen insgesamt
Die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher von Hartz-IV-Leistungen ist trotz des Arbeitsmarktbooms seit dem Jahr 2011 nicht weiter zurückgegangen – sie liegt relativ konstant in der Nähe der Sechs-Millionen-Marke. Das geht aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor, für die der DIW-Arbeitsmarktforscher Karl Brenke Daten der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet hat. Allerdings gab es im vergangenen Jahr deutlich weniger Arbeitslose, die Hartz IV bezogen, als zehn Jahre zuvor. Um rund eine Million Personen – von knapp 2,6 auf fast 1,6 Millionen – sank in diesem Zeitraum die Zahl der erwerbslosen Personen, die Arbeitslosengeld II erhielten. „Obwohl ein großer Teil der arbeitslosen Hartz-IV-Bezieher, inzwischen fast zwei Drittel, keine abgeschlossene Berufsausbildung hat, haben wegen der guten konjunkturellen Lage viele eine Beschäftigung gefunden“, so Brenke. „Es sind in den vergangenen Jahren zahlreiche gering qualifizierte Jobs entstanden, wovon die Hartz-IV-Arbeitslosen profitieren konnten.“
Gleichzeitig ist jedoch die Zahl der sogenannten Aufstocker, also der Erwerbstätigen, die trotz des 2015 eingeführten Mindestlohns nicht ohne Hartz-IV-Leistungen über die Runden kommen, kaum gesunken. In der Gruppe der abhängig Beschäftigten, die mehr als 1 200 Euro im Monat verdienen – vor allem jene, die Vollzeit arbeiten – müssen heute sogar mehr Personen als vor Einführung des Mindestlohns ihren Verdienst aufstocken. Rechnet man noch die Arbeitskräfte hinzu, die weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten und daher per Definition als arbeitslos gelten, gibt es insgesamt 1,1 Millionen Aufstocker.
Quelle: DIWAnmerkung André Tautenhahn: Die Studie zeigt, dass prekäre und schlecht bezahlte Beschäftigung das tatsächliche Ausmaß von Arbeitslosigkeit verdeckt. Eindeutig zu kritisieren ist die Schlussfolgerung des Autors, wonach man froh sein könne, dass Hartz IV eine Ungerechtigkeit beseitigt habe.
- Staatsgeld für Turbobauern
Die Dürrehilfen belohnen extrem wachstumsorientierte Unternehmen. Diese verdrängen kleine Familienbetriebe – und rechnen sich jetzt künstlich arm.
Die von Bundesagrarministerin Julia Klöckner versprochenen Dürrehilfen für Bauern sind vor allem eins: ein Fehler, der die Falschen belohnt. Denn diese 340 Millionen Euro für Ernteausfälle bevorteilen Unternehmer, die leichtsinnig gewirtschaftet haben. Diese Betriebe haben zu viel in schnelles Wachstum investiert.
Sie haben überhöhte Preise für Äcker und Wiesen gezahlt und dadurch kleinere Höfe verdrängt. Sie haben sich dermaßen spezialisiert, dass sie Verluste bei ihrem Hochleistungsweizen nicht durch bessere Erträge bei anderen Früchten ausgleichen können. Sie haben zu wenig wasserspeichernden Humus in ihren Böden aufgebaut, weil sie auf kurzfristigen Gewinn schielen.
Diese Turbobauern mit ihren oft riesigen Betrieben können sich nun arm rechnen. Schließlich haben sie ihre Unternehmen zum Beispiel als Gesellschaften mit beschränkter Haftung organisiert. So können sie weiter ihre Gehälter kassieren, aber die Reserven des Betriebs ausgeben und ihn als existenzbedroht darstellen, um die Bedingungen für die Subventionen zu erfüllen. So bereits bei der Dürrehilfe 2003 geschehen, was etwa der Landesrechnungshof Sachsen kritisierte.
Auch dieses Mal werden nicht 10.000 Betriebe pleitegehen. Schon weil wegen des geringeren Angebots etwa die Weizenpreise um 25 Prozent höher sind als vor einem Jahr und weil viele frühere Ernten hervorragend waren. Selbst die für lange Zeiträume festgelegten Milchpreise werden über kurz oder lang steigen.
Echte Familienbetriebe dagegen sind meist Einzelunternehmen oder Personengesellschaften, bei denen der Bauer mit seinem Privatvermögen haftet. Auch deshalb handeln sie vorsichtiger und nach der Regel „Eine Ernte im Feld, eine Ernte im Lager, eine Ernte auf der Bank“. Wer so wirtschaftet, überlebt auch diese Dürre.
Quelle: tazdazu: Wer Steuergeld will, muss anders arbeiten
Das Geld der Steuerzahler macht schon jetzt einen großen Teil ihrer Einnahmen aus. Fast die Hälfte des EU-Haushalts zahlt die Europäische Kommission Landwirten in Form von Subventionen. Die Bundesregierung stockt die Milliarden aus Brüssel regelmäßig noch auf. Zwischen 80 und 400 Millionen Euro jährlich steckte der Bund in den vergangenen Jahren in zusätzliche Hilfen. Was liegt für Bauern da näher, als in einem schlechten Jahr einfach das Doppelte zu fordern? […]
Doch auch wenn dieses Mal weniger Geld als gefordert fließen sollte – es ist längst Zeit für eine viel größere Wende in der deutschen Agrarpolitik: Die große Koalition muss neuerliche Hilfen an eine Reform des Agrarsektors knüpfen.
Denn es hilft langfristig nicht, wenn die Nöte nur mit Geld gekittet, die Ursachen der Probleme aber nicht beackert werden. Niedrige Preise für gesunde Lebensmittel, die Pflege von Landschaft und Gewässern: Es gibt viele Gründe, Landwirte mit Steuergeld zu unterstützen. Doch die Mitschuld am Klimawandel und wachsende Umweltprobleme bei der Qualität von Böden und Gewässern durch Massentierhaltung und extensive Landwirtschaft machen klar: In der heutigen Form sind viele Praktiken nicht zukunftsfähig. Stützt die Regierung das alte System, drohen die Probleme größer statt kleiner zu werden.
Schon die Dürre zeigt, dass sich die Branche verändern muss. Wo früher Bäume und Sträucher die Äcker säumten, wachsen heute Mais oder Raps auf immer größeren Feldern. Böden trocknen so schneller aus, Insekten können in solchen Monokulturen schwer überleben. Vielfalt im Ackerbau, ein geringerer Verbrauch von Pflanzengiften und Dünger wären ein guter Ansatz für eine bessere Umweltbilanz. Zum Umsteuern fehlen den Landwirten bislang aber Vorgaben und Anreize. Während Energiebranche oder Verkehrssektor von der EU immer strengere Auflagen für ihr Wirtschaften bekommen, werden die Subventionen in der Landwirtschaft zum Großteil nach Fläche ausgezahlt. Die 350 Milliarden Euro, die Brüssel in Siebenjahreszyklen ausschüttet, sind nur zum kleinen Teil an Bemühungen um Umweltschutz auf den Feldern geknüpft.
Der Zeitpunkt zum Umsteuern könnte kaum besser sein: Gerade wird in Brüssel der Verteilungsschlüssel für die Agrarsubventionen von 2021 an festgelegt. Neue Auflagen wären machbar. Doch die Bundesregierung droht die Chance zu vergeben. An der Seite des Bauernverbands will Agrarministerin Julia Klöckner Umweltvorgaben verhindern. Von zu viel Bürokratie ist die Rede.
Quelle: Süddeutsche - Mit Vollgas ins nächste Debakel?
Es sind nur noch ein paar Tage, dann endet eine 16-jährige Partnerschaft, in der so ziemlich alles schiefgegangen ist, was schiefgehen kann. Gleich zu Anfang verpatzte der Mautbetreiber Toll Collect den Start der Lkw-Maut, dem Staat entgingen dadurch Milliarden Euro. Anschließend stritten sich der Bund und Toll Collect fast 14 Jahre lang vor einem privaten Schiedsgericht, und mit jedem Jahr wurde die Liste der gegenseitigen Anschuldigungen länger. Allein die Bezahlung der Anwälte verschlang knapp eine halbe Milliarde Euro. Um diesen Wahnsinn überhaupt beenden zu können, einigte man sich schließlich auf einen Deal. Der war zwar undurchsichtig, aber, immerhin, der Ehekrieg war vorüber.
Nun also läuft der Vertrag aus, und der Staat hätte die Möglichkeit, das Mautsystem künftig selbst zu betreiben. Doch der Plan von Verkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU ist ein anderer. Nach einer kurzen Übergangszeit von einem halben Jahr soll die Maut wieder als sogenannte öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) betrieben, also an private Unternehmen vergeben werden. Die Ausschreibung läuft bereits. Kurzum: Es soll weitergehen wie bisher.
Quelle: Zeit OnlineAnmerkung JK: “Es soll weitergehen wie bisher.” Kommt Scheuer eigentlich von bescheuert? Das hat mit rationalen Überlegungen nichts mehr zu tun. Das kann man nur noch mit politischer Korruption erklären. Hier handelt ein Bundesminister bewusst gegen die Interessen der Allgemeinheit und dann wundert man sich über den rasanten Vertrauensverlust in die Politik
- “Frau Wohl, wir brauchen Sie im nächsten Schuljahr nicht mehr”
Sechs Wochen Urlaub: Für die meisten Lehrer ist der Sommer entspannend. Doch wer nur befristet beschäftigt ist, weiß oft nicht, ob er nach den Ferien noch einen Job hat.
Die Sommerferien sind für viele Lehrerinnen und Lehrer die entspannteste Zeit im Jahr. Allerdings nicht für Vertretungslehrer, die nur befristet angestellt sind. Tausende von ihnen wissen nicht, ob sie im kommenden Schuljahr noch eine Stelle haben – oder an welcher Schule sie unterrichten werden. Bei manchen endete der Vertrag sogar schon am letzten Schultag. Einige Bundesländer entlassen die Vertretungskräfte während der Sommerferien in die Arbeitslosigkeit, um Kosten zu sparen. […]
Trotzdem fühle ich mich als immer wieder befristete Lehrerin oft nicht wertgeschätzt. Wenn ich überflüssig werde, kann man mich schnell wieder loswerden. Eine Kündigung erhielt ich vor lauter Schülern auf dem Flur, mal eben zwischen Tür und Angel. “Frau Wohl, wir können Sie nächstes Schuljahr nicht mehr brauchen.” Das war’s. Das war furchtbar. Fünf Minuten später musste ich wieder vor einer Klasse stehen und Unterricht machen.
Quelle: Zeit OnlineAnmerkung unseres Lesers J.A.: Ich kann das logisch nicht zusammenbringen: wenn es zu wenige Lehrer gibt, wieso werden diejenigen, die man hat, entlassen? Und welchen Eindruck hinterlässt diese Geldschneiderei des Staats bei den Betroffenen sowie denjenigen, die vielleicht Lehrer werden wollen? Wieso geht man mit seinen Angestellten so schlimm um?
- Bleib doch noch
Arbeit Die Deutschen leisten rund zwei Milliarden Überstunden pro Jahr, den Großteil unbezahlt. Wie lässt sich das ändern?
Sie war auch schon mal bis drei Uhr nachts im Büro, um vor ihrem Urlaub noch alles fertig zu kriegen. Charlotte Ahrens* arbeitet als Produktmanagerin bei einem internationalen Plattenlabel. Manchmal nimmt sie sich ein Taxi nach Hause, weil es schon so spät ist, wenn sie Feierabend macht. Es ist ihr Traumjob. Dafür nimmt sie die vielen Überstunden gern in Kauf.
„Ich habe von Anfang an richtig Gas gegeben“, erzählt die 30-Jährige. Jetzt, nach drei Jahren, hat sie endlich eine unbefristete Stelle ergattert. Weniger Überstunden macht sie deswegen nicht. „Mehr als 40 Stunden sind es eigentlich immer. Ich hatte irgendwann mal angefangen, mir meine Überstunden aufzuschreiben. Aber dann fand ich es sinnlos, meine Zeit damit zu vergeuden.“
Ende 2017 stellte die Linke im Bundestag eine kleine Anfrage zum Thema bezahlte und unbezahlte Überstunden in Deutschland. Die Antwort der Bundesregierung: 2016 haben Arbeitnehmer in Deutschland 1,7 Milliarden Überstunden geleistet, fast eine Milliarde davon unbezahlt. Die Gesamtstundenzahl der nicht entlohnten Überstünden entspricht der Arbeitszeit von 578.000 Vollzeitjobs, die ohne Bezahlung verrichtet werden. Das, so schlussfolgerte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), entspreche einem „Lohnklau“ in der Höhe von 20 Milliarden Euro, den Unternehmen ihren Arbeitnehmern vorenthielten.
Quelle: der Freitag - Berlins Kampfansage
Außenminister Heiko Maas will das transatlantische Bündnis “neu vermessen” und die EU als “Gegengewicht” nutzen, sobald “die USA rote Linien überschreiten”. Wie Maas in einem gestern veröffentlichten Grundsatzartikel schreibt, müsse die EU “zu einer tragenden Säule der internationalen Ordnung werden”. Dabei wolle sie auch in Zukunft mit den Vereinigten Staaten kooperieren: “Aber wir lassen nicht zu”, erklärt der Außenminister mit Blick auf außenpolitische Alleingänge Washingtons, “dass ihr über unsere Köpfe hinweg zu unseren Lasten handelt”. In einem ersten Schritt sollten nun “von den USA unabhängige Zahlungskanäle” eingerichtet werden. Maas’ Kampfansage folgt einer sukzessiven Eskalation der Spannungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten. Das systematische Streben Berlins, mit Hilfe der EU zur Weltmacht auf Augenhöhe mit den USA zu werden, hat US-Präsident Donald Trump aufs Korn genommen und der Bundesrepublik zuerst mit Strafzöllen, dann auch im Rahmen der Iran- und Russland-Sanktionen zugesetzt. Berlin treibt den Machtkampf nun voran.
Quelle: German Foreign PolicyHinweis: Lesen Sie dazu auch „Heiko Maas fordert Härte gegenüber den USA – Anbiederung, Akt der Befreiung oder Finte für mehr europäische Rüstung?“ auf den NachDenkSeiten.
dazu: Das nationale Interesse Deutschlands hat einen Namen: Europa
Gleich zu Beginn Ihrer Amtszeit haben Sie die russische Regierung kräftig kritisiert, legten später nach, Moskau agiere „zunehmend feindlich“. Gilt diese Einschätzung noch?
Das hängt davon ab, wie die russische Regierung agiert. Im Moment habe ich den Eindruck, dass Moskau die Chance durch das weltpolitische Vakuum, das das Weiße Haus hinterlässt, machtbewusst nutzen will. Viele von den Problemlagen, die ich angesprochen habe, beschäftigen uns weiterhin. Denken Sie nur an Russlands Rolle in der Ukraine, im Syrien-Krieg, im UN-Sicherheitsrat. […]
In Ihrer Partei war Kritik zu hören, Sie setzten das Erbe der SPD-Ostpolitik aufs Spiel. Was entgegnen Sie Ihren Kritikern?
Die Ostpolitik von Willy Brandt und Egon Bahr war in erster Linie eine Osteuropapolitik. Es ging etwa um das Verhältnis zu Polen. Damals gab es den Warschauer Pakt, und nichts ging ohne die Sowjetunion. Heute haben wir eine vollkommen andere Lage. Ein Teil der osteuropäischen Staaten, die einst von Moskau gesteuert wurden, steht in großer Distanz zu Moskau. Wir müssen nicht mehr den Umweg über Moskau gehen, um mit unseren osteuropäischen Nachbarn zu sprechen. Deshalb brauchen wir heute eine neue europäische Ostpolitik.
Was meinen Sie damit?
Man kann die 1970er-Jahre nicht mit dem Sommer 2018 vergleichen. Wir brauchen neue Antworten auf neue Fragen. So ist es eine Aufgabe der deutschen Außenpolitik, die Ängste unserer Partner in Ost- und Mitteleuropa ernst zu nehmen.
Quelle: Auswärtiges AmtAnmerkung André Tautenhahn: Die Haltung von Maas gegenüber Russland hat sich nicht verändert. Er signalisiert, sich auch weiterhin wie ein Elefant im Porzellanladen bewegen zu wollen, indem er die Ost- und Entspannungspolitik Willy Brandts mehr oder weniger als nicht mehr zeitgemäß betrachtet. Er will stattdessen eine neue europäische Ostpolitik etablieren, meint damit aber Konfrontation gegenüber Russland. Nach dem Interview in der Welt am Sonntag bleibt es diesmal aber still im Rest der Partei. Mitte des Jahres hatte es noch Kritik am Kurs des Außenministers gegeben, sogar ein klärendes Gespräch im SPD-Vorstand. Maas solle den Dialog mit Russland intensivieren, hieß es da. Und was ist jetzt? Den Dialog führt Merkel, fast so, wie Altkanzler Schröder prophezeite, als er Maas für dessen harte Haltung kritisierte (Die SPD müsse aufpassen, “dass das Alleinstellungsmerkmal Ostpolitik nicht okkupiert wird von der Kanzerin” und am Ende sie es sei, die auch noch von den westlichen Sanktionen abgehe. Quelle: Stern). Das Treffen von Merkel und Putin in Meseberg hat jedenfalls wieder schöne Bilder für die Kanzlerin, aber auch ein Bekenntnis zu Nord Stream 2 und wohl auch verbesserten wirtschaftlichen Beziehungen gebracht, während Maas im Interview mit der Welt am Sonntag die Sanktionen gegen Russland weiter forsch verteidigte.
- Maas, Merkel und die verlorene Unabhängigkeit bei “Swift”
Heimlich, still und leise handelte die EU ein Bankdatenabkommen mit den USA aus, das Washington weiter Zugriff sicherte – angeblich ging es darum, Terrorfinanzierung aufzudecken. Dieses Swift-Abkommen war streng geheim, bis ich es im “Handelsblatt” enthüllte. Doch die Reaktion der EU war nicht etwa, den schmutzigen Deal fallen zu lassen. Im Gegenteil: Brüssel und Berlin machten Druck, um ihn umzusetzen.
Kanzlerin Merkel tat sich dabei besonders hervor – wie auch heute, wo sie die USA erneut verteidigt (trotz der EU-feindlichen Iran-Sanktionen!) und ihren eigenen Außenminister ausbremst. Bei der Terrorfinanzierung – “und das Swift-Abkommen ist da von entscheidender Bedeutung” – brauche die EU eine “enge Partnerschaft mit den USA”. Die Sicherheitszusammenarbeit sei “extrem nützlich und hilfreich”. Zusammengefasst: Was Maas heute fordert, wäre vor zehn Jahren möglich gewesen, wenn Merkel und die EU es nicht in einem Geheimdeal ausgehebelt hätten. So viel zum Thema “europäische Unabhängigkeit”…
Quelle: Lost in Europe - Gespräche ohne Einigung: Brexit-Poker im Panikmodus
Die EU-Austrittsverhandlungen mit Großbritannien kommen nicht voran. Schon Ende März 2019 droht ein „harter Brexit“ – ohne Absicherung.
Ab sofort wird durchverhandelt: Weil die EU und Großbritannien in den Vorbereitungen zum Brexit nicht von der Stelle kommen, drücken sie nun aufs Tempo. Die Gespräche über den Austrittsvertrag sollen trotz Sommer intensiviert werden, erklärte EU-Verhandlungsführer Michel Barnier in Brüssel.
Die Hektik hat einen ernsten Hintergrund. Denn wenn sich Brüssel und London nicht rechtzeitig einig werden, dann droht am 29. März 2019 ein „harter Brexit“ – ohne vertragliche Absicherung. Vor der Sommerpause hatte die EU-Kommission die Mitgliedstaaten und Unternehmen bereits aufgefordert, sich auf diesen „Worst Case“ vorzubereiten. Nun schaltet sie selbst in den Panikmodus.
Am Dienstag war die erste Verhandlungsrunde in Brüssel nach der Sommerpause ergebnislos zu Ende gegangen. Barnier kündigte danach an, man wolle ab sofort „regelmäßig Bilanz ziehen und die Verhandlungen vorantreiben“. Der neue britische Brexit-Minister Dominic Raab sagte, er werde bereits kommende Woche nach Brüssel zurückkehren: „Wir müssen die Intensität der Verhandlungen steigern.“
Doch ist fraglich, ob Intensität die Lösung ist – denn bisher fehlt es vor allem am politischen Willen. In zentralen Fragen wie der Grenze zu Irland zeichnet sich keine Annäherung ab. Auch die künftigen Beziehungen sorgen für Streit. Premierministerin Theresa May fordert ein Freihandelsabkommen mit Sonderregeln für den Warenverkehr, die EU lehnt dies kategorisch ab.
Quelle: Eric Bonse in der taz - Die klammheimliche Erhöhung der Kfz-Steuer ist ein Unding
Durch die Neuberechnung der Abgabe sackt der Bund zusätzliches Geld ein – ohne dass es darüber je eine Diskussion gegeben hätte. […]
In der zentralen Frage aber, welche Schritte nötig sind, um die Belastungen für das Klima durch den Autoverkehr zu reduzieren (und damit die selbst gesteckten Klimaziele der EU zu erreichen), hat auch Scheuer offenbar weder einen Plan noch den Willen zu einschneidenden Maßnahmen.
Das zeigt die politische Untätigkeit bei der Kfz-Steuer. Die völlig fehlende öffentliche Kommunikation bei diesem Thema ist in mehrfacher Hinsicht ein Unding. Denn hier wird eine Steuer klammheimlich deutlich erhöht, ohne dass es darüber je eine Diskussion gegeben hätte. Dabei sind Mehrbelastungen für die Bürger seit jeher ein heikles Thema. Wer sich daran erinnert, welche Verrenkungen gerade die CSU gemacht hat, um den Bürgern bei der von ihr ausgeheckten Pkw-Maut zu versichern, sie würden dafür an anderer Stelle entlastet, kann sich über das Schweigen bei der Kfz-Steuer nur wundern.
Es führt dazu, dass bis heute kaum jemand weiß, dass er von September an deutlich mehr Steuer zahlen muss, wenn er ein neues Auto kauft und zulässt. Und zwar als automatische Folge des neuen Abgastests. Weil der strenger ist, wird sich bei den meisten Fahrzeugen ein höherer Benzinverbrauch und damit ein höherer CO₂-Wert ergeben – und der schlägt bei der Steuer zu Buche. Man mag einwenden, dass es sich um vergleichsweise geringe Beträge handelt. Aber wer bisher beispielsweise 100 Euro Kfz-Steuer pro Jahr bezahlt hat und künftig für ein neues Auto gleichen Typs 150 Euro zahlen muss, für den ist das eine Steuererhöhung von satten 50 Prozent.
Quelle: Süddeutsche - Standortgesetz: Wenn die Industrie Gesetze schreibt
„Wir müssen bestimmte Projekte durchboxen können,“ sagt der Chef der Industriellenvereinigung Georg Kapsch ganz offen über das Standortgesetz im Standard-Interview – notfalls auch gegen den Umwelt- und Tierschutz. Großprojekte sollen künftig auch ohne Umweltprüfung genehmigt werden können, wenn die Bundesregierung das will. Das setzt nicht nur den Umweltschutz außer Kraft, sondern ist auch ein Einfallstor für Korruption.
Konkret geht es im Standortentwicklungsgesetz darum, dass Großprojekte nach einem Jahr automatisch genehmigt werden sollen – auch ohne positive Prüfung der Umweltverträglichkeit. Das gilt für alle „standortrelevanten Projekte“. Im schlimmsten Fall heißt das:- Ein Investor will eine Fabrikanlage an einem umstrittenen Standort bauen.
- Die Behörde lässt den Antrag ein Jahr liegen oder der Investor verzögert das Verfahren durch schlechte Unterlagen.
- Der Bau wird nach 12 Monaten ohne weitere Prüfungen genehmigt.
- Beschwerde gegen die Genehmigung ist keine mehr möglich – außer es geht um grundsätzliche Rechtsfragen.
Quelle: Kontrast.at
- Antragsverfahren zu kompliziert: Geld für Schulsanierungen kommt nicht an
Viele Schulen in Deutschland müssen dringend saniert werden. Doch die dafür bereitgestellten Millionen werden einem Bericht zufolge von fast der Hälfte der Bundesländer nicht abgerufen. Es scheitert offenbar schon an den Anträgen.
Sieben der 16 Bundesländer haben einem Zeitungsbericht zufolge noch keine Mittel aus dem dreieinhalb Milliarden Euro schweren Bundesprogramm zur Sanierung besonders maroder Schulen abgerufen. Laut Umfrage der “Bild”-Zeitung floss in Sachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Brandenburg noch kein Euro aus dem Bundestopf.
“Fördermittelanträge wurden bislang noch nicht gestellt”, hieß es demnach beispielsweise in Sachsen. Die Antragsverfahren seien zu kompliziert.
Quelle: n-tv - Verhandlungen über Entlastung an Unikliniken Düsseldorf und Essen gehen in die Schlichtung
Für die Verhandlungen über eine vertragliche Vereinbarung zur Entlastung der Beschäftigten an den Unikliniken Düsseldorf und Essen sind Schlichtungsgespräche vereinbart. Bis zu ihrem Beginn soll der Streik an beiden Häusern fortgesetzt werden. Während der für drei Tage angesetzten Verhandlungen wird er unterbrochen.
Für ver.di bietet die bevorstehende Schlichtung die Chance zu einem Ergebnis, mit dem die Beschäftigten entlastet werden und der Streik beendet werden kann. „Wir setzten darauf, dass mit Hilfe der Schlichter eine Lösung gefunden wird, die spürbar, verbindlich und rasch Entlastungen bringt“, sagte ver.di-Verhandlungsführer Wolfgang Pieper, im ver.di-Bundesvorstand für Tarifpolitik des öffentlichen Dienstes zuständig. Die Unikliniken seien jetzt aufgerufen, in der Schlichtung konstruktiv an einer Lösung mitzuarbeiten. Den Beschäftigten falle es nicht leicht, ihren Streik während der auf drei Tage angesetzten Schlichtungsverhandlungen auszusetzen.
Quelle: ver.di - Mehr als zwei Drittel der Heizkostenabrechnungen falsch oder klärungsbedürftig
Verbraucherschützer: “Ein alarmierendes Ergebnis für Verbraucher”
Nur jede dritte Heizkostenabrechnung ist korrekt erstellt worden. Zu diesem Ergebnis kommt der Marktwächter Energie der Verbraucherzentralen in einer mehrjährigen Untersuchung, über die das ZDF-Magazin “Frontal21” exklusiv berichtet. “Das ist ein alarmierendes Ergebnis für Verbraucher”, kritisiert Svenja Gesemann, Expertin des Marktwächters Energie. Es sei davon auszugehen, dass Mieter aufgrund fehlerhafter Abrechnungen häufig zu viel für ihre Heizkosten zahlten. “Und das, obwohl die Heizkostenverordnung klare Vorgaben macht, und die Heizkostenabrechnungen von professionellen Messdienstunternehmen erstellt werden.”
Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hat für die Marktwächter-Untersuchung 1046 Heizkostenabrechnungen aus den Jahren 2011 bis 2017 überprüft. Demnach waren 37 Prozent der Abrechnungen eindeutig falsch, 32 Prozent klärungsbedürftig.
Quelle: ZDF - Studie: Android übermittelt Standort Hunderte Mal am Tag zu Google
Selbst ein nicht benutztes Android-Smartphone sendet Hunderte Mal am Tag den Standort zu Google. Das haben Forscher ermittelt. Google weist das zurück.
Ein nicht bewegtes Android-Smartphone mit im Hintergrund laufenden Chrome-Browser sendet innerhalb von 24 Stunden 340 Mal Standortinformationen an Google. Das ist ein Ergebnis einer am Dienstag veröffentlichten Studie, die damit neue Vorwürfe wegen der Standortüberwachung von Android-Nutzern erhebt. Wird das Smartphone auch benutzt, steigt die Informationsübermittlung weiter an.
Im direkten Vergleich schneiden Google und Android demnach deutlich schlechter ab als Apple mit iOS. Außerdem könne Google anonymisiert erhobene Informationen mit persönlichen Nutzerdaten verknüpfen, erklärte der federführende Professor Douglas Schmidt von der Vanderbilt University.
Quelle: Heise Online - Kaeser vs. AfD: Ein weltanschauliches Ringen zwischen Neoliberalen
Siemens-Chef Kaeser ist ein Gegner der wirtschaftsfreundlichen AfD. Hier ringt der progressive mit dem radikalen Neoliberalismus.
Joe Kaeser hat es geschafft. Der Vorstandsvorsitzende von Siemens hat sich im Anti-AfD-Mainstream etabliert. Schon vor längerer Zeit hat er Frau Weidel die Leviten nicht nur gelesen – er hat sie ihr, ganz dem staatsmännischen Gebaren unserer Zeit, auch gleich noch getwittert. Und was fast noch wichtiger ist: Er hat seine Ablehnung später noch bestätigt und erneuert. Und so wurde aus dem Manager und Arbeitsplatzrationalisierer ein grundanständiger Mann – einer mit dem man rechnen kann im weltanschaulichen Kampf gegen die AfD. Während mancher bei Siemens um seinen Arbeitsplatz bangt, ganze Standorte auf dem Prüfstand müssen, erntet Kaeser in der Öffentlichkeit Lob für sein Engagement gegen die Rechtsaußenpartei.
Erinnert sich in diesen Zeiten digitaler Demenz eigentlich noch jemand daran, was Kaeser vor einem halben Jahr sagte? Gemeint ist dieses Zitat zur Verarmung: »Das [Anm.: die Verarmung] passiert im Wesentlichen deshalb, weil viele Arbeitnehmer nicht an der Vermögensbildung durch Aktien teilnehmen, sondern [ihr Vermögen] aufs Sparbuch legen und im schlimmsten Fall noch Zinsen zahlen müssen, dafür, dass sie anlegen.« Dieser Satz stammt von der Jahreshauptversammlung seines Unternehmens. Der Recke gegen die Unmenschlichkeit der Alternative für Deutschland scheint einen Kampf aus dem Elfenbeinturm heraus zu führen – ohne Kontakt zum Boden, ohne auch nur ansatzweise zu ahnen, wie ein stinknormales Otto-Normalverbraucher-Leben so funktioniert.
Quelle: Heppenheimer Hiob - #Aufstehen
- Wie Wagenknecht & Co. Freundschaft mit Moskau schließen wollen
Die russischen Staatsmedien machen schon kräftig Werbung für #Aufstehen.
Quelle: tagesspiegelAnmerkung unseres Lesers G.R.: Natürlich, das durfte ja nicht fehlen in unseren “Leitmedien”: Der Hinweis, dass das Projekt “Aufstehen” von den Russen beklatscht wird.
- Die Beißreflexe der Schnell-Kommentierer
Obwohl Journalisten und Politiker in ihren ersten Beißreflexen beklagen, dass unklar bleibt, was die Sammlungsbewegung, wie sie sich nennt, vorhabe, wer sie finanziert und wer sie anführt, wissen die meisten Schnell-Kommentierer schon Bescheid. Ihre Einlassungen reichen von Abwinken über Empörung und den Vorwurf des Zynismus, bis hin zu diffuser Hyperventilation. […]
Was steckt eigentlich hinter diesem Reflex, an Politikvorschläge, die bestehende Verhältnisse infrage stellen, sofort mit der Axt heranzugehen? Könnte es sein, dass in großen Teilen der selbstzufriedenen Öffentlichkeit und auch in sehr vielen Journalisten eine tiefe Politikverdrossenheit wohnt? Dass die gegenwärtige Lage ganz im Sinn der Kanzlerin längst als alternativlos verinnerlicht worden ist, dass man seine Ruhe haben, über politische Konzepte nicht mehr diskutieren will? Und überdies noch beklagt, große Teile der Bevölkerung seien ja so schrecklich politikverdrossen?
Quelle: Deutschlandfunk KulturAnmerkung André Tautenhahn: Die Behauptung, dass die Bewegung noch kein Programm hätte, stimmt so natürlich nicht. Oskar Lafontaine schreibt auf Facebook:
„Diejenigen, die sich uns anschließen, sind für bessere Löhne durch Änderung der Hartz-Gesetze, für eine Rentengesetzgebung nach dem Beispiel Österreichs und für eine Wiederherstellung der sozialen Sicherungssysteme. Sie sind für bezahlbare Mieten, für mehr Sozialwohnungen, für zusätzliches Personal in der Pflege. Sie wollen, dass sich die Bundeswehr nicht an Rohstoff-Kriegen beteiligt, keine Waffen in Spannungsgebiete geliefert werden und dass die Konfrontations- und Aggressionspolitik gegenüber Russland beendet wird. Zudem wollen sie eine Europapolitik der guten Nachbarschaft und eine Umweltpolitik, die die Kumpanei mit den Konzernen beendet. Mit Naomi Klein sagen viele: Es gibt keinen grünen Kapitalismus. Würde nur ein Teil dieser Forderungen verwirklicht werden, dann hätten wir eine gerechtere Gesellschaft und eine friedlichere Welt. Die programmatische Blindheit scheint mittlerweile so groß zu sein, dass viele vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen.“
- Wie Wagenknecht & Co. Freundschaft mit Moskau schließen wollen