Leserbriefe zu: Brennpunkt Afrika – Auch wenn die Debatte unbequem ist, müssen wir sie endlich führen

Ein Artikel von:

Um, wie auch von einigen Lesern gewünscht, die Fluchtursachen näher zu beleuchten, erschien letzte Woche ein Artikel von Jens Berger mit dem Titel: Brennpunkt Afrika – Auch wenn die Debatte unbequem ist, müssen wir sie endlich führen. Es gab daraufhin ein großes Echo aus der Leserschaft, teils kritisch, teils mit weiterführenden Links zum Thema. Hoffentlich gelingt es mit der Veröffentlichung des Artikels und der Leserbriefe dazu, etwas Licht auf diese ganze ungeheuer komplexe Thematik zu werfen. Zu den erwähnten Fluchtursachen könnte man auch noch den Klimawandel, der höchstwahrscheinlich hauptsächlich von den Industrieländern und unserer hiesigen Lebensweise gemacht ist, und die sonstige Umweltzerstörung hinzufügen. Vielen Dank an alle Leser, die uns geschrieben haben! Zusammengestellt von Moritz Müller.

1. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

vielen Dank, dass Sie die leidige Debatte um die Migration endlich um die globale Perspektive erweitern, die hierzulande beinahe immer zu kurz kommt.

Zwei Anmerkungen:

  1. Schwarzafrika wird seit 600 Jahren zuerst von Europäern und Arabern, später von den Amerikanern (Nord- und Süd-), heute zusätzlich von den Chinesen mit brutaler Gewalt bis aufs Blut ausgebeutet. Viele der von Ihnen benannten „internen“ Probleme fußen nach wie vor auf dieser Entwicklung, die nach dem Ende der offiziellen Kolonialisierung mitnichten endete.
    Schon allein deswegen hat die Welt eine Bringschuld gegenüber den Afrikanern – in moralischer, aber auch in wirtschaftlich-monetärer Hinsicht. Ein Verstecken hinter den heutigen desolaten Gesellschaftsstrukturen der afrikanischen Staaten, kann es vor diesem Hintergrund nicht geben.
  2. Eine Entwicklung wie in China, die Sie sich offensichtlich auch für Afrika vorstellen können, kann keine ernsthafte Alternative sein. Zumindest dann nicht, wenn die Menschheit auch in drei, vier Generationen noch überleben soll. Weitere 2 Milliarden Menschen auf dem Niveau des heutigen durchschnittlichen Chinesen kann diese Erde definitiv nicht vertragen. Die Afrikaner können und müssen Vorbild sein, die Lebensqualität der Menschen auf nachhaltigem Weg zu verbessern. Die Fortentwicklung traditioneller landwirtschaftlicher Methoden, die Vermeidung extremer Landflucht durch Verbesserung der Lebensbedingungen auf dem Land, die Begrenzung der Bedürfnisse der Menschen auf nachhaltige, lokale Lebensmittel etc. etc.

All das sind Themen, deren Verfolgung sehr, sehr viel Geld kosten wird. So viel Geld, dass wir (Europäer, Amerikaner, z.T. Asiaten) dafür auf einen Teil unseres gewohnten Lebensstils werden verzichten müssen. Teilen eben, im wahrsten Sinne des Wortes. Mit 0,7 Prozent des BIP ist es sicher nicht getan.

Versäumen wir dies allerdings, werden wir entweder in die absolute ökol. Katastrophe laufen, oder noch vorher von einer Völkerwanderung historischen Ausmaßes betroffen sein, die dann auch von keinem, Gauland, Orban oder Salvini mehr wird gestoppt werden können.

Es ist an der Zeit, sich dem zu stellen und den Menschen bei uns die Alternativen klar und deutlich vor Augen zu führen. Ich befürchte zwar, dass weder der politische Mut, noch der nötige Wahlerfolg vorhanden sein werden. Aber immerhin kann dann in 100 Jahren keiner mehr sagen, man hätte es nicht kommen sehen.

Mit Grüßen aus Taufkirchen
Martin Sutor

Replik Jens Berger:

Lieber Herr Sutor,

erst einmal schönen Dank für Ihren Leserbrief. Aber „leider“ muss ich Ihnen doch deutlich widersprechen.

-> Ausbeutung

Es besteht gar kein Zweifel daran, dass Afrika über Jahrhunderte hinweg ausgebeutet wurde und zum Teil auch heute noch ausgebeutet wird. Die Afrikaner haben aber – gestatten Sie mir diese Position Zynismus – gut aufgepasst und sind heute sehr gut darin, sich selbst auszubeuten. Ich weiß, dass gerade die politische Linke große Problem damit hat, dies zu erkennen. Nichts desto trotz verhält es sich so. Heutzutage werden die Länder – Ausnahmen bestätigen die Regel – vor allem von ihren eigenen lokalen Eliten bis aufs Blut ausgebeutet und die „Kleinen“ fangen schon damit an. Wenn Sie vor Ort an eigenem Leibe erfahren, wie die alltägliche Korruption gerade die Mittelschicht (die Unterschicht kann nichts „abdrücken“) trifft, werden Sie vielleicht etwas vorsichtiger formulieren. Die sehr abstrakte Ausbeutung durch den Norden wird von den Menschen in Afrika kaum wahrgenommen, während die sehr konkrete Ausbeutung durch die eigenen Brüder und Schwestern ein beherrschendes Thema ist. Als ich in Afrika war, haben die Einheimischen jedenfalls über mein typisch „linkes“ schlechtes Gewissen für Jahrhunderte weißer Ausbeutung nur müde lächeln können. Interessant ist da, dass „uns“ mittlerweile – das war früher zumindest anders – so langsam der Hebel auf die Entwicklung abhanden kommt. Das hat viel mit dem Aufstieg Chinas in Afrika zu tun. Die Schweiz hat beispielsweise heute recht rigide Gesetze für „Fluchtgeld“ von afrikanischen Potentaten. Das ist aber auch egal, da Singapur und Hong Kong da nicht so wählerisch sind. Generell hat aber auch China gute Ansätze (z.B. Infrastruktur für Konzessionen), darüber schreibe ich ja im verlinkten „ersten“ Artikel einiges.

-> Wachstum

Fahren Sie doch bitte mal nach Afrika oder von mir aus auch in ein asiatisches Land und erklären den Menschen, warum sie nicht an den Vorzügen der Moderne teilhaben dürfen. Man wird Sie – wenn Sie Glück haben – schräg angucken. Das hat schon was von Marie Antoinette. Afrika die Chancen auf Wohlstand zu verwehren, weil dies „für die Erde nicht gut ist“, ist genau der Eurozentrismus, für den der „weiße Mann“ so geliebt wird. Dann auch noch zu sagen, Afrika könne gar Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit werden … also ausgerechnet uns durch Verzicht ein Vorbild sein … klingt für mich schon grenzwertig.

Bitte nicht böse sein. Ich bin 100% sicher, dass Sie es gut meinen und sich nichts Arrogantes oder gar Zynisches dabei denken. Bei mir kommt es aber so an; vielleicht ist das mein Fehler. Meist liegt das Missverständnis ja ohnehin in einzelnen Begriffen und Formulierungen. Auf jeden Fall sind wir sicherlich darin einig, dass diese Debatte geführt werden muss – auch wenn man, wie wir beide, in einigen Punkten dann doch unterschiedlicher Meinung ist.

beste Grüße
Jens Berger


2. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

ich stimme Ihrem Artikel “Brennpunkt Afrika” zu, allerdings mit zwei gewichtigen Einschränkungen.

Sie beschreiben durchaus zutreffend die afrikanische Misere, dass “die Sterblichkeit mit Industrialisierung sinkt, während die Geburtenziffern nur langsam zurückgehen” und dass “während dieser Zeit die Gesamtbevölkerung explodiert”. Dann kommt aber ein problematischer Gedankengang, indem Sie die Entwicklung in Europa, wo sich die Bevölkerung auf hohem aber noch erträglichen Niveau stabilisiert hat, auch für Afrika prognostizieren. Meines Erachtens ist das nicht zulässig, denn die Bevölkerung in Europa hatte viel mehr Zeit (mehrere Jahrhunderte!), um sich auf die veränderte Situation einzustellen. Aus diesem Grund besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das nicht auf dem europäischen Weg klappen wird.

Etwas später kommt es noch schlimmer, wenn Sie schreiben: “Schon aus humanitären Gründen verbietet sich jegliche Debatte über Geburts- und Sterblichkeitsraten.” Hier ist offenbar eine im Kopf linker Intellektueller oft vorhandene Schere am Werk, die fatale Auswirkungen haben kann, weil ein ganz grundsätzliches Problem einfach weggewischt wird und seit Jahrzehnten nicht einmal diskutiert werden darf. Denn natürlich muss man unbedingt darüber sprechen, wie man die “Geburtsraten” Afrikas senken kann! Wenn man diese Diskussion verweigert, so wird man mit großer Wahrscheinlichkeit eine Situation erleben, in der man stattdessen über afrikanische “Sterblichkeitsraten” in zweistelligen Höhen durch Krieg, Verhungern, Krankheiten, Ertrinken sprechen muss!

Wenn man es dann wagt, das Tabu aufzugeben, so entdeckt man, dass es eine Menge Möglichkeiten gibt, hier unterstützend einzugreifen.

Beispielsweise könnten Verhütungsmittel in Afrika sämlich von der EU finanziert werden, man könnte auch aus EU-Geldern jedem/jeder afrikanischen Kinderlosen eine auskömmliche Rente im Alter zahlen, und jeder Person mit nur einem einzigen Kind eine halbe Rente. Das sind übrigens Maßnahmen, denen keine rational vertretbaren “humanitären Gründe” entgegenstehen (christliche, muslimische, oder grüne Radikale sehen das allerdings wahrscheinlich anders). Erst wenn solche sanften Maßnahmen nach einer Probezeit von vielleicht 10 Jahren keine Stabilisierung der Bevölkerungszahl erreichen sollten, muss man über härtere Schritte nachdenken, die bis hin zur Schaffung einer Ein-Kind-Politik nach chinesischem Vorbild reichen können.

Betonen möchte ich, dass das natürlich zusammen mit den von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen für einen wirklich fairen Handel durchgeführt werden soll. Aber ohne eine Unterstützung der Senkung der Geburtszahlen, können diese letzteren Maßnahmen entweder verpuffen oder sogar negative Folgen haben, weil durch kurzfristig mehr verfügbares Geld die Geburtenrate noch schneller wachsen kann.

Viele Grüße,
Nicolas Neuß

Replik Jens Berger:

Sehr geehrter Herr Neuss,

ich musste den Artikel natürlich kurz und kompakt halten und konnte daher nicht allzu weit ausholen. Europa ist in der Tat ein schlechtes Beispiel für den Rückgang der Geburtenrate – da gebe ich Ihnen Recht. Bessere Beispiele sind die Türkei und vor allem Iran, wo die Fertilitätsrate in den letzten 50 Jahren von über 6 Kinder pro Frau auf das „industrielle“ Maß von 1,6 gesunken ist. Auch Indien, das ja noch mitten in der Industrialisierung steckt, kann stark sinkende Geburtenraten vorweisen. Die These an sich ist also m.E. schon korrekt; ob sie auf Afrika übertragbar ist, ist die eigentliche Frage, die ich im Artikel ja selbst offen stelle.

Zu dem „Tabu“: Da habe ich mich wohl auch mißverständlich ausgedrückt. Es ist ja nicht so, dass schon sehr viel probiert wurde, um die Geburtenkontrolle zu forcieren. Der Erfolg blieb aber überschaubar. Natürlich ist es kein Tabu, Kondome zu verteilen und aufzuklären. Mit Tabu meine ich eher solche Sachen wie Zwangssterilisationen, die ja durchaus bereits debattiert wurden. Mehr noch geht es mir aber auch um die Sterblichkeitsraten. Würde man beispielsweise die medizinische Entwicklungshilfe einstellen, die Impfprogramme stoppen und Rabatte bei Medikamenten streichen, würde die Kindersterblichkeit wieder auf das alte Niveau steigen. Aber das kann man ja nicht ernsthaft fordern und ich lehne das ja auch selbst kategorisch ab. Das meinte ich mit „humanitäre Gründe“. Im Artikel habe ich das nur angeschnitten, da ich schon ahne, dass alleine solche Gedanken vom eigentlichen Text ablenken und einen Shitstorm produzieren, der vom Thema wegführt.

beste Grüße
Jens Berger


3. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,
sehr geehrte NDS-Redaktion,

auch wenn das binnen kürzester Zeit ein weiterer Leserbrief meinerseits ist und der Artikel an sich nicht schlecht ist, möchte ich bzgl. Afrika darauf hinweisen, dass die Lage noch um eine Spur komplexer (oder komplizierter?) ist, als sie Herr Berger darstellt.

Bevor wir zur “Verantwortung des Westens” kommen, sollte klargestellt werden, dass nicht alle Dinge auf dem Mist des “Westens” (EU/USA) gewachsen sind. Man nehme nur den Bürgerkrieg in Ruanda 1993 (Hutus gegen Tutsis) oder den Angriffskrieg Äthiopiens (hier mithilfe der NATO) gegen Somalia (2006) oder die “Intervention” Kenias in Somalia (2011).
Es stimmt der Westen hat eine Verantwortung, doch die meisten kriegerischen Auseinandersetzungen in Afrika sind innerafrikanische Querelen, bei denen sich verschiedenste Stämme untereinander bekämpfen.

Herr Berger fragt zurecht: “Aber wann haben Sie zuletzt einen afrikanischen Intellektuellen, Ökonomen, Soziologen oder Migrationsforscher in dieser Debatte gehört? Noch nie? Da sind sie nicht allein.” Deswegen weise ich auf ein sehr interessantes KenFM-Interview mit Dr. Afsa-Wossen Asserate hin: seines Zeichens äthiopischer Diplomat.
Ich denke, da kann man einen guten ersten Eindruck von der politischen Lage Afrikas gewinnen.(1)

Was die Ökonomie Afrikas betrifft: Nein, die Unterproduktion ist nicht das Hauptproblem (bitte nicht falsch verstehen: es ist ein Problem, aber nicht das Hauptproblem) sondern die Art und Weise, wie die afrikanischen Gesellschaften organisiert sind: und zwar tribalistisch. Hinzu kommt noch das Problem, der Grenzziehungen der afrikanischen Staaten die willkürlich von den ehemaligen Kolonialherren gezogen wurden – ohne Rücksicht auf kulturelle Hintergründe der einzelnen “Stämme” und die Modernisierung der “Stammeskonflikte” durch Schusswaffen.(2)

Als Europa sich im 18. Jhdt. ökonomisch “modernisierte” war die alte Gesellschaftsform u.a. durch die französische Revolution zusammengebrochen.

Nun zum Westen: Eine rein rhetorische Frage: Will die westliche Wertegemeinschaft, dass Afrika wirtschaftlich unabhängig ist und prosperiert? Wenn dem so wäre müsste man die jeweiligen afrikanischen Staaten entscheiden lassen, wie sie mit ihren Ressourcen umgehen und vor allem was für einen Preis sie dafür verlangen. Afrika als eine wirtschaftliche Großmacht aufsteigen zu lassen ist politisch nicht gewollt. Im Gegenteil: man hofiert Kleptokraten wie Kabila im Kongo, obwohl dieser die eigene Verfassung mit Füßen tritt. Insbesondere die Sahelzone spielt eine geoökonomische Rolle für den Westen.(3)

Man muss sich nur das Schicksal Gaddafis ansehen: bei allem was dieser Mann verbrochen hat, das möchte ich nicht schönschreiben, waren seine Schritte in Richtung “United States of Africa” (z.B. AFSAT oder der Gold-Dinar) die ersten Notwendigen um Afrika unabhängiger zu machen. Der militärisch-industrielle Komplex des Westens hat auf seine Weise reagiert.(4)

Zum Abschluss meines (bedauerlicherweise sehr langen) Leserbriefes gilt es die Frage zu klären: Warum will der Westen nicht, dass Afrika wirtschaftlich Unabhängig wird? Banal wie einfach: weil es ums Geld geht – und um Macht! Gaby Weber illustrierte es sehr gut am Beispiel Argentinien, wie man den Preis für Kupfer für eigene Zwecke missbrauchen kann.(5) Und darum geht es: Die “Versorgungssicherheit” für Uran, Lithium, Cobalt, Coltan und ähnliche Mineralien zu gewährleisten, wie es Kambale Musavuli in einem Interview mit Abby Martin beschrieb.(6)

Was es braucht, sind auf jeden Fall regionale Lösungsansätze, und dass Europa politisch und ökonomisch seine Vorbildfunktion wahrnimmt auch wenn das Machtverlust in Afrika bedeuten könnte.

Mit freundlichen Grüßen,
Daniel Jacob

(1) KenFM im Gespräch mit: Dr. Asfa-Wossen Asserate (“Die neue Völkerwanderung”)
(2) Peter Scholl-Latour: Afrikanische Totenklage – Der blutige Schacher um Erdöl und Diamanten
(3) Schattenkrieg in der Sahara
(4) LIBYA – We Can Build United States of Africa, Gaddafi says
(5) Der Jahrhundertraub – Der Preis des roten Goldes
(6) The Empire Files: Das Imperium im Herzen von Afrika


4. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

dass was Sie in dem Artikel beschreiben ist doch das Wesen des Kapitalismus, oder nicht? Der Fabrikant presst seine Belegschaft aus.
Kommt nichts mehr, wechselt er den Standort. So wie der Fabrikant seine Belegschaft auspresst, presst eben auch eine Gesellschaft die andere Gesellschaft aus und eben auch ein Kontinent den anderen Kontinent. So geht es nun schon seit hunderten von Jahren. Europa ist damit nicht schlecht gefahren. Die Menschen in Europa konnten sich einen sagenhaften Lebensstandard erarbeiten. Reichtümer in unvorstellbarem Ausmaß anhäufen. Es gibt wohl keine Region auf der Welt die über soviele Jahre so einen Wohlstand ausleben konnte. Und es wird auch keine Gesellschaft mehr geben, die in so einem Reichtum schwelgen wird. Genauso wie wir im Reichtum schwelgen, haben wir in einem unvorstellbarem Maße diese Welt zerstört. Es werden Abgase in die Umwelt entlassen, als gäbe es kein morgen. Unseren Müll verklappen wir in allen Meeren dieser Welt. Niemand interessierte sich für die Schäden die dieses Handeln verursacht.
Plastiktüten, Autoabgase, Gülle usw. usf. Es interessiert niemanden!
Selbst die Toten aus unserer eigenen Gesellschaft führen nicht zum längst fälligen Umdenken. Es geht weiter und weiter.
Wieso sollte die Kritik am Kapitalismus nur gut gemeint und unterkomplex sein? Das verstehe ich jetzt nicht wirklich.

Singemäß schreiben Sie: die europäischen Fabrikanten müssten in den afrikanischen Staaten investieren. Dies sollten sie tun, weil es Arbeitsplätze und eine Zukunft schafft. In Afrika.
Gut, die Fabrikanten investieren in Afrika und schaffen dort Zukunft.
Was passiert mit den Menschen hier? Für die hiesigen Standorte fallen Märkte weg. Fallen diese Märkte weg, fallen auch die hiesigen Arbeitsplätze weg. Diese Menschen gehen in die Arbeitslosigkeit. Mit allen bekannten Folgen. Da die Menschen in Afrika nicht dümmer sind, als die Menschen in Europa, werden sich die Probleme in Europa verschärfen.
Wie werden die dann diskutierten Optionen aussehen? Ich denke, dass diese Lösungen bekannt sind.

Welche Folgen hätte dieser Aufstieg für die Umwelt? Nehmen wir einmal an, dass Afrika es schafft. Die Afrikaner schaffen es tatsächlich aufzuholen. Dann wollen sie auch in alle Herren Länder fliegen.
Natürlich wollen sie dann auch all die Annehmlichkeiten, die wir hier haben. Warum auch nicht? Es steht ihnen zu. Die Klimaveränderungen werden natürlich in noch rasanterem Tempo fortschreiten. All die schrecklichen Dinge würden sich potenzieren.
Ich möchte nun nicht, dass es den Afrikaner nicht besser geht. Das soll das Ziel nicht sein. Vielmehr bin ich der Meinung, dass wir uns zurücknehmen sollten. Wir sollten verzichten. Wir sollten uns bewusst machen, dass die Dinge eben dauern. Es drängt sich doch heute der Verdacht auf, dass die Menschen nur noch bockige Kinder sind. Ich will es jetzt und ich will es sofort. Egal aus welchem Winkel der Welt es kommt. Es muss mir immer und überall zur Verfügung stehen. Selbst der Zugang zum Internet muss immer und überall gegeben sein. Warum? Um ein Bildchen in Hd+++ auf Instagram zu posten? (Auf dem dann auch noch jeder Pickel auf der linken Pobacke zu sehen ist, weil der Nutzer keine Ahnung von einer Bildbearbeitung hat. Danke auch.) Ich denke, dass wir uns wieder daran gewöhnen müssen, dass wir eben nicht alles haben können.
Dieses Denken wird den Kindern in der Erziehung auch vermittel. Doch im Laufe des Lebens kommt dieses Denken leider den meisten Menschen wieder abhanden. Schade.

Wie Sie richtig erkannt haben, kann man vieles unternehmen um den Menschen in Afrika zu helfen. Doch den Anfang sollten wir hier in Europa machen. Das Erste kann sein, dass wir unsere Art zu leben hinterfragen.
Auch dieser Automatisierungwahn muss hinterfragt werden. Vielleicht ist es doch keine so gute Idee mit einem Laubbläser durch die Gegend zu rennen.
Eine Harke tut es auch. Sicherlich, die Arbeit ist dann nicht in einer Stunde erledigt. Doch ist das so wichtig? Ist es wirklich so schlimm, wenn die Gartenbaukolonne zwei Tage benötigt? Ist es so schlimm, wenn sich im Straßenbild Straßenkehrer befinden?
Die Automatisierung ist nicht per se schlecht, jedoch wird sie heute nur für die Maximierung des Profites der Fabrikanten eingesetzt. Daran wird sich auch in Afrika nichts ändern. Es wäre naiv zu glauben, dass die dort entstehenden Fabriken, den afrikanischen Menschen nützen würden. Es ist wird nicht passieren. Heute nicht und morgen auch nicht. Die Menschen in Afrika sind genauso überflüssig wie die Menschen hier die nur noch deshalb, weil für die Fabrikanten die Zeit noch nicht gekommen ist die Armen wieder verhungern zu lassen. In anderen Regionen dieser Welt ist die Moral schon weiter abgesunken. Haben Sie nicht das Buch “Die Schock Strategie” gelesen? In diesem Buch sind all die Folgen der Inverstments in aller Ausführlichkeit beschrieben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen
Jan Skalla


5. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

hiermit möchte ich mich für den o.a. Bericht bedanken. Sie haben mir da aus der Seele geschrieben.
Ich habe den Eindruck, daß dies Methode hat ( s. auch 2015-09-06 Politonline CH) s. Anhang

Weil man diesen Zustand nicht ändern will, hat auch damit zu tun, daß die Chicago-Boys die Länder verarmen will, um dann über angebotene Finanzhilfen die Länder  erpressen zu können.
Auch die Kirchen sprechen das Problem, daß Sie beschreiben nicht an.
Ich denke noch an die Einweihung des Berliner Doms 1992. Da sprach Präses Dr. Peter Beier. Das saß Kanzler Kohl und  Herr Stolpe in der 2. Reihe.  ca 7 Reihen dahinter waren leer, dann kam die Gemeinde. Das geschehene werde ich nicht vergessen. Da wurde noch tacheles geredet.
Weitere Medien sind auch auffallend zurückhaltend.

Mich hat dieses Thema seit Beginn schon sehr aufgeregt. Dieses ganze Elend auf dieser Welt hat nach meiner Meinung mafiösen Charakter.

Was kann man gegen derartige Entwicklungen tun. Soll man z.B. in die SPD eintreten, um mitreden zu können ? 
Soll man sie nicht wählen, wer löst dann die Probleme des Landes?

Auch das Klimaproblem ist das gleiche und wird nicht richtig angepackt.
Man will immer mehr Autos bauen, und wo dies ( Luftverschmutzung, Abfälle usw ) hinführt, wird nicht bedacht.
Vor ein paar Tagen hat Prof. H Lesch einen Vortrag in der TU-München vor Studenten gehalten. In diesem sagte er, daß die öffentlichen Verkehrsmittel mit Steuermitteln bezahlt werden sollen. Das wäre richtig. Bravo!!!  Was würde wohl die Lobby tun, ich brauche es nicht zu erklären.
Das Land Hessen hat dies durchgeführt mit 1,-€ pro Tag. Das wäre doch was.

Ich danke  und bewundere Sie und das ganze Team für Ihre Arbeit. Ich hielte das nicht durch.

PS. Heute lese ich schon wieder eine Nachricht, die Ihren Text und meine Gedanken bestätigt.

Es ist bitter.

LG
Jürgen Deutsch


6. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

Danke für Ihren wichtigen Artikel, habe ihn eben gelesen.

Ich dachte auch gleich an einen anderen Artikel den ich vor ca. 2 Jahren gelesen habe und den ich weiterempfehlen möchte. Wir haben ihn ausgedruckt und er liegt auf unserem Bücherstapel bereit, als Beleg dafür, was für Ungeheuerlichkeiten noch immer in Afrika existieren und warum die Kolonialherrschaft immer noch nicht zuende ist. Er ist von Mawuna Remarque Koutonin: “Steuern für die Wohltaten der Sklaverei” erschienen hier oder hier.

Ich habe außer in diesem Artikel noch nie gelesen, dass afrikanische Länder noch immer an Frankreich tributpflichtig sind. Das muss doch bei der Debatte, wie man Fluchtursachen bekämft und dem Kontinent auf die Beine helfen will, erwähnt werden – und zwar an vorderster Stelle!

Schöne Grüße
Bernhard Meyer


Ergänzung am 3. August 2018

Gestern erreichte uns eine Email, die Bezug nimmt, auf die im letzten Leserbrief genannten Zahlen, was die Steuereinnahmen von Frankreich aus seinen ehemaligen Kolonien betrifft, und dass diese Zahlen so nicht stimmen können. Der Leser schickte uns folgenden Link, in dem die Zahlen noch einmal detailliert analysiert werden.

Vielen Dank!
Moritz Müller


Ergänzung am 3. August 2018

Liebes NDS-Team,

im letzten Leserbrief zum Artikel “Brennpunkt Afrika” stellt der Leserbriefschreiber Bernhard Meyer die Behauptung auf, dass afrikanische Länder immer noch Tribut an Frankreich zahlen müssten. Der in Bezug genommene Artikel spricht von 500 Mrd. Euro p.a. Diese Zahlen sind ungeheuerlich, aber wohl auch falsch. Nach kurzer Recherche gehe ich davon aus, dass es sich um Falschbehauptungen handelt. 

Als Ansatzpunkt verweise ich auf die folgende Diskussion, insbesondere der Forumsteilnehmer Platon scheint der Sache weiter auf den Grund gegangen zu sein.

Ich denke, wir sollten aufpassen, dass wir nicht unvorsichtig mit falschen Behauptungen agieren, nur weil sie in unser Bild passen. 

Vielleicht schaffen Sie es ja, hier noch etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Wir sollten vermeiden, dass die NDS eine offene Flanke bieten, als Verbreiter von fake news denunziert werden zu können. 

Von einer Veröffentlichung meines Namens bitte ich abzusehen. 

Beste Grüße

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