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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Entvölkerung als Nährboden rechter Politik
  2. Warum mir das Wort “Europa” schon bei den Ohren herauskommt
  3. Ein roter Morgen in Amerika
  4. Nicht im eigenen Saft schmoren
  5. Festhalten an “schwarzer Null”: Scholz will Schuldenquote kräftig drücken
  6. Bundeswehr: Noch mehr Geld!
  7. Der Mindestlohn hilft dem ganzen Land
  8. Misere Arbeitsmarkt – Studieren bis 50
  9. Altersarmut: Sie kochen Kohlrabiblätter aus und heizen nur ein Zimmer
  10. Über wie viele Brücken muss man gehen?
  11. Polizeigesetz in Nordrhein-Westfalen zeigt Tendenz zu Obrigkeitsstaat
  12. „Es darf hier kein Schlussstrich sein“
  13. Die Ohnmacht der Wettbewerbshüter gegen digitale Preisabsprachen
  14. Civil Unrest Is Here: Violence Erupts In American Streets As Progressive Leaders Urge Their Followers To “Rise Up” And Prepare For A “Summer Of Rage“
  15. Wer “Transitzentren” sagt, sagt auch “Asyltourismus”

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Entvölkerung als Nährboden rechter Politik
    War die hohe Zahl der Flüchtlinge, die 2015 nach Europa und damit auch nach Deutschland kamen, tatsächliche die Ursache für das Erstarken der AfD? Dafür spricht zunächst einmal die Tatsache, dass zeitgleich mit der verstärkten Ankunft von Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem Mittleren Osten die Zahl der Wählerinnen und Wähler der AfD deutlich zugenommen hat.
    (…) Der bulgarische Politologe Ivan Krastev hat in einem Interview mit dem Wiener Standard vom 9. April 2018 anlässlich der Wahlen in Ungarn am Tag davor die bereits in seinem Essay „Europadämmerung“ entwickelte These wiederholt, dass nicht die Zuwanderung, sondern die Abwanderung vor allem junger Menschen den Nährboden für rechte Populisten bilde. Auch für Deutschland gelte das, betonte Krastev: „Es gab in Deutschland eine Studie, die gezeigt hat, dass in Ostdeutschland, wenn die Auswanderung in einer Region sehr hoch war, dies ein viel besserer Prognosefaktor für den Erfolg der AfD bei Wahlen war, als wenn man auf Einwanderung geachtet hat“, so Krastev in dem Interview.
    (…) aus ländlichen Gebieten…hat die Abwanderung in den letzten zwei Jahrzehnten zu Verwaltungsreformen geführt in deren Folge die staatliche Präsenz – einschließlich des staatlichen Machtmonopols in Form der Polizei – in der Fläche massiv ausgedünnt wurde. Die Wege zu Ämtern wurden länger, da in kleineren Städten kaum noch öffentliche Verwaltungen vertreten sind. Auch der öffentliche Nahverkehr wurde ausgedünnt. Die Versorgung mit zentralen Dienstleistungen, wie Arztpraxen, Post und Sparkassen sowie die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs ist in kleinen Gemeinden nur mehr begrenzt gewährleistet. Nicht zuletzt sind im ländlichen Raum die Erwerbsarbeitsplätze dünn gesät.
    (…) In diese zuvor schon schwierige Situation hinein sind 2015 die Flüchtlinge gekommen. Es gibt Stimmen vor Ort, die sagen, dass nicht die Ankunft der Flüchtlinge der Grund für die Proteste und das Erstarken der AfD war, sondern dass die Flüchtlinge nur den Anstoß dazu gegeben haben. Und zwar deshalb, weil trotz jahrelanger Behauptung von politischer Seite, es sei kein Geld da für den Erhalt öffentlicher Infrastruktur, plötzlich ausreichend Geld vorhanden war, um die ankommenden Flüchtlinge zu versorgen…Außerdem standen die ankommenden Flüchtlinge sofort im Mittelpunkt der medialen Berichterstattung. Während die Erfahrung der ortsansässigen Bürgerinnen und Bürger, immer mehr in Vergessenheit zu geraten und keine Bedeutung mehr für „die Politik“ zu haben, nie die Aufmerksamkeit der Medien auf sich gezogen hat.
    (…) Für die politische Auseinandersetzung mit der AfD würde das ganz konkret bedeuten, nachhaltige und substantielle Investitionen in die soziale und technische Infrastruktur in den Gebieten und Stadtvierteln zu tätigen, die von Abwanderung und Vernachlässigung geprägt sind….
    Praktisch heißt das: Im ländlichen Bereich ist in jeder Stadt ein aus öffentlichen Mitteln finanziertes soziales Rathaus einzurichten. In einem solchen Rathaus sind ein Bürgerbüro, eine Arztpraxis, eine Sparkasse mit Automatenstelle und zumindest wöchentlichen Beratungsmöglichkeiten, nötigenfalls eine Verkaufsstelle für Güter des täglichen Bedarfs, eine Polizeistation, die auch personell besetzt ist, sowie Versammlungs-/Veranstaltungsräume vorzuhalten. Auch in den öffentlichen Nahverkehr ist zu investieren, um unter Nutzung moderner Technik die Mobilität zu bezahlbaren Preisen für die Nutzerinnen und Nutzer zu verbessern…
    Quelle: der Freitag

    Anmerkung unseres Lesers A. L.: …Wir haben nicht nur eine Einwanderung von Menschen in unser Land. Wir haben auch eine massive Auswanderung von Menschen, die unser Land verlassen. Und wir haben aussterbende Dörfer/Städte/Regionen, weil es für viele keine Perspektive mehr gibt…. Dieser Artikel hat mir die Augen ein Stück weit(er) geöffnet.

  2. Warum mir das Wort “Europa” schon bei den Ohren herauskommt
    Das waren noch Zeiten, als “Europa” noch nicht zum Kampfbegriff vergoren war, der einem ständig um die Ohren gehauen wird, mit dem man politische Gegner niedermacht und mit dem man sich selbst beweihräuchert. Ja, das waren noch Zeiten, als einem noch nicht fortwährend Leitartikelschreiber und Politiker mit dem erhobenen Zeigefinger erklärt haben, wie man denken, fühlen, handeln und natürlich auch abstimmen und wählen müsse, um ein “richtiger Europäer” zu sein.
    (…) Heute hingegen kann man schnell wie ein solcher an den Pranger gestellt werden, wenn man das Projekt der “europäischen Einigung” in Frage stellt, zu dem man sich gefälligst als „aufrechter Europäer“ zu bekennen habe. Lauter Schlagwörter und Kampfbegriffe, die es früher nicht gab.
    Die Europäische Union ist darum auch keineswegs das Gegenstück zum Nationalismus, als das sie sich gerne verkauft. Im Gegenteil, sie ist ein solches Großreich und selber Träger von Nationalismus. Das ist unübersehbar. Derselbe Patriotismus, den die einzelnen Länder für sich so gerne einfordern, der wird auch hier ständig eingefordert, nur in Bezug auf ein größeres politisches Gebilde, das ist alles. Dieselben Gefühle und Bindungen, die man dem Nationalismus zuordnet, werden auch hier von einem verlangt, und zwar ständig…
    (…) Ja, manchmal hat man den Eindruck, dass es sich bei der Europäischen Union um ein politisches Gebilde handelt, das sich ideologisch überhaupt nur mehr dadurch am Leben erhalten kann, dass es ständig neue Feinbilder erschafft. Was wäre schließlich Europa ohne Putin? So viel wie der Pfarrer ohne die Sünde.
    Jedes Mal jedoch, wenn einer auch nur leise die überbordende Schwarzweißmalerei in den Konflikten mit Russland in Frage stellt und dafür natürlich unverzüglich in aller Öffentlichkeit als “Putinversteher” gebrandmarkt wird, wird ein Stück Europa erschaffen. Denn so wie jeder richtige Nationalismus braucht auch der Europa-Nationalismus für sein ideologisches Überleben nicht nur die äußeren Feinde, sondern gleichfalls die inneren…
    Quelle: Der Standard

    Anmerkung WM: Lesenswerte Reflexionen über das neoliberale Projekt Europa

  3. Ein roter Morgen in Amerika
    Der unerwartete Wahlsieg der demokratischen Sozialistin Alexandria Ocasio-Cortez in New York zeigt, dass Bernie Sanders kein statistischer Ausreißer war. Im Gegenteil: Sozialismus ist eine wachsende Strömung in der US-amerikanischen Gesellschaft, die die etablierte Politik nicht mehr ignorieren kann.
    Das meiste, was man heutzutage aus den Vereinigten Staaten mitbekommt, wirkt erschreckend. Kinder werden an der mexikanischen Grenze von ihren Eltern getrennt und in umfunktionierte, leerstehende Wal-Mart-Verkaufshallen interniert; das Oberste Gericht des Landes schafft ein weiteres institutionelles Standbein der Gewerkschaften ab und ebnet damit den Weg für weitere Angriffe auf ihre sowieso prekären Strukturen und womöglich das Ende der Gewerkschaftsbewegung, wie sie bisher existierte. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, ist der Präsident des mächtigsten Landes der Welt kein anderer als der gescheiterte Immobilienhai Donald J. Trump – eine monströse Schöpfung des späten US-Imperiums, ein halluzinatorischer Mussolini für den Mittleren Westen.
    Die Lage ist, gelinde gesagt, weniger als rosig und sie wird wahrscheinlich schlimmer, ehe sie sich zum Besseren ändert. Aber wie anderswo auf der Welt führt die zugespitzte gesellschaftliche Lage nicht nur zu einer Polarisierung von rechts, sondern auch von links. Unter der Oberfläche des amerikanischen Alptraums gibt es Hoffnungsschimmer und Indizien, dass nicht nur bei den Republikanern, sondern auch bei den Demokraten die alten Spielregel nicht mehr gelten. Schließlich ist es erst zwei Jahre her, dass Bernie Sanders Botschaft eines „demokratischen Sozialismus“ Millionen begeisterte und das lang tabuisierte „S-Wort“ zurück in den politischen Alltag brachte. Diese Millionen Menschen verschwanden nicht nach der Wahl, sondern sind tendenziell sogar mehr geworden. Sie bilden die Grundlage für ein kleines bisschen politische Hoffnung. Seit Dienstag dieser Woche heißt diese Hoffnung Alexandria Ocasio-Cortez.
    Quelle: Ada

    dazu: Alexandria Ocasio-Cortez’s Transformational Vision
    Alexandria Ocasio-Cortez won because she put forward a bold, clear message of class politics. […]
    People responded to Ocasio-Cortez’s clear vision of working-class politics — universal programs, decommodification of basic goods like health care and jobs, and the redistribution of wealth and power — and her bold attacks on Joe Crowley and the corporate agenda he represents. Ocasio-Cortez also provided a strong model for a class conflict-focused campaign, one that deliberately seeks out and challenges capital through popular support and mass mobilization. She was able to do this while repudiating the false dichotomy between caring about racial inequality and economic inequality, saying, “to fail working-class Americans is to fail Latino Americans.” Unlike the Democratic Party establishment, she explicitly tied the urgent fight against racial injustice and all forms of oppression to a working-class program and perspective.
    In order to understand Ocasio-Cortez’s appeal and impact, we need to understand class and class politics, central to her campaign and to our broader socialist project.
    Quelle: Jacobinmag

  4. Nicht im eigenen Saft schmoren
    Von wegen Spaltung: Rudolf Dreßler hält die Kritik an der linken Sammlungsbewegung für unberechtigt
    Herr Dreßler, Sie unterstützen die linke Sammlungsbewegung von Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine. Warum?
    Der Grund ist einfach: Meine Partei, die SPD, hat keine demokratisch legitimierte Machtperspektive mehr. Und wenn eine Partei diese Perspektive nicht mehr hat, hat sie auch keine Chance, irgendwelche Wahlen zu gewinnen. Wir hatten nach den Bundestagswahlen 2005 und 2009 jenseits von CDU/CSU und FDP eine Mehrheit. Diese hat die SPD der Union als Geschenk auf den Schoß gelegt. Ein großer Fehler. Heute sind diese Mehrheiten nicht mehr erreichbar. Die SPD hat laut Umfragen eine Zustimmung von rund 18 Prozent. Und es geht eher nach unten als nach oben. Deshalb muss eine überparteiliche Initiative den Versuch unternehmen, die verlorene Machtoption wiederzuerlangen…
    Quelle: Neues Deutschland
  5. Festhalten an “schwarzer Null”: Scholz will Schuldenquote kräftig drücken
    Bundesfinanzminister Scholz will Vorgänger Schäuble bei der Haushaltsdisziplin noch übertrumpfen – und die Schuldenquote auf das niedrigste Niveau seit 2002 senken. Und einen Streit will er beim Haushalt für das kommende Jahr auch noch lösen.
    Bundesfinanzminister Olaf Scholz will erstmals seit 17 Jahren die deutsche Staatsverschuldung wieder unter die für die Stabilität des Euro vorgesehenen Grenzen senken. Das verlautete aus Regierungskreisen zum Entwurf des Haushalts 2019. Im kommenden Jahr soll die Schuldenquote mit 58,25 Prozent wieder unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) fallen – das entspricht dem sogenannten Maastricht-Kriterium.
    (…) Den Ausgaben von 356,8 Milliarden stehen erwartete Einnahmen von ebenfalls 356,8 Milliarden Euro gegenüber, das hängt vor allem mit steigenden Steuereinnahmen zusammen (“schwarze Null”). Im Streit um den Wehretat soll Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mehr Geld als bisher geplant bekommen. Ihr Budget soll um knapp vier Milliarden Euro auf 42,9 Milliarden Euro steigen.
    (…) In der vergangenen Woche waren in der “Bereinigungssitzung” des Haushaltsausschusses die letzten Details beim Haushalt 2018 geregelt worden. Wegen der langen Verhandlungen bis zur Bildung der Koalition von Union und SPD wird bisher mit einem Haushalt regiert, der nur dringend notwendige Ausgaben vorsieht. Am Donnerstag soll der Bundestag die Pläne final beschließen. Bereits am Freitag will das Bundeskabinett den Entwurf von Scholz für 2019 beschließen – bis zum Herbst soll der Bundestag hierüber beraten und ihn schließlich verabschieden.
    Quelle: n-tv
  6. Bundeswehr: Noch mehr Geld!
    Die FAZ berichtet, Finanzminister Olaf Scholz habe eingewilligt, den Rüstungshaushalt um noch einmal deutlich mehr aufzustocken, als die ohnehin bereits vorgesehenen 4 Mrd. Euro: „Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will im Streit um den Wehretat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) deutlich mehr Geld für 2019 zubilligen als bisher geplant. Dem Entwurf für den Bundeshaushalt 2019 zufolge soll der Verteidigungsetat nächstes Jahr auf 42,9 Milliarden Euro steigen. […] Das wäre ein Plus von vier Milliarden Euro gegenüber 2018 – und rund 675 Millionen Euro mehr als bisher für 2019 vorgesehen.“
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu erneut NATO: US-Brandbriefe (II) (mit Anmerkung). Wird dieses Geld, was Herr Scholz nun für die Rüstung ausgeben möchte, nicht dringend in anderen Bereichen benötigt – z.B. Infrastrukturen, mehr Personal im Öffentlichen Dienst und höhere Arbeitslosengeld II-Regelsätze? Wem nützt denn eigentlich diese Erhöhung der Militärkosten – der hiesigen Bevölkerung oder doch eher dieser US-Regierung?

  7. Der Mindestlohn hilft dem ganzen Land
    Der staatliche Mindestlohn hilft nicht nur Arbeitnehmern, die vorher Stundenlöhne von nur ein paar Euro erhielten. Er hilft durch einen Anstieg des Konsums der ganzen Volkswirtschaft. Das zeigen Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), die der SZ vorliegen. Die wirtschaftliche Leistung fällt demnach über Jahre um bis zu 0,5 Prozent höher aus.
    Das Plus beim Konsum hat einen großen Wert
    Anfängliche Vorbehalte gegen den Mindestlohn haben sich als unbegründet erwiesen, betont auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), die Lohnuntergrenze habe sich nicht zum Job-Killer entwickelt: “Der Mindestlohn nützt vielen Menschen und schadet niemandem in Deutschland.” Heil zählt auf, wer vor allem profitiert: Frauen, Ostdeutsche sowie Arbeitnehmer ohne berufliche Bildung. Wer vorher weniger verdiente, für den bedeutet die Untergrenze eine deutliche Lohnerhöhung: im Schnitt um fast 20 Prozent. Laut IMK steigen aber auch die Löhne etwas oberhalb des Mindestlohns. Und weil Beschäftigte mit vergleichsweise niedrigem Gehalt einen größeren Teil ihres Verdiensts für den Konsum ausgeben als Gutverdiener, wirken sich die Lohnsteigerungen stark aus: Sie erhöhen den Konsum um 0,5 bis 0,7 Prozent – und kurbeln so das Wachstum an.
    Die Wissenschaftler rechnen für einen Zeitraum von zehn Jahren aus: Mit Mindestlohn liegt die Wirtschaftsleistung konstant um 0,25 Prozent höher als ohne. Der Staat nimmt entsprechend durch Steuern mehr ein. Gibt er dieses Geld für zusätzliche Ausgaben wieder aus, wie es seit 2015 der Fall war, ist der Effekt des Mindestlohns sogar noch größer. Dann liegt das Bruttoinlandsprodukt konstant um gut ein halbes Prozent höher….
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung WM: Löhne eben sind nicht nur Kosten für die Betriebe, sondern auch Kaufkraft für die Volkswirtschaft. Eigentlich ganz banal. Die neoliberale Ideologie ist aber eine ganz andere. Darum funktioniert sie ja auch nicht und produziert Massenarbeitslosigkeit. Und zwar vor Allem dadurch, dass sie die Löhne niedrig hält und somit der Wirtschaft die Kaufkraft entzieht. Was dann wiederum durchsinkende Nachfrage zu neuen Entlassungen führt. Eine Spirale nach unten.

  8. Misere Arbeitsmarkt – Studieren bis 50
    In Italien sind die Folgen der Wirtschaftskrise erheblicher, verhängnisvoller und langanhaltender als in anderen Ländern
    Während Europa wächst, stagniert Italiens Wirtschaft immer noch. Seit über 15 Jahren hat sich das Pro-Kopf-Einkommen nicht wesentlich verändert. Zwar sind die Arbeitslosenzahlen im Februar 2018 auf 10,9% zurückgegangen, doch die Jugendarbeitslosigkeit steigt stetig an. Sie liegt jetzt bei 32,8%. Nur Griechenland und Spanien stehen schlechter da als Italien. Laut der Gesellschaft für Verbraucherschutz Codacons wird es noch 10 Jahre dauern, bis Italien wieder das Beschäftigungsniveau von 2007 erreicht, als die Arbeitslosenquote 6,1% betrug und die Krise noch nicht begonnen hatte.
    Die Stellenagebote sind meistens skandalös: unterbezahlt, projektbasiert, auf wenige Monate oder sogar Wochen begrenzt. Oft antworten Tausende von Bewerbern auf eine ausgeschriebene Stelle. Besonders Akademiker verkaufen ihr Arbeitspotential meist unter Wert. Korruption, Klientel- und Vetternwirtschaft herrschen landesweit, jedoch gibt es immer noch ein starkes Nord-Süd-Gefälle; während es im Norden wieder wirtschaftlichen Aufwind gibt, hält die Konjunktur im Süden nach wie vor an.
    Der Arbeitsmarkt ist von Unsicherheit und Prekarität, aber auch von veralteten Vorstellungen geprägt. Niemandem würde es hier einfallen zu protestieren, oder einen unterbezahlten Job einfach nicht anzunehmen; schon gar nicht, wenn es sich um eine öffentliche Anstellung in der Heimatstadt handelt. Es herrscht nach wie vor der Mythos der festen, unbefristeten Anstellung, wobei es ganz gleichgültig ist, auf welchem Niveau und bei welcher Institution oder Firma. Besonders begehrt sind auch bei Akademikern Stellen als Postbote oder als Pförtner. Man hat ja dann ein Leben lang Zeit, sich zum Direktor hochzuarbeiten.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Jens Berger: Warum hört man in den deutschen Medien so wenig von der tiefen Krise, die Südeuropa im Griff hat? Vielleicht würden einige unserer Mitbürger ja dann auch die „Erfolge“ von Angela Merkel anders bewerten und mehr Verständnis für diese und jene politische Forderung aus Italien haben.

  9. Altersarmut: Sie kochen Kohlrabiblätter aus und heizen nur ein Zimmer
    Altersarmut trifft oft Frauen: Sie verdienen weniger und arbeiten oft in Teilzeit. Unsere Autorin erforscht prekären Ruhestand. Sie sagt: Die Pläne der Groko helfen kaum.
    (…) Die Armut bei Menschen ab 65 Jahren hat im Vergleich zu allen anderen Altersgruppen in Deutschland im Zeitraum von 2005 bis 2016 am stärksten zugenommen. Das zeigt eine Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Fast jede sechste Person im Rentenalter sei mittlerweile von der sogenannten relativen Einkommensarmut betroffen, die sich an den mittleren Einkommen aller Haushalte orientiert….
    Frauen sind besonders durch Altersarmut gefährdet, da sie auch ihr ganzes Berufsleben lang weniger verdienen als Männer.
    (…) Wie überleben allein wirtschaftende ältere Frauen mit ihrer geringen Erwerbsrente nun aber in teuren Städten wie München – wo die durchschnittliche Rente kaum für die Anmietung einer Ein-Zimmer-Wohnung reicht?
    Der durchschnittliche Bedarf der Grundsicherung lag im Dezember 2015 laut dem fünften Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung bei 785 Euro. Die Grundsicherung ist in teureren Großstädten zwar höher, weil das Existenzminimum für jeden individuell berechnet wird. Aber sie reicht in teureren Städten bei Weitem nicht aus, um ein würdiges Leben zu führen. Der Alltag der Frauen, mit denen wir gesprochen haben, war geprägt von Ängsten und Sorgen, die nicht mit zehn Prozent Rentenerhöhung behoben wären. Ganz oben: aus ihrer Wohnung raus zu müssen, weil eine Miet- oder Nebenkostenerhöhung droht oder sie dann zu teuer ist für die Bezuschussung des entsprechenden Amtes. Umziehen im Alter mit beginnenden körperlichen Einschränkungen? Wohin denn? Die Frauen haben ihr Netz aus Ärzten, Helfern und Freunden über Jahre rund um die Wohnung aufgebaut, die inzwischen auch der zentrale Rückzugsort ist. Ein Umzug aufs billigere Land würde sie de-integrieren, denn nur in diesem gewohnten Nahraum können sie den Alltag im höheren Alter noch allein bewältigen. Sozialwohnungen, zumal in einer Großstadt wie München, sind Mangelware.
    Quelle: Zeit
  10. Über wie viele Brücken muss man gehen?
    (…) Deutschland und Europa waren und sind aus Sicht der USA ein „Brückenkopf in Eurasien“, wie das Zbigniew Brzezinski in seinem geopolitischen Manifest „The Grand Chessboard“ nannte. Die Luftbrücke war die Instandhaltung dieses Brückenkopfes. Die Aktion diente vor allem als Machtdemonstration gegen die UdSSR, so wie die Blockade eine Machtdemonstration von der UdSSR war, auch wenn die „Rosinenbomber“ besonders für die Berliner viel mehr bedeuteten. Aber die Dankbarkeit der Deutschen ähnelte auch dem Anhimmeln des Klassenlehrers durch den Klassenstreber und die Großzügigkeit der USA dem guten Herzen eines Unternehmers, der in seiner Region eine Halfpipe für die Jugend finanziert.
    Die augenblickliche Manifestation dieser Luftbrücke ist die US Air Base in Ramstein, der größte Militärflughafen der USA außerhalb Amerikas. Ramstein und die Rosinenbomber sind zwei Seiten einer Medaille, die man „Projektion der US Luftmacht in Europa und Eurasien“ nennen kann.
    1989 bleibt ein historisches Datum. Die mühsam errichteten Fußgängerbrücken der Entspannungspolitik über den Eisernen Vorhang waren mit einem Schlag überflüssig geworden. Die Mauer wurde Geschichte. Im einstigen Ostblock herrschte eine politische Lichtgestalt, Michail Gorbatschow, dem Frieden und Freiheit wirklich viel bedeutete…
    Leider bemerkten wir alle im Freudentaumel nicht, dass damals nicht der Weltfrieden ausgebrochen war, sondern die USA das Ende der Geschichte ausriefen, den totalen Endsieg. Sie hatten gewonnen. Der Westen hatte gewonnen. Der Finanzkapitalismus hatte gewonnen.
    Quelle: Dirk Pohlmann auf KenFM
  11. Polizeigesetz in Nordrhein-Westfalen zeigt Tendenz zu Obrigkeitsstaat
    Attac ruft zu Großdemonstration am Samstag in Düsseldorf auf
    Nein zum neuen Polizeigesetz NRW“ werden am Samstag in Düsseldorf Tausende Menschen sagen und für die Verteidigung ihrer Grund- und Freiheitsrechte auf die Straße gehen. Attac ruft mit zu der Großdemonstration auf. Die Proteste finden darüber hinaus breite gesellschaftliche Unterstützung aus außerparlamentarischen Initiativen, der Politik, Gewerkschaften sowie von Jurist*innen, Fußballfans und Einzelpersonen.
    Entzug von hart erkämpften Freiheitsrechten
    „Die Verschärfung des Polizeigesetzes ist Teil einer reaktionären Dynamik: Hart erkämpfte Grundrechte und bürgerliche Freiheiten werden uns wieder genommen – in Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland“, sagt Sabine Lassauer, Attac-Vertreterin im Bündnis „Nein zum neuen Polizeigesetz NRW“. „Auch weltweit rücken Staaten und Gesellschaften nach rechts, ziehen Mauern hoch und schrecken selbst nicht davor zurück, die eigenen Bürgerinnen und Bürger bis in den letzten Winkel ihrer Privatsphäre zu kontrollieren. In Düsseldorf wollen wir diesem Rückwärtstrend entgegenstehen – friedlich, aber entschlossen“.
    Die Proteste haben bundesweite Bedeutung: In 15 der 16 deutschen Bundesländer sind Verschärfungen der Polizeigesetze geplant oder bereits beschlossen. Sie sind angelehnt an die Verschärfung des BKA-Gesetzes im Sommer 2017. Mit dem im Mai beschlossenen Polizeiaufgabengesetz (PAG) ist Bayern sogar noch über das BKA-Gesetz hinausgegangen und hat neue autoritäre Maßstäbe gesetzt.
    Quelle: Attac
  12. „Es darf hier kein Schlussstrich sein“
    Nach mehr als fünf Jahren NSU-Prozess sprechen heute die Angeklagten ihre Schlussworte. Nächste Woche könnten die Urteile fallen. Für Nebenklage-Anwalt Sebastian Scharmer kein Anlass, zufrieden zu sein: So sei die Rolle von V-Männern und Unterstützern des NSU nicht ermittelt worden.
    Scharmer, der die Tochter des Dortmunder NSU-Opfers Mehmet Kubaşιk vertritt, übt scharfe Kritik an der Bundesanwaltschaft: Diese hätte nach Mittätern, Unterstützern und Beihelfern des NSU schauen müssen. Das behaupte sie zwar immer wieder zu tun – “nur sehen wir seit insgesamt fast sieben Jahren nach der Selbstenttarnung des NSU relativ wenig”. Bis heute würden Anwälten und Mandanten Informationen und Akteneinsicht verweigert:
    “Das ist natürlich ein eklatanter Widerspruch zu dem Versprechen auch von Angela Merkel damals im Jahr 2012, die gesagt hat, sie werde alles tun, um die Hintermänner und Mittäter zu finden und zur Verantwortung zu ziehen. Davon sieht man heute nichts mehr.”
    “Das Netzwerk gibt es”
    Schwere Vorwürfe erhebt der Anwalt gegen das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz: Sie hätten kein Interesse an weiteren Ermittlungen, “warum eigentlich die ganze Zeit V-Leute um diesen NSU herum” gewesen seien – “und trotzdem nichts unternommen wurde, um die Mordserie und die Anschläge zu stoppen”.
    Dass voraussichtlich kommende Woche Beate Zschäpe und die weiteren Angeklagten verurteilt würden, begrüßt Scharmer. Allerdings:
    “Das ist nur ein sehr kleiner Teil von exponierten Personen eines größeren Netzwerks. Es darf – und das ist uns auch ein wichtiges Anliegen, das nochmal klar zu sagen: Es darf hier kein Schlussstrich sein unter dem NSU-Komplex als solches, denn das Netzwerk gibt es. Und das muss man ausfindig machen.”
    Quelle: Deutschlandfunk
  13. Die Ohnmacht der Wettbewerbshüter gegen digitale Preisabsprachen
    Die Monopolkommission warnt vor dem wachsenden Einsatz intelligenter Computersysteme. Diese lassen sich zu verdeckten Preisabsprachen nutzen. – und stellen Kartellrechtler vor eine schier unlösbare Aufgabe.
    In ihrem aktuellen Hauptgutachten, das Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in Berlin übergeben wurde, warnt die Kommission vor dem Einsatz intelligenter Computersysteme, mit denen Unternehmen zum Beispiel im Online-Handel die Preise festsetzen – und sich dabei bei deren Höhe absprechen. Abmachungen zwischen Menschen sind dabei nicht mehr nötig. In den Fällen, die der Monopolkommission aufgefallen sind, kommunizieren die Systeme zur Preisgestaltung selbstständig miteinander.
    Die Kommission hat festgestellt, dass Unternehmen ihre Preise zunehmend über Algorithmen festsetzen würden, wobei immer öfter selbstlernende Systeme, also künstliche Intelligenzen, eingesetzt werden. Diese Algorithmen sind in der Lage, sich mit denen anderer Wettbewerber zu koordinieren, etwa um gemeinsam höhere Preise durchzusetzen – ganz ohne menschlichen Einsatz.
    (…) „Absprachen“ können auch durch gleiche Software passieren
    In diesen Fällen müssen die Händler selber gar nicht mehr aktiv eine Entscheidung zur illegalen Kooperation treffen und sich absprechen – sie müssen lediglich den gleichen oder zumindest einen ähnlichen Algorithmus einsetzen. Das kann auch unabsichtlich geschehen; etwa wenn mehrere Händler dieselbe Technologie beim gleichen Softwarehaus einkaufen. „Die Entdeckung kollusiven Verhaltens aufseiten der Unternehmen durch Kartellbehörden ist regelmäßig schwierig“, räumt die Kommission daher ein.
    Quelle: Welt

    Anmerkung WM: Damit wird das neoliberale Märchen der unsichtbaren Hand und der sich selbst regulierenden Märkte endgültig ad absurdum geführt.

  14. Civil Unrest Is Here: Violence Erupts In American Streets As Progressive Leaders Urge Their Followers To “Rise Up” And Prepare For A “Summer Of Rage“
    On Friday, Michael Moore went on Bill Maher’s HBO show and suggested that the U.S. military would side with progressives in a civil war against Donald Trump. You can watch Moore make these comments on YouTube right here. The very next day, Antifa thugs violently clashed with pro-Trump conservatives that had gathered for a prayer rally on the streets of Portland, Oregon. Flash-bang grenades were thrown by Antifa activists, the police confiscated “mace, clubs, gloves with reinforced knuckles, batons, knives and handgun clips”, and many were injured and had to be taken to the hospital. The violence was so dramatic that some are actually calling this the first skirmish in America’s next civil war. Last week, a shocking poll found that 31 percent of all Americans believe that there will be a civil war in America within the next five years and that 59 percent of Americans believe that Donald Trump’s opponents will resort to violence. But after the events of this past weekend, we no longer have to wonder if civil unrest is coming to America. Civil unrest is already here, and it is going to get much worse in the months ahead.
    The next several months are being billed as a “summer of rage”. Progressive leaders continue to insist that they are “the majority” and that it is time for them to “start acting like the majority”.
    Of course they aren’t talking about mobilizing voters and taking the country back at the polls in November.
    Instead, they are talking about more direct action.
    Quelle: The Economic Collapse

    Anmerkung W.M.: So formiert sich nun auch der Widerstand in den USA. Und er scheint eine neue, andere Dimension und Qualität als Occupy Wall Street im Jahre 2011 anzunehmen. Mit den Occupy Wallstreet Protesten ist man leicht fertig geworden. Der US Regierung hat sie allenfalls ein müdes Lächeln abgerungen. Ist jetzt Schluss mit Lustig, wird es jetzt ernst?

  15. Wer “Transitzentren” sagt, sagt auch “Asyltourismus”
    Der Begriff “Transitzentren” ist ein Euphemismus, der seine wahre Bedeutung verschleiert – und Flüchtlinge in die Nähe von Pauschalurlaubern rückt.
    Wo Sprache ist, da ist quasi immer auch Subtext. Vor allem dort, wo Sprache politisch wird. Zur Analyse dieser Subtexte hat sich in der Forschung in den vergangenen Jahren das Konzept des Framings etabliert. Framing meint einen Assoziations- und damit Deutungsrahmen für Begriffe: Wer zum Beispiel “Zitrone” hört, denkt vermutlich an “sauer” oder “gelb”. Das lässt sich politisch instrumentalisieren. Frames definieren nämlich oft ein Problem – und liefern, wenigstens implizit, auch gleich die passende Lösung. Bei einem Begriff wie “Flüchtlingsstrom” sieht man vor dem geistigen Auge beispielsweise vermutlich große Menschenmassen heranrauschen. Eine Naturgewalt und darin ein Bedrohungsszenario. Was die vermeintliche Lösung nahelegt: Abschottung.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

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