Ein weiterer Erfolg der CDU- und CSU-Strategie des Getrennt-Marschierens und Vereint-Schlagens
“Merkel und Seehofer einigen sich im Flüchtlingsstreit” – so der heutige Aufmacher meiner Regionalzeitung. Verwundert reibt sich die Augen, wer glaubte, die Unionsparteien hätten einen tiefgehenden, die Fundamente erschütternden Streit. Auch mancher Unionspolitiker wird das so empfunden haben. Aber sehr wahrscheinlich ist, dass wir es mit einem abgesprochenen Theaterspiel und dem dazugehörigen Theaterdonner zu tun haben. Das dient der Profilierung der CSU im Blick auf den bevorstehenden Landtagswahlkampf. Und auch Frau Merkel konnte sich wieder als die Mutter der offenen Arme präsentieren. Auf den NachDenkSeiten haben wir die Doppel-Strategie der Union schon des Öfteren analysiert. Jens Berger hat am 18. Juni für den Streit um die Flüchtlingspolitik genau dies prognostiziert. Siehe hier. Dort wird auch auf frühere Fälle der Anwendung dieser Strategie aufmerksam gemacht. Albrecht Müller.
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CDU und CSU und ihr Führungspersonal haben die Theateraufführung fantasievoll arrangiert. Da wurde aggressiv gepoltert. Da gab es ernste Gesichter der verschiedenen Schauspieler. Da wurden Vorstandssitzungen parallel in München und in Berlin abgehalten. Der Koalitionspartner SPD erschien durchgehend als subaltern, ohne Bedeutung. Da drohte der CSU-Vorsitzende und Innenminister Seehofer damit, alle seine Ämter niederzulegen. Und am nächsten Morgen war alles geklärt. Bis zum nächsten Theaterdonner.
Reihenweise haben sich Journalisten, die etwas von sich halten, mit diesem Konflikt beschäftigt und ihn dabei als durchaus und grundlegend ernsten Konflikt beschrieben, und entsprechend kommentiert. Es war ja auch verwirrend, das muss man zugeben.
P. S.: Es gibt auch andere Einschätzungen: Willy Wimmer (CDU) hat mir gestern zum Thema Folgendes geschrieben:
„Merkel ist am Ende und das aus zwei Gründen. Einmal die Haltung der Fraktion, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen, weil die jeweiligen Führungen es nicht können. Das ist die umgekehrte Vertrauensfrage.
Die jetzige Entscheidung über Transitzentren ist die Wende in der Migration. Jeder im In- und Ausland muß jetzt davon ausgehen, daß man innerhalb der Parteien, die die Regierung bilden, die bisherige Merkel-Politik in Sachen Migration grundsätzlich verändern will. Wenn Merkel so zum NATO-Gipfel fährt, wird sie von Krokodilstränen der üblichen Verdächtigen begrüßt. Das hält niemand aus und bei Merkel addiert sich der seit langem aufgestaute Unmut über viele Politikfelder.“
Richtig an dieser Beobachtung von Willy Wimmer ist, dass Frau Merkel bei diesem Spiel insgesamt auch ein Stück verloren hat. Das hängt aber nicht am Streit mit der CSU. Das folgt aus den objektiven Schwierigkeiten, die BK Merkel mit ihrer Flüchtlingspolitik in Europa hat.