Leserbriefe zum Parteitag der Linken
Der Parteitag der Linkspartei, der letztes Wochenende in Leipzig stattfand, wurde von den NachDenkSeiten u.a. in diesen Artikeln behandelt: „Parteitag Die LINKE – Moralisches Tribunal und Steilvorlage für Wagenknechts Sammlungsbewegung, Rätselhafte Fragenattacke nach der Rede von Sahra Wagenknecht – des Rätsels Lösung: auch die Linkspartei ist fremdgesteuert” und „Nun stimmt auch noch Gregor Gysi in den Schwanengesang vom Auslaufmodell „Nationalstaat“ ein”.
Diese Artikel erzeugten eine überaus große Resonanz, die ein breit gefächertes Meinungsbild darstellt, welches die NachDenkSeiten ihren Lesern nicht vorenthalten wollen. Es gibt auch mal wieder einige interessante Links und genug Stoff für hoffentlich fruchtbare Diskussionen. Zusammengestellt von Moritz Müller.
1. Leserbrief
Liebe NDS,
es gibt nur einen Satz der den Linken Parteitag zu erwähnen ist: Menschenrechte,ja – offene Grenzen für alle – nein. Wer das nicht akzeptiert der verstößt gegen internationale Verträge unter anderem der Genfer Konvention die keine bedingungslose Einwanderung das Wort redet. Nein sie fordert sogar die Rückkehrpflicht für vertriebene damit dem Aggressor keinen Gewinn von seiner Aggression hat wie bei Myanmar und auch Israel die mit Absicht Palästinenser vertreibt,foltert und ermordet.
Als Arbeiter verstehe ich die AntiFa nicht die US und Israels Kriege gut findet und die verteidigt und mit dem oofenen Grenzen Quatsch nur verlieren kann. Die AfD freut sich schon weil Höcke schon am 1.2.2018 äusserte das eine Sozialpolitik die die Rentenkürzungen und Krankenkassenkürzungen als Chance begreift die Unzufriedenen, die recht haben, zu erreichen und damit wohl endgültig zu einer Volkspartei würden die 30% übersteigen würde. Wann begreifen das die sPD/Grünen und die Linken endlich.Ihr seit die Schuld die der AfD die Bürger in die offenen Arme treiben. Ich sehe weder intellektuelle noch Eliten ich sehe nur noch linke Ideologen die ihr Volk vergessen und sich dann wie Kleber fragen warum wirkt meine Propaganda nicht.
Wir sind das Volk!!! Aber das haben wohl alle schon vergessen und machen für alle Poilitik ausser für uns den Wähler und das deutsche Volk. Wer Millionen Migranten ins Land lassen will und jetzt schon zu wenig Wohnungen hat, der sollte wissen was das für eine Stimmung erzeugt wenn Millionen Deutsche dann auf die Straße gehen und dieses massiv bekämpfen. Und in dieser Stimmung die AfD dann ihre Sätze ablässt.Wir sind nicht mehr weit weg von einem Aufstand aber wenn die Traumtänzer der AntiFa wirklich ihren Schwachsinn durchbringen, fegt ein Sturm über Deutschland und der bildet sich gerade über Europa und der Welt.
Und das sagt ein Linker,Gewerkschafter und Bürger der die Demokratie liebt und gerade wie der Hase vor der Schlange steht und diese Eliten,Medien,Politiker und Wirtschaftsbosse weder begreift noch für diese Fake News Propaganda auch nur einen Finger rühren will. Uns fehlen Politiker eines Schlages wie Brandt, Schmidt und Egon Bahr. Manchmal erwische ich mich dabei wenn ich denke “Wann fangt ihr endlich an diesen Massenvernichtungskrieg endlich zuführen das wir´s hinter uns haben”. Ich bin es leid mit inkompetenten, bildungsfernen Eliten zu disskutieren und in ihren leeren augen zu sehen das nichts dahinter steht,rein gar nichts!!!
MfG
André Gaida
2. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Albrecht Müller, Sie schreiben:
“In meiner langjährigen aktiven Zeit in der Politik habe ich an mehreren Fällen erlebt und studieren können, wie die Einflussarbeit auf einzelne Parteifreunde und auf Gremien läuft. Was sich in den vergangenen Wochen und Monaten bei der Linkspartei abspielt, habe ich mehrmals auch bei SPD und den Grünen erlebt.
Deshalb kann ich den NachDenkSeiten-Leserinnen und -Lesern nur dringend empfehlen, die zuvor angedeutete und in vielen Dokumenten wie den zitierten beschriebene Steuerung durch andere Mächte ernstzunehmen und als Erklärungsmuster jedenfalls mit durchzuprüfen. Andernfalls versuchen sie Dinge und Vorgänge objektiv zu erklären. Das geht oft nicht. Sie werden das Verhalten von Joschka Fischer, von Fücks, von Gysi, von Kipping und vielen mehr nicht erklären können, wenn Sie die Möglichkeit der Fremdbestimmung ausschließen.”
Ich möchte Ihnen in dieser Frage keinesfalls widersprechen, sondern versuchen meine Meinung zum Thema Sahra Wagenknecht deutlich zu machen. In dem Sinne denke ich, das Ihrer Ausführungen eine weitere Sichtweise hinzugefügt werden sollte!
Doch zuerst eine kurze Vorbemerkung!
Ich habe als Parteiloser diesen Parteitag der Partei die Linke verfolgt, und muss als allererstes meine Empfindung dazu loswerden. Der Umgang der Parteimitglieder, vom Vorstand bis zur Basis mit Sahra Wagenknecht, hat mich sehr betroffen gemacht. Ich habe eine Weile gebraucht um den Affront der da abgelaufen zu verstehen und noch länger habe ich gebraucht die inhaltlichen Differenzen zu verstehen.
Nun wo ein bisschen Zeit vergangen ist, fange ich an zu begreifen, das die Partei die Linke Strategie und Taktik der Parteiarbeit offensichtlich nicht richtig erkannt hat oder zumindest Fehlinterpretiert. Ob eine Fremdbestimmung vorliegt klammere ich hier erst einmal aus, sage aber das auch das zu beachten ist!
Die Geister scheiden sich offensichtlich bei der Partei die Linke am Umgang mit den Fragen von Migrations- und Flüchtlingspolitik. Dabei geht es aber vordergründig um die Frage des Verständnisses des Begriffes Internationalismus!
Die einen G. Gysi und K. Kipping betonen den Internationalistischen Charakter der Partei die Linke um das Thema für sich stimmig zu machen, während die andere Sahra Wagenknecht und Ihrer Mitstreiter die Frage aus nationaler Sicht betrachtet. Die einen fordern deshalb keine Flüchtlingsbegrenzung, die anderen sagen es geht nicht anders. Ich denke daraus erwächst der interne Streit in der Partei die Linke. Und wenn das so ist, dann möchte ich die Frage mal aus meiner Sicht beantworten: Ich bin Antifaschist und Internationalist, Rassismus ist für mich ein Fremdwort. Wer so etwas einem Linken unterstellt, nur weil er eine andere Auffassung vertritt, sollte seine Haltung selbst einmal überprüfen.
Nun aber zur Sache selbst. Als Antifaschist und als Internationalist stelle ich hier fest das G. Gysi in seiner Rede betont hat, das er in der Partei die Linke ist, weil unter anderem gerade der Internationalismus für Ihn von großer Bedeutung ist. Er begründet dies mit dem marxschen Satz: “Proletarier aller Länder vereinigt euch” Dieser marxsche Satz ist die strategische Grundlage um das Ziel des Kommunismus zu verwirklichen. ich denke soweit wird auch G. Gysi meinen Gedanken folgen können.
Aber die gesellschaftlichen Bedingungen um auf dieser Grundlage Entscheidungen zu treffen sind real gar nicht vorhanden. Jetzt könnte der Einwurf kommen, siehe EU. Dann antworte ich: Die EU ist ein Konstrukt des Machtinstruments des Kapitalismus um mit der Globalisierung seine eigenen egoistischen Interessen zu verwirklichen. Soll heißen, Globalisierung hat nichts mit Internationalismus zu tun. Internationalismus basiert im Kern auf der Mehrheit der Menschen in jedem Volk und sein wichtigstes Instrument zur Veränderung gesellschaftlicher Denk und Verhaltensweisen, ist die antiimperialistische Solidarität.
G. Gysi selbst stellt als Vorsitzender fest, das die Linke in der EU 7 Parlaments – Sitze hat. Und damit wollen wir den Internationalismus zur Grundlage all unseres Handelns in einem Nationalstaat machen?
Solange der Nationalstaat existiert wird der Internationalismus nur mit den Mitteln der antiimperialistischen Solidarität wirklich etwas bewegen. Das muss man zur Kenntnis nehmen.
Wenn der Internationalismus gesiegt hat, gibt es keine Nationalstaaten mehr. Und Solidarität heißt helfen und unterstützen. Antiimperialistische Solidarität heißt, Kampf gegen Unterdrückung, gegen Ausbeutung, gegen Krieg und Hilfe für die Opfer die daraus erwachsen sind. Um es ganz einfach zu sagen, woher nimmt die Linke die Kraft in der EU, allein den Menschen in der EU zu helfen (Siehe Griechenland etc.)? Außer der scharfen Kritik die auch für die Öffentlichkeit wichtig ist und der Bekundung zur Hilfe und zur Solidarität, fällt die direkte Hilfe gegenüber dem den es betrifft eher karg aus. Das soll keine Kritik an der Partei die Linke und an denen sein die sich tagtäglich für die Hilfe und Unterstützung anderer einsetzen, sondern aufzeigen wo Anspruch und Realität Ihre Grenzen finden. Ihre Grenzen bestehen in den einzelnen Nationalstaaten selbst. Die Globalisierung ändert nichts daran, Globalisierung polarisiert und verschärft die gesellschaftliche Entwicklung in jedem Staat, wie wir es selbst erfahren müssen. Und Globalisierung mit Internationalismus in einen Topf zu werfen wäre das Ende jeder linken Bewegung! Hier und genau hier beginnt eine mögliche Fremdbestimmung für die Linke. Dem muss die Linke sich entgegenstellen. Sahra Wagenknecht, denke ich geht in dieser Frage nicht vordergründig vom Internationalismus aus, steht aber trotzdem mit beiden Beinen auf der Erde, in der Realität. Und die objektive Realität bestimmter Entwicklungen zu erkennen und im Sinne der Wirksamkeit der antiimperialistischen Solidarität zu nutzen, ist nach meinem Verständnis eine der wichtigsten Aufgaben eines Internationalisten. Sie hat erkannt, das aller Kampf für Verbesserungen in unserem Land auf der Grundlage der Nationalstaatlichkeit in den einzelnen Ländern erfolgt und versucht deshalb die Öffentlichkeit und nicht nur die Linke für das Thema aufnahmefähig zu machen. Und Frau Wagenknecht geht von dem real machbaren aus. Was kann die Linke an Kraft, der Neoliberalen kapitalistischen Welt entgegensetzen? Sich dieser Frage ohne Euphorie oder Neid immer wieder zu stellen und diese immer neu zu beantworten, ist eine Grundlage für den wirkungsvollen Kampf, gegen dieses System der Ausbeutung und Unterdrückung.
Der Untergang des sogenannten Sozialismus ist auch ein Ergebnis von falsch verstandenem Internationalismus, der den Sozialismus in einem Land für möglich erklärt hat und somit die Interessen der einzelnen Völker auf nationale Eigenständigkeit missachtete. Was ist sinnvoll und machbar. Die Strategie der Partei mag vielen klar sein, aber die Taktik, wie man aus dem vorhandenen etwas entwickeln kann, das sie ihrem Ziel näher bringt, ist entweder verloren gegangen oder wird vorsätzlich verschwiegen!
Und ein Hinweis an alle Mitglieder der Linken, nehmt meine Gedanken als den Versuch einer Kritik zu dem was ich an diesem Parteitag nicht nachvollziehen kann.
Mit freundlichen Grüßen an die Redaktion der NDS
Jürgen Karsten
3. Leserbrief
Lieber Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Einschätzung zu der Einflussnahme fremder Mächte auf die Partei Die Linke. Diesen Eindruck der Unterwanderung habe ich schon lange.
Ich teile Ihre Einschätzung aufgrund folgender Faktoren:
- Es ist seit langem bekannt, dass amerikanische Dienste von außen und einheimische von innen gegnerische Organisationen unterwandern und zu beeinflussen versuchen. Dazu ist ihnen jedes Mittel recht.
- Die Verquickung des NSU mit Verfassungsschutzämtern auf Bundes- und Landesebene, die diese Nazizelle nicht nur mit Geld massiv unterstützt, sondern auch gesteuert haben, beweist die Praxis des „tiefen Staates“
- Wenn man die Debatte um die Flüchtlingspolitik verfolgt hat, dann erweist sich die Argumentation der Wagenknecht-Gegner als dermaßen absurd, dass es Ihnen um eine sachliche Auseinandersetzung gar nicht gehen kann. Derselbe Eindruck drängt sich auf, wenn man die unsäglichen Diffamierungen und persönlichen Angriffe wahrnimmt. Beides zusammen lässt nur den Schluss zu, das eigentliche Ziel ist die Zerstörung der Partei. Welcher Linke kann daran ein Interesse haben.
- Wie kann man aus der Sicht der Elite seine politischen Feinde am wirkungsvollsten bekämpfen? Indem man sie unterwandert, besticht, kauft, erpresst, aufwiegelt, der Gehirnwäsche unterzieht, spaltet, sie psychisch und physisch verletzt und ausschaltet. Es wäre vollkommen unlogisch, wenn diese Methoden nicht auch auf die Partei Die Linke angewendet würden. Dass ausgerechnet die sympathischste, klügste, populärste und überzeugendste Person Ziel dieser Angriffe ist, ist ein weiteres Indiz, dass hier Steuerung von außen aktiv ist.
Wenn man diese Erwägungen in Betracht zieht, kann man daraus eventuell eine bessere Taktik für die aufrichtigen Linken entwickeln.
Freundliche Grüße
Andreas Faber
4. Leserbrief
“Wahre Menschenfeinde sind die, die dem Menschen Maßstäbe setzen, für die er nicht geschaffen ist. Wahre Menschenfeindschaft wächst aus dem Elend der Hybris, die vom Menschen Unmögliches verlangt.” (Aus dem Nachwort zu Gullivers Reisen, Reclam 1987)
Liebe NDS-Redaktion,
man muss sich mittlerweile wundern, wer heute den Parteivorsitz ehemaliger linker Parteien innehat. Petra Kelly und Gert Bastian würden im Grab rotieren, Willy Brandt würde es die Schuhe ausziehen. Und auch die Vorsitzenden der Linkspartei sind abgefeimte Neoliberalalas mit “progressivem Anstrich“.
Nun bin ich mit Karl Marx nicht gerade auf “du und du”, es ist mir aber bekannt, dass er einen offenen Brief an Abraham Lincoln geschrieben hat. Darin unterstützte er dessen Absicht, den Sklaven in den USA einen Teil an Bürgerrechten zuzugestehen. (Karl Marx hat nicht gesagt, die Schwarzen können/sollen alle nach Deutschland kommen, um hier ein besseres Leben zu führen). Ebenso hat er sich in einer Auseinandersetzung mit Texten von Bruno Bauer dahingehend geäußert, dass “religiöse Partikularismen” in einem modernen Staat nichts mehr zu suchen hätten. (Könnte man als Kritik an “Parallelgesellschaften” auffassen – würde heute aber von marx21 sicherlich als rassistisch verurteilt).
Xenophobie, die auch in offene Feindseligkeit umschlagen kann, ist allen Menschen zu eigen – je größer der Konkurrenzdruck, je geringer die Ressourcen, um so ausgeprägter tritt sie in Erscheinung. Freizügigkeit als erpresster menschlicher Wanderungszwang ist Unfreiheit – Illegale Einwanderung im Einzelfall zu verteidigen beweist Menschlichkeit; sie allgemein zu fördern, verrät Ignoranz und Ausbeutung.
Rassismus ist allerdings eine Ideologie, die darauf abzielt, dass zwischen Angehörigen verschiedener Ethnien bedeutsame biologische Unterschiede bestünden
(die naturwissenschaftlich objektiv nicht vorhanden sind, man spricht auch nicht mehr von Rassen sondern von Arten. Es gibt nur noch eine menschliche Art auf dem Globus – Homo sapiens), aus denen sich eine Wertigkeit der Populationen und ihrer Mitglieder ableiten lassen. Dies wäre ein nicht zu tolerierendes “elitäres Denken” a la Sarrazin.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist allerdings nicht mit Rassismus gleichzusetzen. Denn hat nicht das Bürgertum 1789 in Frankreich gesagt, “Schmarotzer”, wie Adel und Klerus raus – wir sind doch die, die das BIP erwirtschaften? Und damit gesellschaftlichen Fortschritt erst ermöglicht? Karl Marx ist allerdings aufgefallen, dass dem Proletariat die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte keine Erleichterung der harten Lebensbedingungen eingebracht hat. Die heutigen Linken haben aus den Augen verloren, wer ihre eigentlichen Gegner sind.
Eine Regierung ist eine menschliche Einrichtung im Interesse der menschlichen Gesellschaft (also im Interesse jedes Einzelnen, der zu ihr gehört). Man darf erwarten, dass die sich zur Bundestagswahl stellenden, ggf. regierungsbildenden Parteien die Interessen deutscher Staatsbürger (hier nicht gemeint im Sinne einer homogenen Ethnie, sondern aufgrund demokratischer Beschlüsse zum Staatsvolk gehörend) vertreten. Sowohl die EU als auch den Euro haben die meisten Staaten man über den Kopf ihrer Bürger hinweg eingeführt. Als Folge der Missachtung des Volkswillens ist die EU den meisten Europäern fremd geblieben. Nach den Verträgen von Maastricht und Lissabon liegt der Sinn der EU in der Durchsetzung einer neoliberalen freien Marktwirtschaft. Die EU wird aus dem Blickwinkel von Großkonzernen und –banken, Milliardären und Spekulanten betrieben. Und da findet ein Herr Gysi kein Haar in der Suppe?
Ich bin auch für “mehr Europa”. Wir hören aber nicht auf Briten (die gehören auch dazu), Deutsche, Franzosen, Italiener usw. zu sein. Der Nationalstaat ist auch heute noch die Maßeinheit der internationalen Beziehungen. Er allein bestimmt Inhalt, Ausmaß und Wirkung der internationalen Verpflichtungen, die er eingeht. Die europäische Einigung ist Mittel zum Zweck, nicht Selbstzweck. Die europäischen Staaten schließen sich freiwillig zur Verwirklichung bestimmter Ziele zusammen, die sie alleine nicht erreichen können. Der Begriff Gemeinschaft bringt das treffend zum Ausdruck. Das bedeutet, Verträge beruhen auf der Gleichberechtigung der Mitgliedstaaten. Die europäische Einigung kann nicht durch Vormachtstellung von einem oder mehreren Staaten erreicht werden. Diese Methode ist schwieriger, aber die Ergebnisse sind nachhaltiger. Die alte humanistische Vorstellung von einem Weltbürgertum ist eine Schimäre; niemand wird je Bürger der Welt sein können, wie er Bürger seines eigenen, begrenzten Landes war.
Mit vielen Grüßen
Michael Wrazidlo, Essen
5. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
ich möchte gerne kurz auf Ihren Beitrag “Nun stimmt auch noch Gregor Gysi in den Schwanengesang vom Auslaufmodell „Nationalstaat“ ein” eingehen.
Es ist sicherlich richtig, dass man bestimmte sozialpolitische Themen nur durch nationale Gesetzgebungen beeinflussen kann und wir in der europäischen Union noch weit davon entfernt sind, allein schon aus Gründen der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit, sozialpolitische Themen verbindlich für alle europäischen Staaten zu vereinbaren.
Ich denke aber, dass man dieses Thema klar von der Migrationsdebatte, innerhalb der Linken und auf den NachDenkSeiten, trennen muss. Hier stimme ich Ihnen und Ihren Kollegen der NachDenkSeiten zu, dass “offene Grenzen für alle” derzeit an der Realität vorbeigehen. Dennoch pflichte ich Gysi grundsätzlich bei, dass sozialpolitische Themen nicht mehr nur noch national geregelt werden können. Und dies liegt nicht daran, dass man zunächst selbstverständlich auf nationaler Ebene die Probleme bei Hartz IV, Mietniveau, AN-Gesetzen etc., angehen muss. Es geht um den Schritt der darauf folgt. Ohne entsprechende Mehreinnahmen durch Steuererhöhungen wie konsequente und höhere Besteuerung von Konzernen, Erhöhung des Spitzensteuersatzes, Vermögenssteuer etc. werden erhöhte sozialpolitische Ausgaben nicht finanzierbar sein, bzw. auf lange Sicht mit der gleichen Argumentation wie vor der Agenda 2010 wieder einkassiert.
Und hier kommt die internationale Ebene ins Spiel. Ich kann zwar die Steuern erhöhen, sollte ich aber der einzige Staat innerhalb der EU oder sogar Global sein der das tut, schaue ich ganz schnell in die Röhre. Und sogar wenn ich in der Lage bin noch andere Staaten zu motivieren mir es gleich zu tun, schauen wir, solange nicht alle anderen Länder mitziehen, dann gemeinsam bald in die Röhre. Denn es wird Kapital, über die Höhe lässt sich streiten, aus Deutschland abziehen und somit Investitionen verringern, Arbeitsplätze verloren gehen etc. Mir gefällt dieser Zustand auch nicht, aber leider ist unser Finanzsystem so ausgelegt und auch Deutschland davon abhängig. Oder aber natürlich man schottet sich vollkommen ab und regelt ALLES national, dann gibt es aber nicht nur keine Zitrusfrüchte mehr für uns Deutsche.
Ein Alleingang an dieser Stelle ohne internationale Kooperation, trotz aller Möglichkeiten die Effekte durch zur Not direkte staatliche Kredite an die Privatwirtschaft zu mindern, wird leider in der Sackgasse enden. Dabei sei mal der internationale Druck, insbesondere aus den USA, vernachlässigt, der mit Sicherheit einsetzen würde, wenn man nun auf einmal konsequent eine faire Besteuerung von Konzernen alleine durchsetzen wollen würde (Stichwort: Sanktionen).
Es ist daher unumgänglich sich mit anderen Staaten auf gemeinsame Steuersätze zu verständigen, um die Erhöhung auf der Einnahmeseite des Staates zu gewährleisten und nachhaltig sicherzustellen.
Ich denke aus diesem Grund ist heute eine intensivere sozialpolitische Politik schlussendlich nur durch internationale Kooperation, ähnlich wie bei Umweltfragen, realisierbar.
Mit freundlichen Grüßen
Nils B.
Antwort Jens Berger:
Lieber Nils B.,
lassen Sie mich zur Ausnahme mal philosophisch werden und frei nach Adorno in den Raum stellen: „Es gibt kein gutes Europa im falschen“. Die EU ist – spätestens seit dem Vertrag von Lissabon – ein sehr starrer Rahmen, in dem es zudem zahlreiche Checks and Balances gibt, die eine Aufweichung des Neoliberalismus verhindern. Selbst wenn es im Europaparlament – was übrigens komplett illusorisch ist – eine Mehrheit links der Mitte geben sollte, gibt es immer noch die EU-Kommission und den Europäischen Rat. Nicht die europäischen Institutionen, sondern die nationalen Regierungen, also die Exekutive auf nationalstaatlicher Ebene, hat im EU-System weitgehende Blockademöglichkeiten, die den heutigen Rahmen zementieren. Und dann kommt noch die EZB, die zwar pro forma politisch, aber keineswegs auch ideologisch unabhängig ist.
Ja, viele wichtige Gesetze und Regulierungen werden auf europäischer Ebene verabschiedet. Warum? Sehr oft, weil sich die Nationalstaaten die Finger nicht schmutzig machen wollen und unangenehme Dinge „nach Brüssel“ verschieben. In Straßburg und Brüssel wird übrigens nichts verabschiedet, was diametral mit der neoliberalen Ideologie der Deutschen in Konflikt steht. Machen wir uns da mal nichts vor. Ich bin da übrigens absolut auf einer Linie mit Jeremy Corbyn, dem ja auch von liberaler Seite vorgeworfen wird, ein „Europagegner zu sein“. Dazu hatte ich auch mal einen Artikel geschrieben, der bis heute nichts an Aussagekraft verloren hat.
Einen möglichen Ausweg zeigen da die Länder Südamerikas. Dort gibt es auch den nationalen und den internationalen Rahmen. Freilich käme keine linke Bewegung Südamerikas auf die Idee, sinnvolle Reformen innerhalb eines neoliberalen Rahmens wie der FTAA anzustreben. Nein, man hat auf nationalstaatlicher Ebene die Macht errungen und danach(!) einen eigenen, progressiven Rahmen für die internationale Ebene (Mercosur und auch ALBA) geschaffen, in dem man die Möglichkeiten auch hat, seine Ideen und wünsche zu realisieren.
Beste Grüße
Jens Berger
6. Leserbrief
Liebe Nachdenkseitenmacher,
Ihr Artikel bestätigt meine Sicht auf die Rede von Gregor. Ein Satz jedoch hat mich am meisten erschüttert und ich wundere mich das ich bis jetzt in keinem Medium darüber etwas entdecken konnte.
Zitat aus der Rede Gregor Gysi:
„Ich sage euch ganz offen, auch rechte Bewegungen können sich für soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit innerhalb einer Nation einsetzen. Aber sie werden das nie über die nationale Grenze hinaus tun. Und deshalb ist die Frage des Internationalismus eine Kernfrage der linken Bewegung.“
Meine Meinung: Damit spricht er rechten Bewegungen (zur Zeit denkt man sofort an die AFD) ganz offen die soziale Kompetenz und deren selbst verbreitete Absicht, soziale Gerechtigkeit herzustellen, zu.
Das ist doch Wahnsinn. Wenn ich mich kurz in einen durchschnittlichen AFD-Wähler hineinversetze dann denkt dieser Wahrscheinlich: „ Siehste, selbst der Gysi sagt das die AFD eine soziale Bewegung ist. Also warum sollte ich eine abgehobene Linke wählen die sich vornehmlich mit sich selbst beschäftigt während mich die AFD direkt und persönlich anspricht.Und was den internationalen Gedanken angeht: wenn in jedem Land eine rechte Bewegung/Partei sich um die sozialen Belange der eigenen Bevölkerung kümmert dann ist am Ende auch für alle gesorgt.“
Ich kann mir nicht vorstellen das ich mit dieser Sichtweise alleine dastehen soll.
Falls Sie jedoch der Meinung sind das ich mit meiner Interpretation der Wirkung dieses Satzes von Gregor daneben liege ignorieren Sie diese E-Mail einfach.
mit freundlichen Gruessen
Frank Schrage
7. Leserbrief
Sehr geehrte NDS-Macher,
sehr geehrter Herr Berger,
im Grunde sind Nationalstaaten kein Auslaufmodell, sondern ein Irrweg der Geschichte, der folgerichtig immer wieder in diverse Sackgassen geführt hat; das Nationalstaatsmodell hat seit seiner Etablierung – nicht allein verantwortlich natürlich aber doch in erheblichem Maße – zu den größten Katastrophen der jüngeren Geschichte beigetragen. Das ist der eine Teil der Wahrheit. Der andere: Nationalstaaten waren einmal eine große Hoffnung emanzipatorischer Kräfte und schienen ein Weg zur Befreiung aus Fremdbestimmung und Tyrannei. Die Vorgänger waren oft ziemlich “international”, vor allem in dem Sinn, dass ethnische, religiöse oder sonst wie konstituierte Gruppierungen unter der Herrschaft eines Übervaters befriedet und zur Verfügungsmasse gemacht wurden.
Der Blick in die Vergangenheit ändert natürlich nichts daran, dass wir die Nationalstaaten jetzt nun mal haben und vorerst damit zurechtkommen müssen; er zeigt auch, dass “Nicht-Nationalstaat” beileibe nicht automatisch eine Verbesserung bedeuten muss.
Als Fernziel ist die Überwindung der Nationalstaaten durchaus eine ernstzunehmende Perspektive; aber Forderungen, im Laufe der Jahrzehnte in einem Teil der Nationalstaaten mühsam erstrittene Gestaltungsmöglichkeiten an irgendeinen Internationalismus abzutreten, erscheinen mir, gelinde gesagt, sehr kurzsichtig.
Welche Legitimation haben diese internationalen Gebilde? Wessen Interessen vertreten sie? Wie weit reicht ihre Gültigkeit? Wer gehört nicht dazu und warum? Was ist überhaupt jeweils die Grundlage des Zusammenwirkens? usw.
Nichts davon ist beantwortet, nichts davon wird diskutiert. Internationale Zusammenschlüsse werden für kleinkarierte, nationalstaatlich begrenzte, Zwecke instrumentalisiert. Leider offenbar auch bei der Linkspartei.
MfG
Alfred Grahammer
8. Leserbrief
Sehr geehrtes NDS-Team,
zum Artikel “Nun stimmt auch noch Gregor Gysi in den Schwanengesang vom Auslaufmodell ‘Nationalstaat’ ein” von Jens Berger möchte ich nur kurz anmerken, dass mich Gysis Verhalten, eine potentiell eher neoliberale Dystopie als eine linke (machbare) Utopie zu verkaufen, stark an seine
Rolle bzgl. der LINKEN Forderung nach einem Raus aus der NATO erinnert.
Siehe hierzu hier und hier.
Mit besten Grüßen,
Marco Merten
9. Leserbrief
Lieber Herr Berger,
kleine Ergänzumg zu Ihrem – wie immer – hervorragenden Artikel:
„Internationalisierung“ durch „Abschaffung der Nationalstaaten“ ist ein Widerspruch in sich und deshalb Blödsinn. Der Begriff “international” (zwischenstaatlich) setzt zwingend Nationalstaaten voraus. Wenn es keine Nationalstaaten mehr gibt, dann gibt es auch keine Internationalität mehr. Internationalität kann deshalb nur heißen, sich zwischen-staatlich zu verständigen bzw. zusammenzuarbeiten. Hat je eine internationale Arbeiterbewegung die Abschaffung der Grenzen und Nationalstaaten verlangt?
Mit freundlichen Grüßen
Jutta Mertins
10. Leserbrief
Liebes Team,
Klasse Artikel von Tobias Riegel, der ebenfalls deutlich macht, wie “Die Linke” sich selbst zerteilt. Sie ist nicht zu retten und denkt auch nicht daran, sich retten zu lassen. “Am Linken Wesen soll wahrscheinlich jetzt die Welt genesen” und Merkel freut es, die Wirtschaft freut es, dass jetzt wieder Sklavenhalterei betrieben werden darf. Wären nur die Gewerkschaften stärker und eindeutiger auf der Seite der Arbeitnehmer, bräuchten wir die Linke und auch die SPD gar nicht.
Wie Die Linke nun weiter leben will, nach so viel Gemeinheiten – keine Ahnung, für mich jedenfalls nicht mehr wählbar. Irgendwie muss man ja selber auch sehen, aus diesem Durcheinander und Hickhack von täuschenden Linken heraus zu kommen.
Beste Grüße
Karola Schramm
11. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
auch wenn es leider vermutlich nichts nützt, so doch noch einmal ein paar Anmerkungen zur ihren Versuch eines nationalen Rückzugs.
Dieser ist allein schon von den Fakten her Unsinn.
- WIRTSCHAFLICH: Von der Pflege bis zum Wohnungsbau stellen ausländische Anleger und Käufer in Deutschland einen immer größeren Anteil dar. Nach Angaben der Bundesbank gehen mehr als 50 Prozent der Dividenden mittlerweile an ausländische Anleger. Gysi hat also Recht, das nationale Borniertheit nicht mehr den Anforderungen an eine linke Politik entsprechen kann – eben auch und gerade im Sozialbereich.
- RECHTLICH hat sich Deutschland bereits Brüssel rechtlich untergeordnet, allerdings versucht die Bundesregierung aus Europa eine deutsche Angelegenheit zu machen. Auch hat das Bundesverfassungsgericht sich – mit Verweis auf die Präambel des GG – immer mehr dem EU-Recht untergeordnet. Etwas daneben ist deshalb auch das Lob der nationalen Demokratie. So war sogar der EuGH in der letzten Zeit führend bei der Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung oder des reaktionären deutschen Kirchenrechts.
- MIGRATION: Hier wird stereotyp auf Corbyn, Sanders usw. verwiesen. Für Deutschland zumindest waren die Migranten, was den gewerkschaftlichen Kampf betrifft, stets eine große Stütze (z.B. 1973 in Pierburg). Erst kürzlich verwies der ver.di-Referent Romin Khan in einem Interview daraufhin, “migrantische Kolleginnen und Kollegen übernehmen Verantwortung in den betrieblichen Interessensvertretungen, sie sind ein wichtiger Teil aktiver Belegschaften und gewinnen neue Mitglieder. Hier steckt viel Potenzial für die Zukunft der Gewerkschaften.”
Nun gut, die Arbeitbewegung mag nicht Ihr zentrales Anliegen sein. Aber hier nun sogar Gysi dafür zu kritisieren, halte ich für einen Linken total verfehlt.
In diesem Sinne
Ihr Armin Kammrad
PS. Schön wäre es auch, endlich mit den Beschimpfungen aufzuhören, wie gestern bezüglich den Vertretern von “offenen Grenzen” bei den Linken. Das hat auch Frau Wagenknecht nicht verdient, dass man nun zu deren vermeidlicher Verteidigung, ein Hauen-und-Stechen unter der Gürtellinie nachliefert.
12. Leserbrief
Lieber Jens Berger, ich stimme dir absolut zu: Jetzt und für absehbare Zeit – gerade da das große und kleine Kapital keine “Europäische Sozialunion” oder “Transferunion” akzeptieren will – ist und bleibt der Nationalstaat die einzige Basis der Gesellschaft, speziell für Sozialleistungen und entsprechende soziale Infrastrukturkosten bzw. -investitionen. Wir haben nationale Gesellschaften und ein (immer noch und für lange) nationales Denken bzw. Bewusstsein.
Selbst in multi- oder binationalen Staaten (s. die Schweiz oder Belgien) bildet sich ein gemeinsames Bewusstsein “aller Bürger” nur schwer und mit Rückschlägen heraus. Oder es folgt sogar vorbürgerlichen Trennlinien, wie Religion oder Herkunft/”Rasse” – s. Indien (Hindus gegen Muslime) oder der Mittlere Osten (Sunniten vs. Schiiten und Christen).
Solche kosmo- oder “europolitischen” Abgesänge passen gut zur neoliberalen oberen Mittelklasse. Von den Massen und insbesondere den prekarisierten Proletariern werden sie schroff abgelehnt! Deine Schlussfolgerungen sind also völlig richtig.
Aber es ist schon makaber: Das wäre oder ist nun schon die dritte Partei von links, die als “Tiger” gegen das Großkapital anzutreten versucht hat und als “Bettvorleger” desselben zu enden droht. (Zusammenfinden konnten sie sich nicht einmal, als sie rechnerisch die Mehrheit hatten im Bundestag, aber immerhin musste “man” da wieder mal den Rechtsextremismus aus der Tasche ziehen.)
Wie bei linken Politikern auch – wobei es große und sehr ehrenswerte Ausnahmen gibt ! – scheint der allgemeine Wege auch der Parteien der Linken “von links unten nach rechts oben” zu führen…
Vor rd. 50 Jahren hat sich bekanntlich Johannes Agnoli in seiner “Transformation der Demokratie” mit der Problematik des “Marsches druch die Institutionen” beschäftigt, welcher die Marschierenden mehr verformt als die Institutionen bzw. die Gesellschaft.
Es mag übrigens Zufall sein oder auch nicht: Den letzten Abschnitt der Rede Gysis mit der totalen Verdammung der Nationalstaaten hat das “nd” nicht veröffentlicht…
Freundliche Grüße und weiterhin viel Schaffenskraft!
Volker Wirth
13. Leserbrief
Moin,
meiner Meinung nach geht eher die Gruppe “offene Grenzen für alle” geschwächt aus dem Parteitag hervor. Die Reaktion nach der Rede von Sahra war für viele ein – hoffentlich heilsamer – Schock und hat einige, die sich nicht klar einer Seite positioniert haben, zum Nachdenken gebracht. Auch ist erneut deutlich geworden, wie wenig geschlossen diese Gruppe ist. Man kann dies am Beispiel Elke Breitbenbach festmachen, die als erstes nach Sahras Rede ans Mikrofon gegangen ist und sich deutlich gegen Sahra positioniert hat. Die Abschiebungen in Berlin sind von 10.000 auf etwa 1.000 zurückgegangen. Ein Erfolg, aber auch in Berlin wird weiter abgeschoben. Das Land muss sich ja ans Bundesgesetz halten. Daher wird ja auch Elke von der No border-Gruppe scharf kritisiert. Wenn sie fragt, was sie machen soll, heißt es “Ziviler Ungehorsam”, d.h. das Land soll einfach Bundesgesetze brechen. Das ist natürlich lächerlich, aber so läuft die Diskussion. Und am Ende weiß auch Elke, wenn sich diese Gruppe durchsetzt, ist sie längste Zeit Senatorin gewesen. Und wenn die Berliner Koalition platzen würde, weil DIE LINKE in Regierungsverantwortung Bundesgesetze nicht einhalten will, wird sie auch wissen, dass dies die Wahlchancen sicherlich nicht gerade erhöhen wird. Sondern im Gegenteil.
Jetzt soll es ein Gespräch zwischen Fraktions- und Parteispitze und dann einen Art Arbeitskreis mit NGOs geben. Zwar ist (mir) noch nicht bekannt, welche NGOs eingeladen werden, aber es dürften sicherlich einige dabei sein, die die Position no border nicht uneingeschränkt einnehmen. Am wichtigsten: Katja wird dann nicht mehr umhin kommen, ihre Position darzulegen. Sie wissen ja, dass sie schon ein Einwanderungskonzept als Punktesystem vorgelegt hat. Ein solches Punktesystem macht ja nur Sinn, wenn es am Ende auch Leute gibt, die nicht ausreichend Punkte gesammelt haben. Was dann? Mir fallen da nur drei theoretische Wege ein:
- wer nicht ausreichend Punkte gesammelt hat, wird genauso behandelt wie der mit ausreichend Punkte. Das würde aber das System ad absurdum führen und es gäbe überhaupt keinen Anreiz, überhaupt Punkte zu sammeln.
- wer nicht ausreichend Punkte gesammelt hat, wird schlechter behandelt (erhält z.B. weniger Geld und Unterstützung). Dann wäre es wie bei Hartz IV: wer nicht ausreichend Punkte erhält, wäre dann – wie bei Hartz IV – schnell unterhalb des Mindesteinkommens. Dies würde dann – wie bei Hartz IV – Art. 1 GG widersprechen und wäre für die no border-Gruppe natürlich nicht hinnehmbar.
- wer nicht ausreichend Punkte gesammelt hat, wird abgeschoben. Dass dies für die no border-Gruppe nicht hinnehmbar ist, ist klar.
Für Katja aber nun ein Problem: Sie sie ist mit weniger als 2/3tel wiedergewählt worden und durch den Sonntag dürfte sie kaum Unterstützer*innen dazugewonnen haben. Eher im Gegenteil. Wenn aber aufgrund der Gespräche Katja deutlich machen muss, dass sie b) oder gar c) einnimmt, wird sie Unterstützer*innen verlieren. Wenn diese Gruppe dann aber merkt, dass selbst Elke in Berlin weiter abschiebt (abschieben muss), die Bundestagsfraktion Einschränkungen vornehmen muss und selbst die Parteispitze sagen wird, dass nicht jede*r bleiben kann, wird die “no border”-Gruppe noch einmal massiv Ärger machen, aber auch ihre Niederlage einsehen müssen. Viele werden dann wohl die Partei verlassen, was ich bedauern würde. Aber ohne Kompromissbereitschaft und mit Realitätsverweigerung ist dies wohl unvermeidlich.
Natürlich kommt hier auch meine Hoffnung heraus, aber dennoch erwarte ich dies. Man muss berücksichtigen, dass “DIE LINKE” immer noch eine junge Partei ist und solche Kinderkrankheiten nicht unerwartet sind. Am Ende erwarte und erhoffe ich, dass die Partei gestärkt aus diesen Auseinandersetzungen hervorgehen wird. Sahra sollte daher weiter ihre ganze Kraft in die Stärkung der Partei setzen und sie nicht in den Aufbau einer weiteren Organisation, die meines Erachtens nicht erfolgreich sein wird, verschwenden.
Freundliche Grüße
XY
14. Leserbrief
Liebe Nachdenkseiten,
vielen Dank für die ausführlichen Berichte und Videos über den Parteitag der Linken. Ich habe mir so ziemlich jeden Beitrag genau angeschaut und bin mir immer noch nicht sicher, worüber , was die Flüchtlingsfrage betrifft , genau gestritten wird. Ich stimme Sara Wagenknecht voll zu und fand ihre Rede großartig, trotzdem bin ich für offene Grenzen für alle, aber dann müßte man den Nationalstaat und den Kapitalismus schon überwunden haben und das sagt ja auch Wagenknecht.
Ich fand im Gegensatz zu Ihren Kommentaren gerade die Rede von Gysi ausgezeichnet. Ich finde, er hat eigentlich die beiden Gegensätze von Kipping und Wagenknecht zusammengeführt, indem er beide Seiten versucht hat zu verstehen. Ich stimme ihm aber nicht zu, dass Wagenknecht versucht hat, das Flüchtlingsproblem auf das Nationale zu beschränken. Vielleicht hat er das aber nicht so gemeint, es hat sich aber so angehört.
Ich finde, dass man das Flüchtlingsproblem nur auf Internationaler Ebene und gleichzeitig auf nationaler Ebene lösen muß. Das gehört zusammen. Das Geld geht dahin, wo es will, und Menschen folgen dem Geld . Das Arme und Flüchtlinge oder Migranten nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen, ist doch für alle klar. Warum streitet man?
Ich stimme Gysi zu, dass die internationale Ebene zur Linken gehört, sehe diese Haltung aber auch bei Wagenknecht, Corbyn etc. Es gehört alles zusammen. Worüber streitet man? Ist Wagenknecht gegen legale Fluchtwege? Ich konnte das nicht erkennen.
Ich bin verwirrt.
Herzliche Grüße, Maria McCray
15. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren, zunächst einmal vielen Dank für Ihre Arbeit. Aber Ihr Mangel an Selbstbewusstsein der immer mehr zur Selbstverleugnung wird ist mittlerweile existenzbedrohend für die parlamentarische und außerparlamentarische Linke. Und wenn sich nicht mindestens dies ändert, dann wird eine linke Sammlungsbewegung sehr wohl scheitern.
Die Linkspartei ist, zu Ungunsten des Flügels von Sahra Wagenknecht, tief gespalten. Und auch eine knappe Niederlage ist eine Niederlage. Umdeutungen, wie z.B. “Kipping hat mit 64 Prozent ein vernichtendes Ergebnis eingefahren” oder “Schindler musste überraschend in die Stichwahl – die gewann er dann mit nur drei Stimmen Vorsprung”, kreieren nicht nur keine linke Sammlungsbewegung sie ersticken auch die Debatte über die desaströse Lage der Linken. Die Linkspartei kann bei der Wählerschaft nicht mehr Menschen mobilisieren, sie schafft es innerparteilich nicht sich zu einigen und ihre Mitglieder attackieren sich gegenseitig.
Haben Sie schon mal davon gehört dass jemand Alice Weidel eine Torte ins Gesicht geworfen hat? Nein und wir werden so etwas auch auf absehbare Zeit nicht sehen weil die AfD effizienter geführt wird. Im direkten Vergleich attestiere ich der AfD mehr Willen zu Veränderungen und weniger Bedarf sich wohl und bequem zu fühlen.
An allen Stellen blicken die personifizierten Probleme dessen durch was als linkes Weltbild gilt. An der Basis befinden sich Personen wie z.B. Julia Schramm die sich schon wegen ihrer Tätigkeit bei der Amadeu Antonio Stiftung eine freundliche Absage verdient hätte. Julia Schramm ist auch eine der vielen Antideutschen in der Linkspartei, die mit ihrem blanken Rassismus jeden Anspruch gegen Rassismus in der Linkspartei ganz öffentlich lächerlich machen.
Und wie viel Veränderung ich von der Linkspartei erwarten kann, sieht man schon am Thüringer Ministerpräsident Bodo “der Fahne im Wind der Autobahnprivatisierung” Ramelow.
Trotz all ihrer Verfehlungen sind diese Personen aber unter den ersten, wenn es darum geht sich zu empören. Wohlbefinden und Bequemlichkeit scheinen in der Linkspartei immer wichtigerer zu werden. Konsequenzen für diese moralische Gentrifizierung sehe ich jenseits der Wahlergebnisse nicht.
Und damit wären wir auch schon bei mündigen Bürgern als blinden Fleck des linken Weltbilds. Sie nehmen die parteiinternen Widersacher einer linken Sammlungsbewegung auch dann noch in Schutz, wenn Sie von ihnen von oben herab gemaßregelt werden:
“Dass manche dieser jungen Menschen einen ausgeprägten moralischen Rigorismus und einen teils kindischen Radikalismus pflegen, kann man ihnen nicht vorwerfen: Dies sind verbreitete Ausprägungen des Alters. ”
Sie haben zwei Möglichkeiten. Entweder Sie erkennen den freien Willen des Menschen an und sehen in Menschen mehr als nur das Produkt ihrer Einflüsse. Sie setzten in Zukunft auch Selbstständigkeit und Eigenverantwortung von Menschen voraus und schwören aller Doppelstandards ab.
Oder sie bleiben beim linken Klischee des naiven Sozialklempners. Dann werden Sie bis zum Sanktnimmerleinstag Reden aus dem Elfenbeinturm halten und hören. Dann wird ihnen aber auch immer wieder dieses gescheiterte Weltbild auf die Füße fallen.
Wer Menschen aufgrund einer eingebildeten Unmöglichkeit nicht zur Rechenschaft zieht, disqualifiziert sich als Gefahr für den öffentlichen Frieden von aller staatlicher Gewalt. Wer Fehlverhalten mit vermeintlicher Unmündigkeit relativiert, forciert mindestens genau solches Fehlverhalten oder sogar schlimmeres.
- Wer Grenzen jedweder Art nicht verteidigt, braucht sich nicht wundern dass diese überschritten werden.
- Wer Extremisten und andere Feinde der Freiheit nicht in die Schranken weißt, braucht sich nicht wundern wenn es irgendwann keine Freiheit mehr gibt.
- Wer sich beim Flügelkampf erniedrigen lässt, braucht sich nicht wundern dass man Wahlen verliert.
- Wenn ein Mörder zu nur “Zwei Jahre Haft auf Bewährung” verurteilt wird, weil dieser “um sich Respekt vor seinen Freunden zu verschaffen” einen zweifachen Vater ermordet hat, dann wird das Gericht den beiden Kinder (9, 13) und der Mutter nicht gerecht und schafft einen potentiellen Wiederholungstäter.
Mit freundlichen Grüßen
Philipp Ponitka
16. Leserbrief
Lieber Her Müller,
liebe NachDenkSeiten-Macher,
was Sie über die Einflussnahme schrieben, trifft den Nagel auf den Kopf.
Ich danke Ihnen besonders auch für die Zusammenstellung der Video-Dokumente.
Sie haben schon vor einigen Jahren über solche Machenschaften berichtet. – So erinnere ich mich bspw. an den Artikel: “Eine seltsame Reaktion der Stellv. Vorsitzenden der Linkspartei auf meinen Antisemitismus-Artikel”
Und auch später öfters über die Umtriebe des Jugendverbands “solid”, des “BAK Shalom”, der Antideutschen usw. – Man mochte es fast nicht für möglich halten …
Interessant: Die diktatorische Regie führte an der entscheidenden Stelle zu diesem schändlichen Tribunal Katina Schubert (Landesvorsitzende Berlin). Die Suada von E. Breitenbach (Senatorin Berlin, also genau aus ihrem Landesverband!) ließ sie glatt durchgehen, aber den Aufruf zur Fairness von dieser tapferen türkischen Ratsfrau aus Essen hat sie strengstens abgewürgt und in stalinistischer Manier getadelt! – Das lässt sehr, sehr tief blicken!!!
Ich bin fassungslos und wütend.
Soll man die Linke wählen? – Ich wünsche mir (wie bei den Kommunalwahlen in Ba—Wü) ein Wahlrecht, wo man auf seinem Stimmzettel Personen von der Liste streichen kann! (Und jetzt mit den Möglichkeiten des Internets würde man sich auch ganz leicht informieren können, wer das wäre.)
Aber Ihnen vor allem möchte ich ganz herzlich danken, denn Ihre Informationen über diese Machenschaften sind hochwichtig.
Dank und beste Grüße
A.B.