Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Italien
- Proteste gegen Macron: “Wir weichen nicht!”
- Edward Bernays und die Wissenschaft der Meinungsmache
- Mit ökonomischem Populismus wird sich der Euro nicht reformieren lassen
- Wirtschaftswunderland. Eine Abrechnung mit der Wirtschaftspolitik von Gerhard Schröder bis heute
- Verwaltungskosten bei Hartz IV steigen und steigen
- Einkommensarme Familien werden durch Kita-Beiträge besonders stark belastet
- Panzerwerkstätten: Verkauf wäre teuer
- Angela Merkel: Die Dieselkanzlerin
- DAX-Konzerne verstärken ihre Lobbyarbeit in den USA
- EU-Außenminister fordern Neuwahlen in Venezuela
- Bürger unter Generalverdacht
- Betreiber des weltgrößten Internetknotens wirft BND Rechtsbruch vor
- Hat da niemand “Besatzung” gesagt?
- Israel boykottieren oder nicht?
- Was Zuckerberg über Leute ohne Facebook-Profil weiß
- Ein Brief aus Ramallah
- das Allerletzte: Wer solche Jugendorganisationen hat, braucht keine Feind mehr …
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Italien
- Die jüngste Krise ist ein EU-Putsch 2.0
Die italienische Politik im Zeitalter des Euro ist ein einfaches Spiel: 50 Millionen Italiener gehen wählen – und am Ende entscheiden die Europäische Zentralbank, die Rating-Agenturen und die NATO, wer das Land regieren darf.
“Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen immer die Deutschen”, sagte Gary Lineker einst über Fußball. Mit Wahlen in Italien verhält es sich ganz ähnlich, allerdings mit einem Unterschied. In der heutigen italienischen Politik ist der Schiedsrichter entscheidend: der Staatspräsident Sergio Mattarella.
Man stelle sich vor, ein Bundespräsident in Deutschland würde die Bildung einer zweiten Großen Koalition oder irgendeiner neuen Regierungskoalition aus rein politischen Gründen verhindern … Aber genau das ist am Sonntagabend in Rom geschehen, als Präsident Mattarella die Bildung einer euroskeptischen Koalitionsregierung von Lega Nord und der Fünf-Sterne-Bewegung ablehnte.
Quelle: RT DeutschLesen Sie dazu bitte auch auf den NachDenkSeiten: Ein marktkonformer Putsch von oben.
Anmerkung Jens Berger: Es ist schon bemerkenswert, dass RT Deutsch eine klare, kritische Linie findet, während die allermeisten „Qualitätszeitungen“ immer noch irrlichtern.
- Deutsche Abgeordnete misstrauen der künftigen Regierung in Rom
Schon bevor die neue italienische Regierung steht, löst sie Nervosität aus. Nicht nur die angekündigte Sparpolitik, auch die Nähe zu Russland bereitet Sorge. Deutsche Abgeordnete sehen das Vertrauensverhältnis beschädigt.
Die Regierungsbildung in Rom löst in der deutschen Hauptstadt Besorgnis aus. Führende Geheimdienstfachleute des Deutschen Bundestages sehen die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Italien in Gefahr. Mehrere Abgeordnete des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das die Dienste beaufsichtigt, sagten der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, der Informationsaustausch müsse möglicherweise gedrosselt werden, wenn die moskaufreundlichen Parteien Lega und Bewegung Fünf Sterne eine Regierung bilden sollten.
Die Parteien kündigten bereits an, unter anderem die Sparpolitik im hoch verschuldeten Italien zu beenden, und gehen damit massiv auf Konfrontationskurs zur EU, die auf fortgesetzte Konsolidierung drängt. Sie planen unter anderem Steuersenkungen und zusätzliche Sozialausgaben. Vertreter der EU forderten die neue Regierung bereits mehrfach auf, sich an die Ausgaben- und Schuldenstandsregeln der Gemeinschaft zu halten.
In den Fokus der Kritik gerät nun auch die Nähe der Regierungspartner zu Russland. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Armin Schuster (CDU), warb zwar für eine weitere Zusammenarbeit mit Italien, deutete jedoch mögliche zukünftige Einschränkungen an. Geheimdienste müssten auch mit „problematischen“ Partnern umgehen können, um zum Beispiel Terroranschläge zu verhindern, sagte er der Zeitung. Eine mögliche Regierung aus Lega und Fünf Sternen sei deshalb kein Grund, die Zusammenarbeit mit Italien völlig „abzubrechen“. „Wenn aber die italienische Regierung bewiesen hat, dass sie Russland nahe steht, und wenn es zum Beispiel den Verdacht eines russischen Hackerangriffs gibt, dann würden die Gespräche sicher anders laufen als bisher.“ Auch in einem Fall wie dem Giftanschlag auf den früheren russischen Agenten Sergej Skripal „würde mit den Italienern sensibler geredet werden müssen“ als bisher.
Quelle: WeltAnmerkung JK: Na, da herrscht doch wieder ganz großer Konsens über die radikale Mitte aus „Qualitätsmedien“ und sogenannten Volksvertretern.
- “Herr Schere” hat ein rares Ziel
Italiens designierter Regierungschef Cottarelli soll das Land auf Kurs halten. Er gilt als nüchterner Sparkommissar – auch deshalb haben ihn schon jetzt die Populisten im Visier.
Carlo Cottarelli ist ein ziemlich nüchterner Zeitgenosse. Ein Mann der Zahlen. Und er weiß genau, dass er keinen Rückhalt im Parlament hat, wo die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega die Mehrheit haben. Aber er weiß auch, was jetzt, inmitten der politischen Krise, in der Italien steckt, von ihm verlangt wird: Vertrauen schaffen.
Noch bevor er offiziell vereidigt wurde, setzte er schon den Ton, der prägend sein wird für seine Übergangsregierung:
“In den vergangenen Tagen sind die Spannungen an den Finanzmärkten gewachsen. Ihr wisst, dass die Zinsen für Staatsanleihen teurer geworden sind. Aber trotzdem: Die italienische Wirtschaft wächst noch, die Staatsverschuldung ist unter Kontrolle. Ich kann Euch absolut versichern, dass eine von mir geleitete Regierung mit den öffentlichen Finanzen sehr vorsichtig umgehen wird.”
In Italien nennen sie ihn “Mr. Forbici”, also “Herrn Schere”. Vor etwa fünf Jahren wurde er bekannt als Sparkommissar, als einer, der der Politik sagt, wo der Staat sparen kann. Eine Zeit, die er selber nicht in allerbester Erinnerung hat. Denn Cottarelli hat eine unbequeme Botschaft – und er hat es sich nicht nur mit den Siegern der Parlamentswahl verscherzt, die soziale Wohltaten verteilen wollten und nichts vom Sparen halten.
Quelle: TagesschauAnmerkung JK: „Er gilt als nüchterner Sparkommissar“, sprich als getreuer Exekutor des deutschen Austeritätsdiktates über Europa.
- Der Unbeugsame
Statt EU-feindliche Populisten an die Macht zu lassen, hat Italiens Staatspräsident den Weg für Neuwahlen geebnet. Wer ist dieser Sergio Mattarella?
Unaufgeregt wie immer, mit klaren Worten, ohne Pathos, erklärte Sergio Mattarella den Versuch der Regierungsbildung für einstweilen gescheitert. Die italienische und die europäische Fahne hinter ihm und das Wappen der Repubblica Italiana vor ihm untermalten seinen Bezug auf die Staatsräson. Die habe es ihm unmöglich gemacht, den von der Allianz aus Lega und 5-Sterne-Bewegung vorgeschlagenen Wirtschafts- und Finanzminister Paolo Savona zu akzeptieren. Dessen antieuropäische Reden hätten schon in den vergangenen Tagen über höhere Zinsen und fallende Börsenkurse viel Schaden übers Land gebracht und würden noch viel mehr Schaden bringen. Seine Pflicht aber sei es, die Unternehmen und die Bürger Italiens vor Schaden zu bewahren. Punkt.
Nun will er erst einmal, kraft seiner verfassungsmäßigen Rechte, eine Übergangsregierung installieren. Der Wirtschaftsexperte Carlo Cottarelli soll Italien führen – bis zu Neuwahlen im Herbst oder im kommenden Jahr.
Ein mutiger Schritt. Denn das damit einstweilen gescheiterte Regierungsbündnis der Populisten hat eine klare Mehrheit im Parlament, ist demokratisch gewählt. Entsprechend fielen dessen Reaktionen aus. Das sei “ein Angriff auf die Demokratie”, tobte Lega-Chef Matteo Salvini. Und 5-Sterne-Führer Di Maio assistierte, Mattarellas Entscheidung sei “unfassbar”. Wenn nicht die Italiener sondern die Rating-Agenturen über Italiens Regierung entschieden, brauche man gar keine Wahlen mehr. …
Doch vor allem die EU-feindlichen Erklärungen, die Drohungen, aus dem Euro auszusteigen, wenn man die Brüsseler Finanzregeln nicht “umverhandeln” könne, ließen Mattarella, in seinen Augen, keine Wahl. Denn die Vereinbarungen Italiens mit der EU, mit den übrigen EU- und Euro-Mitgliedern haben ja Gesetzeskraft. Die kann man nicht einfach wegwischen mit Salvinis und Di Maios Parolen wie “Wir werden die Interessen der Italiener verteidigen” oder “Indikatoren wie Spread und BIP zählen für uns nicht”, wenn es hart auf hart käme, zahle man die Schulden eben nicht.
Quelle: SPONAnmerkung JK: Für Mattarella stehen die Interessen der Finanzindustrie höher als die des demokratischen Souveräns, von dem aber auch er seine Legitimation bezieht. Jens Berger hat diesen unglaublichen Vorgang bereits entsprechend gewürdigt. Genau dieses anti-demokratisch Verhalten wird von den deutschen “Qualitätsjournalisten” in höchsten Tönen gelobt und lässt bezüglich des Demokratieverständnisses, das in den deutschen Redaktionsbüros herrscht wieder einmal tief blicken. Zudem sollte nun auch dem Einfältigsten langsam dämmern was “pro-europäisch” heißt. Es ist das Eintreten für die Vollendung der EU als neoliberale Freihandelszone in der die Interessen und Rechte der Bürger an letzter Stelle rangieren.
- Sven Giegold bezeichnet Sabotage der Regierungsbildung in Italien als „Gelegenheitsfenster“
Zur gescheiterten Regierungsbildung in Italien sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold: “Es gibt jetzt ein Gelegenheitsfenster, um Italiens Abkapselung von Europa zu stoppen. Wir sollten mit Italien nach gemeinsamen Lösungen für die Probleme des Landes suchen. Die Bundesregierung sollte sich für Investitionen in Italien stark machen, um die Wirtschaft wiederzubeleben. Italien braucht Unterstützung für Investitionen und gleichzeitig die Bereitschaft zu weiteren Reformen. Die anderen EU-Länder müssen Italien bei der Migration entlasten. Nur wenn Italien nicht länger beim Thema Migration allein gelassen wird, kann im Land auch Akzeptanz für Europas Forderungen nach wirtschaftlichen und staatlichen Reformen gewonnen werden.”
Quelle: Sven GiegoldAnmerkung von Tobias Riegel: Sven Giegold bietet hier – in erfrischender Offenheit – ein schönes Bespiel grün-neoliberalen Neusprechs: Die Sabotage der gewählten Regierung ist ein „Gelegenheitsfenster“, Italiens Pläne einer eigenständigen Politik sind eine „Abkapselung“, die „gestoppt“ werden soll, und das Heil des Landes liegt in „wirtschaftlichen Reformen“.
- Die jüngste Krise ist ein EU-Putsch 2.0
- Proteste gegen Macron: “Wir weichen nicht!”
In Frankreich sind erneut Zehntausende auf die Straße gegangen, um gegen den Reformkurs von Präsident Macron zu protestieren. Aufgerufen hatten linke Parteien und Gewerkschaften. Sie werfen Macron vor, Reiche zu begünstigen.
Zum Jahrestag seiner Wahl am 5. Mai hatten seine Kritiker dem Präsidenten ein Fest, ein Protestfest ausgerichtet. Zehntausende versammelten sich auf den Straßen, demonstrierten. Auch heute wieder. Geplant war, eine “Flut” zu erzeugen, für Gleichheit, soziale Gerechtigkeit und Solidarität
Eine Welle, eine Flut hatte sich die Anti-Macron-Bewegung erhofft. Eine Welle durch ganz Frankreich, die endlich den Präsidenten zu einer Umkehr oder Einkehr bewegen sollte: “Er weicht nicht, aber wir weichen auch nicht”, bekräftigt deine Demonstrantin in Paris. “Wir sind entschlossen, bis zum Letzten zu kämpfen”. Eine andere Frau ergänzt: “Seit März, April gibt es in Frankreich enorme soziale Konflikte. Bei der Staatsbahn SNCF, bei Air France, im öffentlichen Dienst, alle richten sich gegen unterschiedliche Dinge, aber im Kern geht es bei allen gegen die Politik von Macron.”
Zu Zehntausenden waren sie in vielen Städten Frankreichs auf die Straße gegangen, gegen die Sozialpolitik des Präsidenten, alle gemeinsam. Zum ersten Mal war auch die Gewerkschaft CGT, die besonders Anti-Macron eingestellt ist, offiziell mit an Bord: “Seit längerem gibt es diese Einheitsfront nicht mehr, was ein großes Problem ist”, räumt CGT-Chef Philippe Martinez ein. Und fügt hinzu: “Wir arbeiten daran, das zu ändern.”
Allerdings marschierte die Linke auch heute getrennt: Martinez in Paris und Jean-Luc Melenchon von den Ultralinken der France Insoumise in Marseille: “Macron, Sie haben überall Milliarden gefunden für die Reichen. Wir glauben Ihnen nicht, dieses Land ist reich, es muss teilen und es dürfen nicht immer dieselben sein, die alles bekommen”, sagt der. Darauf, dass endlich alle Linken sich zusammentun, um Emmanuel Macron zu bekämpfen, setzen auch die Kommunisten. Deren Chef Pierre Laurent setzt große Hoffnungen in den heutigen Tag: “Dieser Tag heute ist eine wichtige, eine entscheidende Etappe. Wir respektieren uns gegenseitig und arbeiten zusammen, das hat dieses Gemeinsame geschaffen. Viele Menschen, die heute marschieren, gehören keiner Partei an, keiner Gruppierung und das ist das Motto dieses Tages.”
Quelle: Tagesschau.deAnmerkung JK.: Erstaunlich, dass überhaupt einmal über den breiten Widerstand gegen Macrons neoliberale Agenda in Frankreich berichtet wird.
- Edward Bernays und die Wissenschaft der Meinungsmache
Wie kann man die Massen in demokratischen Systemen steuern? Mit zunehmenden Arbeiterrevolten entstanden am Ende des 19. Jahrhunderts Methoden zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung – ein Propagandainstrument, dessen sich erstmals die USA vor ihrem Eintritt in den Ersten Weltkrieg bedienten. In weniger als 50 Jahren entwickelte sich daraus eines der blühendsten Geschäftsfelder unserer Zeit: Public Relations. Einer der führenden Theoretiker und Architekten der Meinungsmache war Edward Bernays, Neffe von Siegmund Freud.
Quelle: ArteAnmerkung von Tobias Riegel: Das Thema ist wichtig und spannend, der Teaser-Text zu dieser Arte-Dokumentation (29.5., 23.05 Uhr/danach Mediathek) klingt jedoch sehr brav. Wer mehr über das destruktive Wirken von Edward Bernays und seinen großen Einfluss auf die heutige Propaganda erfahren möchte, dem sei die ausführliche BBC-Doku „Century Of The Self“ (auf englisch) wärmstens empfohlen.
- Mit ökonomischem Populismus wird sich der Euro nicht reformieren lassen
Eine Gruppe von Ökonomen um Hans-Werner Sinn warnt davor, die Eurozone zu einer „Haftungsunion“ umzubauen. Eine Realisierung ihrer Forderungen würde die Währungsunion in eine schwere Krise stürzen. (…)
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron fordert unverdrossen „mehr Europa“, die EU-Kommission hat ihrerseits Pläne für eine Reform der Eurozone vorgelegt – nur von der deutschen Bundesregierung hat man noch nichts über ihre europapolitischen Vorstellungen gehört. Dies dürfte sich (hoffentlich) Ende Juni ändern. Dann steht ein europäischer Gipfel an, der über die Pläne der Kommission und Frankreichs beschließen soll.
Je näher der richtungsweisende Gipfel rückt, desto stärker scheinen sich verschiedene Gruppen und Einzelpersonen aus der Zunft der deutschen Ökonomen, sowie Politiker der Union, der FDP und sowieso der AfD gegen diese Reformen zu stemmen.
Quelle: Makronom - Wirtschaftswunderland. Eine Abrechnung mit der Wirtschaftspolitik von Gerhard Schröder bis heute
Die gegenwärtig in Gebrauch befindliche öffentliche Infrastruktur stammt noch aus Zeiten mit höherem Wachstum und ohne schwarze Null, vor der strategischen Senkung der Löhne und so genannten Lohnnebenkosten sowie dem Herabfahren der staatlichen Investitionen und sozialen Transferleistungen, insgesamt also vor der Umleitung von Ressourcen von unten nach oben zu dem Zweck, die Bessergestellten zu bereichern und Exportoffensiven zu forcieren.
Einige Zeit konnte so von der Substanz gezehrt werden. Diese Phase scheint gegenwärtig zu Ende zu gehen. In den Eliten hat sich inzwischen herumgesprochen, dass zumindest ein weiterer Verschleiß der Bildungsinfrastrukur sogar die Voraussetzungen der deutschen Export-Überlegenheit gefährden könnte. Das ist gemeint, wenn von den Herausforderungen der Globalisierung und Digitalisierung die Rede ist.
Siegreiche Armeen können in die Gefahr geraten, den nächsten Krieg zu verlieren, wenn sie nämlich einfach so weitermachen wie bisher.
Es stehen also Reformen an. Aber welche?
Eine Antwort war Gerhard Schröders Agenda 2010, ein altes marktliberales Rezept: bekommen die Gäule viel Hafer, gibt es große Pferdeäpfel, und dann haben auch die Spatzen etwas davon. Diese Forcierung von Ungleichheit und die Entscheidung für die Verschonung der hohen Vermögen und Einkommen vor angemessener Heranziehung zu Steuern und Abgaben wird noch immer als die Ursache des zweiten deutschen Wirtschaftswunders (nach der Weltwirtschaftskrise von 2008) angepriesen. Inzwischen wächst allerdings der Verdacht, dass das angebliche Medikament auch ein Gift gewesen sei. Die Mittel, die den durchschnittlichen deutschen Wohlstand zu Lasten anderer Staaten und der Unterklassen im eigenen Land förderten, könnten ihn zugleich untergraben.
Diesem Zusammenhang (wollen wir ihn dialektisch nennen?) geht Kai Eicker-Wolf – diplomierter Ökonom und promovierter Politikwissenschaftler, Leiter der Abteilung Wirtschafts- und Strukturpolitik des DGB Hessen-Thüringen – in einem Buch nach, dessen Titel (»Wirtschaftswunderland«) und Untertitel (»Eine Abrechnung mit der Wirtschaftspolitik von Gerhard Schröder bis heute«) es insofern in sich hat, als sie beide Seiten derselben Medaille benennen.
Auf breiter statistischer Grundlage stellt der Autor zunächst (im zweiten Kapitel, das erste ist die Einleitung) die ökonomische Entwicklung und Struktur Deutschlands seit 2000 dar. Sie war nicht unerfreulich, trotz der internationalen Krise von 2008, aus der die Bundesrepublik besser herausgekommen ist als viele andere Länder. Das ist tatsächlich auf eine erfolgreiche Wirtschaftsstrategie zurückzuführen. Kai Eicker-Wolf nennt diese »neo-merkantilistisch«. Es ist die Wiederaufnahme einer Politik, die man aus dem Absolutismus kennt: Ausfuhren fördern, Einfuhren minimieren, Überschüsse anhäufen. In Deutschland ist das nicht neu, vielmehr handelt es sich um »eine Konstante in der wirtschaftlichen Geschichte der Bundesrepublik seit deren Gründung« (S. 39). Nunmehr wurde dieser Kurs aber verstärkt. Auf den ersten Blick widerspricht er dem Dogma vom unbedingt vorzuziehenden Freihandel. In Wirklichkeit hängt auch hier – Dialektik! – das Eine mit dem Anderen zusammen. Wo es keine Handelshemmnisse mehr gibt, setzen sich die Stärkeren gegen die Schwächeren durch. Macht nichts, könnte man sagen: Wenn die Unterlegenen sich etwas einfallen lassen und Löhne sowie Preise senken, können sie auch wieder hochkommen.
Eicker-Wolf, Kai: Wirtschaftswunderland. Eine Abrechnung mit der Wirtschaftspolitik von Gerhard Schröder bis heute. Darmstadt: Büchner-Verlag 2017. 152 Seiten. 16 Euro. ISBN 978-3-941310-82-7.
Quelle: Georg Fülberth auf Blickpunkt Wiso - Verwaltungskosten bei Hartz IV steigen und steigen
Um das System Hartz-IV aufrecht zu erhalten, fließen immer höhere Summen in die Verwaltung. Die Gelder fehlen dann, wenn es darum geht, Langzeitarbeitslose in einen Job zu bringen. Die FDP fordert Entbürokratisierung.
Die Verwaltungskosten für das Hartz-IV-System verschlingen immer höhere Millionensummen. Der sozialpolitische Sprecher der FDP, Pascal Kober, sagte der Deutschen Presse-Agentur, Hartz IV müsse wegen seines bürokratischen Aufwandes umfassend überprüft werden.
Kober stützte sich dabei auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine FDP-Anfrage. Demnach wurden im vergangenen Jahr 911 Millionen Euro mehr für die Verwaltung ausgegeben, als im Budget dafür vorgesehen war. Das waren 147 Millionen Euro mehr als 2016. Da diese Mehrausgaben aus anderen Töpfen stammen, standen für die Förderung und Qualifizierung der Langzeitarbeitslosen 911 Millionen Euro weniger bereit.
Kober sagte, er befürchte, dass die von Arbeitsminister Hubertus Heil zusätzlich versprochenen Gelder für Langzeitarbeitslose zu einem großen Teil in einem ineffizienten System versickern könnten.
Quelle: MDRAnmerkung JK: An den Aussagen des FDP-Mannes Kober ist natürlich alles falsch was nur falsch sein kann. Hartz IV gehört nicht “umfassend überprüft” es gehört abgeschafft. Das in die Verwaltung gesteckte Geld ist nicht ineffizient versickert. Diese Aussage versucht das Märchen für die Öffentlichkeit weiter zu kolportieren, dass das Hartz IV System dazu da sei Menschen zu qualifizieren und zu fördern um sie wieder in Arbeit zu bringen. Das war nie die Intention. Es ging und geht darum ein System der Repression, der Angst und Kontrolle aufrecht zu erhalten um explizit die Menschen in den unteren Lohnsegmenten zu disziplinieren und in der sogenannten Mittelschicht die Furcht vor einem sozialen Abstieg aufrechtzuerhalten und dieses Kontrollsystem ist nun einmal mit entsprechendem bürokratischen Aufwand verbunden.
Dazu: So hoch müsste der Mindestlohn sein, um nicht Hartz IV zu bekommen
Das Leben in deutschen Städtchen ist teuer. Da reicht der Mindestlohn oft nicht aus und die Geringverdiener müssen mit Hartz IV aufstocke. Die Hans-Böckler-Stiftung hat nun untersucht, wie hoch der Mindestlohn sein müsste, um dies zu verhindern.
Quelle: Stern - Einkommensarme Familien werden durch Kita-Beiträge besonders stark belastet
Einkommensarme Familien sind einer Studie zufolge bei Kita-Beiträgen überproportional stark belastet. Zwar sind die Gebühren vielerorts nach Einkommen gestaffelt – Haushalte unterhalb der Armutsrisikogrenze müssen aber dennoch durchschnittlich einen nahezu doppelt so hohen Anteil ihres Einkommens für die Kita aufwenden wie finanziell besser gestellte. Das geht aus der am Montag von der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh veröffentlichten Erhebung „ElternZoom 2018“ hervor.
Außerdem fallen die Gebühren für die Kindertageseinrichtungen je nach Bundesland stark unterschiedlich aus. Die finanzielle Belastung der Familien variiere je nach Wohnort, kritisierte Stiftungsvorstand Jörg Dräger.
Armutsgefährdete Eltern, die über weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens verfügen, geben monatlich fast 10 Prozent ihres gesamten Haushaltsnettoeinkommens – im Mittelwert 118 Euro – für die Kita aus. Bei Familien oberhalb der Armutsgrenze sind es „nur“ 5 Prozent – 178 Euro. Hinzu kommen laut Studie Zusatzgebühren etwa für Mittagessen, Hygieneartikel oder Ausflüge – rund 45 Euro im Schnitt.
Die Ergebnisse beruhen laut Bertelsmann auf zwei bundesweit teilweise in Kooperation mit Infratest-dimap erhobenen separaten Befragungen von insgesamt rund 10.490 Eltern.
Quelle: HandelsblattAnmerkung Christian Reimann: War es denn nicht insbesondere die Bertelsmann Stiftung, die mit dazu beigetragen hat, dass die Arbeitnehmerschaft – also auch viele Familien – mindestens seit 2005 geringere Einkommen erzielen kann (Stichwort: “Hartz IV”)?
- Panzerwerkstätten: Verkauf wäre teuer
Der geplante Verkauf der drei bundeswehreigenen Panzerwerkstätten an die private Industrie käme den Steuerzahler teuer zu stehen. Das geht aus geheimen Unterlagen des Verteidigungsministeriums hervor, die dem SR vorliegen.
Nach internen Berechnungen des Ministeriums wäre der Verkauf der sogenannten Heeresinstandsetzungslogistik, kurz HIL, die auch ein Werk in St. Wendel betreibt, die teuerste aller Varianten. Ein Verkauf der drei Panzerreparaturwerke würde bis 2025 Mehrkosten von bis zu 142 Millionen Euro verursachen.
Das geht aus einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Verteidigungsministeriums hervor. Demnach wäre die günstigste Variante, die Werke wie gehabt unter dem Dach der Bundeswehr zu belassen, sie dabei aber personell aufzustocken, um sie effizienter als bislang nutzen zu können.
Kritik an geplantem Verkauf
Vor dem Hintergrund dieser Zahlen wäre ein Verkauf aberwitzig, so der SPD-Bundestagsabgeordnete Christian Petry. Die SPD überlege bereits, ob sie im Bundestag überhaupt noch zustimmen könne.
Der Verkauf ist dabei ganz offenkundig politisch gewollt. Dem SR liegt ein Schreiben der damaligen Verteidigungsstaatssekretärin Katrin Suder vor, in dem sie im Mai 2016 den zuständigen Beamten anweist, die drei Werke kurzfristig an private Betreiber abzugeben und dafür alles Erforderliche zu veranlassen.
Quelle: Saarländischer RundfunkAnmerkung JK: Man kann es an dieser Stelle nur wiederholen, bei der Privatisierung öffentlicher Einrichtungen ging es noch nie darum, dass etwas besser und kostengünstiger wird. Es geht darum privaten Investoren die Taschen zu füllen also die herrschende Oligarchie noch reicher zu machen.
- Angela Merkel: Die Dieselkanzlerin
In Hamburg treten diese Woche die ersten Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge in Kraft. Das könnte nur der Anfang sein. Die Kanzlerin steht trotzdem weiter schützend vor der Autoindustrie.
Es ist soweit. Vom 31. Mai an werden in Hamburg wegen zu schlechter Luft zwei Straßenabschnitte im Stadtteil Altona-Nord für ältere Dieselautos und Lastwagen, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen, gesperrt. Weitere Städte könnten dem Beispiel folgen. Gedeckt durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das Diesel-Fahrverbote für rechtmäßig erklärt und damit entschieden hat, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Luftqualität Vorrang vor freier Fahrt haben.
Dieser Meinung ist auch die EU-Kommission. Sie hat sechs Mitgliedsländer, darunter auch Deutschland, wegen zu schmutziger Luft in vielen Städten vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Die Kommission beruft sich auf die EU-Grenzwerte für Stickoxide, die seit 2010 für alle EU-Staaten verbindlich gelten. Acht Jahre später ist Deutschland immer noch weit davon entfernt, diese Werte einzuhalten. In rund 70 deutschen Städten sind die Stickoxidwerte zu hoch. Auch, weil die Bundesregierung kaum etwas dafür getan hat, die EU-Vorgaben rechtzeitig umzusetzen.
Den wachsenden Verkehr einzudämmen, das traute sich im Autoland Deutschland aber auch niemand. Warum auch? Hatte die Autoindustrie nicht zugesagt, dass Klimaschutz, Luftqualität und freie Fahrt für freie Bürger auch so unter einen Hut zu bringen seien?
Quelle: Deutsche Welle - DAX-Konzerne verstärken ihre Lobbyarbeit in den USA
Ob Bayer, Siemens oder Telekom: Große DAX-Unternehmen haben im ersten Amtsjahr von US-Präsident Trump ihre US-Lobbyarbeit massiv ausgebaut. Die Deutsche Telekom wird nun sogar von Trumps Ex-Wahlkampfchef betreut.
Blendende Zeiten für Wirtschaftsunternehmen in den USA. Die Deregulierungspolitik der Trump-Regierung und des republikanisch geführten Kongresses bietet Konzernen nun die Möglichkeit, sich früheren staatlichen Reglementierungen zu entziehen. Die staatliche Aufsicht und Regulierung vergangener Jahre hat deutlich abgenommen.
Das beste Beispiel dafür, wie die Industrie Einfluss auf die Trump-Regierung nimmt, ist wohl das der eigentlich unabhängigen Umweltschutzbehörde (Environmental, Protection Agency, EPA). Diese wird inzwischen von Scott Pruitt geleitet. Pruitt ist ein Leugner des Klimawandels und war jahrelang Anwalt und Lobbyist großer US-Ölmultis. Pruitt wird immer wieder Korruption vorgeworfen. So hat er unter anderem sehr günstig in Washington eine Wohnung von einem Mann gemietet, dem er 2017 eine Genehmigung für eine umstrittene Ölpipeline erteilt hatte. Derzeit laufen 14 weitere offizielle Untersuchungen gegen den EPA-Boss.
Angesichts einer solch unternehmerfreundlichen Stimmung in den USA ist es nicht verwunderlich, dass Industrielobbyisten und Unternehmen ihre Anstrengungen verstärken, um ihre Interessen in den jeweiligen staatlichen Stellen und im Kongress voranzubringen – so lange diese Möglichkeit noch besteht.
„Wenn Sie ein Unternehmer sind und mit Vorschriften zu tun haben, die für sie nicht vorteilhaft sind, dann ist jetzt ein guter Zeitpunkt, auf eine Änderung der Regularien zu drängen”, sagt Daniel Schuman, politischer Direktor von Demand Progress, einer Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Washington.
Aber nicht nur die amerikanischen Unternehmen haben die Botschaft verstanden, die die Trump-Regierung mit ihrem laxen Umgang mit Regulierungen aussendet: Auch einige von Deutschlands größten börsennotierten Unternehmen haben das erste Trump-Jahr genutzt und ihre Lobbyarbeit bei der US-Regierung intensiviert.
Quelle: Deutsche Welle - EU-Außenminister fordern Neuwahlen in Venezuela
Die Abstimmung vom 20. Mai sei weder frei noch fair gewesen, erklärte der Ministerrat in Brüssel. Von Demokratie könne keine Rede sein.
Die Behörden hätten den Urnengang durchgezogen trotz zahlreicher nationaler und internationaler Aufrufe für glaubwürdige Wahlen nach einem zwischen Regierung und Opposition vereinbarten Kalender. Dabei seien demokratische Minimalstandards nicht eingehalten und die Teilnahme von Oppositionsparteien erschwert worden. Die jüngsten Entwicklungen hätten eine demokratische Verhandlungslösung der Krise weiter erschwert, kritisierten die EU-Außenminister in Brüssel.
Bei der von Jahresende vorgezogenen Wahl wurde Präsident Nicolás Maduro laut offiziellen Angaben im Amt bestätigt. Teile der Opposition hatten zu einem Boykott der Abstimmung aufgerufen. Ein jahrelanger Machtkampf zwischen Regierung und Opposition hat Venezuela in eine tiefe politische und wirtschaftliche Krise gestürzt. Die Bevölkerung leidet unter einer akuten Unterversorgung mit Grundnahrungsmitteln und Medikamenten.
Quelle: Deutsche WelleAnmerkung JK: „Von Demokratie könne keine Rede sein“. Betrachtet man die Geschehnisse rund um die gescheiterte Regierungsbildung in Italien, fällt einem nur ein, wer im Glashaus sitzt ….. Wir merken uns, Wahlen sind aus der Perspektive der EU nur dann demokratisch, wenn das Ergebnis im Sinne der transnationalen Finanzoligarchie und ihrer jeweiligen nationalen Repräsentanten ist.
- Bürger unter Generalverdacht
Der Abbau verbliebener Grund- und Freiheitsrechte in der Bundesrepublik schreitet in rasantem Tempo voran. Mit Ausnahme von Thüringen arbeiten alle Landesregierungen an Verschärfungen der jeweils geltenden Polizeigesetze und -verordnungen. Während die CSU allen Protesten zum Trotz ihr heftig kritisiertes Polizeiaufgabengesetz (PAG) jüngst erfolgreich durch den Landtag peitschte, soll in Nordrhein-Westfalen noch im Juli das dortige Polizeigesetz novelliert werden. Kern des PAG ist die Einführung des Rechtsbegriffes der »drohenden Gefahr«. Dadurch wird es der Polizei ermöglicht, aufgrund einer bloßen Vermutung Verdächtigte über einen längeren Zeitraum zu inhaftieren.
Nach bayerischem Vorbild arbeitet auch die NRW-Landesregierung von CDU und FDP mit dem schwammigen Begriff des »Gefährders«. Konkret drohen im bevölkerungsreichsten Bundesland Freiheitsentzug von bis zu einem Monat für vermeintliche »Gefährder«, die Videoüberwachung von öffentlichen Orten ohne zeitliche Begrenzung, die Telekommunikationsüberwachung ohne konkreten Tatverdacht, der Einsatz der elektronischen Fußfessel, die Einführung von Elektroschockpistolen, sogenannten Tasern, anlasslose Ausweiskontrollen inklusive Identitätsfeststellung, die Inaugenscheinnahme von Sachen und Fahrzeugen sowie die Verhängung eines Aufenthalts- und Kontaktverbots für »Gefährder«, ohne konkreten Tatverdacht.
Quelle: junge welt - Betreiber des weltgrößten Internetknotens wirft BND Rechtsbruch vor
Der “Komplize” will nicht mehr: Seit Jahren zapft der Geheimdienst Daten vom De-Cix in Frankfurt ab. Nun will der Betreiber die Verbindung kappen – und zieht vor Gericht.
Einen Abend im April haben viele deutsche Internetnutzer noch in guter, schlechter Erinnerung. Twitter, Facebook und Whatsapp liefen nur langsam, Serien auf Netflix ruckelten. Der Grund war ein Stromausfall in einem kleinen Teil des größten Internetknotens der Welt.
De-Cix ist ein Gigant: Er ist der größte Stromverbraucher Frankfurts, größer als der Flughafen – aber versteckt in zwanzig unscheinbaren Rechenzentren im ganzen Stadtgebiet. Es dauerte, bis Techniker das Problem fanden.
Geht es nach der Betreiber-GmbH, wird ein anderer Kunde hier demnächst ganz abgeschaltet: der Bundesnachrichtendienst (BND). Seit Jahren ist der deutsche Auslandsgeheimdienst hier aktiv, leitet Daten ab. Die Methode ist meist dieselbe, in die Glasfaserleitungen wird ein sogenanntes Y-Stück des BND eingebaut, also eine Abzweigung. Darin befindet sich ein Prisma, das durchgeleitete Licht wird gebrochen und in ein BND-Glasfaserkabel gelenkt. Das Licht transportiert die Daten. Der Geheimdienst erhält auf diese Weise eine ungefilterte und vollständige Kopie.
Aber De-Cix will nicht mehr, das Unternehmen hat Klage eingereicht, formal gegen das Bundesinnenministerium, von dem die Anordnungen kommen. An diesem Mittwoch wird vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt – und womöglich auch schon entschieden.
Gestritten wird erbittert, die Betreiberfirma De-Cix wirft der Bundesregierung Rechtsbruch und technisches Unverständnis vor. Anwälte des Bundes halten ähnlich hart dagegen: De-Cix verstehe offenbar die komplizierte Materie nicht.
Quelle: Süddeutsche Zeitung - Hat da niemand “Besatzung” gesagt?
Irgendwann im Sommer 2007 muss es gewesen sein. Die Hamas hatte gerade die Parlamentswahlen gewonnen. Israel verschärfte seine Blockade des Gazastreifens. Und auf den Straßen stritten sich Palästinenser um das bisschen Restmacht, das die israelische Besatzung ihnen gelassen hatte. Auf dem Praktikantenschreibtisch des Ablegers einer deutschen Parteistiftung in Ramallah landete zu jener Zeit ein Schreiben des israelischen Außenministeriums.
Ein Beamter hatte dort Formulierungshilfen zum Nahostkonflikt zusammengestellt: Gaza werde nicht “belagert”, es handle sich vielmehr um “Einfuhrkontrollen”. Statt “besetzt” wäre doch “umstritten” ein passenderes Attribut für die Palästinensergebiete. Außerdem: “maximale Zurückhaltung”, “Recht auf Selbstverteidigung”, solche Sachen…
Als junger Praktikant, dessen Unwissen sich nahtlos in den Rest der rein deutschen Belegschaft einreihte (die palästinensische Putzfrau und Fahrer ausgenommen), wunderte ich mich damals: Die Blockade Gazas war doch keine Frage sprachlichen Ermessens, sondern völkerrechtlicher und humanitärer Fakt. Wie stellen die sich das überhaupt vor: Über die Folgen der israelischen Besatzung berichten, ohne die israelische Besatzung zu erwähnen?
Elf Jahre später wundere ich mich nicht mehr. Im Frühjahr 2018 muss man nur die Berichterstattung zum aktuellen Massaker israelischer Soldaten an palästinensischen Demonstranten verfolgen, um zu erfahren, wie es geht. Hier das nachrichtliche Minimum: An der Grenze zum Gazastreifen erschossen am 14. Mai 2018 israelische Soldaten 62 palästinensische Demonstranten und verletzten über 2500.
Allein schon diese einfache Information zu bekommen, ist alles andere als einfach: “Dozens die as US embassy opening looms”, lautete beispielsweise die erste kryptische Schlagzeile der BBC. Wie Menschen an einer Botschaftseröffnung sterben können, erfuhr man erst einige Absätze später.
Quelle: Telepolis - Israel boykottieren oder nicht?
Als vor einer Woche der UN-Menschenrechtsrat darüber abstimmte, eine Untersuchung zu den vielen Toten an der Grenze zwischen Gaza und Israel einzusetzen, enthielt sich der deutsche Vertreter. “Ich habe ihn danach gefragt: ,Warum?’”, berichtet Rania Madi. Er habe ihr nicht in die Augen sehen wollen. Anweisung aus Berlin eben.
Die palästinensische Menschenrechtlerin ist zu Gast beim “Bündnis zur Beendigung der israelischen Besatzung” (BIB). Die Organisation setzt sich seit zwei Jahren dafür ein, zu einer Friedenslösung im Nahen Osten zu kommen. Auf einer dreitägigen Konferenz diskutierte sie am Wochenende in Heidelberg, was Deutschland zur Situation beiträgt. Konkret: “Verlängert Deutschland die Besatzung?”, so der Titel der Abschlussrunde im Kirchheimer Bürgerzentrum.
Mit besetzten Gebieten, betont Madi, sei nicht nur das Westjordanland gemeint. Auch der Gaza-Streifen, 2005 von Israel geräumt und seither scharf abgeriegelt, zähle für sie weiter dazu. “Wenn alle Grenzen dicht sind, ist das Land besetzt”, sagt sie unter dem Applaus der rund 200 Zuhörer. Just am Sonntag kündigt das israelischer Verteidigungsministerium den Bau einer neuen Seebarriere vor der Küste Gazas an.
Für Annette Groth, ehemalige Abgeordnete der Linkspartei, ist klar, wie Berlin die Besatzung verkürzen könnte: Es müsse Waffenlieferungen an Israel stoppen und das EU-Assoziierungsabkommen suspendieren. “Ich glaube, dass nur wirtschaftlicher Druck etwas bewirken kann”, sagt sie. Die Welt dulde das Verhalten Israels, weil sie auf israelische Sicherheitstechnik und Expertise im Anti-Terror-Kampf angewiesen sei, zitiert sie aus der Zeitung “Haaretz”.
Eine Lösung im Nahost-Konflikt, das ist die Kernthese von BIB, sei auch im Interesse Israels. Selbst wenn man dazu zu drastischen Mitteln greifen müsse. So spricht sich Groth offen für die Kampagne BDS aus. “Boycott, Divestment, Sanctions”: Investitionen aus Israel abziehen, Produkte von dort boykottieren.
Die Kritik daran kennt Groth – und entgegnet: “Das erinnert gar nicht an ,Kauft nicht bei Juden’”, die Parole aus der NS-Zeit, sagt sie. “Das erinnert an den Boykott Südafrikas zu Zeiten der Apartheid.” Madi assistiert: “Wenn die anderen Juden verstehen, warum sie keine Produkte exportieren können, werden sie Druck auf ihre Regierung ausüben.”
Quelle: Rhein-Neckar Zeitung - Was Zuckerberg über Leute ohne Facebook-Profil weiß
Wie Facebook mit den Daten von Internet-Nutzern umgehe, sei „rechtlich äußerst problematisch“, teilte der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz- und Informationsfreiheit, Johannes Caspar, auf Anfrage des SWR mit. Er ist für Facebook zuständig, da sich in Hamburg die Deutschland-Zentrale des Unternehmens befindet. (…)
Nach SWR Recherchen sammelt Facebook auch nach seiner neuen Datenrichtlinie auf Internet-Seiten von Kooperationspartnern Nutzer-Daten. Das passiert vor allem über Cookies beispielsweise die sogenannten Facebook-Like-Buttons.
Die Facebook-Like-Buttons befinden sich unter anderem auf den Internet-Seiten aller großen politischen Parteien, aber auch auf offiziellen Seiten von Ministerien. Auf Nachfrage des SWR bestätigte Facebook, dass dort Informationen über Nutzer erhoben werden – ohne dass der Nutzer den Button anklicken muss. (…)
Auch auf vielen kommerziellen Internetseiten hat Facebook Cookies oder andere Datenkraken platziert. Sie verraten dem Unternehmen nicht nur, welche Internetseiten jemand besucht hat, sondern auch, welche Produkte er gekauft hat – und zwar unabhängig davon, ob er ein Facebook-Konto hat oder nicht.
Diese Praxis hat Facebook in seiner neuen Datenrichtlinie nicht verändert, obwohl zahlreiche europäische Datenschutzbehörden das bereits bemängelt haben. (…)
Klicks auf Internetseiten von Parteien können Hinweise über die politische Gesinnung eines Internet-Nutzers geben. Welche Produkte jemand gekauft hat, lässt Rückschlüsse auf seine Interessen zu.
Damit könnten sogenannte Schatten-Profile von Nutzern angelegt werden, warnt der Hamburger Datenschutzbeauftragte. Er sagt, dass schon jetzt mit solchen Profilen gehandelt würde – zum Beispiel durch Online-Broker.
Quelle: SWRAnmerkung Christian Reimann: „Ich mache ja nichts schlimmes“ oder „Das kann jeder ruhig wissen“ – so oder ähnlich denken immer noch zu viele Mitmenschen. Ist tatsächlich alles harmlos? Die Zweifel dürften nun größer werden, oder?
- Ein Brief aus Ramallah
Die dramatischen Ereignisse der letzten Wochen in Palästina sind aus deutscher Sicht nicht leicht angemessen zu würdigen. Insbesondere ist die Frage, wie wichtig Jerusalem für die Palästinenser ist, von Europa aus kaum nachzuvollziehen. Ein Brief, den wir aus Ramallah bekommen haben, zeigt das sehr klar.
Mein früherer Kollege und Freund Raja Khalidi schrieb mir vor wenigen Tagen die folgenden Zeilen, nachdem ich mich nach der Lage in Palästina erkundigt hatte:
„Du brauchst dir keine Sorgen um jene von uns zu machen, die sich in der Sicherheit der neoliberalen Hauptstadt Palästinas sonnen. Es ist die arme, hoffnungs- und machtlose Masse in Gaza, die den Preis dafür zahlt, dass die Palästinenser sich weigern, sich zu ergeben.
Die Entscheidung Donald Trumps, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, hat das Gleichgewicht völlig durcheinander gebracht. Es war ein Schlag ins Gesicht aller Palästinenser. Die Einstellung der USA ist jetzt noch feindseliger gegenüber jeglichen palästinensischen Rechten. Sie stehen in einem gefährlichen Bündnis mit Israel und Saudi-Arabien, das zu einem weiteren regionalen Krieg mit Iran, Syrien und der Hisbollah führen könnte.
In vielerlei Hinsicht wurde das Feld noch nie so sehr zugunsten Israels bestellt, das sich im Segen der USA, seiner Eurovisionspopularität und seiner Rolle als Abschreckung gegen den Iran sonnt. Die Palästinenser erscheinen und fühlen sich daher marginaler denn je.
Doch jede Wolke hat ihren Silberstreifen, zumindest aber ist immer das Gesetz der unbeabsichtigten Folgen im Spiel: Wie ein ehemaliger US-Diplomat sagte, statt „Jerusalem vom Tisch zu nehmen“, wie Trump seine Entscheidung beschrieb, ist jetzt „Jerusalem der Tisch“. Und wenn eines die Palästinenser und sogar die arabischen Völker vereint, dann ist es Jerusalem.
Quelle: Makroskop - das Allerletzte: Wer solche Jugendorganisationen hat, braucht keine Feinde mehr …
Quelle: linksjugend Leipzig via Facebook