Zynischer Umgang mit den Palästinensern im Gazastreifen – sie sind entweder dem Tode geweiht oder müssen weichen.
In diesen Stunden erreichen uns viele Mails von Menschen, die den Umgang mit den Palästinensern im Gazastreifen beklagen und verurteilen. Viele wundern sich über den Umgang deutscher Medien und der Bundesregierung mit diesen Vorgängen. Ein Beispiel dafür ist die Reaktion eines ehemaligen Ratsherrn aus Duisburg auf eine Pressemitteilung des Auswärtigen Amtes zu den Vorgängen und den vielen Toten und massakrierten Menschen. Beides geben wir unten wieder. Wir verstehen auch, dass sich viele Menschen über die neuen Vorgänge und die harmlose Reaktion der Bundesregierung und unserer Medien aufregen. Zum Verständnis dieser gesamten Vorgänge wäre es gut, ins Auge zu fassen, was das eigentliche Ziel der Behandlung der Palästinenser im Gazastreifen ist: Ihnen soll das Leben so vergällt werden, dass sie sich entweder umbringen oder das Weite suchen, also auswandern. Israel kann das Land gebrauchen. Und denkt vermutlich mindestens mittelfristig auf dieser Linie. Um dies zu begreifen, ist es gut, das alte Buch von Ilan Pappe zu lesen. Der Titel „Die ethnische Säuberung Palästinas“ sagt eigentlich alles, auch über die aktuellen Vorgänge. Tut mir leid, dass ich die mit Recht empörten und klagenden Menschen mit diesem Hinweis abspeise. Es ist kein Trost, aber die Realität. Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download
Hier folgt nun unter Ziffer 1. die Pressemitteilung des Auswärtigen Amtes und unter Ziffer 2. die Protest-Mail des Duisburger Bürgers an das Auswärtige Amt:
- Auswärtiges Amt zu den Protesten im Gazastreifen
14.05.2018 – Pressemitteilung
Zur Lage im Gaza-Streifen sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts heute (14.05.):
Die Berichte über die heutigen Proteste in Gaza mit Dutzenden Toten und Verletzten sehen wir bestürzt und mit tiefer Sorge.
Das Recht auf friedlichen Protest muss auch in Gaza gelten. Gleichzeitig haben wir immer deutlich gemacht: Dieses Recht darf nicht missbraucht, zum Vorwand genommen oder ausgenutzt werden, um die Lage zu eskalieren, Gewalt zu üben oder andere dazu anzustacheln.
Israel hat das Recht, sich zu verteidigen und den Zaun gegen ein gewaltsames Eindringen zu sichern. Aber es gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Dies schließt auch ein, dass scharfe Munition nur dann zum Einsatz kommt, wenn andere, schwächere Methoden der Abschreckung nicht zum Ziel führen und konkrete Bedrohungen bestehen.
Die Menschen im Gaza-Streifen sind in einer bedrückenden humanitären Lage, aus der sich unmittelbar kaum ein Ausweg zeigt. Deutschland ist weiter bereit, über die Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zu unterstützen. Bevor wieder über dringend notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensumstände in Gaza diskutiert werden kann, muss sich die Lage vor Ort dringend beruhigen. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist, dass diejenigen, die die Macht im Gaza-Streifen ausüben, der Gewalt abschwören und die palästinensische Behörde wieder die Kontrolle in Gaza ausübt.
Alle müssen sich nun dafür einsetzen, dass es nicht zu einer noch schlimmeren Zuspitzung der Lage kommt.
- Hermann Dierkes am 14. Mai um 23:02 Uhr in einer Mail an das Auswärtige Amt:
Die heutige Stellungnahme des Aussenamts zu Gaza – politisch verantwortlich ist ein Sozialdemokrat! – ist ein einziger Skandal. Erst schweigen Sie wochenlang zu den gezielten Todesschuessen (bisher ueber 90!) und tausenden Verletzten, mit der eine brutaliserte Besatzungsarmee auf Zentausende Menschen feuert, Gasgranaten schmeisst und jetzt sogar wieder einmal Gaza aus der Luft angreift. Nun kommen sie mit einer Erklärung, in deren Fokus nicht die Gewalttäter und Mörder, sondern die Palästinenser stehen, die Sie davor warnen, Rechte zu missbrauchen, die Sie auffordern, “Gewalt abzuschwören” und dergl. mehr. Hat Ihr politischer und juristischer Verstand nun völlig ausgesetzt? Wenn hier irgendwer der “Gewalt abschwören” muss, dann ist es die israelische Regierung und ihre brutalisierte Armee. Sie schreiben offenbar auf der Wellenlänge der internen Anweisungen des israelischen Aussenminiseriums an seine Botschaften oder im beruechtigten Stil der Trump-Administration!
Da demonstrieren Menschen ohne Waffen, die nichts anderes wollen, als in Wuerde, Freiheit und Selbständigkeit zu leben, die nur aus dem grössten Freiluftgefängnis der Welt raus wollen – und die ruecksichtslos niedergemacht werden. Einem machtlosen Volk, dass sich erschiessen lässt, um das Gehör der Weltöffentlichkeit zu finden, kommen Sie mit Moralpredigten!
Ihnen scheinen wesentliche Grundlagen des Völkerrechts, Ihnen scheinen die Menschenrechte – die auch fuer die Palästinenser gelten – ein Buch mit sieben Siegeln zu sein. Ihnen scheint auch jeder moralische Violinschluessel zu fehlen. Ein besetztes Volk hat das Recht, sich zu wehren – das haben Sie nicht nur zu akzeptieren, Sie haben es als Konsequenz aus NS-Herrschaft und Holocaust zu unterstuetzen und ernsthaft an gerechten Friedenslösungen mitzuwirken. Das ist die wahre Konsequenz aus dem Holocaust! Sollten diese Massendemonstrationen der geschundenen Palästinenser zu nichts fuehren, weil brutale Unterdueckung die Oberhand behält und die Bannerträger des Humanismus und der “gemeinsamen Werte” und die Weltöffentlichkeit diese Menschen wieder einmal schmählich im Stich lassen wie schon seit Jahrzehnten, wird aus Verzweiflung und Ausweglosigkeit möglicherweise wieder ein Selbstmordwelle anlaufen. Ihre Antwort darauf ist aber dann heute schon klar. Sie wird genauso heuchlerisch und inkompetent ausfallen wie bisher.
Offenbar gehen Ihnen auch die eindringlichen Appelle namhafter Persönlichkeiten, die das andere Israel repräsentieren – darunter Historiker, Publizisten, Politiker, ehem. Militärs und Geheimdienstler, Friedensaktivisten, Knesset-Mitglieder und der ehem. Botschafter S. Stein – zum einen Ohr rein, zum anderen wieder raus – wenn sie Sie ueberhaupt zur Kenntnis nehmen. Sie erwarten von Deutschland einen politischen Kurswechsel, der endlich der israelischen Regierung die Leviten liest, sie mit Sanktionen belegt.
Ich habe unlängst die sehr verdienstvolle Geschichte des Auswärtigen Amtes von 2005 (Das Amt und die Vergangenheit, Conze, Frei, Hayes und Moshe Zimmermann, Blessing Verlag ) gelesen und ich muss sagen: es ist bestuerzend, in welchem Ausmass sich Feigheit, Opportunismus und Missachtung von Völker- und Menschenrecht in diesem Ministerium offensichtlich gehalten haben – bis auf den heutigen Tag. Auf welchem Weg sind Sie, wo soll das enden?
Hermann Dierkes, ehem. Ratsmitglied Duisburg/Stadtältester