Der Faktor Lula: Brasilien zwischen demokratischem Widerstand und Absturz in die faschistische Barbarei
Fanal in Guarujá. In den frühen Morgenstunden des 16. April wurde das unsägliche Apartment – das die brasilianische Staatsanwaltschaft und Ermittlungsrichter Sérgio Moro Altpräsident Luis Inácio Lula da Silva mit einem Bericht der Tageszeitung O Globo vom Dezember 2014 als „Eigentumsbeweis” angedichtet und als hanebüchenen Grund für seine Verurteilung zu einer 12-jährigen Haftstrafe missbraucht haben – von 50 Aktivisten der sozialen Bewegung “Frente Povo Sem Medo” (Front des Volkes Ohne Angst) erstürmt und für die Dauer einiger Stunden besetzt gehalten. Auf ihren Transparenten war zu lesen: „Wenn das Apartment Lula gehört, dann gehört es auch dem Volk”, und „Soll der Richter uns doch die Wiederinkraftsetzung des Eigentumsrechts androhen – dann muss er beweisen, wem es wirklich gehört!”. Ein Bericht von Frederico Füllgraf.
Die Anspielungen waren böse Ironie an die Adresse der politischen Justiz, die Lula am vergangenen 7. April ins Gefängnis nach Curitiba abführen ließ (siehe Artikel vom 6. April 2018). Der Akt hatte symbolischen Charakter, jedoch auch das Zeug für eine mediale Bombe.
Ganz im Gegenteil zum von der Anklage und vom Richter erhobenen Vorwurf, die Immobilie sei auf Wunsch Lulas und seiner verstorbenen Ehefrau Marisa Letícia von der Baufirma OAS mit „Bestechungsgeldern” im Wert von umgerechnet 700.000 Euro auf Luxusniveau ausgestattet worden, gelang den Besetzern mit Foto- und Videoaufnahmen, den verwahrlosten Zustand des Penthouses und damit die mutmaßliche Farce der angeblichen Verfügung und der „Beweisführung” zu dokumentieren.
In Wahrheit gehört die Liegenschaft der von Moro bis auf ihre Grundmauern ruinierten Baufirma und ist Gegenstand einer für kommenden Mai angesetzten Versteigerung zur Tilgung von OAS-Schulden. In diesem Sinne zitierte denn auch der Londoner Guardian den Sprecher der Front des Volkes Ohne Angst, der Bewegung der Dachlosen (MTST) und Präsidentschaftskandidaten der linken Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL), Guilherme Boulos, mit den Worten: „Wenn das Apartment nicht Lula gehört, warum wurde er verhaftet?“.
Die kühne Besetzung ist vorläufiger Höhepunkt weltweiter Proteste gegen Lulas Inhaftierung. Von der zentralen Mahnwache vor dem Gefängnis des ehemaligen Staatschefs und erneuten Favoriten der diesjährigen Präsidentschaftskampagne hat sich die Anteilnahme (siehe Fotos) über ganz Brasilien nach Mittel- und Nordamerika sowie Westeuropa, insbesondere nach Portugal, Spanien und Frankreich ausgeweitet.
Fortgesetzte Hetzjagd und obszöne Barbarei
In auffälligem Gegensatz zu diesem Trend – den die Pariser Le Monde vor wenigen Tagen durch ihre Facebook-Titelseite mit dem historischen Foto des gerade 18-jährigen, angehenden Fotografen Francisco Proner mit Lula auf den Armen der Brasilianer unterstrich – reagieren „Leitmedien” und die demokratische Öffentlichkeit Deutschlands mit unerklärlichem Schweigen auf die weltweite Empörung. Ist Lulas Inhaftierung kein nennenswertes Thema? Selbst der Terror, der Brasilien seit 2014 in groteskem und himmelschreiendem Ausmaß erschüttert, scheint auch das offizielle Deutschland nicht zu interessieren.
Zur Veranschaulichung der landesweiten Schauder-Szenerie seien die markigsten Schlagzeilen der brasilianischen Medien der vergangenen sechs Wochen genannt:
- “Milizen steinigen und beschießen Lulas Karawane”.
- “Senatorin Ana Amélia begrüßt den Angriff”.
- “Polizeikommissar bestätigt Attentat auf Lula und wird vom Landesgouverneur gesperrt”.
- “Staatsanwalt Deltan Dallagnol, Lulas Hauptankläger, betet und fastet für die Verurteilung Lulas”.
- “Besitzer des Bordells ´Bahamas Club´, in São Paulo, bietet 1 Monat Freibier + ´Amüsement´ für Lulas Ermordung in seiner Zelle”.
- “General droht Staatsstreich an, falls Oberstes Gericht Lulas Berufungsantrag nachgibt”.
- Fluglotse funkt in Maschine, die Lula ins Gefängnis transportiert: “Öffnet die Tür und werft den Müll in hohem Bogen raus!” (siehe Funkspruch-Mitschnitt.
- Sondereinheit BOPE der Bereitschaftspolizei Rio de Janeiros twittert: “Wenn wir korrupte Politiker so behandeln würden, wie wir‘s mit Drogendealern tun, wäre Brasilien besser bedient”.
„So behandeln“ war eine euphemistische Andeutung für „Abknallen“, ebenso wie der von der brasilianischen Luftwaffe protegierte Fluglotse mit „Müll“ niemanden weniger als Lula meinte. In der makabren Wortwahl der unbehelligt berauschten brasilianischen Rechtsextremen sind Menschenleben zu Schundwert verkommen. So sind allein in den vergangenen zwei Wochen im Bezirk Rocinha, der größten Favela Lateinamerikas, nicht etwa Drogendealer, sondern 12 unschuldige Menschen von eben dieser Polizei erschossen worden. Polizei, die Mehrheit der Militärs und der weißen Führungsclique vereint seit langem die Faustregel, „Ein guter Ganove ist ein toter Bandit!“.
Im Beitrag der Nachdenkseiten Mexikanisierung oder schleichende Diktatur in Brasilien? Das Spiel hinter den Kulissen der Militär-Intervention in Rio de Janeiro zitierte ich General Eduardo Villas Bôas‘ Drohung, der von de-facto-Präsident Michel Temer erbetene Militäreinsatz zur angeblichen Verbrechensbekämpfung in Rio dürfe auf keinen Fall in einer „neuen Wahrheitskommission” münden.
Vor dem Hintergrund der keineswegs entschärften, sondern ganz im Gegenteil eskalierten Stimmung im Lande lohnt es sich, die Warnung des Heereschefs zu wiederholen:
Villas Bôas meinte die Nationale Kommission der Wahrheit (CNV), die dank der Initiative von Präsidentin Dilma Rousseff (2010-2016) die von der 21 Jahre lang herrschenden Militärdiktatur (1964-1985) begangenen, schweren Verbrechen gegen die Menschenrechte untersuchte. In ihrem Abschlussbericht aus dem Jahr 2014 benannte die Kommission 377 Militärs und Polizisten als Schuldige der Gewalt-Verbrechen und für das Verschwinden von mindestens 450 politischen Gefangenen. Ein von den Militärs Anfang der 1980-er Jahre erlassenes Gesetz der Eigen-Amnestierung verhinderte bisher, dass die Folterer und Mörder vor Gericht gestellt werden konnten. Vor diesem Hintergrund interpretieren Kritiker der Militär-Intervention Villas Bôas‘ respektlose Provokation als Freibrief für Kollateralschäden, man lese: die straffreie Misshandlung der Bevölkerung in Rios Elendsvierteln.
Diese militante Abwehr und die Drohungen straflos gebliebener Folterer und Mörder in Uniform – einige davon in Generals-Rang – signalisierte bereits vor vier Jahren den Auftakt der Hass-Offensive gegen die Regierung Dilma Rousseff und der von ihr institutionalisierten Menschenrechts-Politik, für den Schutz nicht nur der ehemaligen Opfer der Diktatur, sondern des überwiegend armen und schwarzen Bevölkerungsteils sowie der Frauen, Jugendlichen, Kinder und sexuellen Minderheiten. Die Anfeindungen begannen mit Beamten der Bundespolizei, die entweder das Porträt der amtierenden Präsidentin als Zielscheibe für Schießübungen benutzten oder gesetzeswidrig für Rousseffs Wiederwahl-Herausforderer und den wegen vielfacher Korruption angeklagten, rechten Senator Aécio Neves Wahlkampagne betrieben. Alles frech und herausfordernd auf Facebook.
Als Anfeuerung zu den von vornherein als straflos berechneten, rechtlichen Verstößen der Beamten dienten die Angriffe des rechtsradikalen Abgeordneten und gegenwärtigen Präsidentschaftskandidaten des offen faschistischen Lagers, Jair Bolsonaro, der Rousseff damals als „Terroristin im Amt“ bezeichnete und ihre Ministerin für Menschenrechtsfragen und gegenwärtige Abgeordnete der Arbeiterpartei (PT), Maria do Rosário, mit dem obszönen Satz demütigte, „Ich vergewaltige Dich nicht, weil Du‘s nicht verdienst!“; ein unerhört krimineller Auftritt mit barbarischen Vorzeichen, der Bolsonaro in jeder selbst noch so konservativen Demokratie Europas das Amt gekostet und eine schwere Haftstrafe nach sich gezogen hätte, doch in Brasilien erst drei Jahre später mit einer lächerlichen Geldstrafe nahezu symbolisch geahndet wurde.
Die Achilles-Ferse des „Lulismo“
Der Absturz in die Barbarei hat jedoch eine fatale Erklärung. Er ist unter anderem eine Folge der amtlichen “Waschlappigkeit” des Altpräsidenten gegenüber den Militärs. Der Vorwurf, den er sich öfter und zu Recht von keineswegs „linksradikalen Eiferern“, sondern von patenten demokratischen Kritikern gefallen lassen musste, war sein selbsttäuschendes Wegsehen von der durch die Militärs „bewachten“ Demokratie und sein hartnäckiges Festhalten an großzügigster Konzilianz gegenüber konservativen Kräften inner- und außerhalb seines Regierungsbündnisses, deren Vertreter seinen fehlenden Mut zu mehr Demokratie als Uhrwerk für den längst geplanten, restaurativen Countdown deuteten.
Etwas verkürzt lässt sich die Quintessenz des “Lulismus“ mit dem tollkühnen Glauben an die Macht der Verhandlungen, des Ausgleichs und der demokratischen Verbindlichkeit der herrschenden Kasten, jedoch andererseits auch mit halsbrecherischen Versäumnissen in der demokratischen Bildungsarbeit und Mobilisierung der aus dem Elend befreiten 40 Millionen Brasilianer und einer gewissen Blindheit angesichts der zunehmenden, konservativen Unterwanderung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz umschreiben.
Hier klinkte sich die aufkeimende rechtsradikale Bewegung in Zivil ein, die ab 2013 ihre Instruktionen von US-amerikanischen Think Tanks wie Atlas Network erhielt. Das Kernstück ihres Programms war, mit von langer Hand gesteuertem Hass demokratische, insbesondere linke Nischen und Bastionen in Medien, Schulbetrieb und Universitäten unversöhnlich bis zur Kriminalisierung zu attackieren und diskreditieren.
Wie in der Analyse „Richter Sérgio Moro, die USA und der Angriff auf die brasilianische Demokratie“ von Ende 2016 dargestellt, erreichte die Hetzjagd gegen Lulas Nachfolgerin Dilma Rousseff und das gesamte demokratische und linke Kräftespektrum ihren Höhepunkt im Zusammenspiel von Think Tanks, Medien und der von rechts unterwanderten und politisierten Justiz, in Brasilien inzwischen als „Diktatur der Roben“ bezeichnet.
In dieser Verfolgungsjustiz trat eine von konventionellen deutschen Medien entweder nicht recherchierte oder peinlich gemiedene Begleiterscheinung in Szene. Neben Star-Richter Moro profilierten sich in auffälliger Weise deutschstämmige Staatsanwälte wie Mauricio Gotardo Gerum, die Jungrichter Leandro Paulsen und Victor Luiz dos Santos Laus und der in Hamburg geborene und eingebürgerte Gerichtsvorsitzende Felix Fischer als leidenschaftliche Henker Luis Inácio Lula da Silvas.
Nach der Ablehnung des Habeas-Corpus-Antrags von Lulas Verteidigern durch den Obersten Gerichtshof (STF) beantragte Gerum mit der Verkennung des Anrechts auf zwei weitere Urteilsprüfungsinstanzen die sofortige Verhaftung Lulas mit der infamen Begründung, sie solle des Ex-Präsidenten „Gefühl der Allmacht ein Ende setzen“ (MPF pediu pressa na prisão de Lula para “estancar sensação de onipotência” – El País, 06. April 2018).
Ein Richter gegen die Barbarei
Die von Teilen der Justiz provozierte und mitinszenierte politische Polarisierung hat Brasilien zerrissen. Dagegen erhob sich während einer STF-Sitzung Mitte des laufenden Monats ausgerechnet Richter Gilmar Mendes, der im April 2016 Lulas Nominierung zum Kabinettschef Dilma Rousseffs vereitelte und damit den Anfang vom Ende ihrer Regierung einläutete.
In einer unerwarteten und ungewöhnlich scharfen Rede attackierte Mendes die Embleme der Korruptionsbekämpfung – nämlich die Landesrichter Sérgio Moro und Marcelo Bretas – und warf der Einsatzgruppe „Unternehmen Waschanlage“ vor, sie sei selbst von schamloser Korruption befallen. Korrupt sei eine Seilschaft von Staatsanwälten, die befreundeten, gar verwandten Anwälten die Vertretung von Angeklagten zuspiele, von denen dann im Austausch für ein Versprechen auf Strafmaßerlass die unverschämte und illegale Zahlung von millionenschweren Honoraren erpresst werde (Gilmar ataca Bretas, critica Fachin e defende privada em cela de Lula – O Globo, 10. April 2018).
„Im Grunde wurden doch aus Dr. Moros sogenannten Sicherungsverwahrungen dauerhafte Haftstrafen“, kritisierte Mendes. Das sei der gegenwärtige Justiz-Schlamassel. Damit sei es wohl besser, die Verfassung gleich außer Kraft zu setzen. Da es offenbar ein „eigenes Strafgesetzbuch von Curitiba“ gäbe, könne ja auch gleich „eine eigene Verfassung von Curitiba“ angenommen werden. „Spricht dieser Typ etwa mit Gott? Worüber reden wir? Oder betreiben wir hier Justiz-Populismus? “, attackierte der 1990 an der Universität Münster promovierte Jurist und Karl-Schmitt-Experte den Lula-Verfolger.
Sodann richtete Mendes seine Artillerie auf die herrschenden Medien.
„Ich habe ja schon so manches erlebt. Doch nie zuvor habe ich derart beklemmende Medien gesehen wie die, die wir hier seit einigen Jahren haben … Es sind bedrückende Medien, die wir entwickelt haben. Und dazu müssen wir Nein sagen … Wenn wir Entscheidungen treffen müssen, weil die Medien dieses oder jenes Ergebnis wollen, sollten wir lieber zurücktreten und unseren Hut nehmen.”
Schließlich verdammte der hohe Magistrat die rechtsextreme Intoleranz und Gewalttätigkeit als perverse Entmenschlichung. „Wer sich darüber empört, dass Lula Anrecht auf eine Toilette und ein Bad in seiner Zelle hat, der ist pervers!“. Verbrechen müssten selbstverständlich gesühnt, doch die Würde des Einzelnen solle auch, bitteschön, respektiert werden!
„Wo, zum Teufel, sind wir gelandet? Wie reden wir? Wo ist unser Mitgefühl geblieben? Hier tritt eine animalische Fratze in Erscheinung! Das ist doch eine Perversion! Vielleicht haben die Nörgler wer-weiß-was für eigene Probleme und toben sich hier aus. Das ist nicht korrekt. Dies muss angeprangert werden!”, ermahnte der Richter namentlich nicht genannte Kollegen, Staatsanwälte und Polizisten – und erntete im Handumdrehen wutentbrannte Reaktionen und Drohungen aus dem rechtsextremen Lager.
Mythos Lula und die Wahlen
Mit seiner Abschiedsrede vor seiner Verhaftung, am 7. April – in der er in die Menschenmenge rief, „Ich bin ab sofort kein Mensch mehr, sondern eine Idee!” – deklarierte sich der verfolgte Altpräsident selbst zum Mythos, der mit der erstaunlichen Hoffnung auf „gerechte” Revidierung seines Urteils die Wandlung zum Märtyrer ablehnt.
Eng verknüpft mit dieser Hoffnung ist sein Anspruch auf die kaum zu erwartende Zulassung seiner Kandidatur durch die Justiz. Immerhin ist Lula mit weitem Abstand der große Favorit der offiziell noch nicht eröffneten Präsidentschafts-Kampagne. Sich selbst und seiner breiten Wählerschaft versprach er, auch im Gefängnis „bis an die Grenze des Machbaren“ seine Kandidatur aufrecht zu erhalten.
Kaum war er wenige Tage in Haft, bemühte sich das Meinungsforschungsinstitut Datafolha, im Besitz der Mediengruppe Folha de São Paulo, die Wahlpräferenzen im Land zu sondieren. Mit 31 Prozent in der Wählergunst habe Lula im Vergleich zur letzten Umfrage vom Januar 2018 3 bis 6 Prozent seiner Unterstützung eingebüßt, behauptet Datafolha.
Das Meinungsforschungsinstitut Ipsos attackierte den Altpräsidenten an einer anderen Flanke, nämlich an seinem Ansehen, jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Demnach seien 57 Prozent der Brasilianer der Meinung, Lula sei schuldig, 55 Prozent denken aber auch, dass er von Richter Moro verfolgt und nicht gerecht behandelt wird und 73 Prozent der Befragten stimmten gar der Aussage zu, „die Mächtigen wollen Lula aus der Wahl entfernen”.
Die PT beauftragte daraufhin das Institut Vox Populi mit einer eigenen Umfrage, wonach Lula mit mehr als 50 Prozent der Stimmen vor seinen wichtigsten Herausforderern Jair Bolsonaro (PSL), Joaquim Barbosa (PSB), Marina Silva (Rede) und Geraldo Alckmin (PSDB) rangiere. Vox-Populi-Chef Marcos Coimbra erklärte, Lulas Festnahme hätte die Wahlabsichten der Brasilianer kaum beeinflusst.
Die Zahlen, die Herausforderer und der Zeitdruck stellen Moros Star-Häftling vor eine schwierige Entscheidung. Zum einen machen die Umfragen deutlich, dass die sogenannte “zivilisierte” Rechte – das rechte Zentrum, das mit dem faschistischen Lager den Sturz Dilma Rousseffs herbeiführte und auch Lula lange hinter Gittern sehen will – vom Aufstieg des Faschisten Bolsonaro erschrocken ist, sich jedoch auf keinen Einheits-Kandidaten einigen kann.
Da nur ein juristisches Wunder Lula kurzfristig aus der Haft befreien und seine Kandidatur zulassen wird, steht die PT nun vor dem Dilemma, Lula durch eine/n attraktive/n Alternativ-Kandidaten/in zu ersetzen. „Wenn die PT Demut und gesunden Menschenverstand besitzt, wird sie alles dafür tun, um die Empörung über den Mord an Marielle Franco und die unrechtmäßige Inhaftierung Lulas mit eklatanter Verletzung der Legalität in eine einheitliche Wahlfront zu verwandeln. Sollte ihr damit die Aufstellung einer Koalition mit einem überzeugenden Kandidaten gelingen, ist die PT auch in der Stichwahl”, lautet der hoffnungsschwangere Kommentar der einflussreichen Kolumnistin Tereza Cruvinel (Centro sem prumo – Jornal do Brasil, 17. April 2018).
Einen Joker im Wahlpoker der Rechten ließ Cruvinel unerwähnt. Sollte die Linke in den kommenden Monaten Muskeln zulegen, erhält auch die wiederholt ausgesprochene Hypothese neuen Aufwind, wonach die Präsidentschaftswahlen annulliert und der korrupte Kongress mit erkauftem Verfassungsänderungsantrag im Eilverfahren die parlamentarische Demokratie mit Abschaffung der Direktwahlen für das Präsidentenamt durchpeitschen könnte.