Hinweise der Woche
Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Skripal
- Der Westen tötet im Orient 329 Menschen. Jeden Tag. Seit 27 Jahren.
- Vorwurf “Querfront”: Wie die Friedensbewegung in Deutschland sabotiert wurde
- Flache Lernkurve bei der SPD
- Wie Blackrock die Konzerne kontrolliert
- Es mangelt an Arbeit, nicht an Fachkräften
- Die Richter bringen die deutsche Politik in Bedrängnis
- Die Als-ob-Regierung – Große Koalition
- Warum sind die USA verrückt geworden?
- „Ich hätte besser Nato-Strichmännchen sagen sollen“
Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Skripal
Mit dem Giftanschlag in Salisbury haben die westeuropäisch-russischen Beziehungen einen neuen Tiefpunkt erreicht. Auch Politiker, die nicht als Russland-Versteher gelten, warnen vor einem “neuen kalten Krieg”. Bundeskanzlerin Merkel hat sich auf die Seite von Theresa May geschlagen und unterstützt die These vom “russischen Anschlag”. Doch gibt es wirklich keine andere plausible Erklärung? Kontraste hat nachgefragt. […]
Heute Nachmittag hieß es auf einmal in einigen Medien, das russische Labor sei identifiziert, in dem das Gift hergestellt wurde. Doch handfeste Beweise hat bisher niemand vorgelegt. Was also stimmt, was stimmt nicht, fragt man sich. Susanne Katharina Opalka und Ursel Sieber haben nachgeforscht und einen ehemaligen deutschen BND-Chef getroffen, der Merkel und May offen widerspricht. […]
Angeblich bekam Angela Merkel von den Briten geheime Informationen. Sie übernimmt den Vorwurf fast wörtlich. “Aller Wahrscheinlichkeit darauf hinweist, dass Russland in Verbindung mit diesem Nervengasanschlag steht und dass es gar keine anderen Erklärungen gibt.”
Doch, es gibt andere Erklärungen. Das meint jedenfalls der ehemalige BND-Präsident Gerhard Schindler und stellt sich damit offen gegen die Kanzlerin. “Ich glaube, die Sachlage ist sehr komplex und lässt viele Fragen offen und die Beweislage ist nach meiner Auffassung nicht so robust wie die getroffenen Maßnahmen vermuten lassen.”
Quelle: KontrasteAnmerkung JK: Die Zweifel an den angeblichen Beweisen, dass das Nervengift aus Russland stammt, werden inzwischen sogar in den Mainstreammedien größer. Der ehemalige BND-Chef Gerhard Schindler wird mit der schönen Formulierung zitiert, dass die aktuelle Beweislage nicht so robust sei, wie es die getroffenen Maßnahmen suggerieren und er verweist auch darauf, dass durchaus auch in Richtung an organisierte Kriminalität gedacht werden kann. Eine klare Kritik an Maas.
dazu: “Sollte man nicht Belege haben?” CDU-Vize Laschet kritisiert westliches Vorgehen in Skripal-Affäre
CDU-Vize Armin Laschet hat das westliche Vorgehen in der Skripal-Affäre kritisiert und damit auch indirekt Kanzlerin Angela Merkel. Laut der “Times” wissen die britischen Behörden, aus welchem Labor das Gift stammt.
Quelle: Stern Online - Der Westen tötet im Orient 329 Menschen. Jeden Tag. Seit 27 Jahren.
Durch Krieg und genozidale Sanktionen tötete der Westen im Irak, Afghanistan, Libyen, Somalia, Jemen und Pakistan in den letzten 27 Jahren 3.303.287 Menschen – im Schnitt 329 jeden Tag.
Der Golfkrieg 1991
(…) In ihrer soliden wissenschaftlichen Studie wertete Daponte unter anderem Daten von UNICEF, des US-Außenministeriums und der Harvard University aus und kam zu dem Ergebnis, dass durch direkte und indirekte Kriegsfolgen des US-Bombardements 205.500 Menschen getötet wurden, 74.000 Kinder darunter. Der UK Medical Educational Trust errechnete nahezu dieselbe Zahl.
„Sanktionen als Massenvernichtungswaffe“
(…) Der renommierte Nahost-Anaylst Nafeez Ahmed nennt in seinem Buch „Behind the War on Terror“ von 2003 unter Berufung auf die UN-Abteilung für Bevölkerungsfragen die Zahl von 1,7 Millionen durch die Sanktionen getöteter Menschen, 500-600 Tausend getötete Kinder darunter.
„War on Terror“ – Der Irak wird ausradiert
(…) Die PSR-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass als direkte oder indirekte Folge des US-geführten Kriegs im Irak etwa 1 Million Menschen getötet wurden…
Afghanistan, Pakistan, Jemen, Somalia
(…) durch Obamas illegalen Drohnenkrieg in Pakistan noch mindestens 311 Tote hinzu, sowie 3.334 in Afghanistan, so die konservativen Datensätze des Bureau of Investigative Journalism, der Autorität auf dem Forschungsfeld der Drohnentoten. Für Somalia gibt das Bureau die Minimalzahl von 524 an und für den Jemen 988.
Libyen wird zerstört
(…) kommt eine von Elsevier herausgebrachte Studie der University of Tripoli zum Ergebnis, dass 21.490 Menschen in Folge des Krieges getötet wurden.
Der Kampf gegen den IS
(…) dass seit August 2014 zwischen 11.140 und 32.967 Zivilisten getötet wurden… Nach Angaben des US Special Operations Command kommen zwischen 60.000 und 70.000 im Irak und Syrien getöteter IS-Kämpfer hinzu…
Werden alle fettgedruckten Angaben zusammenaddiert, kommen wir auf eine Zahl von 3.303.287 Menschen, die seit 1990 vom Westen im Orient getötet wurden. Das entspricht im Schnitt 329 toter Menschen. Jeden Tag. Seit 27 Jahren.
(…) Zu den Toten kommen all die Verwundeten, die Verstümmelten, die Waisen, die Vertriebenen, die Generationen über Generationen zerstörter Kinder – und jetzt fragt Euch mit offenem Herzen:
Woher kommt der Hass auf den Westen?
Quelle: justice now - Vorwurf “Querfront”: Wie die Friedensbewegung in Deutschland sabotiert wurde
Das Versagen der deutschen Friedensbewegung geht auch auf “linke” Kampagnen zurück. Die Ostermärsche haben zwar in diesem Jahr leicht zugelegt – aber angesichts der Weltlage und der aktuellen Kampagnen für Krieg müsste die Bewegung viel machtvoller sein.
… Die Teilnehmerzahlen der diesjährigen Ostermärsche haben sich leicht gesteigert. Es ist jedoch ein “Erfolg” auf sehr niedrigem Niveau – zur Abschlusskundgebung in Frankfurt am Main kamen laut Polizei etwa 1.500 Menschen, in Kassel versammelten sich am Ostermontag rund 1.000 Menschen, in Marburg waren etwa 400 Menschen auf der Straße.
Das ist besser als nichts, aber dennoch höchst enttäuschend. Wie kann es sein, dass sich in Zeiten der offenen Kriegstreiberei, einer seit Jahren andauernden Medienkampagne gegen eine Entspannung zu Russland und hunderttausender Kriegstoter allein im Nahen Osten so wenige Deutsche für den Frieden engagieren wollen?
Pazifismus wurde als “rechts” diffamiert
Es ist schwer zu glauben, aber wahr – Engagement für den Frieden wurde in Deutschland erfolgreich als “rechts” diffamiert. Eine ganz große Koalition aus Medien, Politikern und “Initiativen” hat seit dem Jahr 2014 den um den Frieden besorgten Menschen die Label “Querfront” und “Verschwörungstheoretiker” angehängt, was bis heute zu einer Spaltung der Bewegung führt.
(…) Auch “Linke” hetzten gegen Friedenswinter
Die schräge Argumentationslinie “Pazifismus gleich Wahnsinn” wurde nicht nur von großen, kleinen, bürgerlichen und “linken” Medien massenhaft verbreitet, sondern auch von proEine sehr destruktive Rolle gegen eine starke Friedensbewegung in Deutschland haben auch Teile der Linkspartei eingenommen – ganz vorne in der Reihe der Gegner des Friedenswinters hat sich damals erwartungsgemäß der heutige Berliner Kultursenator Klaus Lederer positioniert:minenten pseudolinken Einzelpersonen wie Jutta Dittfurth….
Quelle: RT - Flache Lernkurve bei der SPD
Der sozialdemokratische Finanzminister und kommissarische Parteichef Olaf Scholz steht auf Hartz IV und will trotzdem einen sozialen Arbeitsmarkt. Doch wie soll das zusammengehen?
Lernen Sozialdemokraten dazu? Diese Frage stellt sich immer mal wieder. Das ist keine Schande, denn bei der CSU oder der FDP fragt man sich das schon eine ganze Weile nicht mehr. Doch während die beiden Parteien mit ihrer Unbelehrbarkeit leben können, wird von der SPD von ihren potenziellen WählerInnen offenbar mehr erwartet. Deshalb muss sich die SPD gerade jetzt mit aller Macht wieder fragen lassen: Wann gibt sie endlich zu, dass die Agenda 2010 – und vor allem Hartz IV – ein Flop gewesen ist?
(…) SPD-Kanzler Gerhard Schröder wollte mit Hartz IV den klassischen Wohlfahrtsstaat in einen „aktivierenden Sozialstaat“ umbauen. Er ging wie seine Berater davon aus, dass die Langzeitarbeitslosen nur deswegen keine Stelle fänden, weil sie faul auf dem Sofa sitzen, Bier trinken und Unterschichten-TV gucken. Mit dem Ansatz „fordern und fördern“ wollte er diese Faulpelze zum Arbeiten bringen oder auch zwingen. Nur: Dieser Ansatz war von Anfang an falsch.
Tatsächlich war die weit überwiegende Zahl der Arbeitslosen ohne Arbeit, weil schlicht die Arbeit fehlte. Hinzu kamen Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten konnten. Doch diese simplen Wahrheiten wollten vor allem Schröder und sein Arbeitsminister Wolfgang Clement nicht wahrhaben….
Quelle: Gegenblende - Wie Blackrock die Konzerne kontrolliert
Mit 6,3 Billionen Dollar ist Blackrock der größte Vermögensverwalter der Welt. Das spüren vor allem deutsche Konzerne. Der US-Investor hat in den Firmenzentralen hierzulande nicht nur Freunde.
Zum Beispiel Siemens… Knapp sechs Prozent hält der US-Investor an dem Münchner Konzern. Sechs Prozent an mehr als 80 Milliarden Euro Umsatz, die vor allem eines abwerfen sollen: Dividende. Eigentlich könnte Kaeser also sehr entspannt auftreten an diesem Abend: Er hat geliefert, hat eine der besten Bilanzen der Firmengeschichte verkündet, zehn Milliarden Euro Gewinn vor Steuern,Rekordausschüttung, plus 50 Prozent beim Aktienkurs seit seiner Amtsübernahme.
Doch hinter dem Rednerpult steht ein Mann, der in bestem Bayrisch-Englisch fast schon resigniert sein Mantra der vergangenen Monate wiederholt: „The business of business is not business. The business of business is to create value for society.“
Wie kein zweiter Dax-Direktor trägt Kaeser das vor sich her: Unternehmen sind nicht nur dazu da, um Gewinne zu erwirtschaften. Firmen müssen auch einen gesellschaftlichen Mehrwert produzieren. Doch es hat auch erstaunlich viel Ähnlichkeit mit den Briefen, die Larry Fink nun so gerne schreibt. Der Chef von Blackrock, mit 6,3 Billionen Dollar der
größte Vermögensverwalter der Welt, schickt seit einigen Jahren jeden Januar eine Botschaft an die Unternehmen, an denen Blackrock beteiligt ist. „Die Gesellschaft verlangt, dass Unternehmen einem sozialen Ziel dienen“, schrieb er dieses Jahr. „Ein Unternehmen, das keinen Sinn dafür hat, wird seine Ziele nicht erreichen. Deswegen ist es mehr denn je
unsere Pflicht, dass wir uns einmischen.“
Kaeser und Fink treffen sich regelmäßig, denn Fink ist Kaesers größter Einzelaktionär. Aber: Ist er auch Kaesers größter Einflüsterer?
Fink ist womöglich viel mehr als nur das. Manche sehen in ihm den Einflüsterer der Weltwirtschaft. Auch wenn viele Dax-Konzerne offiziell bestreiten, jemals von Fink oder seinen Leuten behelligt worden zu sein – Geschichten wie bei Siemens gibt es noch einige mehr im Archiv.
Im Nachfolgedrama um Josef Ackermann vor einigen Jahren bei der Deutschen Bank zeigte sich das. Ackermann hatte damals eine Vorstellung für seine Nachfolger, Larry Fink soll ebenfalls eine gehabt haben. Finks hieß Anshu Jain. Ackermanns Nachfolger am Ende auch. Oder bei der Lufthansa. Da musste sich, so geht die Legende, der langjährige Chef
Wolfgang Mayrhuber letztlich von seinem Plan verabschieden, trotz eher durchwachsener Bilanz als Vorstandschef auf den Aufsichtsratsvorsitz zu wechseln. Ohne den Druck von Blackrock, erzählt man sich, wäre Mayrhuber heute Chef des Gremiums.
Quelle: Wirtschaftswoche - Es mangelt an Arbeit, nicht an Fachkräften
Geradezu fanatisch malen Arbeitgeber das Gespenst des Fachkräftemangels an die Wand. Mit unseriösen Zahlen und falschen Schlussfolgerungen. In Wahrheit mangelt es nicht an Fachkräften, sondern an anständig bezahlter Arbeit.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht der Fachkräftemangel beschworen wird. Die Gleichung geht so: Zurückgehende Arbeitslosenzahlen bei gleichzeitig steigender Zahl der offenen Stellen ist gleich Fachkräftemangel. “Händeringend”, berichtete Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer vergangene Woche, suchten die Unternehmen nach Arbeitskräften. Dass es keine einzige empirische Untersuchung gibt, die einen Fachkräftemangel belegt oder wenigstens überwiegend wahrscheinlich macht, scheint in Zeiten von Fake News unwichtig.
Wie man die Meinung, es herrsche Fachkräftemangel, “macht”, hat kürzlich in vorbildlicher Weise der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) vorgeführt. Am 13. März veröffentlichte er seinen Arbeitsmarktreport 2018 und eine Pressemitteilung mit dem Titel “Fachkräfte gesucht wie nie!”. Die zentrale Botschaft: Für 60 Prozent der Betriebe ist der Fachkräftemangel das “Geschäftsrisiko Nummer eins”. Die zentrale Zahl: 1,6 Millionen. So viele Stellen können, so der DIHK “längerfristig nicht besetzt werden”. Kaum war die Pressemitteilung in der Welt, rauschte es im elektronischen Blätterwald. “DIHK ermittelt. In Deutschland fehlen 1,6 Millionen Fachkräfte”, titelte “faz.net”. Von der “Zeit” bis zur “Heilbronner Stimme” war als Headline zu lesen: DIHK – Fachkräftemangel belastet Unternehmen immer stärker.
Hintergrund der Pressemitteilung war eine Umfrage des DIHK, an der sich 24 000 Unternehmen beteiligt haben. Der DIHK stellte vier Fragen, für die drei bis acht vorgegebene Antwortmöglichkeiten sowie bei zwei Fragen außerdem “Sonstiges” angekreuzt werden konnten (hier die Ergebnisse als PDF).
Das auf 31 Seiten publizierte Ergebnis des Fragebogens stimmt nun aber nicht mit der Pressemitteilung überein. Dass 1,6 Millionen Stellen längerfristig nicht besetzt werden können, wird vom DIHK zwar im Arbeitsmarktreport 2018 behauptet, aber es wird nicht erklärt, woher diese Zahl kommt – es gibt nicht einmal eine unplausible Erklärung, sondern einfach gar keine.
Quelle: Kontext: Wochenzeitung - Die Richter bringen die deutsche Politik in Bedrängnis
Mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts in Schleswig bricht das Vorwurfs-Konstrukt gegen den katalanischen Ex-Regierungschef zusammen. Die deutsche Politik kann sich nicht länger hinter der Justiz verstecken. […]
Das dem Verfolgten Puigdemont als Rebellion zur Last gelegte Verhalten “wäre in der Bundesrepublik Deutschland nach geltendem Recht nicht strafbar” – so sagen es die Richter. Das ist ein hammerharter Satz. Das ist zwar keine Grundsatzkritik an der Rechtsstaatlichkeit Spaniens, das ist gleichwohl eine klare Aussage. Das ist ein Satz, der deutlich macht, dass die europäischen Gepflogenheiten die deutschen Richter nicht dazu verdammen, ihre eigenen Zweifel hintan zu stellen. Eine Auslieferung darf nicht ein nur über den Daumen gepeilter Rechtsakt sein. Eine Auslieferung ist keine Verbeugung, die man einem anderen EU-Staat schuldet. Ein EU-Staat schuldet dem anderen Respekt und Anerkennung – aber nicht den Verzicht auf eine sorgfältige juristische Prüfung. Dafür sind die Richter in Schleswig zu loben.
Es mag sein, dass die deutsche Politik nun in gewisse Schwierigkeiten kommt. Die Bundesregierung hat sich bisher hinter der Justiz versteckt. Aber die Richter sind nicht dafür da, der deutschen Politik Schwierigkeiten zu ersparen und die Folgen von politischen Versäumnissen juristisch zu kaschieren. Der Konflikt in Spanien harrt einer politischen Lösung – dabei muss europäische Politik, dabei muss deutsche Politik helfen. Die Richter in Schleswig waren und sind nicht dafür da, Nothelfer der Politik zu spielen und bei diesem Spiel rechtliche Bedenken unter den Tisch zu kehren.
Wenn es gut geht, wenn es ganz gut geht, dann ist der Spruch der deutschen Richter der Beginn für eine politische Lösung, der Einstieg in Verhandlungen. Mittels Strafrecht lassen sich die spanischen Probleme nicht lösen.
Quelle: Heribert Prantl in der Süddeutschendazu: Klatsche für Madrid und Berlin
Rajoy hoffte offenbar, die deutsche Justiz werde in seinem Sinne urteilen – schließlich hat sich die Politik ja bereits auf seine Seite geschlagen. Noch am Tag der Verhaftung stellte die Bundesregierung einen Blankoscheck aus. Spanien sei ein Rechtsstaat, man werde gegen eine mögliche Auslieferung Puigdemonts kein Veto einlegen, hieß es in Berlin. Kanzlerin Merkel glaubte wohl, ihrem konservativen Partei-Freund Rajoy einen Gefallen zu tun.
Doch auch daraus wird nun nichts, im Gegenteil. In Spanien wird der Ausgang der Verfahrens in Deutschland als massive Demütigung empfunden. Und Merkel muss wohl ihr Rechtsstaats-Verständnis überdenken. Denn was ist das für ein Rechtsstaat, der zweimal denselben Haftbefehl ausstellt, und zweimal scheitert?
Quelle: Lost in Europe - Die Als-ob-Regierung – Große Koalition
Nach außen wollen Union und SPD den Eindruck erwecken, sie seien grundverschieden. In Wahrheit sind ihre Funktionseliten zu einer soliden Mittepartei verschmolzen
„Diesem Anfang wohnt kein Zauber inne“, schrieben die Leitartikler vergangene Woche. Mit rückwärtsgewandten Scheingefechten um Armut, Islam und Abtreibung sei der Start der neuen GroKo missglückt.
Genau das aber könnte deren Erfolgsrezept sein: Scheindebatten zulassen, während der Apparat weiterregiert wie bisher. Für die Opposition im Bundestag und die Zuschauer an den Endgeräten wird das Stück „lebendige Demokratie“ aufgeführt. Die Regieanweisung steht ganz vorn im Koalitionsvertrag: „Wir streben einen politischen Stil an, der die öffentliche Debatte belebt, Unterschiede sichtbar lässt und damit die Demokratie stärkt.“ Soll heißen: Bevor die Opposition echten Streit anzetteln kann, fliegen in der Regierung schon die Fetzen. CDU, CSU und SPD werden ihr Ringen um Profil als „offene“, „ehrliche“ und „transparente“ Politik verkaufen. Man könnte auch sagen: Sie tun ein bisschen so, als ob sie unterschiedlicher Meinung wären.
Die Als-ob-Methode funktioniert auch in umgekehrter Richtung: Alle Regierungsparteien versprechen, die „soziale Spaltung zu überwinden“ und „den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken“. Keine Phrase war zuletzt häufiger zu hören. Zum Beweis wird die neue Bundesfamilienministerin Franziska Giffey ins Rampenlicht geschoben. Doch in Wahrheit unternimmt die Regierung so gut wie nichts gegen die Spaltung. Bis heute versteht sie nicht, warum sich die Schere zwischen Arm und Reich in den vergangenen 20 Jahren – unter SPD- wie CDU-Regierungen – so weit geöffnet hat. Sie verdrängt die Zusammenhänge. Als die Gehälter des VW-Vorstands 2017 um 25 Prozent stiegen, ging das nur, weil VW in Deutschland für den Dieselbetrug nie belangt wurde. Als der vierköpfige Vorstand des Axel-Springer-Konzerns für 2017 31,7 Millionen Euro einstreichen konnte, schusterte ihm die neue GroKo auch noch eine Senkung der Sozialabgaben für Zeitungsausträger zu. Deren Mini-Renten werden jetzt noch kleiner ausfallen. Als Wundpflaster verteilt Arbeitsminister Hubertus Heil ein paar Lohnzuschüsse.
Quelle: Der Freitag - Warum sind die USA verrückt geworden?
Der Giftanschlag auf den ehemaligen Agenten Sergej Skripal und die Folgen ist seit Tagen beherrschendes Thema der Berichterstattung, auch bei Telepolis. Der Autor versucht dabei, die Ereignisse in einen allgemeineren Kontext einzuordnen, die in den hier verlinkten, teils ausgezeichneten Artikeln schon besprochen wurden.
Zu dem Mordanschlag gibt es zunächst viele technischen Fragen, die in den Leitmedien weitgehend unerwähnt bleiben. Hierzu hat sich hochkompetent der ehemalige britische Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, in seinem Blog geäußert, brisante Fakten recherchiert und eine Reihe von Fragen gestellt ( deutsche Übersetzung bei den Nachdenkseiten).
Murray weist nach, dass die Beschuldigungen der britischen Regierung einer sachlichen Grundlage entbehren und wohl gegen den Widerstand der Wissenschaftler im Versuchslabor Porton Down erfolgten. Ebenfalls ausgeblendet aus der Mainstream-Berichterstattung sind kriminalistische Fragen wie nach dem derzeitigen Umfeld des Täters, seiner Tätigkeit und nach möglichen Motiven. Es ist doch bemerkenswert, dass Sergej Skripal anscheinend Kontakt zu Christopher Steele hatte, dem Ersteller des berüchtigten Trump-Dossiers. Hinsichtlich der Beschuldigung der russischen Regierung schließt sich die Frage nach dem Motiv der Ausführung an. Warum jetzt, warum überhaupt, warum ausgerechnet auf so spektakuläre Weise? Können Geheimdienste Morde etwa nicht mehr unauffällig erledigen?
Der politische Durchknall
Mit der Formulierung, es gebe “keine andere plausible Erklärung” als die russische Täterschaft, verwendet auch vom Auswärtigen Amt, beginnt endgültig das pathologische Denken. Es spricht nicht nur rechtsstaatlichen Prinzipien Hohn, dass Russland seine Unschuld zu beweisen habe; der Wissenschaftsphilosoph Karl Popper hätte die These der Täterschaft als nicht falsifizierbare Ideologie eingeordnet – gibt es denn in westlichen Ermittlerköpfen noch irgendetwas, das Russland entlasten könnte?
Quelle: Alexander Unzicker auf TelepolisAnmerkung Albrecht Müller: Ein sehr guter Übersichtsartikel. Lesenswert.
- „Ich hätte besser Nato-Strichmännchen sagen sollen“
Der Linken-Politiker Diether Dehm hat Außenminister Maas als „Nato-Strichjungen“ bezeichnet und wurde für seine Wortwahl sogar von Parteigenossen kritisiert. Im Interview mit der F.A.Z.-Woche verteidigt er sich. […]
Angesichts dessen, dass Heiko Maas jetzt auch von den britischen Wissenschaftlern dahingehend korrigiert worden ist, dass die sagen „Die Beweislage ist keinesfalls klar“, sind seine Vorverurteilung, Russland beziehungsweise Putin seien schuld an dem Mordanschlag, und die Diplomatenausweisung lebensgefährlich für den Frieden. Ich bin jemand, der auch als künstlerischer Autor satirisch tätig ist und war, und es ist in dieser brandgefährlichen Situation notwendig, zu alarmieren und wachzurütteln. Notfalls auch per Tabubruch.
Sie stehen also weiterhin zu Ihrer Wortwahl?
Über die Wortwahl lässt sich streiten. Und ich verstehe auch Kritik daran von Mitstreitern. Man kann das alles auch anders formulieren. Sicher, ich hätte besser Nato-Strichmännchen sagen sollen, damit sich niemand sonst diskriminiert fühlt. Aber eine politdiplomatische, unauffälligere Wortwahl versinkt meist im Mainstreambrei. Das halte ich für genauso unangemessen, wie ich es einst für falsch gehalten hatte, auf Straßenblockaden gegen Atomraketen zu verzichten oder auf anderen zivilen Ungehorsam. Es gibt ja auch sprachliche Formen von zivilem Ungehorsam.
Quelle: FAZAnmerkung unseres Lesers A.B.: Dehm bezeichnet seine Art der Darstellung als “sprachliche Form des zivilen Ungehorsams”. In der Tat wäre seine Kritik ohne Tabubruch im Nirgendwo verraucht. Der reflexartig folgende Shitstorm ist bezeichnend: politische Korrektheit ist Muss – Kriegstreiberei wird kommentarlos hingenommen, wir sind ja schließlich die Guten. Schlimm das Mitlaufen einiger stromlinienförmiger Karrieristen-Linker.
Anmerkung André Tautenhahn: Die Aufregung um die Wortwahl Diether Dehms ist schon erstaunlich, angesichts der ungeheuerlichen Sprachregelung, die die Bundesregierung über ihre Sprecher trotz der aktuellen Erkenntnisse aus Porton Down immer noch aufrecht erhält. Statt darüber nachzudenken, wie man Dehm maßregeln könne, sollte doch das Verhalten des Bundesaußenministers im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, der die Entscheidung über die Ausweisung von russischen Diplomaten angeblich nicht leichtfertig getroffen habe, sondern auf der Grundlage von Fakten und Indizien, die nach Russland weisen würden. Doch welche Fakten und Indizien das sind, verrät die Regierung mit Verweis auf den „Quellenschutz“ nicht. Vermutlich fehlt noch eine brauchbare Strategie, um die irre Zirkusnummer zu erklären, die der eher „schlecht gestylte“ britische Amtskollege von Heiko Maas gerade aufführt.