Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Skripal: Herkunft des Nowitschok-Nervengifts unbekannt
- Der Westen tötet im Orient 329 Menschen. Jeden Tag. Seit 27 Jahren.
- Vorwurf “Querfront”: Wie die Friedensbewegung in Deutschland sabotiert wurde
- Gaza
- Deutsche Solidarität mit Madrid: Staatsanwaltschaft will Puigdemont ausliefern
- Flache Lernkurve bei der SPD
- «Die Frage ist, ob sich Europa retten lässt»
- Wie Blackrock die Konzerne kontrolliert
- Zahlte VW Boni als Schweigegeld?
- Steuerfahnder im Räderwerk der Politik
- Patientenschützer kritisieren Spahns Pflegepläne
- Kurier-Express-Paketdienste wachsen auf Kosten der Beschäftigten
- Armut, die sich lohnt
- Deutsche “Tornados” sind nicht Nato-tauglich
- Die Rückkehr einer Bullshit-Wissenschaft
- Altmaier sieht Deutschland noch 20 Jahre auf Wachstumskurs
- Ozeane des Wahnsinns
- Unser seltsamster Erfolg
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Skripal: Herkunft des Nowitschok-Nervengifts unbekannt
Der Befund des Militärlabors in Porton Down ist für die britische Regierung eine Blamage, besonders vor der OPCW-Sitzung. Ebenso aber für die anderen Staaten wie Deutschland, deren Regierungen aufgrund bloßer Behauptungen von Theresa May ihre “uneingeschränkte Solidarität” erklärt hatten. Die britische Regierung hatte zunächst von höchstwahrscheinlich gesprochen, dass Russland hinter dem Giftanschlag auf den Doppelagenten Skripal und seiner Tochter steht. Dann wurde dies als Gewissheit behauptet.
Grundlage war schlicht, dass das Militärlabor die gefundenen Proben als Nowitschok interpretierten, einer Gruppe von sehr gefährlichen chemischen Kampfstoffen, die zuerst in Russland entwickelt worden sein sollen. Die Regierung behauptete, nur Russland habe diese entwickelt, und argumentierte nur nach angeblich plausiblen Cui-Bono-Begründungen, denen man folgen kann oder auch nicht. Das Hauptargument war schließlich, wie aus einem Handout der Regierung hervorgeht, dieses: “Ohne den geringsten Zweifel ist für uns Russland verantwortlich. Kein Land außer Russland hat die kombinierte Kapazität, die Absicht und das Motiv. Es gibt keine plausible alternative Erklärung.”
Quelle: TelepolisAnmerkung Jens Berger: Die NachDenkSeiten werden darüber noch ausführlich berichten. Ich muss da jedenfalls spontan an das berühmtes Zitat von Putin über die fehlenden Massenvernichtungswaffen im Irak nach dem Einmarsch der US-Truppen denken: „Wenn ich anstelle der Amerikaner wäre, hätte ich welche gefunden.“ Boris Johnson scheint in Porton Down jedenfalls nicht viele Freunde zu haben. Nach den Regeln des politischen Anstands wäre eigentlich nun sein Rücktritt nötig. Aber „politischer Anstand“ und „Tories“ in einem Satz – das ist wohl ein Oxymoron.
- Der Westen tötet im Orient 329 Menschen. Jeden Tag. Seit 27 Jahren.
Durch Krieg und genozidale Sanktionen tötete der Westen im Irak, Afghanistan, Libyen, Somalia, Jemen und Pakistan in den letzten 27 Jahren 3.303.287 Menschen – im Schnitt 329 jeden Tag.
Der Golfkrieg 1991
(…) In ihrer soliden wissenschaftlichen Studie wertete Daponte unter anderem Daten von UNICEF, des US-Außenministeriums und der Harvard University aus und kam zu dem Ergebnis, dass durch direkte und indirekte Kriegsfolgen des US-Bombardements 205.500 Menschen getötet wurden, 74.000 Kinder darunter. Der UK Medical Educational Trust errechnete nahezu dieselbe Zahl.
„Sanktionen als Massenvernichtungswaffe“
(…) Der renommierte Nahost-Anaylst Nafeez Ahmed nennt in seinem Buch „Behind the War on Terror“ von 2003 unter Berufung auf die UN-Abteilung für Bevölkerungsfragen die Zahl von 1,7 Millionen durch die Sanktionen getöteter Menschen, 500-600 Tausend getötete Kinder darunter.
„War on Terror“ – Der Irak wird ausradiert
(…) Die PSR-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass als direkte oder indirekte Folge des US-geführten Kriegs im Irak etwa 1 Million Menschen getötet wurden…
Afghanistan, Pakistan, Jemen, Somalia
(…) durch Obamas illegalen Drohnenkrieg in Pakistan noch mindestens 311 Tote hinzu, sowie 3.334 in Afghanistan, so die konservativen Datensätze des Bureau of Investigative Journalism, der Autorität auf dem Forschungsfeld der Drohnentoten. Für Somalia gibt das Bureau die Minimalzahl von 524 an und für den Jemen 988.
Libyen wird zerstört
(…) kommt eine von Elsevier herausgebrachte Studie der University of Tripoli zum Ergebnis, dass 21.490 Menschen in Folge des Krieges getötet wurden.
Der Kampf gegen den IS
(…) dass seit August 2014 zwischen 11.140 und 32.967 Zivilisten getötet wurden… Nach Angaben des US Special Operations Command kommen zwischen 60.000 und 70.000 im Irak und Syrien getöteter IS-Kämpfer hinzu…
Werden alle fettgedruckten Angaben zusammenaddiert, kommen wir auf eine Zahl von 3.303.287 Menschen, die seit 1990 vom Westen im Orient getötet wurden. Das entspricht im Schnitt 329 toter Menschen. Jeden Tag. Seit 27 Jahren.
(…) Zu den Toten kommen all die Verwundeten, die Verstümmelten, die Waisen, die Vertriebenen, die Generationen über Generationen zerstörter Kinder – und jetzt fragt Euch mit offenem Herzen:
Woher kommt der Hass auf den Westen?
Quelle: justice now - Vorwurf “Querfront”: Wie die Friedensbewegung in Deutschland sabotiert wurde
Das Versagen der deutschen Friedensbewegung geht auch auf “linke” Kampagnen zurück. Die Ostermärsche haben zwar in diesem Jahr leicht zugelegt – aber angesichts der Weltlage und der aktuellen Kampagnen für Krieg müsste die Bewegung viel machtvoller sein.
… Die Teilnehmerzahlen der diesjährigen Ostermärsche haben sich leicht gesteigert. Es ist jedoch ein “Erfolg” auf sehr niedrigem Niveau – zur Abschlusskundgebung in Frankfurt am Main kamen laut Polizei etwa 1.500 Menschen, in Kassel versammelten sich am Ostermontag rund 1.000 Menschen, in Marburg waren etwa 400 Menschen auf der Straße.
Das ist besser als nichts, aber dennoch höchst enttäuschend. Wie kann es sein, dass sich in Zeiten der offenen Kriegstreiberei, einer seit Jahren andauernden Medienkampagne gegen eine Entspannung zu Russland und hunderttausender Kriegstoter allein im Nahen Osten so wenige Deutsche für den Frieden engagieren wollen?
Pazifismus wurde als “rechts” diffamiert
Es ist schwer zu glauben, aber wahr – Engagement für den Frieden wurde in Deutschland erfolgreich als “rechts” diffamiert. Eine ganz große Koalition aus Medien, Politikern und “Initiativen” hat seit dem Jahr 2014 den um den Frieden besorgten Menschen die Label “Querfront” und “Verschwörungstheoretiker” angehängt, was bis heute zu einer Spaltung der Bewegung führt.
(…) Auch “Linke” hetzten gegen Friedenswinter
Die schräge Argumentationslinie “Pazifismus gleich Wahnsinn” wurde nicht nur von großen, kleinen, bürgerlichen und “linken” Medien massenhaft verbreitet, sondern auch von proEine sehr destruktive Rolle gegen eine starke Friedensbewegung in Deutschland haben auch Teile der Linkspartei eingenommen – ganz vorne in der Reihe der Gegner des Friedenswinters hat sich damals erwartungsgemäß der heutige Berliner Kultursenator Klaus Lederer positioniert:minenten pseudolinken Einzelpersonen wie Jutta Dittfurth….
Quelle: RT - Gaza
- Massenproteste und miserable Lebensbedingungen
Im Gaza-Streifen demonstrieren Palästinenser für ein Rückkehrrecht in Gebiete, aus denen vor 70 Jahren 700.000 Palästinenser geflohen waren oder vertrieben wurden. Vielen geht es auch um bessere Lebensbedingungen. Die humanitäre Lage im Gaza-Streifen ist nach elf Jahren weitestgehender Abriegelung katastrophal.
Doktor el Jeady ist Chefarzt der chirurgischen Intensivstation im Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt – der größten Klinik des Küstengebietes….
Die sechs jungen Männer, die noch auf der Station behandelt werden, wurden alle von Kugeln israelischer Soldaten getroffen, sagt er….“Es waren einfach so viele auf einmal. Hunderte. Schon vor 12 Uhr Mittags bekamen wir rund 100 Patienten hier.“
Bei einer Arbeitslosenrate von etwas über 40 Prozent und einer Jugendarbeitslosigkeit von mehr als 60 Prozent, kaufen die Leute nur das Nötigste. Seit fast elf Jahren ist der Gaza-Streifen nun weitgehend abgeriegelt.
Und die Lage wird immer schlimmer, auch wenn das eigentlich schon lange nicht mehr möglich scheint.
(…) Rund 700.000 Palästinenser flohen vor fast 70 Jahren oder wurden vertrieben. Die Palästinenser sprechen von der Nakba, der Katastrophe. Das sogenannte Rückkehrrecht für die Flüchtlinge ist der offizielle Anlass für die Massenproteste, die bis zum Jahrestag der Nakba, dem 15. Mai, andauern sollen. Für viele Teilnehmer gehe es aber vor allem um etwas anderes, sagt Mechemar Abu Sada, Politologe an der Al-Azhar Universität in Gaza:
“Die meisten protestierten gegen ihre Lebensbedingungen: Armut, Arbeitslosigkeit, Geschlossene Grenzen, Strom- und Trinkwassermangel.”
Quelle: Deutschlandfunk - UN fordern Untersuchung der tödlichen Gewalt in Gaza
UN-Generalsekretär António Guterres hat eine unabhängige und transparente Untersuchung der Gewalt bei den Palästinenserprotesten im Gazastreifen gefordert. Guterres verlange Aufklärung darüber, wie Menschen getötet beziehungsweise verletzt wurden, sagte dessen Sprecher in New York. Dort traf sich auch der Weltsicherheitsrat. Deren Mitglieder baten beide Seiten um Zurückhaltung, eine gemeinsame Erklärung des wichtigsten UN-Gremiums kam jedoch nicht zustande.
Israel verteidigt Angriffe auf “Extremisten”
Am vergangenen Freitag waren bei Protestaktionen an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel nach palästinensischen Angaben mindestens 16 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Insgesamt versammelten sich entlang der 65 Kilometer langen Grenze Zehntausende Palästinenser und forderten ein Recht auf Rückkehr in jene Dörfer und Städte, aus denen ihre Familien bei der Gründung Israels 1948 flüchteten oder vertrieben wurden. Die israelische Armee schätzte die Zahl der Teilnehmer auf 30.000. Die Protestaktion, die noch sechs Wochen andauern soll, fiel mit dem Karfreitag und dem Beginn des jüdischen Pessachfestes zusammen.
Israels Botschafter Danny Danon erklärte dagegen, die internationale Gemeinschaft dürfe nicht getäuscht werden. Bei den Protesten handele es sich um “eine gut organisierte und gewalttätige Terrorzusammenkunft” unter dem Deckmantel eines friedlichen Marsches. Die israelische Armee warf der Hamas vor, Frauen und Kinder an die Grenze zu schicken und deren Leben bewusst zu gefährden. Die Streitkräfte setzten in dem Gebiet nach eigenen Angaben mehr als 100 Scharfschützen ein und hoben Erdwälle aus, um Grenzdurchbrüche zu verhindern.
Quelle: Zeit Onlinedazu: “Eine Untersuchung wird es nicht geben”
(…) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, hatte eine unabhängige Aufklärung der Ereignisse am Karfreitag gefordert. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini schloss sich dieser Forderung an.
Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman lehnte das im israelischen Armeeradio entschieden ab: “Die israelischen Soldaten haben getan, was nötig war. Ich denke, dass sie alle eine Auszeichnung verdienen. Eine Untersuchungskommission wird es nicht geben.”
(…) Auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte das Vorgehen der Armee verteidigt: “Israel geht mit Entschlossenheit vor, um seine Souveränität und die Sicherheit seiner Bürger zu schützen.”
(…) In der Region gilt die Aufmerksamkeit bereits jetzt dem kommenden Freitag: Dann könnten erneut Zehntausende Palästinenser an die Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel ziehen. Die israelische Armee hofft, dass ihre entschiedene Haltung viele Palästinenser von einem erneuten Gang zum Grenzzaun abhält.
Möglich ist aber auch, dass das Gegenteil geschieht und beim nächsten Mal noch mehr Menschen an die Grenze ziehen.
Quelle: tagesschau - Gerry Adams calls for Ireland to expel Israel ambassador over protest deaths
Former Sinn Fein president Gerry Adams has called for Ireland to expel the Israeli ambassador over the killing and wounding of Palestinian protesters.
A least 15 Palestinians were killed on Friday as thousands protested the right of return for refugees.
Israeli troops shoot dead 14 Palestinians during demonstration
Mr Adams said: “There can be no justification or excuse by Israel for the calculated slaughter by Israeli military snipers of unarmed Palestinian protesters on the Gaza border with Israel.
(…) Mr Adams said he was urging the EU and UN to take a stand against Israeli violence, and urged the Irish government to expel the Israeli ambassador “as a first step in formally and officially recognising the state of Palestine”.
“The time for excuses is long over,” he added.
On Saturday demonstrations are being staged in Derry, Belfast and Dublin in protest at the killing of Palestinian protesters by Israel.
Quelle: Belfast Telegraph
- Massenproteste und miserable Lebensbedingungen
- Deutsche Solidarität mit Madrid: Staatsanwaltschaft will Puigdemont ausliefern
Die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig-Holstein stellt sich in der Frage der Auslieferung von Carles Puigdemont an Spanien ganz auf die Seite des spanischen Richters Pablo Llarena. Der will vom Obersten Gerichtshof aus die Auslieferung des aus Spanien abgesetzten katalanischen Regierungschefs mit einem Europäischen Haftbefehl erreichen….Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein hat heute beim Oberlandesgericht in Schleswig einen Auslieferungshaftbefehl für Puigdemont beantragt, teilte die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig mit.
Quelle: Telepolisdazu: Hunko (Linke) zum Fall Puigdemont
Spanien nur “eingeschränkt” ein Rechtsstaat
In Norddeutschland liegt ein Auslieferungshaftbefehl gegen den ehemaligen katalanischen Regionalpräsidenten Puigdemont vor.
(…)
Der europäische Haftbefehl soll das Verfahren beschleunigen. Das liegt daran, dass man eben davon ausgeht, dass man sich innerhalb der EU vertrauen kann. Die Folge ist, dass die Generalstaatsanwaltschaft jetzt nicht geprüft hat, was wirklich passiert ist. Sehr wohl müsste sie aber in der Sache prüfen, nämlich, wenn das alles so stimmt, wie der spanische Tribunal Supremo sagt, wäre das dann nach deutschem Recht strafbar. Und das bejaht die Behörde. In der Mitteilung heißt es, die Vorwürfe der Rebellion und der Veruntreuung öffentlicher Gelder fänden eine Entsprechung im deutschen Hochverrat und in der Untreue.
Hunko: Ich halte es für einen ganz offensichtlich politischen Prozess. Es ist vorgeschoben. Rebellion ist kein deutscher Straftatbestand. Er setzt, genau wie Hochverrat, auch Gewalt voraus. Gewaltanwendung kann man Puigdemont meines Erachtens nicht vorwerfen, und Puigdemont und auch die anderen katalanischen Exilanten, die auch mit europäischem Haftbefehl gesucht werden, werden in den anderen europäischen Ländern nicht ausgeliefert bislang, in Belgien, oder sind auch auf freiem Fuß wie in Schottland, wo sozusagen keine Fluchtgefahr gesehen wird. Das fand ich jetzt auch beunruhigend, dass die Staatsanwaltschaft auch Fluchtgefahr sieht. Das sehe ich eigentlich überhaupt nicht so.
Heinemann: Ist Spanien für Sie kein Rechtsstaat?
Hunko: Ich würde sagen, eingeschränkt. Es gibt in der spanischen Justiz, leider, wie zum Beispiel auch diesen Paragraphen, 30 Jahre für Rebellion, gibt es leider viele Traditionen noch aus der franquistischen Zeit. Es gibt viele Verurteilungen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, auch Kritik an der Unabhängigkeit der Justiz von der UNO. Also, ich wäre schon vorsichtig, Spanien jetzt als vollendeten Rechtsstaat zu bezeichnen.
(…) Heinemann: Wie sollte sich die Bundesregierung verhalten?
Hunko: Ich finde, die Bundesregierung sollte Puigdemont nicht ausliefern. Sie kann am Ende auch ein Veto einlegen gegen eine Auslieferung.
Quelle: Deutschlandfunk - Flache Lernkurve bei der SPD
Der sozialdemokratische Finanzminister und kommissarische Parteichef Olaf Scholz steht auf Hartz IV und will trotzdem einen sozialen Arbeitsmarkt. Doch wie soll das zusammengehen?
Lernen Sozialdemokraten dazu? Diese Frage stellt sich immer mal wieder. Das ist keine Schande, denn bei der CSU oder der FDP fragt man sich das schon eine ganze Weile nicht mehr. Doch während die beiden Parteien mit ihrer Unbelehrbarkeit leben können, wird von der SPD von ihren potenziellen WählerInnen offenbar mehr erwartet. Deshalb muss sich die SPD gerade jetzt mit aller Macht wieder fragen lassen: Wann gibt sie endlich zu, dass die Agenda 2010 – und vor allem Hartz IV – ein Flop gewesen ist?
(…) SPD-Kanzler Gerhard Schröder wollte mit Hartz IV den klassischen Wohlfahrtsstaat in einen „aktivierenden Sozialstaat“ umbauen. Er ging wie seine Berater davon aus, dass die Langzeitarbeitslosen nur deswegen keine Stelle fänden, weil sie faul auf dem Sofa sitzen, Bier trinken und Unterschichten-TV gucken. Mit dem Ansatz „fordern und fördern“ wollte er diese Faulpelze zum Arbeiten bringen oder auch zwingen. Nur: Dieser Ansatz war von Anfang an falsch.
Tatsächlich war die weit überwiegende Zahl der Arbeitslosen ohne Arbeit, weil schlicht die Arbeit fehlte. Hinzu kamen Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten konnten. Doch diese simplen Wahrheiten wollten vor allem Schröder und sein Arbeitsminister Wolfgang Clement nicht wahrhaben….
Quelle: Gegenblende - «Die Frage ist, ob sich Europa retten lässt»
Heiner Flassbeck ist die Ausnahmeerscheinung unter Deutschlands Top-Ökonomen. Der EU-Befürworter übt seit über zwanzig Jahren Kritik an der europäischen Wirtschaftspolitik. […]
Im Prinzip hat China also genau das getan, was Deutschland tun müsste?
Ja. Die haben alles richtig gemacht. Ich sage immer: Die einzig gut geführte Marktwirtschaft der Welt wird von einer kommunistischen Partei geführt.
Welche Politik von Trump würde denn Deutschland richtig wehtun?
Automobilzölle natürlich. Aber Trump ist ja blöd. Er könnte einfach den Dollar runterreden, dann wäre das Problem elegant gelöst. Wenn der Dollar von 1.25 auf 1.50 pro Euro fällt, dann sind die deutschen Exporte erst mal tot. Aber das ist für Trump wohl zu wenig spektakulär. […]
Deutschland ist also heute der grösste Währungsmanipulator?
Keine Frage. Die Amerikaner halten das regelmässig in ihrem «Currency Report» fest. Hauptsächlich kommen in diesem Bericht China und Deutschland vor. Aber China kann man eigentlich nichts mehr vorwerfen, die bilateralen Salden im Verhältnis zu China sagen nichts, denn die Gesamtbilanz der Chinesen ist heute relativ ausgeglichen. Kommt hinzu, dass immer noch fünfzig bis sechzig Prozent der chinesischen Exporte auf das Konto von westlichen Konzernen gehen, die in China produzieren. Das sind eigentlich keine chinesischen Exporte.
In Ihrer Gesamteinschätzung, global betrachtet, ist es also die deutsche Wirtschaftspolitik, die am meisten Schaden anrichtet?
Ja. Ich hätte das auch nie für möglich gehalten. Die Deutschen werden stur bleiben – ausser wenn es jetzt richtig kracht. Trump hat begriffen, dass mit Reden nichts erreicht wird. Da hat er sich gesagt, na dann hauen wir ihnen eben eins vor den Sack. Zu Recht, fürchte ich. Und was glauben Sie, was geschieht, falls Deutschland einen Wachstumseinbruch erleidet? Die deutsche Industrie würde zu Merkel gehen und sagen: Gib gefälligst Geld aus! Das ist auch schon beim Konjunkturprogramm 2008/2009 geschehen, obwohl sich Frau Merkel und ihr damaliger Finanzminister Peer Steinbrück vor die Presse gestellt und gesagt haben: «Konjunkturprogramm niemals!» Zwei Tage später haben die beiden eine Abwrackprämie und Kurzarbeitsprogramme vorgestellt. Wie ist das möglich? Ganz einfach. Die deutsche Industrie war in der Zwischenzeit bei Frau Merkel und hat gesagt: Du machst jetzt was! Und die Kanzlerin hat gehorcht.
Quelle: Republik - Wie Blackrock die Konzerne kontrolliert
Mit 6,3 Billionen Dollar ist Blackrock der größte Vermögensverwalter der Welt. Das spüren vor allem deutsche Konzerne. Der US-Investor hat in den Firmenzentralen hierzulande nicht nur Freunde.
Zum Beispiel Siemens… Knapp sechs Prozent hält der US-Investor an dem Münchner Konzern. Sechs Prozent an mehr als 80 Milliarden Euro Umsatz, die vor allem eines abwerfen sollen: Dividende. Eigentlich könnte Kaeser also sehr entspannt auftreten an diesem Abend: Er hat geliefert, hat eine der besten Bilanzen der Firmengeschichte verkündet, zehn Milliarden Euro Gewinn vor Steuern,Rekordausschüttung, plus 50 Prozent beim Aktienkurs seit seiner Amtsübernahme.
Doch hinter dem Rednerpult steht ein Mann, der in bestem Bayrisch-Englisch fast schon resigniert sein Mantra der vergangenen Monate wiederholt: „The business of business is not business. The business of business is to create value for society.“
Wie kein zweiter Dax-Direktor trägt Kaeser das vor sich her: Unternehmen sind nicht nur dazu da, um Gewinne zu erwirtschaften. Firmen müssen auch einen gesellschaftlichen Mehrwert produzieren. Doch es hat auch erstaunlich viel Ähnlichkeit mit den Briefen, die Larry Fink nun so gerne schreibt. Der Chef von Blackrock, mit 6,3 Billionen Dollar der
größte Vermögensverwalter der Welt, schickt seit einigen Jahren jeden Januar eine Botschaft an die Unternehmen, an denen Blackrock beteiligt ist. „Die Gesellschaft verlangt, dass Unternehmen einem sozialen Ziel dienen“, schrieb er dieses Jahr. „Ein Unternehmen, das keinen Sinn dafür hat, wird seine Ziele nicht erreichen. Deswegen ist es mehr denn je
unsere Pflicht, dass wir uns einmischen.“
Kaeser und Fink treffen sich regelmäßig, denn Fink ist Kaesers größter Einzelaktionär. Aber: Ist er auch Kaesers größter Einflüsterer?
Fink ist womöglich viel mehr als nur das. Manche sehen in ihm den Einflüsterer der Weltwirtschaft. Auch wenn viele Dax-Konzerne offiziell bestreiten, jemals von Fink oder seinen Leuten behelligt worden zu sein – Geschichten wie bei Siemens gibt es noch einige mehr im Archiv.
Im Nachfolgedrama um Josef Ackermann vor einigen Jahren bei der Deutschen Bank zeigte sich das. Ackermann hatte damals eine Vorstellung für seine Nachfolger, Larry Fink soll ebenfalls eine gehabt haben. Finks hieß Anshu Jain. Ackermanns Nachfolger am Ende auch. Oder bei der Lufthansa. Da musste sich, so geht die Legende, der langjährige Chef
Wolfgang Mayrhuber letztlich von seinem Plan verabschieden, trotz eher durchwachsener Bilanz als Vorstandschef auf den Aufsichtsratsvorsitz zu wechseln. Ohne den Druck von Blackrock, erzählt man sich, wäre Mayrhuber heute Chef des Gremiums.
Quelle: Wirtschaftswoche - Zahlte VW Boni als Schweigegeld?
Mitten in der Abgas-Affäre belohnte die Volkswagen Group of America insgesamt 148 Mitarbeiter mit Sonderboni in bis zu sechsstelliger Höhe. Kritiker sprechen von einem Schweigegeld.
Volkswagen Amerika hat nach Recherchen von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung” Mitarbeitern zwischen Januar 2015 und Juli 2017 sogenannte Bleibeboni im Umfang von rund 4,5 Millionen US-Dollar gezahlt. Unter den Empfängern sind Manager, die eng in die Abläufe des Dieselskandals eingebunden waren – wie etwa der langjährige Chefjustiziar von VW Amerika, David Geanacopoulos.
Mindestens zehn der Bonusempfänger wurden bereits als Zeugen im Zusammenhang mit dem Abgasskandal in den USA vernommen. Den höchsten Betrag von 450.000 US-Dollar erhielt Audi-Amerika-Chef Scott Keogh. Ein Bleibebonus, im amerikanischen “Retentionbonus”, wird dem Mitarbeiter in Aussicht gestellt, aber nur dann gezahlt, wenn der Angestellte nach dem Ablauf eines vereinbarten Zeitraums noch immer im Unternehmen arbeitet.
Wollte VW Loyalität erkaufen?
“Das sieht nach einem Schweigegeld aus – danach, dass Loyalität erkauft wird – nicht im Sinne der Wahrheit, sondern im Sinne der Firma”, kritisiert der US-Anwalt Michael Hausfeld, der seit Bekanntwerden der Abgasaffäre enttäuschte VW-Kunden vertritt. Die Zahlungen vermittelten ein Signal an die Mitarbeiter, stillzuhalten.
Quelle: tagesschau - Steuerfahnder im Räderwerk der Politik
“Ein Steuerfahnder muss so viel kriminelle Fantasie haben wie seine Gegner”, sagt Frank Wehrheim über seine langjährige Arbeit. Doch er jagt nicht nur Steuersünder, sondern deckt auch einen Behördenskandal auf.
Beinahe 30 Jahre lang verfolgte der gebürtige Bad Homburger als Steuerfahnder in Hessen Steuersünder und brachte dem Staat mehrere Millionen Euro ein. Gerechtigkeitsempfinden sei für ihn während seiner gesamten Berufslaufbahn eine Antriebsfeder gewesen. Auch seine Erfahrungen als junger Finanzbeamter in der Lohnsteuerstelle seines Heimatorts Bad Homburg hätten dazu beigetragen. (…)
Später war Frank Wehrheim einer der Protagonisten in der sogenannten “Hessischen Steuerfahnder-Affäre”, die ihren Ausgang mit Ermittlungen gegen die Commerzbank Mitte der 1990er-Jahre nahm, als Frank Wehrheim und seine Kollegen geradewegs in die Vorstandsetage marschiert waren.
“Das war Unverständnis. Das konnten sich die Vorstände der Bank nicht vorstellen. Deswegen gab es auch Reaktionen bis in die Politik, weil im Grunde genommen die Vorstände der Bank gedacht haben, das sei Gebiet, was außerhalb von solchen Zugriffen war.”
Es war der Ausgangspunkt einer bis in die Politik reichenden Affäre, deren erste Konsequenzen Frank Wehrheim und seine Kollegen zunächst gar nicht auf ihre Arbeit bezogen.
“Wir haben geglaubt, dass innerhalb der Verwaltung ein paar Leute irgendwo verrückte Sachen machen, spinnen, und dass wir das nur nach oben tragen müssen, und das war sehr naiv von den bei uns handelnden Personen.” (…)
Unter dubiosen Umständen und mit fadenscheinigen Begründungen wurden schließlich ermittelnde Beamte zwangsversetzt, auch Frank Wehrheim.
Quelle: Deutschlandfunk KulturAnmerkung Christian Reimann: Auch die NachDenkSeiten hatten auf den Skandal um psychiatrische Gutachten für hessisches Steuerfahnderpersonal hingewiesen – u.a. hier.
- Patientenschützer kritisieren Spahns Pflegepläne
Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz kritisierte am Montag Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), weil dieser vorgeschlagen hatte, ausländische Pflegekräfte zu rekrutieren. „Spahn müsste als langjähriger Gesundheitsexperte eigentlich wissen, dass alle bisherigen Programme zur Anwerbung ausländischer Pflegekräfte gescheitert sind”, sagte er.
Laut Brysch ist es derzeit für ausländische Fachkräfte unattraktiv, in Deutschland in einem Pflegeberuf zu arbeiten. Schlechte Bezahlung, kaum Kompetenzen in medizinisch-pflegerischen Fragen und der hohe Arbeitsdruck führten dazu, dass gut ausgebildete Menschen lieber in der Schweiz, Großbritannien oder Skandinavien arbeiteten….
Die Arbeitgeber in Deutschland täten sich schwer, ausländische Pflegekräfte zu beschäftigen; sie scheuten Aufwand und Kosten, fügte der Patientenschützer hinzu. Pflege im medizinischen Bereich und auch in der Altenpflege erfordere unter anderem gute Sprachkenntnisse. Die Anforderungen könnten nicht einfach heruntergeschraubt werden. Für Demenzkranke sei es beispielsweise sehr belastend, wenn es zu Verständigungsproblemen komme.
(…) Der Pflegenotstand müsse zwar schnell behoben werden. Dazu müssten Politik und Pflegebranche aber auf einheimische Kräfte setzen und Bezahlung und Arbeitsbedingungen verbessern. So könnten auch ausgebildete Pflegekräfte zurückgewonnen werden, die ihre Arbeitszeiten wegen der angespannten Arbeitsbedingungen verringert hätten oder ganz aus dem Beruf ausgestiegen seien.
Quelle: Zeit OnlineAnmerkung unseres Lesers J.A.: Spahn bietet das, was man erwarten konnte: billig, billig, billig. Keine Erhöhung der viel zu niedrigen Löhne, keine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, und billige Ausreden fürs ungeduldige Publikum. Was hat man von einer Regierung erwartet, die “Wettbewerbsfähigkeit” (niedrigstmögliche Löhne, weiteren Sozialabbau), “Schwarze Null” (weitere Verlotterung der Infrastruktur) und “Eigenverantwortung” (weitestmögliche Privatisierung öffentlicher Leistungen) zum Mantra erkoren hat? Wieder die Frage: sieht so die Erneuerung aus, die die SPD angeblich im Rahmen ihrer Regierungsbeteiligung anstrebt?
- Kurier-Express-Paketdienste wachsen auf Kosten der Beschäftigten
Der Online-Handel boomt. Zigtausende Pakete und Päckchen müssen täglich zu den Kundinnen und Kunden in Deutschland und weltweit zugestellt werden. Hiervon profitiert auch die Branche der Kurier-Express-Paketdienste (kurz: KEP). Im Jahr 2016 wurden in Deutschland über 6 Milliarden KEP-Sendungen auf den Weg gebracht. Im Jahr 2016 wurden auf dem KEP-Markt insgesamt Umsätze von rund 21 Milliarden Euro generiert.1 Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten hat seit 2008 um 77.000 Personen zugenommen. Doch dahinter verbirgt sich vor allem ein weit überdurchschnittlicher Zuwachs atypischer Beschäftigung wie Leiharbeiter oder Teilzeitarbeit. Waren im Jahr 2013 rund 180.000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter in der KEP-Branche beschäftigt, so waren es im Juni 2017 bereits 254.000 (+41%). Es verwundert deshalb nicht, dass seit Ende 2008 das mittlere Bruttoarbeitsentgelte von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten in der KEP-Branche von 2.937 Euro um über 400 Euro bzw. 15,5 Prozent auf 2.507 Euro Ende 2016 zurückgegangen ist. Zugleich ist der Anteil der Niedriglohnbeziehenden in der KEP-Branche deutlich nach oben geschnellt und zwar von 23 Prozent Ende 2008 auf 31 Prozent Ende 2016 (+34%). Vieles deutet also daraufhin, dass die zu beobachtende überdurchschnittliche Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse in der KEP-Branche auch auf die Löhne negativ durchgeschlagen hat. Zugleich sind branchenbedingt viele Beschäftigte von Wochenend-, Nacht- oder Schichtarbeit betroffen. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten in der KEP-Branche müssen zu untypischen Arbeitszeiten Pakete stapeln, Päckchen ausliefern oder Expresspost zustellen. Immer schlechterer Verdienst und das bei stark belastendenden Arbeitsbedingungen, die auf die Gesundheit gehen – das ist der aktuelle Trend der Arbeitsbedingungen in der KEP-Branche.
Quelle: Die Linke - Armut, die sich lohnt
Hartz IV Die Inszenierung des Sozialschmarotzers hat Methode. Durch Spaltung soll die Gesellschaft wieder auf Kurs gebracht werden
Die Debatte um Hartz IV bewegt Deutschland seit Wochen. Sozialhilfeempfänger haben oft mehr Geld zur Verfügung als normale Arbeitnehmer“, raunt der Sat1-Frühstücksfernsehmoderator und schaut empört in die Kamera. Achtung, jetzt kommt ein Skandal! Der trägt den Namen Wilfried Fesselmann und lebt als „Hartz-IV-Profi“ (Sat1) in Gelsenkirchen. Man sieht den 49-Jährigen vor einem riesigen Flachbildfernseher und einem monströsen Kühlschrank, sein hellblaues Shirt mit der Aufschrift „Sailing Club“ spannt über dem dicken Bauch. Fesselmann habe mit seiner Familie zehn Jahre von staatlichen Leistungen gelebt, „Sozialhilfe, Hartz IV, das ist wie bezahlter Urlaub.“
Ausgerechnet jetzt, wo sich eine längst überflüssige Debatte über Hartz IV formt, werden die Florida-Rolfs (Kampagne der Bild im Jahr 2003) wieder hervorgezerrt. Wenige Tage nach der zynischen Behauptung von CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn, Hartz IV bedeute nicht Armut, weicht das Entsetzen darüber offenbar der medialen Empörung über sogenannte Sozialschmarotzer. „Hartz IV lohnt mehr als Arbeit“, titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Wirtschaftsteil. „Wer arbeitet, muss sich in vielen Fällen schon sehr stark anstrengen, damit er ohne staatliche Stütze mehr Einkommen als ein arbeitsloser Hartz-IV-Bezieher hat“, heißt es dort. Damit opponiert das Blatt gegen eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze. Für die FAZ haben die Sozialstaatshasser vom neoliberalen „Bund der Steuerzahler“ eine Rechnung aufgestellt: Eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern, die von Arbeitslosengeld II leben muss, bekomme monatlich etwa 1.930 Euro. Eine Familie mit einem Bruttoeinkommen von 2.540 Euro genauso viel. Viele Zeitungen übernahmen die Nachricht, obwohl die Zahlen des Steuerzahlerbunds falsch sind: Denn bei seiner Rechnung hat er das Kindergeld unter den Tisch fallen lassen. Das allerdings wird bei ALG-II-Empfängern mit den Leistungen verrechnet, die Familie mit Arbeitseinkommen hat monatlich fast 400 Euro mehr.
(…) Wer so einen Popanz aufbaut, verfolgt zweierlei: Er rechtfertigt Dinge, die unter anderen Umständen gesellschaftlich kaum durchzusetzen wären. Etwa, das Privatleben von Hartz-IV-Empfängern auf womöglich gesetzeswidrige Art und Weise zu durchleuchten. Der zweite Zweck des inszenierten Schreckgespenstes Sozialschmarotzer ist, dass es von einer Politik ablenken soll, die Reiche auf Kosten der Allgemeinheit begünstigt. Das Zerrbild des angeblichen faulen Arbeitslosen diente der Regierung dazu, die weitreichendsten sozialen Einschnitte in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik zu rechtfertigen und die Bürger gegeneinander aufzuhetzen. Die obszöne Kluft zwischen Arm und Reich lässt sich nur mit dem Begriffspaar „Leistungsgerechtigkeit“ und „Sozialschmarotzertum“ rechtfertigen.
Quelle: Der Freitag - Deutsche “Tornados” sind nicht Nato-tauglich
In einem vertraulichen Bericht, … , schreibt das Verteidigungsministerium, dass die 93 “Tornados” deshalb sofort umfangreich modernisiert werden mussten. Grundsätzlich sei “die Einsatzbereitschaft mit zunehmendem Alter des Waffensystems deutlich risikobehaftet”.
Die Mängel und Risiken, die der Bericht auf Dutzenden Seiten aufzählt, sind vielschichtig. Im Kern geht es um die Frage, ob man die in den Achtzigerjahren eingeführten “Tornado”-Jets, die im Ernstfall auch amerikanische Atombomben abwerfen sollen, überhaupt noch so modernisieren kann, dass sie wie geplant bis 2035 im Einsatz bleiben können.
Der Bericht nennt dazu sehr viele kritische Details. Demnach gelten das IT-System und die Verkabelung der “Tornados” als völlig veraltet. Der Jet ist daher nicht ausreichend abhörsicher. Er verfügt auch über kein kryptiertes Kommunikationssystem, das bei allen internationalen Einsätzen Pflicht ist. …
Das Gesamt-Urteil in dem vertraulichen Papier ist alarmierend: Im jetzigen Zustand “könnte das Waffensystem Tornado an keinem Nato-Einsatz mehr teilnehmen”, heißt es in der Beschreibung des möglichen Schadens, der in leuchtendem Rot markiert ist. Die Modernisierung allein für die IT der Jets, so das Papier, werde “Mehrkosten in Millionenhöhe” zur Folge haben. Zudem sei nicht klar, ob das Upgrade technisch überhaupt machbar ist.
Quelle: SpiegelAnmerkung JK: Ein schönes Beispiel für Meinungsmache und Propaganda. Der Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Erhöhung des Rüstungsetats ist nicht zu übersehen.
- Die Rückkehr einer Bullshit-Wissenschaft
Absurdeste Thesen zu Intelligenz und Abstammung werden wieder diskutiert. Auch dank des Rechtsrucks in den USA. Das ist keine Wissenschaft, sondern einfach nur Rassismus.
Hier ein paar Dinge, die Sie möglicherweise zum Thema Rasse und Intelligenz schon einmal gehört haben: Die Evolution machte Europäer klüger als Afrikaner, weil sie der Eiszeit ausgesetzt waren. Ostasiaten und aschkenasische Juden (die größte Gruppe im Judentum) sind heute die intelligentesten Menschen der Erde. Die Dümmsten auf dieser Welt sind die Buschleute im Süden von Afrika und die Pygmäen im Kongo. Und arme Menschen sind arm, weil sie dumm sind – was wiederum erklärt, warum so viele Menschen in der Unterschicht schwarz sind.
Die Vorstellung, es gäbe eine Verbindung zwischen Rasse und Intelligenz, ist die Basis der Rassenlehre. Sie geht weit zurück und war bis 1945 ein Teil der gängigen Weltanschauung. Nach dem Holocaust kehrte zunächst Ruhe ein, in den Siebzigerjahren kochten die Ansichten erstmals wieder hoch, hatten einen weiteren Höhepunkt in den Neunzigerjahren und kehrten zuletzt mit Donald Trumps US-Präsidentschaftswahlkampf wieder zurück.
Nirgendwo ist sie heute weiter verbreitet als unter den Vertretern der US-amerikanischen Alt-Right-Bewegung, wo Behauptungen zu biologischen Unterschieden zwischen den Rassen gerne genutzt werden, um pseudointellektuellen Ballast für ethnisch-nationalistische Politik zu liefern. Wenn es die Rasse biologisch gesehen wirklich gibt und manche Rassen von Natur aus weniger intelligent sind als andere – so das Argument –, dann ist das Grund genug, den Unterlegenen die Sozialleistungen und Entwicklungshilfe zu streichen und sie an ihrem angestammten Platz zu lassen, oder? …
Quelle: ZeitAnmerkung JK: Es nicht so, dass dieser Schwachsinn nur in den USA verbreitet wird. Ein gewisser Thilo Sarrazin wurde durch die Verbreitung sozialdarwinistischer und rassistischer Thesen zum Millionär.
- Altmaier sieht Deutschland noch 20 Jahre auf Wachstumskurs
Auf Aufschwung folgt Abschwung, so das eherne Gesetz der Konjunktur. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will die nächste Flaute möglichst lange hinauszögern – und setzt auf einen Pakt mit SPD, FDP und Grünen.
(…) Doch die Wirtschaftskonjunktur entwickelt sich in Zyklen, einem Aufschwung folgt innerhalb weniger Jahre ein Abschwung. Dieser Erfahrung zum Trotz glaubt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) an ein langfristiges Wachstum der deutschen Wirtschaft um 2 bis 2,5 Prozent pro Jahr. “Ich halte es für möglich, dass wir diesen Wachstumspfad noch für mindestens 15 bis 20 Jahre fortsetzen können, wenn wir die Marktwirtschaft erneuern”, sagte Altmaier dem SPIEGEL
Dafür schlägt Altmaier eine Charta der sozialen Marktwirtschaft vor, die er gemeinsam mit anderen Parteien im Bundestag für drei bis vier Legislaturperioden festlegen will. “Die Parteien der Großen Koalition sowie die Grünen und die FDP sollten sich dazu verpflichten, dauerhaft einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorzulegen, auf Steuererhöhungen zu verzichten und die Sozialabgaben unter 40 Prozent der Bruttolöhne zu halten”, so Altmaier zum SPIEGEL.
Er will die Hartz-IV-Reform des SPD-Kanzlers Gerhard Schröder gegen Reformpläne unter anderem von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verteidigen. “Ich halte die Diskussion über ein bedingungsloses Grundeinkommen für einen Holzweg der Wirtschaftspolitik, weil es das Leistungsprinzip schwächen würde, auf dem unser aller Wohlstand basiert”, sagte Altmaier.
Quelle: SpiegelAnmerkung WM: Deutschland kann aufatmen bei so viel Regierungskompetenz: Spahn holt sich die fehlenden Pflegekräfte kurzerhand aus dem Ausland, Altmaier sorgt für 20 Jahre Wirtschaftswachstum, Scholz hält an der schwarzen Null fest und Mutti hält die Hand über alles.
- Ozeane des Wahnsinns
Sind die Westler verrückt geworden? Was ist los? Haben Theresa May und Boris Johnson, die beiden überforderten Briten, den Verstand verloren? Sie geben selber zu, dass sie keine letzte Gewissheit über die Vergiftung dieses russischen Ex-Spions und seiner Tochter haben. Trotzdem blasen sie jetzt zum kalten Weltkrieg gegen Putin und den Kreml. Und erstaunlich viele machen mit.
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Es fällt auf, dass die regierungsnahe konservative Presse seit Jahren gegen Putin und die Russen einheizt. Dass May und Johnson die Spionageaffäre jetzt zum Anlass nehmen, wissentlich einen diplomatischen Schauprozess vom Zaun zu reissen, hat aus Sicht dieses Editorials vor allem interne Gründe. Die angeschlagenen, durch ihren eigenen Brexit verwirrten Tories scheinen sich an Putin politisch aufrichten, gesundstossen zu wollen. Es geht auch um Ablenkung und Aufplusterung. Die Kriegsfuchtel ist eine mächtige Droge. Sie betäubt und berauscht zugleich.
[…]
Es ist bemerkenswert, wie führende Zeitungen hungrig mitjubeln auf diesen «Gerichtshöfen der Moral». Ohne jeden Beweis und ohne Prozessordnung befeuern sie einen neuen kalten Krieg. Es ist ein deprimierendes Spektakel.
Quelle: Weltwoche.chAnmerkung unseres Lesers C.W.: Trotz der schweizerischen Sichtweise ein erfrischend ehrlicher und direkter Kommentar in Sachen ‘Skripal’, wie man ihn in einer der deutschen Leitgazetten wohl kaum finden würde.
- Unser seltsamster Erfolg
Aus einem faden Satz der Kanzlerin wird einer der am meisten geklickten Artikel auf mittelbayerische.de. Wie kam es soweit?
Alles beginnt mit einem langweiligen Satz der Bundeskanzlerin. Es ist ein Satz, den Angela Merkel vorträgt wie viele ihrer Sätze: ohne hörbare Leidenschaft, abgelesen von einem Manuskript. Es ist der 2. Dezember 2014, Merkel spricht im Berliner Abgeordnetenhaus, auf dem Festakt zum 125-jährigen Jubiläum der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Satz geht so: „Daher bin ich überzeugt, dass sich künftig nur durch eine Mischung gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge eine angemessene Absicherung im Alter aufbauen lässt.“ Was Merkel sagt, ist wenig überraschend: Dass Arbeitnehmer in Deutschland privat fürs Alter vorsorgen müssen, das wiederholen spätestens seit der Jahrtausendwende führende Politiker von Union, FDP – und Teilen der SPD und der Grünen.
Und doch ist dieser Satz die Grundlage für eine seltsame Erfolgsgeschichte. Am Nachmittag des 2. Dezember 2014 geht auf mittelbayerische.de eine Meldung zu Merkels Rede online – mit dem Titel: „Merkel: Die Rente reicht nicht für alle.“ Und heute ist diese Meldung eine der am meisten geklickten, die je auf unserem Nachrichtenportal veröffentlicht wurden. Über 281 000 Mal wurde sie aufgerufen, immer wieder ist sie ganz oben auf der Liste mit den meist geklickten Artikeln des Tages aufgetaucht. Warum nur? Wir sind auf Spurensuche gegangen.
Quelle: mittelbayrische.deAnmerkung unseres Lesers T.R.: … Sehr lesenswerter Artikel, die Zeitung beschreibt, wie sie selbst recherchiert, woher die auffällig vielen Klicks zu dem o.g. Artikel kommen …