Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Das Gesetz des Schwächeren
  2. Die Linke pflegt ihre Fetische statt die Mächtigen zu kritisieren
  3. The Kremlin creeps into Germany
  4. „Mutloses Weiter so“: Paritätischer sieht in Koalitionsvertrag enttäuschendes Stückwerk
  5. Deutschlands Kaiser ohne Kleider
  6. Ein Jahr Trump: Von wegen Protektionismus
  7. „Sammeln ist nicht spalten“
  8. „Frieden, Freiheit und Wohlstand“
  9. Die AfD und der nationale Sozialismus
  10. „Leben in unruhigen Zeiten“

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Das Gesetz des Schwächeren
    Die Milliardäre verprassen ihren Luxus, während Tausende Kinder sterben. Warum sich alles radikal ändern muss.
    So steht es im Jahr 2018 um den Planeten: Nach all den Kriegen, Revolutionen und internationalen Gipfeln der vergangenen 100 Jahre leben wir in einer Welt, in der eine winzige Gruppe unglaublich reicher Personen unverhältnismäßig große Macht auf das ökonomische und politische Leben der globalen Gemeinschaft ausübt. Tatsache ist, dass die sechs reichsten Leute der Welt mittlerweile mehr besitzen als die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen – also 3,7 Milliarden Menschen. Das reichste eine Prozent verfügt zudem über mehr Geld als die restlichen 99 Prozent.
    Während die Milliardäre ihren Reichtum zur Schau tragen, kämpft fast einer von sieben Menschen mit knapp über einem Euro am Tag ums Überleben. Täglich sterben rund 29.000 Kindern an Durchfall, Malaria oder Lungenentzündung.
    Gleichzeitig geben überall auf der Welt korrupte Eliten, Oligarchen und anachronistische Monarchien Milliarden für absurde Extravaganzen aus. Der Sultan von Brunei besitzt um die 500 Roll-Royce-Wagen und lebt in einem der größten Paläste der Welt mit 1.788 Räumen. Im Nahen Osten leben fünf der zehn reichsten Monarchen der Welt. Junge Mitglieder der Königsfamilien vergnügen sich als Teil des Jetsets auf der ganzen Welt, während die Region unter der höchsten Jugendarbeitslosigkeitsquote der Welt leidet. Während Hunderte Millionen Menschen unter miserablen Bedingungen leben, werden die Waffenhändler dieser Welt immer reicher, weil Regierende Billionen für ihre Produkte ausgeben.
    Amazon-Gründer Jeff Bezos, der derzeit reichste Mensch der Welt, verfügt über ein Nettovermögen von 80 Milliarden Euro. Er besitzt mindestens vier große Villen. Als wäre das noch nicht genug, gibt er etwas mehr als 34 Millionen Euro für den Bau einer Uhr in einem Berg in Texas aus, die 10.000 Jahre lang laufen soll. Unterdessen schuften in den Amazon-Lagerhallen im ganzen Land seine Mitarbeiter stundenlang für einen so niedrigen Lohn, dass sie auf das Gesundheitsfürsorgeprogramm Medicaid oder Lebensmittelmarken angewiesen sind.
    Quelle: Bernie Sanders im Freitag

    Anmerkung JK: Kann sich jemand vorstellen, dass so ein Statement von der SPD, von Schulz, Nahles oder Gabriel kommen könnte?

  2. Die Linke pflegt ihre Fetische statt die Mächtigen zu kritisieren
    Bannon, Winfrey und Assange sind drei Namen, die für drei Ereignisse stehen, die dasselbe illustrieren: Das polit-ökonomische Establishment verteidigt seine Privilegien. Warum will die Mainstream-Linke nicht begreifen, dass Big Business und Big Government keine Feinde sind, sondern Verbündete? […]
    Der Streit zwischen Trump und Bannon entlud sich, als Michael Wolffs Buch «Fire an Fury» veröffentlicht wurde. Die lächerlichen Streitereien darüber, wer da genau was gesagt hat, dürfen den Blick nicht verstellen auf den Kern der Sache. Bannon ist eine Art ehrlicher Rechtspopulist, der höhere Steuern für Reiche fordert und jenen Staat zerstören will, der die Arrivierten schützt. Er wurde wütend, als klarwurde, dass Trump ein Präsident für die Superreichen sein will, der nur oberflächlich mit der Unzufriedenheit der einfachen Leute spielt.
    Davon will die Mainstream-Linke jedoch nichts wissen. Sie hält an der Lektion fest: Über die Entlassung eines neofaschistischen Rassisten wie Bannon kommt man leicht hinweg. Das dämonisierte Bild einer faschistischen Bedrohung ist ihr politischer Fetisch. Ein Fetisch im einfachen Freudschen Sinn eines faszinierenden Bildes, dessen Funktion darin besteht, die tatsächlichen Konfliktlinien zu verschleiern. […]
    Nehmen wir die aussergewöhnliche Intervention von Susan Sarandon. Sie hat nicht behauptet, dass die von #MeeToo geprägte politische Korrektheit zu weit gehe, sondern dass sie pseudoliberal sei. Die Radikalität der Bewegung, sagt sie, sei nur eine leere Pose. Das ist eine kluge Form der Selbstkritik. Unsere Aufgabe besteht nicht darin, eine Koalition zwischen der radikalen Linken und der faschistischen Rechten zu bilden, sondern darin, den Schlauch zu durchtrennen, über den die neue Rechte die Arbeiterklasse mit Sauerstoff versorgt. Das kann aber nur gelingen, wenn sich die Demokraten nach links bewegen, und zwar mit einer klaren kritischen Botschaft. Wenn sie also genau das tun, was Sanders und Corbyn gemacht haben und was die Ursache von deren zumindest relativem Erfolg war.
    Quelle: Slavoj Žižek in der NZZ

    Anmerkung Jens Berger: Sperrig und mit Volldampf gegen den bequemen linken Mainstream. Žižek beweist einmal mehr, dass er einer der wenigen europäischen Intellektuellen ist, der den Kompass noch nicht ganz verloren hat.

  3. The Kremlin creeps into Germany
    THE GERMAN party Alternative for Germany, or AfD, is anti-immigration, anti-Europe-bailout and very anti-Angela Merkel, the chancellor who was just reelected to a fourth term. Founded only four years ago in protest of European bailouts for Greece and riding the backlash to refugees flooding Germany, the AfD reaped 12.6 percent of the vote Sunday and won a place for the first time in the Bundestag. The party was buoyed by social-media campaigns of the kind Russia has used elsewhere — faceless bots that multiply messages over and over. Once again, the Kremlin’s quest to disrupt democracy, divide the West and erode the rules-based liberal international order may have found a toehold.
    Quelle: Washington Post

    Anmerkung Michael Verner mit Bezug auf den NachDenkSeiten Artikel „Der Russe bedroht uns …: In diesem als Washington Post-Kommentar der Redaktion (also nicht von irgendeinem Lobbyisten geschrieben) bezeichneten Geschwurbel wird erklärt, wieso die AfD es in den Bundestag geschafft hat und was Putin damit zu tun hat. Atemberaubend, und das in einer ehemaligen Qualitätspostille und nicht etwa bei Breitbart. Mir wird bei einer solchen Menge Verrückter, die es inzwischen an die maßgeblichen Schaltstellen geschafft haben, wirklich Angst und Bange (und mit Verrückten meine ich jetzt nicht Trump oder Kim).

  4. „Mutloses Weiter so“: Paritätischer sieht in Koalitionsvertrag enttäuschendes Stückwerk
    Der Paritätische Wohlfahrtsverband zeigt sich enttäuscht vom Ergebnis der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD und kritisiert den vorliegenden Koalitionsvertrag als „Stückwerk“ und „mutloses Weiter so“. Die großen sozialen Aufgaben werden nach Ansicht des Verbands nicht gelöst, vielmehr würde sich die gesellschaftliche Spaltung durch verschiedene Maßnahmen und vor allem Unterlassungen noch vertiefen. Grundproblem sei wie schon bei dem letzten Koalitionsvertrag der Großen Koalition, dass zwar wichtige Themen benannt würden, aber mangels Mut zu einer solidarischen Steuer- und Finanzpolitik große Reformen ausblieben und selbst gute Ansätze hoffnungslos unterfinanziert seien. […]
    Gemessen an den tatsächlichen Notwendigkeiten und den Wahlkampfversprechen seien auch die angekündigten Maßnahmen im Bereich der Pflege viel zu wenig und nicht geeignet, den akuten Pflegenotstand zu beheben und die Dauerkrise in der Pflege zu heilen. Auch in der Gesundheitspolitik würden Probleme schlicht vertagt, kritisiert der Verband. Statt die Zwei-Klassen-Medizin durch den Koalitionsvertrag endlich abzuschaffen, werde lediglich eine unverbindliche Kommission ohne konkreten Auftrag und Ziel eingerichtet. „Das ist Blendwerk und die Tinte nicht wert. Offensichtlich hat man sich auf gar nichts verständigen können“, so Schneider. „Hier wird Durchwurschteln zum Regierungsprinzip gemacht.“
    Die Koalitionsvereinbarungen zur Flüchtlingspolitik kritisiert der Paritätische als „menschenrechtliche Katastrophe und humanitären Skandal“.
    Das Grundproblem des ganzen Vertrages schließlich sieht der Verband in dem Verzicht auf eine solidarische Steuer- und Finanzpolitik. „Das Hauptmanko ist und bleibt die Unterfinanzierung all dessen, was nötig wäre. Dass Union und SPD auf Steuererhöhungen für hohe Einkommen und große Vermögen verzichten wollen ist grob fahrlässig“, erklärt Schneider. Eine deutliche Kurskorrektur in der Steuerpolitik sei die Voraussetzung für eine offensive Sozialpolitik, die alle mitnimmt und keinen zurücklässt.
    Quelle: Der Paritätische

    Anmerkung Albrecht Müller: So sieht neuerdings sozialdemokratische Handschrift aus. Nicht das richtige gegen Armut tun.

  5. Deutschlands Kaiser ohne Kleider
    Deutschland ist Ungleichland. Die 45 reichsten Haushalte besitzen hier so viel wie 40 Millionen Menschen. Leistung lohnt sich nicht mehr. Es ist eben wie Kindergeburtstag: Wenn die Superreichen ein immer größeres Stück vom wirtschaftlichen Kuchen wollen, müssen sie den anderen auf den Teller greifen. Explodierende Vermögen und stagnierende Löhne sind siamesische Zwillinge.
    Gleichzeitig wird unsere Infrastruktur durch die schwarzen Nullen auf der Regierungsbank auf Verschleiß gefahren. Selbst der Internationale Währungsfonds fordert Deutschland zur Besteuerung von Vermögen, mehr Investitionen und eine Stärkung der Binnennachfrage auf. Die explodierende Ungleichheit untergräbt überdies die Demokratie, denn das große Geld diktiert schon heute die Regierungspolitik. Ob Abgasbetrug oder Privatisierung der Renten: Außer der LINKEN kassierten alle Parteien im Bundestag fette Spenden von A wie Autokonzernen bis V wie Versicherungskonzernen. Wir sind dementsprechend auch die einzige Partei, die Abgeordnetenbestechung strafbar machen und Konzernspenden an Parteien verbieten will.
    Der Koalitionsvertrag wird zudem Europa weiter vor die Wand fahren. Denn die Schwarze Null bzw. die Investitionslücke zementiert die chronischen Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands. Wenn wir immer mehr ans Ausland verkaufen – also exportieren – als von dort einkaufen, müssen unsere Handelspartner anschreiben bzw. Schulden machen. Der Euro hat so keine Zukunft.
    Quelle: Fabio De Masi
  6. Ein Jahr Trump: Von wegen Protektionismus
    Für die meisten Journalisten, Experten und Politiker in Deutschland und Europa ist die Sache klar. Trump ist Protektionist. Und das ist schlecht. So viel zur Rhetorik. Die Wirklichkeit ist deutlich komplexer. Einer Analyse der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge sei von Trump “weniger ein handelspolitischer Protektionismus und eine industriepolitische Modernisierung zu erwarten, als vielmehr weitere Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung” (vgl. Einleitung Studie, S. 4).
    Unsere These: Die Bundesregierung und die EU-Kommission benutzen ihre Kritik am angeblichen US-Protektionismus, um ihre “Freihandelsoffensive” zu legitimieren. Und das mit Erfolg: Denn ein Großteil der bislang kritischen handelspolitischen Öffentlichkeit glaubt die Mär von der bösen, nationalistischen US-Administration und den guten liberalen Europäern. Ein fataler Trugschluss. (…)
    In der Handelspolitik des 21. Jahrhunderts geht es längst nicht mehr in erster Linie um Zollsenkungen, sondern mehr um die Angleichung von Standards zwischen unterschiedlichen Handelsblöcken. Interesssanterweise haben sich gerade in dieser Hinsicht die USA gegenüber der EU offen gezeigt. Wie lange in dieser Hinsicht also die TTIP-Verhandlungen auf Eis liegen, bleibt abzuwarten.
    Die Kritik der amerikanischen und europäischen Zivilgesellschaft an der Handelspolitik ist deshalb mitnichten eine antiliberale, nationalistische Kritik. Sie ist vielmehr eine Kritik daran, wie in erster Linie Politik für große, transnationale Unternehmen gemacht wird – dadurch, dass es Mechanismen in Handelsabkommen gibt, die ihren Einfluss stärken. Dazu gehören die umstrittenen einseitigen Konzernklagerechte (ISDS, ICS), aber auch das neue Einfallstor für Unternehmensinteressen über regulatorische Kooperation.
    Nach der kritischen öffentlichen Debatte der vergangenen Jahre nimmt die europäische Öffentlichkeit dies bedauerlicherweise einfach hin. Dabei ist die Handelspolitik weiterhin intransparent und dient in erster Linie Konzerninteressen – und zwar auf beiden Seiten des Atlantiks. Das gilt trotz der unterschiedlichen Rhetorik.
    Quelle: LobbyControl
  7. „Sammeln ist nicht spalten“
    Die große Koalition als Chance für die Linke? Fragen an Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende im Bundestag.
    DIE ZEIT: Frau Wagenknecht, warum wollen Sie eine linke Sammlungsbewegung gründen?
    Sahra Wagenknecht: In der Bevölkerung gibt es in vielen Fragen keinen rechten Zeitgeist, sondern einen linken. Eine Mehrheit will höhere Löhne, eine Vermögenssteuer für Reiche, ein Rentensystem, das den Anspruch, im Alter den Lebensstandard halten zu können, einlöst, und die meisten sind gegen Waffenlieferungen in Spannungsgebiete und gegen Kriegseinsätze. Aber diese Mehrheit hat keine politische Repräsentanz. Die einzige Partei, die das vertritt, ist aktuell die Linke, aber wir können allein keine Regierung bilden. Das wissen die Leute auch.
    ZEIT: Was kann eine Sammlungsbewegung, das Rot-Rot-Grün nicht könnte?
    Wagenknecht: Rot-Rot-Grün ist auf absehbare Zeit tot. Die Grünen haben sich entschieden, eine bürgerliche Partei zu werden, die ihren Platz eher an der Seite der Union sieht. Auch für die SPD ist die Überwindung von Niedriglöhnen, Altersarmut oder Leiharbeit kein Thema mehr. Dass Frau Nahles in dem dürftigen Sondierungsergebnis 80 Prozent des SPD-Wahlprogramms verwirklicht sah, sagt viel darüber aus, wo die SPD heute steht. Mit diesem Kurs hat sie seit 1998 zehn Millionen Wähler verloren. Die Linke hat heute zwei Millionen Wähler mehr als die damalige PDS. Wo sind die übrigen acht Millionen geblieben? Viele wählen gar nicht mehr, manche aus Wut AfD. Aber man kann davon ausgehen, dass sie sich nach wie vor eine sozialere Politik wünschen, einen Staat, der sie vor dem entfesselten Konzernkapitalismus und globaler Dumpingkonkurrenz schützt. Es muss für sie wieder ein Angebot von links geben.
    Quelle: Zeit Online

    dazu: Populärer gegen Rechts!
    Die Hinweise verdichten sich, dass Politiken, Ideologieproduzenten und NATO-nahe Dienste an einer Annäherung des rechten Spahn-Flügels der CDU mit FDP und AfD arbeiten. Wie sonst ließe sich erklären, dass Merkel so wenig Manövriermasse an die Hand gelassen wurde, Schulz und Nahles wenigstens etwas mehr ihrem Bundesparteitag Zeigenswertes zu übergeben? Und wie erklärt sich die ein- und erstmalig heiße Liebe bei WELT, ntv und ZDF-heute für einen Juso-Bundesvorsitzenden im Vorfeld des SPD-Mitgliederentscheids. Wann hat es das mal gegeben, dass der Springerkonzern SPD-Mitgliedsformulare abbildet und für den SPD-Eintritt wirbt? Oder liegt da nicht eher ein Rechtsputsch in der Luft über dem bürgerlichen Lager, der Schulz durch Scholz, Seehofer ganz durch Söder und Merkel durch Spahn ersetzen könnte. Um doch noch neben der FDP die AfD ins Spielfeld zu rücken – zügiger jedenfalls, als in Österreich!
    Quelle: Diether Dehm

  8. „Frieden, Freiheit und Wohlstand“
    Eine Fülle an Propagandafloskeln, die Ankündigung umfangreicher Aufrüstungsmaßnahmen und die Forderung nach einer auch militärisch eigenständigen Weltpolitik der EU durchziehen die Passagen des neuen Koalitionsvertrags zur deutschen Außenpolitik. Wie es in dem Dokument heißt, werde die Große Koalition in ihrem Haushalt „dem Zielkorridor der Vereinbarungen in der NATO folgen“. Der erwähnte „Zielkorridor“ sieht vor, dass alle NATO-Staaten ihre nationalen Wehretats auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausweiten. Während der Koalitionsvertrag irreführende Aussagen etwa zu künftigen deutschen Rüstungsexporten trifft, fordert er eine stärkere Unabhängigkeit der EU von den Vereinigten Staaten; die Union müsse „international eigenständiger und handlungsfähiger werden“ – auch militärisch. Allerdings müssten Brüssels bewaffnete Interventionen „dem Prinzip eines Vorrangs des Politischen vor dem Militärischen folgen“. Entschädigungen für die Nachfahren der Opfer früherer Phasen der Berliner Expansion weist der Koalitionsvertrag implizit zurück.
    Quelle: German Foreign Policy
  9. Die AfD und der nationale Sozialismus
    Die AfD dürfte künftig auf einen Politikmix setzen, der in der deutschen Geschichte schon einmal furchtbar erfolgreich war: Rassismus plus Sozialstaat. Dann droht der Aufstieg der Rechten zur Massenbewegung.
    An dieser Stelle wurde neulich davor gewarnt, dass die AfD auf dem Weg zur Volkspartei sei. Die Reaktionen waren gemischt: AfD-Anhänger frohlockten, nun habe auch der linke Journalist die Zeichen der Zeit erkannt. Liberale Leser dagegen waren nicht erfreut. Eine Kollegin war von der Idee einer rassistischen Volkspartei derart schockiert, dass sie empfahl, die Kolumne zeitweise in andere Hände zu geben. Das war erstaunlich ehrlich: lieber nicht hinsehen.
    Aber es war solche Vernachlässigung der Wirklichkeit, mit der die liberalen Eliten den Rechten in der Vergangenheit Raum zum Wachstum gelassen haben. Und die AfD steht erst am Anfang ihres Aufstiegs.
    Man muss kein Raketentechniker sein, um die künftige Flugbahn der AfD zu erkennen: Wenn die Rechten über halbwegs kluge Führer verfügen, dann orientieren sie sich am französischen Front National oder der österreichischen FPÖ, werfen ihr neoliberales Wirtschaftserbe über Bord und setzen auf einen Politikmix, der eine Rückkehr zum Sozialstaat mit einer aggressiven Ablehnung alles Fremden verbindet. Man könnte das dann auch einen nationalen Sozialismus nennen. Es gab in Deutschland mal eine Partei, die ist damit ganz groß rausgekommen. Ihr Chef hieß Adolf Hitler.
    AfD-Gründer Lucke war ein vom Euro enttäuschter Wirtschaftsliberaler. Aber die Zukunft der AfD liegt bei Leuten wie Björn Höcke. Manche nennen ihn Bernd, weil sie es witzig finden, sich über einen Rechten lustig zu machen. Aber der Mann ist nicht lustig.
    Unlängst hat er gesagt: „Die gesetzliche Rentenversicherung wurde zugunsten von privaten Versicherungen und Banken ausgehöhlt. Die brauchten noch mehr Kapital, mit dem sie Managerboni und Dividenden zahlen konnten. Und gleichzeitig haben CDU und SPD mit der Ausweitung der Leiharbeit Niedriglöhne auf breiter Front etabliert und das Lohngefüge insgesamt weiter zugunsten der Kapitalrendite gedrückt. In dieser Situation tut es den Ostdeutschen besonders weh, wenn dann auch noch sicher geglaubte Siemens-Arbeitsplätze wegfallen.“
    Die liberalen Eliten im Land haben offenbar nicht für möglich gehalten, dass ihnen von dieser Seite je wieder Gefahr drohen könnte. Sie haben über die Verwüstungen hinweggesehen, die sie im gesellschaftlichen Gefüge des Landes angerichtet haben und es sich in all ihrer Fortschrittlichkeit gemütlich gemacht.
    Quelle: Jakob Augstein auf SPON

    Anmerkung Jens Berger: Augsteins klares Urteil ist m.E. nicht gerechtfertigt. Höcke vertritt in wirtschafts- und sozialpolitischer Sicht in seiner Partei eine Minderheitsposition. Maßgeblich wird die Parteilinie durch einen ultra-wirtschaftsliberalen Flügel rund um die Frontfrau Alice Weidel bestimmt, die von Goldman Sachs kommt und Mitglied der Hayek-Gesellschaft ist. Es ist sicher richtig, dass die politische Linke für viele AfD-Wähler wirtschafts- und sozialpolitisch nicht mehr glaubwürdig ist. Ich glaube aber nicht. dass diese Unzufriedenen die AfD wählen, weil sie auf diesem Feld glaubwürdiger wäre. Es ist wohl eher eine allgemeine Unzufriedenheit, die von den Linken – auch aufgrund der Heckenschützen rund um den Parteivorstand – nicht mehr aufgefangen wird und nun der AfD Protest-Stimmen beschert. Würde die politische Linke die AfD nicht ständig „nur“ auf ihren fremdenfeindlichen Charakter reduzieren, sondern auch einmal die wirtschaftsliberalen Positionen der AfD angreifen, würden diese Unzufriedenen wohl auch der AfD den Rücken kehren.

  10. „Leben in unruhigen Zeiten“
    Auch angesichts der Kursverluste auf den weltweiten Aktienmärkten hat Kanzlerin Angela Merkel die Bildung einer stabilen Regierung gefordert. „Wir dürfen das Zentrale nicht aus dem Auge verlieren, wenn wir uns die unruhigen Börsenentwicklungen der letzten Stunden anschauen. Wir leben in unruhigen Zeiten“, sagte die CDU-Vorsitzende vor der voraussichtlich letzten Runde der Koalitionsberatungen.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung André Tautenhahn: Nicht Lohndumping, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Altersarmut oder die katastrophalen Zustände in der Pflege bereiten der Bundeskanzlerin Sorgen, sondern die Turbulenzen an den Aktienmärkten.

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