Betr. Privatvorsorge und Finanztest: Kosten fressen einen hohen Teil der Eigenleistung auf
Über die zweifelhafte Rolle von Finanztest haben wir schon mehrmals berichtet. Jetzt macht uns der NDS-Freund E.H. auf ein neues Stück aufmerksam: In der Ausgabe für September 2009 liest man auf Seite 26 folgende neutral klingende Meldung [PDF – 512 KB]:
“Die Verluste der deutschen Privathaushalte in der Finanzkrise sind geringer, als es den meisten vorkommt… Das hat eine Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge ergeben. Die gefühlten Verluste seien sehr viel höher, weil die meisten die gesetzliche Rente bei ihrer privaten Altersvorsorge nicht mitrechneten.“ Albrecht Müller
Und weiter: „An der gesetzlichen Rentenversicherung geht die Krise bisher vorbei. Verluste und Wertkorrekturen melden aber die betrieblichen Pensionsfonds und die fondsgebundenen Riester-Verträge.”
Unabhängig davon, dass die Deutsche Bank AG maßgeblicher Gesellschafter der DIA ist und im Grunde genommen selbstkritisch ihre Produkte in Frage
stellt, bleibt Finanztest sehr cool. In einer Verbraucherzeitschrift, die vom Deutschen Bundestag gegründet wurde und “ausschließlich auf Basis der objektivierten Untersuchungsergebnisse” berichten sollte, müsste nach dieser Meldung – objektiv – ein großes Fragezeichen (man kann auch ein rotes Ampelmännchen nehmen) hinter börsenabhängige Altersvorsorgeprodukte gemacht werden. Nichts davon geschieht.
Auch die bisher von Finanztest beworbenen privaten Produkte werden nicht durch diese, sondern durch die Produktgeber in Frage gestellt.
Schwache Verbraucherschützer!
Weiterhin könnten sie die Altersvorsorgeprodukte rot anstreichen, die – wie auf Seite 29 dargestellt [PDF – 968 KB] – mit Investmentfonds bestückt sind, deren Management Erfolgsgebühren kassieren. Denn “die vier großen deutschen Fondsgesellschaften verlangen von ihren Anlegern für einige Fonds seit Kurzem erfolgsabhängige Gebühren – zusätzlich zu den festen Verwaltungsgebühren. Mit den neuen Gebühren werden meist Aktienfonds belastet, mitunter aber auch Misch-, Renten- und Geldmarktfonds.” DWS, Deka und Union Investment (also Deutsche Bank, Sparkassen und Volksbanken) zwacken bis zu 25 % (!!) von der über dem Vergleichsindex liegenden Wertsteigerung ab, die Allianz nimmt für den Global Investors immerhin noch 20 % (!). Viele dieser Fonds können -in Zukunft- in Riester- oder Rürup-Produkten stecken.
Manchmal schreibt Finanztest auch etwas richtiges: “Die Verluste der Krise trafen die Anleger voll, jetzt sollen sie von der Kurserholung einen Teil abgeben.”
Auf derselben Seite wird ein Vermittler der Nürnberger aufs Korn genommen, ohne zu ahnen, dass er objektiv recht hat. Der Vermittler hat nur den Fehler begangen, dass er verschwieg, dass seine Riester-Fondspolicen auch nicht besser sind als die von der von ihm kritisierten DWS. In dem Brief des Vermittlers an seine Kundin stand, dass die DWS “keinerlei Garantie über die Höhe der Rente ausspricht”. Dumm ist nur, dass es bei der Nürnberger auch nicht anders ist. Und noch dümmer ist, dass das wohl für alle (Riester-)Fondspolicen gilt. Bei der Allianz z.B. heißt es “Der oben genannte Faktor kann unter Umständen geändert werden.”
Dabei muss man wissen, dass ein Versicherer zwar das ausgewiesene Garantiekapital bei Rentenbeginn bereitstellen muss, dass der Rentenfaktor, also die Rente, aber niedriger ausfallen kann, als schriftlich angegeben.
Man findet in schriftlichen Fonds-Angeboten niemals das Wort “Garantierente”, sondern nur das uninteressante “Garantiekapital”, das ein Rentner n niemals vollständig abrufen kann. Man sieht, hier wird getrixt.
Diese Äußerung sollte jeder Riester-Fondssparer ruhig durchdenken – und dann ganz schnell handeln. Folgendes muss man wissen:
Bei fondsgebundenen Riester-Verträgen kann man von einer Kostenfalle sprechen:
- fixe Kosten des Versicherers
- variable Kosten des Versicherers
- variable Kosten des Fonds (bis zu 2,2% pro Jahr)
- Transaktionskosten des Fonds (bis zu 1,4% pro Jahr)
- und häufig noch die oben erwähnten Erfolgsgebühren.
Falls ein 30 Jahre alter Leser der Nachdenkseiten im 1. Halbjahr 2008 bei der Allianz einen Riester-Fonds abgeschlossen hat und mit dem Templeton Growth (Euro) Fund unterlegt hat, dann beträgt die gesamte Kostenquote etwa 44%, wenn die durchschnittliche Wertsteigerung bei 3% lag, etwa 62% bei 6% Wertsteigerung p.a. und etwa 92% bei 9% Wertsteigerung p.a. seiner geleisteten Einzahlung.
Bei utopischen 9% Wertsteigerung in 37 Jahren fressen die Kosten fast seine gesamte Eigenleistung auf, nur 8% davon und die staatlichen Subventionen erbringen die spätere Riester-Rente. – Mittlerweile hat die Allianz für Neuabschlüsse die Kosten etwas heruntergefahren, soll aber nur als Randnotiz mitgeteilt werden.
Somit sind Riester-Fondsanbieter klar übers Ziel hinausgeschossen.
Ein rotes Ampelmännchen ist gerechtfertigt.
Mit freundlichen Grüßen
E. H.
Ergänzung AM: Neben der Tatsache, dass Finanztest die DIA zitiert, als wäre es eine neutrale Quelle, ist es schon sehr erstaunlich, dass jetzt die gesetzliche Rente als etwas Stabilisierendes erwähnt wird und zugleich kein deutlich kritisches Wort zur Privatvorsorge fällt. Und besonders erstaunlich ist, dass Finanztest seine frühere einschlägige Fehlberatung mit keinem Wort erwähnt. Auf eines der dreistesten Stücke will ich nochmals hinweisen, auf unseren Beitrag vom 19. November 2007: „Wer sich bei der Privatvorsorge auf FINANZtest verlässt, spielt mit einem hohen Risiko“. Im Heft 11/2007 hatte FINANZtest den Privatvorsorgern Riester-Fondssparpläne mit einer voraussichtlichen Rendite von 9% bis zum Jahr 2035 empfohlen.