Shareholder Value wird von einer noch schlimmeren Macht überlagert: dem speziellen Einfluss einiger großer Fonds mit kleinen Aktienpaketen
Als Siemens jetzt ankündigte, 6900 Stellen abbauen und die Werke in Görlitz und Leipzig schließen zu wollen, war in manchen Kommentaren wie üblich zu lesen, ein solches Verhalten bei gleichzeitigem Rekordgewinn von 6,2 Milliarden nach Steuern sei die Folge dessen, dass der Shareholder Value, also der Wert für die Aktionäre die entscheidende Einflussgröße sei. Das ist schon seit einigen Jahren nicht mehr so. Entscheidend für die praktische Politik vieler Konzerne sind inzwischen sehr viel mehr die direkten Einflussnahmen großer Fonds wie zum Beispiel an herausragender Stelle BlackRock. Albrecht Müller.
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Darauf weisen wir auf der NachDenkSeiten nun schon seit längerer Zeit hin. Und es gibt immer wieder neue Belege dafür. Mit Marktwirtschaft hat das schon lange nichts mehr zu tun, mit Demokratie auch nicht und mit einer Politik im Interesse der lohnabhängigen Mitarbeiter sowieso nicht.
Hier beispielhaft ein paar Hinweise und Links auf die veränderte Lage:
- am 5. August 2016 hier: „Und hier frei Haus die Verschwörungstheorie fürs Wochenende: US-Fondsgesellschaften im Dienste des Imperiums?“
- am 8. August 2016 hier: Interessante Leser/Innenmails zu „US-Fondsgesellschaften im Dienste des Imperiums?“
- und hier am 20. November 2017 mit einem umfassenden Dokument mit Folien von Jens Berger Vortragsfolien: BlackRock und Co. – Wie sich das Finanzkapital die Welt zu eigen macht
In Jens Bergers PowerPoint-Präsentation findet sich das über Siemens:
BlackRock besitzt nur 5,93 %. Und wie groß ist der Einfluss?
Die großen Fonds nehmen direkten Einfluss auf die Geschäftsführung der Konzerne, also nicht nur über Hauptversammlung und Aufsichtsrat
Der damals amtierende Deutschland-Chef von BlackRock, Christian Staub, hatte schon 2015 in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel offen und arglos erklärt
„Wir nehmen Einfluss im Hintergrund“
Dem Siemens-Chef Kaeser werden von Spiegel Online am 23. November 2017 ähnliche Erfahrungen und darauf gründende Überlegungen zugeschrieben:
„Kaesers Linie geht so: Das Wohl aller Beteiligten gehe über den Aktienwert, aber man müsse die Performance in Ordnung bringen, bevor man von aggressiven Investoren zu noch radikaleren Schritten gezwungen wird.“
Ein Leser der NachDenkSeiten zitierte schon vor einigen Jahren den einschlägigen Bericht des Spitzenmanagers eines DAX-Konzerns. Dieser hatte davon berichtet, dass der direkten Einflussnahme von Vertretern dieser Spitzenfonds auf unternehmerische Entscheidungen mit Drohungen nachgeholfen wird. Leider war dieser eindrucksvolle Bericht nicht direkt und mit Namensnennung zitierbar. Es ist dennoch wichtig, zu kapieren, mit welchen Mitteln in diesem Milieu gearbeitet wird und dass sich hier einzelne Großinvestoren besondere Vorteile auch zulasten der normalen kleineren Eigentümer verschaffen, zulasten der Arbeitnehmerschaft und der Allgemeinheit sowieso. Ihre hohen Gewinne und Renditen bei gleichzeitigen Null-Zinsen für den normalen Sparer sind nur so zu erklären.
Eigentlich müsste die hier angesprochene Thematik auf dem Verhandlungstisch der Gesprächspartner zur Regierungsbildung in Berlin liegen. Tut es aber nicht. Warum wohl? Weil die dort Versammelten ebenfalls eng mit den wirklich Mächtigen verflochten sind. Der nun schon Jahre gültige Beleg für diese Vermutung ist die Fortexistenz einer Steuerbefreiung, die in Deutschland zum 1.1.2002 eingeführt wurde: die Befreiung der beim Verkauf von Unternehmen und Unternehmensteilen realisierten versteckten Gewinne von der ganz normalen Einkommensbesteuerung. Von dieser Steuerbefreiung geschmiert sind Tausende von deutschen Unternehmen in die Portfolien großer sogenannter Investoren gewandert. Und keiner in Berlin rührt einen Finger, um dieses zulasten des Fiskus und der Allgemeinheit eingeführte Privileg zu streichen. Wir werden das auch bei diesen Regierungsverhandlungen, die jetzt beginnen, wieder erleben.