Wer als Gewerkschaftsvorsitzender die Agendareformen unterstützt hat, sollte eigentlich verschämt sein Haupt verhüllen.
Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Hubertus Schmoldt sieht das offensichtlich anders. Er wendet sich in einem Interview mit der Bild-Zeitung mit guten Argumenten gegen Leiharbeit, erwähnt aber leider nicht, dass vor allem der ihm politisch nahe stehende Wolfgang Clement und die Regierungen Schröder bis Merkel die Leiharbeit beträchtlich erleichtert und ausgebaut haben. Er polemisiert in diesem Interview gegen die Linkspartei. Quelle und Kommentar siehe hier.
Weil die Wahlversprechen der Linkspartei nicht finanzierbar seien, dürfte sie keine Verantwortung im Bund übernehmen, meint Schmoldt. Diese Polemik ist jedoch schlicht unglaubwürdig. Albrecht Müller
Schmoldt wiederholt nur das, was wir jeden Tag lesen können und was offensichtlich Teil einer Meinungsmache-Kampagne ist. Hat der Vorsitzende der IG BCE die Finanzierbarkeit der Steuersenkungsversprechen der CDU/CSU untersucht? Es fällt auf, dass Schmoldt nichts zur CDU/CSU sagt, zur FDP schon, die lehnt er ab. Aber wie ist das Verhältnis zur CDU/CSU? Meint Schmoldt ernsthaft, Arbeitnehmer seien gut bedient mit der Union in der Regierungsverantwortung?
Im Kern geht es bei dem Interview mit der Bild-Zeitung um die wichtige Frage, von welcher politischen Konstellation sich Arbeitnehmer Gutes versprechen können.
Sie haben sowohl mit Schwarz-gelb bis 1998 als auch mit Rot-grün bis 2005 als auch mit der großen Koalition schlechte bis miserable Erfahrungen gemacht: die soziale Sicherheit wurde ausgehöhlt, die Ausbeutung von Menschen, die Arbeit suchen, ist – wie Schmoldt selbst beim Thema Leiharbeit feststellt – wieder gang und gäbe, der Anteil der Arbeitnehmer am Bruttoinlandsprodukt ist geschrumpft. Das ist deutlich sichtbar an der Lohnquote (siehe Abbildung) [PDF – 16 KB]. Sie, die Lohnquote, also der Anteil der Arbeitnehmer am Volkseinkommen, sank in Westdeutschland in der Regierungszeit Helmut Kohls von fast 70 % im Jahr 1982 auf 65 % im Jahr 1990 und dann für Gesamtdeutschland zwischen 1992 und 1998 von 68 % auf 65 %. Dann stieg sie in den ersten beiden Jahren der Regierung Schröder kurz an und fiel dann bei Schröder und Merkel von 2000-2008 von 66,3 % auf 62 %. Das war auch die Folge der Reformpolitik, die Hubertus Schmoldt unterstützt hat, jedenfalls nicht deutlich dagegen angegangen ist.
Angesichts dieses Ergebnisses müsste man als Gewerkschaftsführer doch überlegen, ob man eine andere politische Konstellation unterstützt. Wenn Schmoldt wirklich für die Arbeitnehmerschaft eintreten wollte, dann müsste er auf seine Partei, die SPD, Einfluss nehmen, damit diese endlich glaubhaft eine Kurskorrektur vollzieht, dann müsste er für eine politische Konstellation links von Schwarz-gelb eintreten. Alles andere einschließlich seiner Polemik in der Bild-Zeitung zeigt, dass er nicht ernsthaft die Interessen der Arbeitnehmerschaft vertritt. Das ist besonders bitter für die vielen Kolleginnen und Kollegen in der IG BCI, die klarer erkannt haben, welche politische Konstellation möglich gemacht werden müsste, um Arbeitnehmern bei der kommenden Wahl wirklich eine Alternative zu bieten.