Dr. Rainer Werning ist Politikwissenschaftler und Publizist mit den Schwerpunkten Südost- und Ostasien. Seit 1970 u.a. mehrfache und längere Studienaufenthalte in den Philippinen; Autor zahlreicher Publikationen über die Regionen und ehemals Lehrbeauftragter an den Universitäten Bonn und Osnabrück. Er ist u.a. Fellow der Abteilung Südostasienwissenschaften der Universität Frankfurt a.M., Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Offenen Akademie sowie im Bereich Landesanalyse und Kultur als Philippinen- & (Nord-)Korea-Dozent an der Akademie für Internationale Zusammenarbeit (AIZ) in Bonn tätig.
Gastbeiträge von Rainer Werning
Beklemmendes Kongressspektakel in Manila
Es dürfte keinen Zweifel daran geben, dass der 28. Oktober und der 13. November als wahrlich historische Daten in die philippinische Geschichte eingehen. An jenem schwarzen Montag beziehungsweise schwarzen Mittwoch stand Ex-Präsident Rodrigo R. Duterte (2016-2022), der Vorgänger des amtierenden Präsidenten Ferdinand Marcos Jr., dem philippinischen Senat sowie einem aus vier Ausschüssen gebildeten Sonderuntersuchungskomitee des Repräsentantenhauses Rede und Antwort, was seinen berühmt-berüchtigten „Krieg gegen die Drogen“ mit offiziell über 6.000 Toten betraf. Was Duterte allein an diesen beiden Tagen in mehrstündigen Sitzungen von sich gab, hätte unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zumindest zur unverzüglichen Einleitung einer Anklageerhebung wegen Mordes, Beihilfe zum Mord sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit führen müssen. Stattdessen nutzte der Ex-Präsident die Hearings auf seine ihm eigene Art als politische Tribüne, auf der vermeintliche Ankläger – von wenigen Ausnahmen abgesehen – zu Duckmäusern mutierten. Ein Kommentar unseres Südostasienexperten Rainer Werning.
Im Taumel eines Rosenkriegs: Possen, Ränke und Kabalen in Manila
In der US-amerikanischen Tragikomödie Der Rosenkrieg von Danny DeVito aus dem Jahr 1989 wird der Zuschauer Zeuge eines schrill eskalierenden Scheidungskonflikts des Ehepaares Oliver und Barbara Rose – gespielt von Michael Douglas und Kathleen Turner in den Hauptrollen. Letztere will die Scheidung, doch eine Einigung bezüglich des gemeinsamen Hauses will partout nicht glücken. Stattdessen setzen beide Antagonisten alles daran, sich gegenseitig das Leben nach allen Regeln bitterböser Heimtücke zu versauen. Dabei schrecken sie nicht vor der Zerstörung von Einrichtungen zurück, bis eine absurde Verfolgungsjagd im Treppenhaus mit dem Absturz des Kronleuchters tödlich endet. Die letzten Filmszenen zeigen das Paar sterbend in der Eingangshalle ihres Hauses. Noch im Moment des Todes stößt Barbara die ausgestreckte Hand ihres Ehemanns weg. Besetzte man die Hauptrollen mit dem amtierenden philippinischen Präsidenten und seiner Vizepräsidentin und verzichtete (vorerst!?) auf das tödliche Ende, gewönne man einen Einblick in die Hassliebe der beiden höchsten Repräsentanten der Republik der Philippinen, die im Sommer 2022 in trauter Einheit an die Macht gelangt waren. Randnotizen zu einem Politthriller vom – je nach Sicht der Lage – (Un-)Feinsten von Rainer Werning.
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Auf allen Weltmeeren zu Hause
Die Philippinen, die zusammen mit dem südlichen Nachbarn Indonesien das insulare Südostasien bilden, waren stets eine Nation von Seefahrern. Überliefert ist die Geschichte des Enrique Melaka (auch Enrique von Malakka), der ein Sklave, Diener und Dolmetscher von Ferdinand Magellan war, als dieser sich anschickte, vor reichlich 500 Jahren im Dienste der spanischen Krone die legendären Gewürzinseln zu entdecken. Fünf Jahrhunderte nach all diesen Ereignissen führte Rainer Werning für die NachDenkSeiten Mitte Mai in Brüssel ein Gespräch mit dem philippinischen Seemannspastor June Mark Yañez (45), der langjähriger Hafenkaplan in Hamburg und Rostock war und seit 2022 im belgischen Antwerpen arbeitet.
RIMPAC und der Pazifik-Swing des Mr. Pistorius oder China im Fokus „regelbasierter” Welt(un)ordnung
Am vergangenen Freitag (2. August) endete mit RIMPAC 2024 das bis dato weltweit größte Flottenmanöver, das alle zwei Jahre von der U.S. Third Fleet mit Sitz auf Hawaii ausgerichtet wird. RIMPAC steht für „Rim of the Pacific”, was so viel wie „Randzone des Pazifiks” bedeutet. An den diesjährigen Manövern, die am 29. Juni begannen, waren nicht weniger als 29 Nationen beteiligt. Mit gigantischer Hardware – darunter 40 Schiffen, drei US-U-Booten, 150 Flugzeugen und Hubschraubern. Unter den an RIMPAC 2024 beteiligten 25.000 Soldaten befanden sich auch die Besatzungen der deutschen Fregatte „Baden-Württemberg” und des Einsatzgruppenversorgers „Frankfurt am Main”, die erstmals an einer solchen Übung teilnahmen. Ein Beitrag von Rainer Werning.
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Philippinen: Marcos‘ Krebsgänge im Fadenkreuz politischer Rivalitäten & konkurrierender Großmächte
Seit zwei Jahren residiert der philippinische Präsident Ferdinand R. Marcos Jr. im Malacañang-Palast zu Manila und hat damit ein Drittel der verfassungsmäßig festgeschriebenen Amtszeit hinter sich gebracht. Eine reichlich turbulente Zeit – sowohl innen- wie auch außenpolitisch. Innenpolitisch ist ein Rosenkrieg Filipino Style in vollem Gange, wiewohl sich Marcos und seine Vizepräsidentin Sara Duterte, die Tochter des Marcos-Vorgängers Rodrigo R. Duterte, im Wahlkampf 2022 als unerschütterliches UniTeam geriert hatten. Außenpolitisch vollzog Marcos eine Kehrtwende und favorisiert im Gegensatz zu seinem Vorgänger einen dezidiert proamerikanischen Kurs – von dem Marcos‘ Kritiker befürchten, dass die Republik 78 Jahre nach Erlangung der Unabhängigkeit von den USA am 4. Juli 1946 unversehens Gefahr läuft, ins Räderwerk hegemonialer Großmachtbestrebungen im und um das Südchinesische Meer zu geraten. Am 22. Juli hielt Marcos seine mittlerweile dritte Rede zur Lage der Nation (SONA) – ein jährliches Ereignis, bei dem der amtierende Präsident der Nation Bericht über seine Leistungen als Regierungschef erstattet. Eine Zwischenbilanz unseres Südost- & Ostasienexperten Rainer Werning.
Ermutigendes Signal aus Brüssel in puncto Menschenrechte in den Philippinen
Das Internationale Volkstribunal (International People’s Tribunal – kurz: IPT) hat am 18. Mai Präsident Ferdinand Marcos Jr., Ex-Präsident Rodrigo R. Duterte, die Regierung der Republik der Philippinen und die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika unter Präsident Joseph R. Biden wegen Kriegsverbrechen gegen das philippinische Volk und Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht für schuldig befunden. Für die Hinterbliebenen der Opfer infolge eines unter der Präsidentschaft Dutertes (2016 bis 2022) gnadenlosen „Antidrogen-Krieges“ und allgegenwärtigen „red-tagging“, des staatsterroristischen Vorgehens gegen alle/s vermeintlich Linke/n unter Dutertes Nachfolger Marcos Jr. eine gewisse Genugtuung. Immerhin trägt das IPT-Verdikt dazu bei, den politischen und diplomatischen Druck in internationalen Institutionen und Organisationen auf die Angeklagten zu erhöhen. Für die NachDenkSeiten nahm Rainer Werning als Beobachter an dem vom 17. bis 18. Mai in Brüssel abgehaltenen IPT teil.
Bud Dajo oder Die Orchestrierung des Grauens
Anfang Mai erschien im New Yorker Verlag PublicAffairs/Hachette Book Group mit „Massacre in the Clouds: An American Atrocity and the Erasure of History“ („Massaker in den Wolken: Eine amerikanische Gräueltat und die Auslöschung von Geschichte“) aus der Feder des dänisch-britischen Historikers Kim A. Wagner ein längst überfälliges Opus, das überdies nicht zeitgemäßer hätte herausgegeben werden können. Die Publikation Wagners, der als Professor für globale und imperiale Geschichte an der Queen Mary University of London lehrt, stellt ein Massaker im Frühmärz des Jahres 1906 von 1.000 Tausūg auf der südphilippinischen Insel Jolo in den Kontext des US-Kolonialismus in Übersee zu Beginn des 20. Jahrhunderts und beschreibt minutiös, wie im Zuge imperialer Politik die Anwendung brutaler Gewalt totale Entmenschlichung gebiert. Schließlich und endlich erhellt diese Publikation ein Geschichtskapitel, das in unseren Breiten gänzlich unbekannt und in den USA selbst beharrlich beschwiegen oder für zutiefst islamophobe Zwecke instrumentalisiert worden ist. Skizzen und Anmerkungen dazu von unserem Südostasienexperten Rainer Werning.
Vergesst Pfingsten 2024: Kein Heiliger Geist, keine Erleuchtung, keine Feuerzungen – nirgends!
Für Christen beginnt die sogenannte Pfingstnovene neun Tage vor dem eigentlichen Hochfest an Christi Himmelfahrt. Diese Novene geht laut der Website des Erzbistums Köln auf den Pfingstbericht der Apostelgeschichte zurück, nachdem sich Jesu Jünger vor Pfingsten im Gebet zurückgezogen hatten. In der Pfingstnovene wird um das Kommen des Heiligen Geistes und seiner sieben Gnadengaben gebetet: Weisheit, Einsicht, Rat, Stärke, Erkenntnis, Frömmigkeit und Gottesfurcht. Pfingsten dann wurden Jesu Jünger vom Heiligen Geist erfüllt und besaßen fortan die Fähigkeit, in allen Sprachen der Welt zu sprechen. Von solchen Gnadengaben und Sprachtalenten lässt sich reichlich zwei Jahre nach Verkündung einer „Zeitenwende“ nur träumen. Wenngleich sich nicht Zeiten, allenfalls Politiker samt Politiken in ihnen wenden. Ein säkularer Zwischenruf von Rainer Werning.
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Philippinen: Rosenkrieg und martialische Großmanöver
„Balikatan“ – in Filipino die Bezeichnung für „Schulter an Schulter“ – nennen sich die alljährlich stattfindenden philippinisch-US-amerikanischen Militärmanöver, die in diesem Jahr zum 39. Mal abgehalten werden. Klingt gut: So soll suggeriert werden, dass auch heute noch ein inniges Verhältnis zwischen der vormaligen Kolonialmacht USA (1898 bis 1946) und den Philippinen als Amerikas einstiger und einziger Kolonie in Südostasien besteht. Derweil bekämpfen sich auf höchster Staatsebene politische Clans, die noch vor zwei Jahren – vor dem Amtsantritt von Präsident Ferdinand Marcos Jr. Ende Juni 2022 – als UniTeam innigste Freundschaft gelobt hatten. Über deren Zerwürfnis und andere Unwägbarkeiten berichtet unser Südostasienexperte Rainer Werning.
Ostern 2024 oder Umgekehrtes ABC und andere Ver(w)irrungen
Corona-geschädigt, bellizistisch gestimmt, allseits gewünschte Amnesie: Seit nunmehr reichlich vier Jahren leben wir im Dämmerzustand grassierender Unübersichtlichkeiten. Einst für unverrückbar gehaltene Koordinaten politischen Handelns gelten längst als obsolet. Völkerrechtliche Normen sind immer mehr ins Hintertreffen geraten. Stattdessen wird allerorten eine „regelbasierte“ oder „wertegeleitete Ordnung“ beschworen, die möglichst von „feministischer Außenpolitik“ flankiert werden soll. Amnesie, präziser noch: Vergessen-Machen, gilt als Tugend. Was gestern noch sakrosankt war, bietet heute allenfalls Stoff für Zynismus. Österlich-besinnliche Momentaufnahmen von Rainer Werning.
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