Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Das Gleiche sagen, verschieden klingen
- Unsere Kinder sind mehr als ein Wirtschaftsfaktor
- Westliche Politik der Zerstörung
- Überfall im Hinterhof
- Air-Berlin-Mitarbeiter müssen sich als Berufsanfänger neu bewerben
- Warum steigen unsere Löhne nicht mehr?
- Arbeitskräftemangel ist das Kernproblem!
- Gefangen am unteren Rand
- Leben auf der Straße
- Ohne Plan B ins Schienenchaos
- Industriechef gegen Verbot von Verbrennungsmotoren und E-Auto-Quote
- Vorgeschmack auf Stuttgart 21 …
- Unschuldig gesucht: Wie Despoten das Fahndungssystem von Interpol missbrauchen
- Jewish Antifascist Action Berlin: Der Instrumentalisierung entgegentreten
- Märchen und Schuldzuweisungen zu Anschlägen in Katalonien
- Entzogene G20-Akkreditierungen Verwechslungen und Jugendsünden
- Suggestiv, dramatisierend, einseitig
- Absahner des Tages: Joachim Gauck
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Das Gleiche sagen, verschieden klingen
Seehofer gibt im Fernsehen den harten Macher, Merkel verkörpert fast zeitgleich die Regierungsraison. Diese Rollenteilung funktioniert wieder, sie macht die Union stark. Unterschiedlicher könnten die beiden TV-Formate nicht sein. Angela Merkel steht an einem Tisch im Studio des Privatsenders RTL. Ein dunkles Halbrund voller Zuschauer, die der Kanzlerin Fragen stellen, der Moderator gibt nur Stichworte. Horst Seehofer dagegen sitzt in einem roten Stuhl; hinter seinem Rücken tuckern Ausflugsdampfer durch den Sonnenschein über die Spree. Ihm gegenüber zwei Profi-Fragesteller der öffentlich-rechtlichen ARD.
Die Kanzlerin redet über eine Stunde, der bayerische Ministerpräsident bekommt 18 Minuten. Beinahe gleichzeitig geben die Chefs der Unionsparteien CDU und CSU am Sonntagabend große Interviews. Und bei allen Unterschieden der Formate und der Parteichefs wird deutlich: Die Union ist wieder eine.
Quelle: ZEITAnmerkung Jens Berger: Schön, dass die ZEIT nun endlich auch einmal die Strategie der Union hinterfragt. Albrecht Müller hatte diese Strategie unter dem Schlagwort „Getrennt marschieren, vereint schlagen“ schon mehrfach – und kritischer als die ZEIT – auf den NachDenkSeiten thematisiert.
- Unsere Kinder sind mehr als ein Wirtschaftsfaktor
Wir haben uns schon viel zu sehr an die misanthropische Haltung gewöhnt, nach der der Mensch dem Gedeihen der „Wirtschaft“ zu dienen habe. Aber es ist ganz und gar nicht in Ordnung, dass die FAZ mit einem Stück zur Bildungspolitik ihren Wirtschaftsteil aufmacht und die Chefkorrespondentin für Wirtschaftspolitik in der Welt über Bildungspolitik schreibt, als hätte diese keine anderen Ziele als Bedürfnisse der Unternehmen zu errfüllen.
Wenn das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Arbeitgeber-PR-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) darüber schreibt, was aus Arbeitgebersicht in der Bildungspolitik gut läuft, und was nicht, dann ist das legitim. Wenn eine große überregionale Zeitung wie die Welt deshalb so tut, als sei Bildungspolitik eine Unterabteilung der Wirtschaftspolitik, und diese Forderungen unkritisch übernimmt und propagiert, ohne jeden Perspektivwechsel zu den Zielen der Menschen und möglichen Zielkonflikten, dann ist das deutlich weniger legitim. Es sei den, die Zeitung versteht sich als Sachwalterin der Interessen der Arbeitgeber, und nicht der Leser oder der Bürger des Landes. Dann sollten die Leser das wissen.
Quelle: Norbert Häring - Westliche Politik der Zerstörung
Die militärische Intervention in Libyen hat ein unregierbares Land hinterlassen
Fast täglich ist Libyen als Musterbeispiel eines »zerfallenen Staates« in den Schlagzeilen, denn jeden Tag kommen von dort Hunderte Flüchtlinge nach Europa. Treffender wäre es allerdings, von einem zerstörten Staat zu sprechen. Das würde die Verantwortung andeuten, die die westlichen Staaten tragen, die mit ihrem Krieg gegen die Herrschaft Muammar Al-Ghaddafis einen enormen Schaden in der gesamten Region angerichtet haben. Unmittelbar nach Annahme der Resolution 1973 am 17. März 2011 im UN-Sicherheitsrat, mit der die Einrichtung einer »Flugverbotszone« über Libyen verfügt wurde, begannen Frankreich und Großbritannien mit Bombardements libyscher Militäreinrichtungen, die in keiner Weise vom Sicherheitsratsbeschluss gedeckt waren. Die Angriffe waren so massiv, dass die beiden Staaten auf die Arsenale der USA zurückgreifen mussten, weil ihnen die Bomben ausgingen. Innerhalb der US-Regierung war das Vorgehen bis zum Tag der Verabschiedung der Resolution 1973 umstritten. Verteidigungsminister Robert Gates widersetzte sich einer militärischen Intervention, Außenministerin Hillary Clinton optierte dafür und setzte sich schließlich durch. Präsident Barack Obama erklärte den Willen der USA zum »Regime-Change«: »Ghaddafi must go.« Erst zwei Wochen später, am 31. März 2011, übernahm die NATO die Kriegführung. Dass im Bündnis keineswegs Einigkeit bestand, zeigt die Tatsache, dass sich Deutschland bei der Verabschiedung der Sicherheitsresolution enthielt und nur 14 der insgesamt 28 NATO-Staaten an diesem Krieg teilnahmen. (…)
Der Sturz und die Ermordung Ghaddafis haben den Emanzipationsbestrebungen der afrikanischen Staaten einen kräftigen Riegel vorgeschoben. Der Westen hat ein Land nachhaltig zerstört, in dem relativer Wohlstand herrschte, und die gesamte Region destabilisiert: Nicht nur in Mali herrscht Chaos, auch die Staatlichkeit Burkina Fasos, der Zentralafrikanischen Republik und Mauretaniens ist bedroht. Algerien wird zwangsläufig zu einer Konfliktpartei, und das keimende Pflänzchen der Demokratie in Tunesien, wo 1,5 Millionen libysche Flüchtlinge leben und im Gebirge an der Grenze zu Algerien seit Jahren dschihadistische Terroristen operieren, läuft Gefahr, im Strudel von Terrorismus, Militarisierung und ausländischer Einflussnahme zu ersticken. Libyen ist wahrhaft ein Paradebeispiel westlicher Ordnungspolitik, die um kurzfristiger Ziele willen vorhandene Probleme mit militärischen Mitteln potenziert.
Quelle: junge WeltAnmerkung Christian Reimann: Aber die deutsche Bundesregierung und die EU möchten trotz des anhaltenden Chaos und praktizierten Unrechts – Menschenrechte werden offenbar massiv verletzt – mit Libyen Abkommen/Vereinbarungen erzielen, die im Wesentlichen der Abschottung der gesamten Europäischen Union und der Abwehr von Flüchtlingen dienen sollen.
- Überfall im Hinterhof
Nie gärte im Weißen Haus die Idee, man müsse einem reaktionären Caudillo die Sucht nach Gewalt gewaltsam austreiben, um so der Demokratie zu dienen. Im Gegenteil, am 11. September 1973 wurde in Chile der überaus demokratiefreundliche, sozialistische Präsident Allende durch ein Komplott zwischen den USA und hohen Militärs des Andenstaates gestürzt.
Auch ist es noch nicht übermäßig lange her, dass US-Truppen direkt intervenierten, um linke Regierungen abzuräumen. Ende Oktober 1983 landeten gut 7.000 US-Soldaten auf der kleinen Karibikinsel Grenada (Operation Urgent Fury), die von der progressiven New Jewel Movement unter dem Marxisten Maurice Bishop geführt wurde. Die USA hatten bis dahin nichts unversucht gelassen, um dessen Regime durch ökonomische Repressionen aus den Angeln zu heben. Sie veranlassten den IWF, Grenada keinen Cent für seine Tourismuswirtschaft zu bewilligen, um so die wichtigste Einnahmequelle zu schädigen. Bishop wurde als willfähriger Vasall Fidel Castros, vor allem der Sowjets hingestellt, die im Süden der Insel eine U-Boot-Basis bauen würden, um sich eine strategische Enklave in der Karibik zu verschaffen. Die Hysterie köchelte, bis Anfang 1983 ein Reporter der Washington Post das angebliche Stützpunktterrain besuchte, um festzustellen, dass in jener Küstenzone das Wasser für Unterseeboote viel zu flach sei. Dann aber wurde Bishop durch interne Rivalen gestürzt und umgebracht, woraufhin sich die USA berufen fühlten, für Ordnung zu sorgen und mit Nicholas Brathwaite einen amerikafreundlichen Premier einzusetzen.
Wozu daran erinnern? Die Annahme wäre übertrieben, jüngsten Drohungen Präsident Trumps – notfalls werde man in Venezuela militärisch eingreifen – würden demnächst Taten folgen. Was ungeachtet dessen aufmerken lässt, ist der offensichtliche Rückgriff auf ein Muster von Lateinamerika-Politik, das längst verschlissen schien: das Recht auf Einmischung in innere Belange souveräner Staaten, bei der keine Option ausgeschlossen wird. Als sollten drei Jahrzehnte versenkt werden, in denen sich der Subkontinent seit Mitte der 1980er nicht nur rechter Militärdiktaturen entledigt hat, sondern größtenteils linke Regierungen in Brasilien, Argentinien, Paraguay, Nicaragua, Uruguay, Bolivien, Venezuela und Ecuador ihren Souveränitätsanspruch artikulierten. (…)
Wie sehr Donald Trump den anachronistischen Desperado gibt, zeigt das Befremden in Kolumbien über sein Interventionsgerede. Daran sollte man nicht einmal denken, mahnt Präsident Santos, dem alles andere als Sympathien für Nicolás Maduro nachgesagt werden. Nur ist es leider so, wie es Miguel de Cervantes seinen Sancho Panza sagen lässt: „Und wenn ich erst die Herrschaft habe und den Knüppel, dann tu ich, was ich will.“
Quelle: der FreitagAnmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu erneut Trumps “militärische Option” gegen Venezuela: Von außen oder von innen?. Passend dazu auch: Regimewechsel in Venezuela? Alte US-Tradition.
- Air-Berlin-Mitarbeiter müssen sich als Berufsanfänger neu bewerben
Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo warnt vor sozialen Härten bei der Zerschlagung der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin.
Nach seinen Informationen solle das fliegende Personal nicht direkt übernommen werden, sondern müsste sich als Berufsanfänger neu bewerben, sagte der Ufo-Tarifvorstand Baublies der Deutschen Presse-Agentur. Für altgediente Air-Berlin-Flugbegleiter würde ein Wiedereinstieg als Berufsanfänger Einkommensverluste von bis zu 80 Prozent bedeuten. Die Verträge wären dann möglicherweise befristet, was weitere Risiken im Fall einer Arbeitslosigkeit beinhalte, betonte Baublies.
Quelle: Dlf24Anmerkung Christian Reimann: Die Zeche soll wohl – wie so oft – die Arbeitnehmerschaft bezahlen. Bitte lesen Sie dazu auch Gehalt von Air-Berlin-Chef abgesichert und Air-Berlin-Insolvenz – was wird da hinter den Kulissen gemauschelt?.
- Warum steigen unsere Löhne nicht mehr?
In Deutschland herrscht fast Vollbeschäftigung. Aber die Löhne steigen allenfalls mäßig. Irgendetwas läuft seit langem gründlich schief.
Gewerkschaften hatten es noch nie leicht. Entweder sie pressen den Arbeitgebern zu hohe Löhne ab. Dann sind sie böse, weil sie steigende Arbeitslosigkeit zu verantworten haben. Oder aber ihre Lohnabschlüsse sind zu niedrig. Dann ist es auch nicht recht. Weil ihre Mitglieder sich ungerecht behandelt fühlen und fragen, ob der Gewerkschaftsbeitrag gut investiert ist.
So war die Welt bis zur Finanzkrise. Der Arbeiter galt als „vernünftig“, wenn er Maß zu halten verstand. Spielte er dagegen seine lohnpolitische Macht aggressiv aus, wurde er von der Mehrheit der Ökonomen (an vorderste Stelle von den Ökonomen der Deutschen Bundesbank) gescholten: Das führe zu Inflation, müsse eine restriktive Geldpolitik nach sich ziehen – und am Ende also Arbeitslosigkeit.
Heute aber herrscht in weiten Teilen Deutschlands nahezu Vollbeschäftigung. Bis zur Jahresmitte hatten die Unternehmen mit 1,1 Millionen Jobs mehr Arbeitsplätze zu besetzen als je zuvor, und die Arbeitslosigkeit könnte schon bald auf unter 2,3 Millionen sinken, was ein neuer Tiefstand wäre: Es gab vor nicht allzu langer Zeit schon einmal fünf Millionen Arbeitslose. Und auch von Inflation ist heute weit und breit nichts zu sehen. Sollte man da nicht erwarten, dass die Arbeitnehmer beim Lohn gefahrlos ordentlich zulangen können?
Quelle: Frankfurter AllgemeineAnmerkung unseres Lesers U.D.: Die Veröffentlichung des „alten“ Print-Artikels in FAZ-online zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht der Erkenntnis von unzureichenden Lohnerhöhungen, sondern eine Abfederung der Kritik der vier Wirtschaftsweisen an den Kollegen Bofinger zu verstehen, die heute in der FAS-Print und FAZ-online veröffentlicht wurden.
Es ist erstaunlich, dass in der neoliberal geprägten FAZ der Satz steht: „Der Gewinner bekommt alles.“ Gewinner ist offensichtlich das Kapital – der erfolgreiche Unternehmer oder Aktionär. Die Erkenntnis scheint – mit Ausnahme der „Die Linke“ – in keiner der im Bundestag vertretenen Parteien angekommen zu sein.Schade. - Arbeitskräftemangel ist das Kernproblem!
Die deutsche Wirtschaft hat immer größere Schwierigkeiten, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden. Darauf hat Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), jetzt in einem Radiointerview hingewiesen.
Der Arbeitskräftemangel sei inzwischen das Kernproblem der Unternehmen, sagte Schweitzer heute früh im Südwestrundfunk. Andere Themen wie der Brexit oder die Wirtschaftspolitik der USA seien dagegen eher zu vernachlässigen.
Nach Einschätzung des DIHK-Präsidenten gibt es in Deutschland “zu viele Langzeitarbeitslose und Menschen ohne Ausbildung und Qualifizierung”. Die Zuwanderung helfe nur teilweise, das Problem zu lösen. Sie bringe der Wirtschaft nur dann etwas, wenn im Ausland gezielt Menschen für offene Stellen gesucht würden.
Schweitzer betonte, man müsse mehr erfahrene Fachkräfte davon überzeugen, länger im Beruf zu bleiben. Außerdem gelte es, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.
Quelle: DIHKAnmerkung Christian Reimann: Es verwundert nicht, dass auch dieser Lobbyverband Interesse an einer längeren Arbeitszeit, einem verspäteten Renteneintrittsalters bekundet und an der Legende vom Fachkräftemangel festhält. Nur, wenn es tatsächlich einen Mangel an Fachkräften geben sollte: Warum sind der gesetzliche Mindestlohn sowie auch sämtliche anderen Löhne und Gehälter verschiedener (Tarif-)Branchen so niedrig?
- Gefangen am unteren Rand
Sehr vielen Deutschen geht es heute deutlich besser – dem Aufschwung sei Dank. Das Problem ist nur: Wer vor zehn Jahren arm war, ist es wahrscheinlich heute immer noch.
Selten waren so viele Deutsche mit ihrem persönlichen Leben so zufrieden wie heute. Erstaunlicherweise sind gleichzeitig aber sehr viele Deutsche unzufrieden mit der sozialen Ungleichheit und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land. Wie kommt es zu diesem vermeintlichen Widerspruch? Lassen sich die Menschen diese Unzufriedenheit lediglich von Politikern oder gar Wissenschaftlern einreden, obwohl die Lage im Land eigentlich hervorragend ist?
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: In den Umfragen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) im DIW Berlin (DIW-Wochenbericht 29/2017) geben die meisten der rund 30.000 Befragten an, derzeit recht zufrieden mit ihrem Einkommen zu sein. Auf einer Skala von 0 bis 10 (von sehr unzufrieden bis sehr zufrieden) liegt der Durchschnittswert bei 6,80 für das eigene Haushaltseinkommen. Interessant ist jedoch, dass die Zufriedenheit mit der “Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit in Deutschland” deutlich niedriger ist, sie liegt bei 4,81.
Unbestritten ist, dass sich die wirtschaftliche Lage für viele Menschen in den vergangenen zehn Jahren teils deutlich verbessert hat. Fast sechs Millionen Menschen haben seit 2005 eine Arbeit gefunden, viele davon gute Arbeit, und die Einkommen sind für die Mehrheit der Beschäftigten gestiegen.
Aber nicht alle haben an diesem Aufschwung teilhaben können, nicht wenige wurden abgehängt. Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigt, dass die 40 Prozent der Haushalte mit den geringsten Einkommen, also mehr als 30 Millionen Deutsche, heute eine geringere Kaufkraft haben als noch vor 20 Jahren. Zugleich hat sich die Zahl der Menschen kaum verringert, die sich am Rand des Existenzminimums bewegen. Im Jahr 2006 waren es rund acht Millionen. 2015 sind es, trotz eines langjährigen Aufschwungs, immer noch rund acht Millionen Menschen, die von Armut bedroht sind. Fast jede vierte alleinerziehende Mutter oder Vater und ihre Kinder sind heute von Armut bedroht, deutlich mehr noch als vor zehn oder 15 Jahren, als es Deutschland wirtschaftlich deutlich schlechter ging. Auch das steht im Armuts- und Reichtumsbericht.
Quelle: Zeit OnlineAnmerkung unseres Lesers J.A.: Fratzscher ist der größte Schönschwätzer einer für die allermeisten Deutschen schlechten Lage und damit als SPD-Ratgeber und -Propagandist allerbestens geeignet. Schon der durch nichts begründeten Eingangsbehauptung “Unbestritten ist, dass sich die wirtschaftliche Lage für viele Menschen in den vergangenen zehn Jahren teils deutlich verbessert hat.” widerspricht er gleich im nächsten Abschnitt selber mit statistischen Daten: “Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigt, dass die 40 Prozent der Haushalte mit den geringsten Einkommen, also mehr als 30 Millionen Deutsche, heute eine geringere Kaufkraft haben als noch vor 20 Jahren. Zugleich hat sich die Zahl der Menschen kaum verringert, die sich am Rand des Existenzminimums bewegen. Im Jahr 2006 waren es rund acht Millionen. 2015 sind es, trotz eines langjährigen Aufschwungs, immer noch rund acht Millionen Menschen, die von Armut bedroht sind. Fast jede vierte alleinerziehende Mutter oder Vater und ihre Kinder sind heute von Armut bedroht, deutlich mehr noch als vor zehn oder 15 Jahren, als es Deutschland wirtschaftlich deutlich schlechter ging.” Nachweislich bekommen die 90 Prozent der Deutschen mit den niedrigsten Gehältern weniger als oder höchstens genauso viel wie vor 20 Jahren, und da sind die Rentenkürzungen und die in Zukunft radikal zunehmende Altersarmut nicht einmal berücksichtigt. “Auf der anderen Seite steht jedoch ein nicht gerade kleiner Teil der Bevölkerung, der von Aufschwung und quasi Vollbeschäftigung nicht profitiert.” Statistisch gesehen hat nur eine kleine Minderheit von den “Reformen” und dem durch massive Auslandsverschuldung finanzierten Aufschwung profitiert, und die höhnische Phrase von der “quasi Vollbeschäftigung” sollte sich Fratzscher bei mindestens 4 Millionen Arbeitslosen ernsthaft verkneifen.
Ergänzende Anmerkung Christian Reimann: Hinsichtlich der weiteren möglichen Ambitionen des Herrn Fratzscher ist dieser NachDenkSeiten-Hinweis interessant: Vorwärts zur „Rente mit 70“? Eine große Koalition von „Top-Ökonomen“ und die Untiefen der Rasenmähermethode. Daraus ein Zitat:
„Aber zumindest werden die beiden “Top-Ökonomen” eines erreichen – ihr Ticket für die geplanten Rentenkommission ist sicher. Im Wahlprogramm der CDU/CSU zur Bundestagswahl 2017 findet man nach der Behauptung, die Rente sei bis 2030 sicher und nicht reformbedürftig, auf der Seite 43 diese Vertröstung:
»Die Weiterentwicklung der Rente nach 2030 soll in einem partei- und fraktionsübergreifenden gesellschaftlichen Konsens unter Einbeziehung der Tarifpartner geregelt werden. Zu diesem Zweck setzen wir eine Rentenkommission ein, die bis Ende 2019 Vorschläge erarbeiten soll.«
Man könnte wetten, dass Hüther und Fratzscher, die nicht als langjährig erfahrene Rentenexperten ausgewiesen sind, wahrscheinlich gerade deshalb mit Sicherheit Platz nehmen werden dürfen in der großen Runde.“ - Leben auf der Straße
Keine Zeit, kein Komfort und wenig Geld. Die Arbeit als Lastwagenfahrer ist beschwerlich. Von der großen Freiheit ist kaum was zu spüren. Nun kommt auch noch neue Konkurrenz.
Links die Tür, rechts der Beifahrersitz, in seinem Rücken zwei schmale Pritschen. Maiks mobiles Zuhause ist kleiner als ein Hundezwinger, das hat er schwarz auf weiß: „Jeder Hund, der größer ist als fünfzig Zentimeter, hat Anspruch auf acht Quadratmeter“, sagt der Fernfahrer. So stehe das in der Tierschutz-Hundeverordnung. Maik, 1,90 Meter groß, kann keine zwei Schritte machen, ohne sich zu stoßen. Zumindest dann, wenn er in seinem Lkw unterwegs ist. Und Maik ist fast immer unterwegs. (…)
Viertel Jahrhundert hinterm Steuer
„Da fahre ich jetzt bestimmt nicht rein“, sagt er und springt aus der Fahrerkabine. Drei Minuten später sitzt er wieder hinter dem Lenkrad: „Jetzt wird’s lustig.“ Langsam fahrend, den Rückspiegel im Blick, schiebt er den Fünf-Achser Meter für Meter auf den Betriebshof. Zentimeterarbeit, aber es passt. Kaum hat er geparkt und die Plane am Anhänger zur Seite gezogen, schnappen sich Gabelstapler die Boxen mit den Eisenringen, eine Unterschrift auf dem Frachtschein, fertig. Der nächste Kunde wartet. Keine Verschnaufpause, es geht Schlag auf Schlag. Ganz anders, als man sich das Truckerleben vorstellt. „Stress und Hektik aushalten zu können“, sagt Maik, „das ist mit das Wichtigste.“ (…)
„Ich bin gern Zu Hause, da ist Fernfahren Gift“, sagt Maik. Er klingt ein bisschen wehmütig, wenn er über seine Beziehung spricht. Die ist zerbrochen, er war ja kaum daheim. Seine Kumpel sieht er nur am Wochenende. „Und klar“, sagt Maik, „irgendwann kommst du an den Punkt, wo du dein eigenes Badezimmer vermisst.“ Viele Entbehrungen – wenig Lohn, so fasst er seinen Alltag zusammen. Mit weniger als 30 000 Euro Durchschnittsgehalt in der Branche ist das nicht an den Haaren herbeigezogen. Trotzdem fährt der Thüringer weiter. Es ist sein Beruf. (…)
„Ich habe nichts gegen die Fahrer, aber sie sind es halt gewohnt, robuster zu fahren.“ Fast jeder zweite Lastwagen wird hierzulande heute von Polen, Rumänen oder Bulgaren gesteuert, zeigen Statistiken. Die Stimmung zwischen deutschen und ausländischen Fahrern ist gespannt. Denn zum einen drückt die Konkurrenz aus Osteuropa die Löhne. (…)
Wie jeden Abend gönnt sich Maik für drei Euro einen warmen Schauer in einem Duschraum, in dem die Abdeckungen der Steckdosen abgerissen sind und das Wasser auf dem Boden steht.
Quelle: Frankfurter AllgemeineAnmerkung unseres Lesers J.A.: Ein Streßjob, fast immer unterwegs, Beziehungen führen geht fast nicht, und das alles für nicht mal 30.000 Euro im Jahr bzw. 1.660 Euro netto im Monat. Aber die Arbeitgeber jammern über einen angeblichen Fachkräftemangel, bei Ver.di hat das irgendwas mit Demografie zu tun und natürlich nicht mit den indiskutablen, harten Arbeitsbedingungen. “Keine Frage: Wenn die Arbeitgeber Arbeitskräfte brauchen, werden sie auch ungewöhnliche Wege gehen – wie die Suche nach Bewerbern in Süd- oder Osteuropa. Das heißt für die Beschäftigten hier: Fachkräftemangel bedeutet auf Dauer noch längst nicht, dass die Einkommen und die Arbeitsbedingungen steigen.” Wenn die Löhne nicht steigen, gibt es definitionsgemäß keinen Fachkräftemangel. Die Gewerkschaft verbreitet also auch nur Unsinn. Den ausgewogensten Beitrag zum Thema bringt ausgerechnet die wirtschaftsliberale FAZ, hier, in der Rubrik “Gesellschaft“.
- Ohne Plan B ins Schienenchaos
Im Rahmen der Sperrung der Rheintalstrecke kommen jahrzehntelange Versäumnisse zutage
Auch nach einer Woche ist kein Ende der Sperrung der Rheintalstrecke zwischen Karlsruhe und Basel in Sicht. Damit bleibt eine der am stärksten frequentierten Bahntrassen für den europäischen Güter- und Personenverkehr blockiert. Die Strecke gilt als Bestandteil des europäischen Güterkorridors Genua-Rotterdam. Auslöser waren Tunnelarbeiten für die neue Hochgeschwindigkeitstrasse Karlsruhe-Basel, in deren Folge die Gleise im südlich von Karlsruhe gelegenen Rastatt auf einer Länge von etwa acht Metern um einen halben Meter gesenkt wurden.
Dass Bahnstrecken immer wieder durch »höhere Gewalt« unpassierbar sind, kann nie ausgeschlossen werden. In aller Regel kann der Verkehr auf zumutbare Ersatzstrecken ausweichen, bis der Schaden behoben ist. Neu an dem folgenreichen Rastatter Vorfall ist aber, dass die Bahnmanager offenbar kalt erwischt wurden und keinen »Plan B« hatten. So legt die versuchte Krisenbewältigung schonungslos jahrzehntelange Sünden der Bahn- und Verkehrspolitik offen.
Für den Personenverkehr hatten die Krisenmanager der Deutschen Bahn (DB) rasch Notlösungen auf dem Schirm. Hochgeschwindigkeitszüge von Stuttgart nach Paris wurden über Saarbrücken umgeleitet. Für Fahrgäste besteht zwischen Rastatt und Baden-Baden immerhin ein zeitraubender Busersatzverkehr.
Quelle: Neues Deutschland - Industriechef gegen Verbot von Verbrennungsmotoren und E-Auto-Quote
Klare Absagen vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI): Die Wirtschaftsvertreter sprechen sich gegen eine Quote für Elektroautos und ein Verbot von Verbrennungsmotoren aus. Das seien planwirtschaftliche Instrumente, von denen man nichts halte, sagte BDI-Präsident Dieter Kempf den Zeitungen der “Funke Mediengruppe”.
Hintergrund: Kanzlerin Angela Merkel hatte jüngst ein Verbot neuer Dieselautos auf lange Sicht als richtigen Ansatz bezeichnet. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wiederum hatte eine Quote für Elektroautos gefordert.
“Der Staat kann Ziele und Rahmen vorgeben. Angelegenheit der Unternehmen ist es aber, durch Forschung und Entwicklung Technologien zu erarbeiten, die diese Ziele am besten erfüllen”, sagte Kempf. Dabei sei “Technologieoffenheit” das Zauberwort. “Ich bin überzeugt, die ambitionierten Klimaziele der Bundesregierung lassen sich nur im engen Zusammenspiel von Zukunftstechnologien und Brückentechnologien wie Diesel, Hybrid, Biokraftstoffen und Erdgas erreichen.”
Ein Wegfall der Steuervorteile für Diesel wäre allein aus Klimaschutzgründen nicht klug, so Kempf weiter. “Ein Diesel verbraucht 25 Prozent weniger Kraftstoff als ein Benziner, sein CO2-Ausstoss ist bis zu 15 Prozent niedriger.” Man brauche den Diesel wegen seiner geringeren CO2-Emissionen als Brückentechnologie, bis alternative Technologien flächendeckend den Durchbruch schafften.
Quelle: Spiegel OnlineDazu: Wolfgang Ksoll über Lobbyismus
Die Lobbyisten der organisierten Kriminalität wollen die Menschen weiter verpesten, um den schnelleren Euro zu machen. Gerade ist man erst aufgefallen, dass die Autoindustrie klandestin zusammen mit dem Staat die Bürger betrogen und gesundheitlich geschädigt hat, schon trommelt man weiter, dass man mit der Verpestung fortfahren will. Da wird dann der Die4sel mit dem Benziner verglichen, statt mit dem Elektroauto. So redet man den Standort Deutschland kaputt und schadet der deutschen Industrie erheblich. Die Industrie sollte sich überlegen, ob sie den umweltschädlichen, brutalen gegen die Bevölkerung gerichteten Kurs fortsetzen will oder endlich dem Wettbewerbsdruck aus den USA sich stellen will. Es ist doch schon schlimm genug, dass wir bei der Digitalisierung kapituliert haben. Muss jetzt die Autoindustrie durch Konzepte aus dem 19. Jahrhundert auch geopfert werden? So viel Menschenfeindlichkeit und Lobbyismus gegen Arbeitsplätze habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Die deutsche Industrie im Selbstmordrausch. Lasst uns den Lemmingen nicht folgen in ihren Suizid.
Quelle: Wolfgang Ksoll via Facebook - Vorgeschmack auf Stuttgart 21 …
Wenig überrascht zeigt sich das Aktionsbündnis von der Leichtfertigkeit, mit der die Deutsche Bahn offensichtlich Tunnelbauarbeiten unter einer der Hauptstrecke des deutschen Bahnverkehrs betrieben hat. Dass es keinen „Plan B“ gibt für den Fall, dass dabei etwas schiefgeht, zeige die Selbstüberschätzung der DB und, auch hier, das Versagen des aufsichtführenden Eisenbahnbundesamts, so Bündnissprecher Dr. Norbert Bongartz.
Es war im Vorfeld der Bauarbeiten in Rastatt mit Händen zu greifen, dass ein Tunnelbau so knapp unter den bestehenden Bahngleisen und in Sandboden hoch riskant ist. Dass die Deutsche Bahn für den Fall von Problemen keine Ausweichmöglichkeit vorbereitet hat, sondern – offenbar völlig überrascht von dem Gleisschaden – eine der Hauptverkehrsadern – die Strecke Karlsruhe–Basel – auf kaum absehbare Zeit einfach komplett lahmlegen muss, ist unverzeihlich.
Keinen Pfifferling seien die vollmundigen Beteuerungen der Bahn wert, sie habe die Tunnelbauarbeiten mitten im Stadtgebiet Stuttgarts voll im Griff. Auch wenn in Stuttgart die Überdeckung bei den Tunnelbaustellen zumeist deutlich höher ist: Angesichts der besonderen geologischen Situation in Stuttgart muss auch hier über die schon bekannten Schäden hinaus mit Bauproblemen ganz anderer Größenordnung gerechnet werden. (…)
In Stuttgart werde gegen den Grundsatz „So wenig Tunnel wie möglich, so viel wie nötig“ verstoßen, so Bongartz. Im Unterschied zum Rastatter Tunnelbau, verschlechterten die 60 km Tunnel in Stuttgart den Bahnbetrieb für alle Zukunft erheblich, verlagern in Zeiten von „Dieselgate“ und Klimakatastrophe massenhaft Verkehr auf die Straße und bergen auf ewig das Risiko regelmäßiger Sperrungen mit ähnlichen Folgen wie in Rastatt.
Jetzt muss Schluss sein mit dem angestrengten Wegschauen und Verdrängen von Politik und DB gegenüber den Risiken und Probleme von Stuttgart 21. Das Projekt bedarf dringend der ehrlichen Bestandsaufnahme, bevor weiter sinnlos und gefährlich Geld verschleudert wird – zumal es mit „Umstieg 21“ ein weithin anerkanntes Alternativkonzept gibt, das besser und weit kostengünstiger zu realisieren ist und die bisherigen Bauarbeiten mit einbezieht.
Quelle: K21 - Unschuldig gesucht: Wie Despoten das Fahndungssystem von Interpol missbrauchen
Wer von Interpol gesucht wird, gilt als besonders kriminell. Doch immer wieder geraten Unschuldige auf die internationale Fahndungsliste. Ein Grund: Despoten nutzen das internationale Fahndungssystem aus, um mit Hilfe fingierter Vorwürfe Oppositionelle zu verfolgen. Experten kritisieren: Das Kontrollsystem von Interpol kann solchen Missbrauch nicht zuverlässig erkennen und ausschließen.
Quelle: WDR Monitor - Jewish Antifascist Action Berlin: Der Instrumentalisierung entgegentreten
Vor einigen Monaten ist in Berlin eine neue Antifa-Gruppe gegründet worden. Nichts besonderes in dieser Stadt, würde man meinen. Doch im speziellen Fall verhält es sich etwas anders – die Gründung der Jewish Antifa Berlin hat für Aufsehen gesorgt. Ein Gespräch mit Aktivist*innen der Organisation.
Was war eure ursprüngliche Motivation dahinter, warum seid ihr nicht einfach einer der in Berlin existierenden antifaschistischen Gruppen beigetreten? Was hat eine autonome Organisation jüdischer Antifaschist*innen notwendig gemacht?
Wir sind eine Gruppe von Menschen mit verschiedenen Hintergründen. Die meisten von uns haben jüdische Wurzeln und kommen aus Israel oder Deutschland. Unsere Definition als jüdische Antifa soll nicht bedeuten, dass wir Nicht-Jüd*innen ausschließen wollen. Wir empfanden es vielmehr als Reaktion auf den in der deutschen Linken herrschenden Diskurs über Kritik an der israelischen Besatzung notwendig. In vielen Kreisen der deutschen Linken wird jede Aktion gegen die Politik Israels sofort als antisemitisch gelabelt und manche Menschen unterstützen sogar ganz offen und euphorisch israelische Militärkampagnen.
Eine merkwürdige Erfahrung, die für viele in der Gruppe gemeinsam war, passierte nachdem wir Deutsch gelernt haben. Wir könnten es kaum glauben, in linken deutschen Zeitungen, rechtsextreme Propaganda aus Israel, längst als Lügen nachgewiesene Argumente und nationalistische Geschichtsschreibung zu lesen. Manchmal so direkt übersetzt, dass man die hebräische Quelle in rechten Webseiten finden könnte.
Quelle: nahost-forum bremen - Märchen und Schuldzuweisungen zu Anschlägen in Katalonien
Die Attentäter hatten mehrere große Bombenanschläge geplant, ihr mutmaßlicher Kopf ist ein alter Bekannter der Sicherheitskräfte
Auch Zufall und Unfähigkeit haben dazu geführt, dass in Katalonien ein Massaker nach dem Vorbild der islamistischen Anschläge im März 2004 verhindert worden ist, bei dem 191 Menschen in der Hauptstadt Madrid ermordet wurden. Dass sich ein Teil der Attentäter in Alcanar in der Nacht vor den mörderischen Vorgängen in Barcelona und Cambrils in die Luft gejagt haben, als sie mit Sprengstoff zum Bombenbau hantierten, hat wohl das Schlimmste in Barcelona verhindert. Die Ermittler haben in den Trümmern mehr als 120 Gasflaschen gefunden, mit denen die Sprengwirkung von Bomben vervielfacht werden sollte.
Sie gehen davon aus, dass die islamistischen Terroristen “einen oder mehrere Bombenanschläge in Barcelona geplant hatten”, sagte der Chef der katalanischen Polizei Josep Lluís Trapero auf einer Pressekonferenz am Sonntagmittag Das hatte sich längst über die Tatsache aufgedrängt, dass der 17-jährige Moussa Oukabir Soprano, der schließlich in Cambrils erschossen wurde, zwei Lieferwagen angemietet hatte. Einer davon blieb unbenutzt und wurde nach der mörderischen Fahrt im Zentrum von Barcelona unbenutzt gefunden.
Quelle: Telepolis - Entzogene G20-Akkreditierungen Verwechslungen und Jugendsünden
Sechs Wochen nach dem G20-Gipfel haben erste Journalisten Bescheid bekommen, warum ihre Akkreditierung entzogen wurde. Was beim Bundeskriminalamt an Daten über sie gespeichert war, erweist sich als toxisches Datengebräu.
Die größte Peinlichkeit musste die Bundesregierung schon eine Woche nach dem Gipfel in Hamburg einräumen: Unter den Journalisten, die das BKA als Sicherheitsrisiko erkannt hatte, sei auch ein sogenannter Reichsbürger, hatte der Sprecher des Innenministeriums verbreitet.
Dabei hatte sich der angebliche Rechtsextremist zu diesem Zeitpunkt längst geoutet: Der NDR-Journalist Christian Wolf war durch eine schlichte Namensverwechslung auf die Schwarze Liste des BKA geraten. Er war nicht der Einzige, der durch pure Schlamperei von der Berichterstattung ausgeschlossen wurde.
Inzwischen haben mindestens zwei weitere Journalisten ein Entschuldigungsschreiben von der Bundesregierung bekommen. Eine offensichtliche Panne gab es auch beim Hamburger Polizeireporter Frank Bründel. Der Journalist, seit 28 Jahren im Beruf, soll nach Angaben des Hamburger Verfassungsschutzes bei der Demonstration am 1. Mai als Angehöriger einer “gewaltbereiten Bewegung” festgenommen worden sein – eine falsche Auskunft, die das BKA aber zunächst ungeprüft übernommen hatte. (…)
Für Professor Singelnstein weisen die Fragen an die Sicherheitsbehörden weit über den Fall der 32 Journalisten hinaus. Der Entzug der Akkreditierung zeige wie in einem Brennglas, “wie gefährlich der Automatismus ist, der durch die Eintragung in einer Datei entsteht und welche massiven Folgen eine solche haben kann”.
Das gelte umso mehr, wenn auch Belanglosigkeiten oder unrichtige Vorwürfe Eingang in Dateien wie “gewaltbereite Straftäter” oder “politisch motivierte Kriminalität” fänden. Tatsächlich wurde einem der Journalisten kurz nach dem Gipfel vom Verteidigungsministerium auch die Akkreditierung zum Gelöbnis am 20. Juli im Bendlerblock verweigert. Eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte entsprechende Recherchen des ARD-Hauptstadtstudios. (…)
Noch deutlicher wird der Datenschutz-Experte: “Wenn das als politische Kriminalität gespeichert wird, hat das stigmatisierende Wirkung”, meint Peter Schaar. Das sei besonders kritisch, wenn die betroffene Person lediglich in Ausübung der Pressefreiheit an einer Demonstration teilgenommen habe. Die lange Speicherungsdauer widerspreche zudem verfassungsrechtlichen Vorgaben: “Das Bundesverfassungsgericht hat erst kürzlich festgestellt, dass hier sehr kurze Fristen gelten. Das beinhaltet die Verpflichtung, immer wieder zu prüfen, ob die Speicherung noch erforderlich sei – das kann ich hier überhaupt nicht erkennen.”
Quelle: tagesschau.de - Suggestiv, dramatisierend, einseitig
Wie das ZDF im Kampf gegen links auf journalistische Standards verzichtet
Wer oder was ist der schwarze Block, und wie genau zogen die »Extremisten« eigentlich durch Altona? Das fragte sich die ebenso besorgte wie voyeuristische Presse nach dem G20-Gipfel. Das bekannte aus einem Bus aufgenommene Video, das eine Gruppe schwarz vermummter Menschen zeigt, die durch Altona ziehen, fehlte auf keiner News-Webseite, in keinem Fernsehbeitrag. Denn: Brennende Autos klicken, lodernde Barrikaden und vermeintliche Molotow-Cocktails machen Quote. Die damit einhergehende mediale Schelte gegen Linke klang aber nach nur wenigen Tagen wieder ab. Stattdessen richtete sich der Fokus der Presse wieder auf die Polizeigewalt sowie die Kritik an der Taktik der Polizei.
Das ZDF war also ein bisschen spät dran, als es am 19. Juli seine Dokumentation »autonom, radikal, militant?« ausstrahlte. Die Doku von Rainer Fromm, der sich bisher in vielen seiner Beiträge mit der extremen Rechten beschäftigt hat, erschien im Format ZDFzoom, das sich selbst als »investigativ« beschreibt. Beim Thema »Linksextremismus« hat Autor Fromm aber einfach mal alle journalistischen Standards, auf die sich die bürgerliche Presse geeinigt hat, über Bord geworfen. (…)
Um eine allgemeine Gewaltbereitschaft zu belegen, bedient er sich durchgehend der Suggestion. Bei ihm wird das Uneindeutige zum Eindeutigen. Die Bilder zeigen die sich formierende Welcome-to-Hell-Demo, der Sprecher kommentiert: »Die Stimmung ist aggressiv, Polizisten werden beleidigt.« Zu sehen ist dabei ein Schild mit der Parole »Polizei weder Freund noch Helfer«. Fromm findet das offenbar aufwieglerisch: »Die Eskalation der Gipfelproteste geht in die erste Runde«, schallt es drohend aus dem Off. Dass die erste Runde der Eskalation längst gelaufen ist, ignoriert Fromm: Kein Wort verliert er zu den Campverboten im Vorfeld der Gipfeltage, keines zur massiven Gewaltausübung der Polizei während der Demonstration. Alles was in den Tagen der Demonstrationen eigentlich alle großen Medien thematisiert haben, fällt hier unter den Tisch. Stattdessen übernimmt die Doku durchgehend die Perspektive der Polizei. (…)
Am Ende seiner Doku zieht Fromm ein Fazit für alle, die es trotz unzähliger Suggestionen noch nicht kapiert haben. Der Autor, der sich bis ak-Redaktionsschluss auf Anfrage leider nicht zu Fragen bezüglich seiner Dokumentation geäußert hat, appelliert eindringlich an Polizei und Behörden, ein stärkeres Augenmerk auf linke Gewalt zu legen. Schließlich habe es Anzeichen gegeben, die man eigentlich nicht übersehen konnte. Das Banale wird zur Sensation. Dass sich die Sicherheitsbehörden im Vorfeld des Gipfels auf eben diese »Anzeichen« berufen haben und damit ihre unzähligen Rechtsbrüche zu legitimieren versuchten, wird verschwiegen.
Quelle: analyse & kritik - Absahner des Tages: Joachim Gauck
Um das Funktionieren der Demokratie zu demonstrieren, nehmen sich die Mainstreammedien regelmäßig einen Konzernmanager oder abgehalfterten Politiker vor, der es zu bunt treibt. Im aktuellen Spiegel hat es Joachim Gauck erwischt. Das Nachrichtenmagazin berichtet, der Altbundespräsident nutze das für frühere Staatsoberhäupter vorgesehene Budget voll aus. Für viel Geld habe er sich neun Büros im Bundestagsgebäude an der Berliner Dorotheenstraße umbauen lassen, beschäftige dort vier Mitarbeiter für 385.000 Euro im Jahr. Er selbst beziehe weiter den »Ehrensold« von 250.000 per annum.
Das ist angemssen, der Mann hat Großes geleistet. Er hat seinem überängstlichen Land so in den Hintern getreten, dass es notgedrungen auf die Weltbühne zurückkehrte, »um jenes Geflecht aus Normen, Freunden und Allianzen zukunftsfähig zu machen, das uns doch Frieden in Freiheit und Wohlstand in Demokratie gebracht hat«.
Aber im Ernst: Natürlich hat der »Garnisonspfaffe« aus Rostock nie etwas anderes im Auge gehabt als die eigenen Interessen und die der herrschenden Klasse. Warum sollte er sich also anders benehmen als die anderen Gierlappen? So ließ er, wie Jürgen Roth in dieser Zeitung zum Abschied des »erstaunlichen Egomanen« aus dem Amt urteilte, »kaum eine Gelegenheit aus, die Gedemütigten und Überrollten als ›hysterisch‹ zu diskreditieren, ihre ›Zukunftsangst‹ als ›Leitkultur der Deutschen‹ (beziehungsweise ›Kultur des Verdrusses‹) lächerlich zu machen, (…) und die ›Frage‹ in den Raum zu stemmen, ›ob Solidarität und Fürsorglichkeit nicht auch dazu beitragen, uns erschlaffen zu lassen‹«.
Quelle: Junge Welt