Der Tod kommt aus Amerika. 100.000 Tonnen schwer. Eine Botschaft für die Welt.
Manchmal hat meine Regionalzeitung, „Die Rheinpfalz“ aus Ludwigshafen, eine wirklich aufklärende Aufmachung. So am vergangenen Montag auf der Titelseite mit diesem Bild und dem Text an der Seite:
Stellen Sie sich vor, der russische Präsident Putin würde auf einem Flugzeugträger erscheinen, ihn in Dienst stellen und Ähnliches sagen wie US-Präsident Trump: „Amerikanischer Stahl und amerikanische Hände haben eine 100.000 Tonnen schwere Botschaft an die Welt konstruiert: Amerikas Macht ist allen überlegen, und mit jedem Tag unter meiner Regierung werden wir größer und besser und stärker.” Albrecht Müller.
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„Russischer Stahl und russische Hände …“. Da wäre was los in den deutschen Medien. So nicht im Falle der USA. Das sind die Guten. Ein bisschen versteckte Kritik an Trump, weil er sich mit dem neuen Flugzeugträger inszenierte. Das ist alles. Keine bundesweite Empörung, obwohl darin eine grundlegende Änderung unserer Sicherheitslage sichtbar wird.
Weltherrschaft statt Gemeinschaft aller Völker, Konfrontation statt Entspannung. Das ist eine veränderte Weltordnung.
Die 100.000 Tonnen schwere Botschaft und die begleitenden martialischen Worte des US-amerikanischen Präsidenten sind in diesen Tagen der dritte Beleg dafür, dass die USA nicht mehr viel von Partnerschaft halten: Das amerikanische Repräsentantenhaus hat – parteiübergreifend – Sanktionen gegen Russland beschlossen, unter denen nicht nur Russland, sondern auch Europa leiden wird. (siehe hier) Und die USA haben deutlich gemacht, dass sie die Gaslieferungen Russlands an Europa stören und mindern wollen; sie sind gegen die Pipeline Nordstream 2 und sie wollen die Lieferungen Russlands ersetzen durch eigene Flüssiggaslieferungen, um so ihrer Fracking-Wirtschaft den interessanten Absatzmarkt Europa zu öffnen. (Ein kritischer Beitrag dazu siehe hier)
Repräsentanten der USA sagen offen, was sie antreibt. America first! Sie suchen die Konfrontation mit Russland und mit Europa, und sie verlangen von Europa die Konfrontation mit Russland.
Wenn man noch klar denken kann, dann nennt man so etwas das Verhältnis des Kolonialherrn zur Kolonie.
Trump hat das nicht erfunden. Sowohl die Bereitschaft der USA zur Konfrontation und zum Krieg, als auch die vorrangige Durchsetzung der eigenen Interessen waren bei Obama und seinen Vorgängern auch schon gängig
Unter deutschen Medienschaffenden und auch beim Publikum ist es üblich geworden, die Kritik an den USA an dem neuen Präsidenten festzumachen und alles Elend, das von den USA ausgeht, mit ihm zu verbinden. Das ist eine träumerische Fehleinschätzung: die Kriege sind von Bill Clinton und von George W. Bush und von Obama schon geführt worden, sie haben weltweit interveniert, Millionen von Menschen heimatlos gemacht, Staaten unregierbar – Beispiel Libyen, Irak, Afghanistan. Auch sie haben schon die Konfrontation mit Russland gepflegt, so zum Beispiel Clinton mit dem Jugoslawien-Krieg von 1999. Obama hat seinen eigenen Teil mit der Forcierung des Drohnenkriegs beigetragen.
Die Politik der USA ist parteiübergreifend geprägt vom Weltmacht-Anspruch. Abweichungen davon sind auf Minderheiten und wenige führende Politiker beschränkt. Ich nenne als Indizien einige Belege für diese Einschätzung:
- Die rechtskonservative Victoria Nuland, die in der Ukraine-Krise eine scharfmachende Rolle spielte und spielt, war auch zu Zeiten des demokratischen Präsidenten Obama einflussreiche stellvertretende Außenministerin mit der Zuständigkeit für Eurasien.
- Rechtskonservative Republikaner wie der Ehemann von Victoria Nuland, Kagan, haben auch in der Zeit demokratischer Präsidenten großen Einfluss gehabt.
- Das gilt auch für Herrn Friedman von STRATFOR. Siehe hier und hier ein Beitrag in den NachDenkSeiten mit einem Original-Statement von Friedman über die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland zu stören.
- Am vergangenen Montag konnten Sie in den Hinweisen der NachDenkSeiten einen Hinweis auf das parteiübergreifende Netzwerk CFR lesen. Ich zitiere:
„Das American Empire und seine Medien
Viele Führungspersonen und Top-Journalisten von nahezu allen bekannten amerikanischen Medien sind in das Netzwerk des einflussreichen Council on Foreign Relations (CFR) eingebunden.
Gegründet 1921 als eine private, überparteiliche Organisation, prägt der CFR und seine knapp 5000 renommierten Mitglieder seit Jahrzehnten die amerikanische Außenpolitik und deren mediale Darstellung. Ein bekanntes CFR-Mitglied erklärte einst, dass das Ziel tatsächlich die Etablierung eines „Imperiums“ sei, allerdings eines „benevolenten“, d.h. „wohlwollenden“, Imperiums. …“
„Wohlwollendes“ Imperium? – Wenn man die Folgen für die Welt und für Europa bedenkt, dann ist das Eigenschaftswort „wohlwollend“ eher Propaganda als Realität. Vielleicht war es anders gedacht. Das sei durchaus zugestanden. Wir haben auch nicht nur schlechte Erfahrungen mit der amerikanischen Außenpolitik gemacht. Aber jetzt geht es um das Jetzt und die Zukunft, und da sieht es trübe aus.
Sind Europa und Deutschland, sind wir noch fähig dazu, uns gegen den von den USA ausgehenden Trend zu wehren, und zu einer eigenständigen Politik zurückzufinden? Das sind für uns und unsere Zukunft entscheidende Fragen.
Da ist zunächst einmal zu notieren, dass die USA einzelne Länder und Einzelpersonen entscheidend zu beeinflussen vermögen. Polen, die baltischen Länder und andere in Südosteuropa, auch die Ukraine, sind deutlich erkennbar unter amerikanischem Einfluss und setzen auch auf diese Karte. D.h.: tendenziell wird innerhalb der Europäischen Union und der NATO eine Politik, die von den Interessen und der Linie der USA Abstand nimmt, schwer durchsetzbar sein. Das wird sich jetzt konkret bei der Reaktion der Europäischen Union auf die geplanten weiteren Sanktionen gegen Russland und Iran zeigen.
Hinzu kommt der Einfluss der USA und der dort einflussreichen Kreise auf Politikerinnen und Politiker in Deutschland und Europa. Dem Grünen-Vorsitzenden Özdemir und dem einflussreichen früheren Spitzenpolitiker der Grünen Joschka Fischer ist nicht zuzutrauen, dass sie eine von den USA und deren Interessen abgelöste Politik in Deutschland und Europa betreiben. Joschka Fischer hat sich mit der früheren amerikanischen Außenministerin Madeleine Albright auch geschäftlich zusammengetan. Es ist aufschlussreich, dass er in der Frage der Gaslieferungen Russlands an Europa und Deutschland auf der anderen Seite des Atlantik steht.
Die personelle Verflechtung ist keineswegs nur auf die genannten Personen beschränkt. Schon das oben erwähnte Netzwerk CFR reicht nach Europa. Wie einflussreich die Transatlantiker bei uns hier sind, haben wir auf der NachDenkSeiten bei anderer Gelegenheit dargestellt. Zum Beispiel hier.
Wie wir in diesem Zusammenhang Angela Merkel einzuschätzen haben und zum Beispiel auch Frau von der Leyen und den Bundespräsidenten Steinmeier? Die Antwort ist ungewiss. Ich gehe in allen drei Fällen von großer Affinität zu amerikanischen Interessen aus. Aber es wäre schön, das wäre eine Fehleinschätzung.
Wie auch immer: Es wäre wichtig, dass heute Menschen in die Politik gehen, die die Entwicklung der USA voll im Blick haben und auf jeden Fall mittelfristig für uns andere Perspektiven entwickeln. Dazu wäre es wichtig, dass endlich über diese Fragen in den Parteien wieder gestritten wird, dass sie ihrer vom Grundgesetz zu geeigneten Funktion, an der Willensbildung teilzunehmen, endlich wieder gerecht werden.
P.S.: Die Kriege der USA und des Westens und die Flüchtlingsfrage
Der 100.000-Tonnen-Flugzeugträger, den der US Präsident in Dienst gestellt hat, dient nicht nur der Abschreckung. Er wird wie die anderen Flugzeugträger und die ca. 700 US-Militärbasen all überall auf der Welt dazu genutzt, Kriege zu führen. In der deutschen öffentlichen Debatte wird die Rolle dieser Kriege und ihre Bedeutung für uns in einem erstaunlichem Maße unter den Teppich gekehrt. Am deutlichsten wird das sichtbar bei der Debatte um die Flüchtlinge, die ihr Heil in Europa und insbesondere in Deutschland suchen. Dass Afghanen hierher flüchten, weil bei ihnen Krieg herrscht und ihre Lebensbasis zerstört hat, wollen wir nicht richtig wahrnehmen. Dass der Irak kaputtgebombt worden ist und deshalb von dort die Menschen fliehen. Dass der Syrien-Krieg maßgeblich vom Westen initiiert worden ist, nicht nur von USA, sondern auch von Frankreich und von Großbritannien und Deutschland sich dort beteiligt, beziehen wir nicht in die Debatte ein, wenn wir über syrische Flüchtlinge reden. Und das gilt noch viel mehr für Libyen.
Wir sollten die Fluchtursache „Kriege des Westens“ zur Sprache bringen, weil sie häufig ausgeblendet wird, obwohl sie die Hauptursache für die Fluchtbewegungen sind.