Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL)

Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • US-Teuerungsrate fällt unter null
  • Die dritte Phase der Krise
  • HSH Nordbank wusste um Fehler im Risikomanagement
  • Subprime-Bankrotteur verklagt KPMG
  • Zwei Milliarden Verlust für die UBS im ersten Quartal – Stellenabbau von 8700 Mitarbeit
  • Wut auf Banken: “Ich wurde noch nie so mies behandelt”
  • Peer Quijote und Sancho Zimmermann
  • Axa zieht die Notbremse
  • “Gelder der Rentenversicherung sind sehr sicher angelegt”
  • Zertifikate: Banken tarnen sie als Schatzbriefe
  • BaFin ermittelt bei Privatbank Sal. Oppenheim
  • Gasversorger konkurrenzlos teuer
  • Gas in Berlin wird billiger
  • “Radikale Stimmung unter den Arbeitslosen”
  • Zulieferer Visteon droht Beschäftigten mit Gefängnis und Enteignung ihrer Häuser
  • Nordeuropa: Der Staat als Jobmotor
  • Europäische Staaten stützen das Tarifgefüge
  • Mehr Vermögen für Hartz-IV-Bezieher gefordert
  • 2008 keine verminderte Geburtenneigung gegenüber 2007
  • Zu späte Hilfe
  • Hoffen auf den dummen Wähler
  • Britische Schulen: Harte Kerle als Aufpasser gesucht
  • Herbsttage eines Präsidenten
  • Zu guter letzt: Herr Seehofer und der Genmais

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. US-Teuerungsrate fällt unter null
    Präsident Obama sieht für die US-Wirtschaft erste Hoffnungsschimmer. Doch jüngste Konjunkturdaten sprechen eine andere Sprache: Die Verbraucherinflation fällt zum ersten Mal seit den 50er-Jahren unter null. Und die Industrieproduktion sinkt um ein Fünftel.
    Quelle: FTD

    Anmerkung Orlando Pascheit: Auch wenn vor allem die sinkenden Energiepreise verantwortlich sein mögen, es zeichnen sich weltweit eher deflationäre Tendenzen ab denn inflationäre, welche unser Finanzminister ausmacht und so die Ablehnung weiterer konjunkturpolitischer Maßnahmen begründet.

  2. Die dritte Phase der Krise
    Mit der Ruhe wird es bald vorbei sein. Denn die Krise erreicht in den kommenden Monaten ihre dritte Phase: Die sozialen Sicherungssysteme geraten ins Wanken. Das wird die Menschen stärker erschüttern als zuvor die Finanz- und die Wirtschaftskrise.

    Alte, Pflegebedürftige und Kranke werden dann die Rechnung begleichen müssen, vor der sich die Banken gedrückt haben. Dass es so weit kommt, dürfte jedem Politiker klar sein. Dass die dräuende Sozialstaatskrise Reformen notwendig machen wird, ebenfalls.

    Es sind im Wesentlichen drei Faktoren, die die sozialen Sicherungssysteme unter massiven Druck setzen werden: die steigende Arbeitslosigkeit, die Inflation und die demographische Entwicklung.
    Quelle: SZ

    Anmerkung WL: Dieser Artikel wäre wegen seiner gedanklichen Schlichtheit eigentlich keinen Hinweis wert. Interessant ist er nur, weil er die Argumentationslinie vorzeichnet, wie die nächste Runde des Sozialabbaus und der weiteren Verarmung breiter Bevölkerungsschichten begründet werden wird.

    Es ist immer die gleiche Melodie, nur die Strophen wechseln. Waren es bei der Agenda 2010 die Globalisierung und die Demografie, welche die „Reformen“ des Sozialstaates „objektiv notwendig“ (Kanzler Schröder) machten, so ist es eben jetzt „die Krise“. Sozialabbau (und Privatisierung der Alters-, Gesundheits- oder Pflegerisiken) sind der immer gleiche Refrain.

    Die Politik, die zur Krise führte, wird nicht in Frage gestellt. Die Krise ist wie ehedem die Globalisierung über uns hereingekommen wie ein Unwetter.

    Es wird überhaupt nicht in Frage gestellt, dass zur Sanierung der Spekulationsgewinner Milliarden bereit stehen, aber kein Weg daran vorbei führen soll, an den Sozialsystemen einzusparen.

    Es wird kein Gedanke mehr dafür verschwendet, wie die Arbeitslosigkeit als entscheidender Faktor für die Engpässe bei den beitragsfinanzierten Sozialsystemen wenigstens gemildert werden könnte. Da scheint für den Autor alles Nötige getan.

  3. HSH Nordbank wusste um Fehler im Risikomanagement
    Die Warnungen haben nichts geholfen: Bei der schwer angeschlagenen HSH Nordbank hat es schon frühzeitig deutliche Hinweise auf Fehler im Risikomanagement gegeben. Das zeigt ein interner Bericht aus dem April vergangenen Jahres. Die Warnungen waren früh, und sie waren deutlich: Bei der Landesbank für Schleswig-Holstein und Hamburg habe es “nicht ausreichende Überwachungssysteme” sowie “fehlerhafte Bewertungsmethoden in den zentralen Instrumenten des Risikocontrollings” gegeben, heißt es in einem vertraulichen Bericht der Bank, aus dem der “Stern” zitiert. Dem Risikoausschuss des Aufsichtsrats sei das Papier bereits am 7. April 2008 präsentiert worden, Teile des Aufsichtsrats seien sogar bereits im Dezember 2007 über die Mängel informiert worden.
    Quelle: Spiegel-online
  4. Subprime-Bankrotteur verklagt KPMG
    Der Kollaps von New Century Financial stand am Anfang der globalen Kreditkrise. Jetzt geht der Insolvenzverwalter gegen die Wirtschaftsprüfer von KPMG vor. Die gesamte Buchprüferbranche dürfte den Fall genau beobachten.

    Die Insolvenzverwalter des Hypothekenfinanzierers New Century Financial, dessen Kollaps im April 2007 die Kreditkrise einläutete, verklagen KPMG auf Schadenersatz von 1 Mrd. $. Die Gesellschaft klopfte von 1995 bis 2007 die Bilanzen des kalifornischen Subprime-Spezialisten ab… Der Vorwurf lautet: Die Buchprüfung war unzureichend und machte den Niedergang von New Century Financial erst möglich.

    Die Klage von New Century wirft ein Schlaglicht auf die Rolle der Wirtschaftsprüfer. Zahlreiche Experten und Aktionärsvertreter sehen die Bilanzkontrolleure in der Mitverantwortung und werfen ihnen vor, Probleme und Risiken in den Portfolien und Bilanzen übersehen zu haben.
    Quelle: FTD

  5. Zwei Milliarden Verlust für die UBS im ersten Quartal – Stellenabbau von 8700 Mitarbeitern
    Einen Verlust für das erste Quartal, einen deutlichen Geldabfluss in der Vermögensverwaltung und einen Stellenabbau von 8700 Mitarbeitern, präsentierte die Grossbank UBS heute ihren Aktionären an der ordentlichen GV. Die Bank wird auch in der Schweiz abbauen, 2500 Stellen sind betroffen. Trotz anfänglich positiven Zeichen schließt UBS das erste Quartal insgesamt mit einem Netto-Neugeldabfluss ab. Für den Unternehmensbereich Wealth Management & Swiss Bank resultierte ein Netto-Abfluss von rund 23 Mrd. Fr. Verzeichnet wurden die Abflüsse vor allem seit Bekanntgabe der Einigung mit US-Behörden bezüglich der Untersuchungen über die grenzüberschreitenden Bankdienstleistungen für US-Kunden
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Den Abfluss von Kundengeldern begründet die NZZ, wie es sich gehört, wenn es um den ehemals größten Vermögensverwalter der Welt, Inbegriff des Schweizer Bankplatzes, geht, sehr dezent: “Einigung mit US-Behörden bezüglich der Untersuchungen über die grenzüberschreitenden Bankdienstleistungen für US-Kunden.” Kurzum, das Bankgeheimnis war geplatzt. 23 Milliarden Franken trauten der Steueroase Schweiz nicht mehr. Zerstörtes Vertrauen der besonderen Art.

    Anmerkung KR: Die Mitarbeiter der UBS bezahlen mit ihren Jobs die Boni ihrer Chefs.

  6. Wut auf Banken: “Ich wurde noch nie so mies behandelt”
    Britische Banken bekommen Milliarden vom Staat – und drangsalieren trotzdem ihre Kunden. Jetzt wird die Regierung sauer.
    Quelle: SZ

    Anmerkung des NDS-Lesers T.H.: Wegen einem Studentenkredit mache ich momentan auch diese Erfahrung mit dem Inkasso einer Deutschen Bank. Ohne deren Kredit hätte ich 2006 das Studium abbrechen müssen: Bei der Krankenkasse und Miete war ich in Verzug (was irgendwie noch zu schaffen gewesen wäre); aber dann zusätzlich wieder die halbjährlichen 600 EUR für die Einschreibung – keine Chance. Ohne Einschreibung fällt der Studentenstatus weg, d.h. heutzutage auch automatisch die Nebenjobs für die eigene Studiumsfinanzierung. Jetzt müsste ich eigentlich der Bank dafür dankbar sein, nur leider fiel das Ende der Karenzzeit für den knapp einjährigen Kredit auf Ende 2008 und der Kredit ist nicht durch die KfW abgesichert. Die Bank spricht dabei wörtlich von einem ‘ganz normalen Geschäftsvorgang’ (…)

    Vielleicht haben Sie ein paar gute Ratschläge, wie ich da wieder einigermaßen unbeschadet herauskomme.

  7. Peer Quijote und Sancho Zimmermann
    Deflation droht, doch überall wird vor Inflation gewarnt: Wie sich der deutsche Finanzminister und die beratende Wirtschaftswissenschaft blamieren.

    Inmitten weltweit sinkender Nachfrage und Produktion, Massenentlassungen, Kurzarbeit und Lohnzugeständnissen nimmt der SPD-Mann den Kampf gegen Preissteigerungen auf. Dafür, dass dieser Gegner eine “Windmühle” ist, spricht nicht nur die volkswirtschaftliche Logik. Nach der drohen bei weltweit sinkender Nachfrage nicht Preissteigerungen (Inflation), sondern Preissenkungen (Deflation).

    Nur weil die Lösung eines heute drängenden Problems zukünftig neue Gefahren hervorbringen könnte, darf das heute drängende Problem nicht einfach mit Verweis auf mögliche zukünftige Gefahren sich selbst überlassen bleiben. Das wäre ein unverantwortlicher Fatalismus. Das gilt umso mehr, als dass der Deflation erfahrungsgemäß wesentlich schwerer beizukommen ist als der Inflation.

    Auch DIW-Chef Zimmermann drückt sich wie Steinbrück vor der Lösung gegenwärtiger Probleme mit dem Verweis auf zukünftige Gefahren, die natürlich niemand ausschließen kann. Alle Überlegungen müssten sich stattdessen darauf richten, wie dem derzeitigen Ausfall privater Nachfrage mit zukunftsweisenden staatlichen Ausgaben und mit einem funktionsfähigen Bankensystem, das wieder durch seriöse Kreditvergabe Produktion und Beschäftigung unterstützt, begegnet werden kann.
    Quelle: Freitag

  8. Axa zieht die Notbremse
    Die deutsche Axa hat ihre prestigeträchtige, neuartige Rentenversicherung „Twin Star“ teilweise vom Markt genommen. Die Tochter des französischen Versicherungskonzerns reagiert damit auf die steigenden Kosten, die im Rahmen der Finanzmarktkrise für die ausgesprochenen Garantien entstanden sind.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung KR: Um Illusionen in die private Altersvorsorge zu erschüttern, genügt es inzwischen, Artikel aus Wirtschaftsblättern zu zitieren. Wäre man Zyniker, müsste man dazu sagen: Es wird eben doch nicht alles schlechter.

  9. “Gelder der Rentenversicherung sind sehr sicher angelegt”
    Inwieweit ist die gesetzliche Rentenversicherung aktuell von der Finanzkrise betroffen?

    Die gesetzliche Rentenversicherung finanziert sich über das so genannte Umlageverfahren. Das bedeutet, dass jeder Versicherte eine Umlage zahlt und diese Umlage wird dann sofort auf die Rentner umgeleitet. Das heißt es wird kein Kapitalstock angelegt. Und dieses Verfahren ist natürlich ausgesprochen vorteilhaft in Krisenzeiten. Von der Finanzkrise ist dieses Verfahren überhaupt nicht betroffen.

    Man hört immer wieder, dass die Rendite in der Rentenversicherung auf lange Sicht negativ sein wird. Was sagen Sie dazu?

    Für diejenigen, die heute in Rente gehen, liegt die Rendite der Rentenversicherung bei etwa vier Prozent. Aber auch Versicherte, die nun in der nächsten Generation, in den kommenden Jahrzehnten in Rente gehen, werden mit einer deutlich positiven Rendite rechnen können. Die wird etwas niedriger sein, weil das Rentenniveau insgesamt ein bisschen sinkt, es wird aber bei rund zweieinhalb bis drei Prozent liegen. Das ist das Ergebnis von Rentenberechnungen übrigens nicht nur der Deutschen Rentenversicherung sondern auch von einer Vielzahl unabhängiger Institutionen, zum Beispiel der Stiftung Warentest.

    Nun muss man bei diesen Berechnungen noch gesondert berücksichtigen, dass die Rentenversicherung ja nicht nur das Lebensrisiko versichert, dass man im Alter anständig leben kann, sondern es sichert auch zum Beispiel das Risiko der Erwerbsminderung, die Rente bezahlt Rehabilitationen bei Erkrankungen und natürlich ist eine Hinterbliebenenabsicherung ebenfalls über die Rentenversicherung abgesichert. Und dies muss man alles im Vergleich zu Produkten in der Privatwirtschaft sehen. Und wenn man diesen Vergleich zieht, dann wird man sehr schnell verstehen, wie profitabel nach wie vor und auch in Zukunft die Deutsche Rentenversicherung in Wahrheit ist.
    Quelle: ihre-vorsorge

    Anmerkung WL: Dass die Renten „etwas niedriger“ sein werden, ist natürlich eine Beschönigung. Sie sind durch die Renten-„Reformen“ drastisch gesunken und sie werden – politisch gewollt – weiter sinken. Und es fehlt auch eine Aussage, wie die durch die Krise steigende Arbeitslosigkeit die Finanzierung der gesetzlichen Rente tangiert.

  10. Zertifikate: Banken tarnen sie als Schatzbriefe
    Banken und Versicherungen versuchen vom soliden Image des Bundesschatzbriefes zu profitieren. Sie nennen ihre Produkte Schatzbriefe, auch wenn es sich dabei um ein Zertifikat oder um eine Rentenversicherung wie bei der Allianz handelt.
    Quelle: Hamburger Abendblatt
  11. BaFin ermittelt bei Privatbank Sal. Oppenheim
    Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Bundesbank ermitteln bereits seit März offenbar bei Deutschlands größter Privatbank Sal. Oppenheim. Grund der Sonderprüfung seien “problematische Kredite”, die das Institut an zwei Kölner Kunden in Zusammenhang mit den hauseigenen Oppenheim-Esch Immobilienfonds vergeben hatte, schreibt der “Spiegel”. Diese Fonds waren insbesondere bei vermögenden Kunden wie Thomas Middelhoff, Madeleine Schickedanz, oder dem Kölner Verleger Alfred
    Neven DuMont beliebt. Zuletzt hatte sich jedoch unter Fonds-Inhabern Unmut über “mangelnde Transparenz” breitgemacht. Erst vor vier Wochen haben Anleger bei einer Gesellschafterversammlung des MMC-Fonds, der Fernsehstudios in Köln-Ossendorf finanziert hatte, über eine unzureichende Informationspolitik der Geschäftsführung geklagt.
    Quelle: PR-inside

    Anmerkung WL: Der Blog Duckhome hat eine sehenswerte YouTube Dokumentation über den Kölschen Klüngel um den Oppenheim-Esch-Fonds zusammengestellt.

  12. Gasversorger konkurrenzlos teuer
    Durch den Preissturz des Öls fallen auch die Preise für Erdgas. Eine Studie belegt, dass die Versorger aber nur etwa die Hälfte der Preissenkungen an die Verbraucher weitergeben.

    Deutsche Gasversorger geben nur etwa die Hälfte des Preisrückgangs beim Gaseinkauf an die Verbraucher weiter. Zu diesem Ergebnis kommt eine wissenschaftliche Studie im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion, die der taz vorliegt. Bislang wurden Steigerungen des Gaspreises stets mit der Kopplung an den Ölpreis begründet. Da dieser in den vergangenen Monaten rapide gesunken ist, sind auch die Einkaufspreise für Gas gefallen. An die Verbraucher geben die Gasversorger jedoch nur etwa die Hälfte dieses Preisrückgangs weiter.

    Für das zweite Quartal 2009 hätten die Gasversorger durchschnittlich Preissenkungen von zwölf Prozent angekündigt; angemessen wären laut Studie aber 24 Prozent gewesen. Für alle Haushalte ergibt das eine Gesamtsumme von etwa 1,6 Milliarden Euro, die die Energieversorger zu viel kassieren.
    Quelle: taz

  13. Gas in Berlin wird billiger
    Die deutschen Gasversorger geraten zunehmend unter Druck, ihre Preise zu senken. Vor dem Hintergrund hat die Berliner Gasag jetzt ihre Prognose präzisiert, in welchem Umfang sie die Kunden im laufenden Jahr entlasten will: „Was wir sagen können ist, dass übers Jahr gesehen eine Preissenkung von 20 bis 25 Prozent realisiert wird“, sagte Gasag-Sprecher Klaus Haschker dem Tagesspiegel am Mittwoch. Haschka betonte zugleich, dass seine Aussage nicht als Reaktion auf eine am Dienstag veröffentlichte Studie zu werten sei. In dieser von der Grünen-Bundestagsfraktion in Auftrag gegebenen Untersuchung hieß es, dass die Unternehmen ihre Tarife derzeit nur halb so stark senken, wie dies nach dem jüngsten rasanten Ölpreisverfall möglich wäre.
    Quelle: Tagesspiegel
  14. “Radikale Stimmung unter den Arbeitslosen”
    Der Soziologe Klaus Dörre warnt vor einem Wutstau, der in Deutschland ausbrechen könnte

    Die Gerechtigkeitsmaßstäbe der Bevölkerung sind tief verletzt, das zeigen soziologische Untersuchungen. Dass ein Hartz-IV-Empfänger seine Barschaft transparent machen muss, ein Manager aber Boni bekommt für eine Misswirtschaft, die keiner versteht, das kann man nicht mehr vermitteln.

    Wenn in Deutschland mal Protest ausbricht, dann wird er auch sehr gründlich gemacht. Unter den organisierten Arbeitslosen herrscht bereits sehr radikale Stimmung. Wie die sich entlädt, kann man aber nicht sagen. Wir haben in Deutschland auch eine sehr schlechte Tradition: Wenn in Krisensituationen Protest ausbricht, schlägt er schnell nach sehr weit rechts aus. Man kann von Glück sagen, dass die NPD derzeit so zerrüttet ist, dass es am rechten Rand keine organisierte Kraft gibt. Und ich glaube, dass auf die Linkspartei die große Verantwortung zukommt, den Protest in demokratischen Bahnen zu halten.
    Quelle: Berliner Zeitung

  15. Zulieferer Visteon droht Beschäftigten mit Gefängnis und Enteignung ihrer Häuser
    Seit dem 31. März sind in England und Nordirland Fabrikhallen des Autozulieferers Visteon besetzt. Die Firma liefert Autobestandteile an Ford und hat ihren Bankrott erklärt. Den Beschäftigten werden soziale Leitungen verweigert.

    Die Wut unter allen Beschäftigten ist groß. Bis 2000 war ihre Firma Bestandteil des Fordkonzerns, wurde dann aber abgespalten. Ford hatte Visteon als Mittel der Profitmaximierung benutzt. Die Firma war für die von ihr gelieferten Teile immer unter Wert bezahlt worden, so konnte der US-Autobauer lange Zeit die Bilanzen schönen. Nun droht 600 Visteon-Arbeitern der soziale Absturz, teilweise sogar die Obdachlosigkeit, weil Raten nicht mehr bezahlt werden könnten. Der Visteon-Vorstand hat derweil vorgesorgt und für die Verwaltung von Vorstandsboni und Renten eine eigene Firma gegründet. Nicht ohne Grund fordern die Arbeiter deshalb Einblick in die Finanzlage des Unternehmens. Es sollen sich 1,1 Milliarden Pfund auf dem Visteon-Konto befinden.
    Quelle: ND

  16. Nordeuropa: Der Staat als Jobmotor
    Bei Ländervergleichen von OECD und EU belegen Schweden, Finnland und Dänemark stets Spitzenplätze. Einen scheinbar paradoxen Grund dafür nennt der schwedische Politikwissenschaftler Urban Lundberg: Die Nordeuropäer sind gerade deshalb erfolgreich, weil sie den OECD-und EU-Empfehlungen zu schlankem Staat und deregulierten Märkten nicht folgen. Lundberg sieht einen wichtigen Erfolgsfaktor in der Abweichung vom angelsächsischen Modell: “Bedeutsam ist die prominente Rolle des Staates als Arbeitgeber und Akzentsetzer im Bereich Forschung und Bildung.” Zwar stellten auch in diesen Ländern rechtspopulistische und konservative Parteien die umfangreiche Staatstätigkeit und damit verbundenen hohen Einkommensteuersätze in Frage, doch bisher wurden die kaum gesenkt. “Die nordische Privatwirtschaft ist im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig trotz der einzigartig hohen Steuerlast.”
    Quelle: Böckler Impuls 06/2009
  17. Europäische Staaten stützen das Tarifgefüge
    Nachdem die Tarifbindung in Deutschland im vergangenen Jahrzehnt um etwa ein Sechstel gesunken ist, gelten Tarifverträge nur noch für 63 Prozent aller Arbeitsverhältnisse. Von den Ländern der alten Europäischen Union werden nur in Luxemburg und Großbritannien noch weniger Beschäftigte von Tarifverträgen erfasst. Ein Blick über die Landesgrenzen zeigt, dass ein für Gewerkschaften schwieriges Umfeld nicht zwangsläufig das Tarifsystem in Gefahr bringt. So machen es die meisten Staaten den Unternehmen zum Beispiel nicht so leicht, aus Arbeitgeberverbänden und damit aus dem Tarifgefüge auszuscheren. Die nahezu flächendeckende Tarifbindung in Österreich sei vor allem auf die Pflichtmitgliedschaft der Unternehmer in der Wirtschaftkammer zurückzuführen. Insgesamt sei der entscheidende Erklärungsfaktor für die höhere Tarifverbindung in den Nachbarländern jedoch die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) – ein Instrument, das in Deutschland zwar existiert, aber nur selten zum Einsatz kommt. Lediglich 1,5 Prozent der Tarifverträge waren 2008 allgemeinverbindlich.
    Quelle: Böckler Impuls 06/2009
  18. Mehr Vermögen für Hartz-IV-Bezieher gefordert
    Vor dem Gipfel im Kanzleramt zur Wirtschaftskrise hat NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) ein Schonvermögen von bis zu 45 000 Euro für Empfänger von Arbeitslosengeld II gefordert.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Wieder einmal ein Lehrstück aus der unendlichen Geschichte, wie Politiker mit großzügigen Vorschlägen beim Wahlvolk punkten – in der Gewissheit, dass diese von der Partei insgesamt abgeschmettert werden.

  19. 2008 keine verminderte Geburtenneigung gegenüber 2007
    Wissenschaftler des Rostocker Zentrums haben eine erste Schätzung für die zusammengefasste Geburtenziffer des Jahres 2008 im Geburtenmonitor veröffentlicht. Die geschätzten Werte lassen einen Jahreswert von 1,366 für 2008 erwarten. Die zusammengefasste Geburtenziffer liegt damit fast auf dem Niveau des Jahres 2007(…)

    Im Jahr 2007 ist die zusammengefasste Geburtenziffer (engl. total fertility rate, TFR) zum ersten Mal seit 2004 wieder angestiegen: Sie wuchs um 2,93 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 1,368. Auf Grundlage der vom Statistischen Bundesamt bereitgestellten vorläufigen absoluten Geburtenzahlen und einer geschätzten Altersstruktur der Frauen für 2008 haben Wissenschaftler des Rostocker Zentrums zur Erforschung des Demografischen Wandels nun erstmalig zeitnah eine Schätzung für das zurückliegende Jahr 2008 durchgeführt.

    Mit einer geschätzten Geburtenrate von 1,366 für 2008 hat sich die Geburtenrate in unseren Berechnungen zum Vorjahr nur um 0,15 Prozent vermindert. Dies spricht dafür, dass für Deutschland eine stabile Geburtenrate des Jahres 2008 auf dem Niveau von 2007 zu erwarten ist

    folgert Gabriele Doblhammer, Direktorin des Rostocker Zentrums und Professorin für Empirische Sozialforschung an der Universität Rostock.
    Quelle: idw

    Anmerkung AM: Sich mit solchen Meldungen zu beschäftigen, lohnt nicht. Dass sich Institute mit einer Ansammlung von erwachsenen Menschen mit der jährlichen (!) Veränderung von Geburtenzahlen und Geburtenraten beschäftigen, ist absurd. Wie absurd, das wurde schon sichtbar an den Reinfällen der Ministerin von der Leyen. Sie feierte den Zuwachs für 2008, bevor er ernsthaft zu ermitteln war, und wurde dann Lügen gestraft. Die Zahlen für ein einziges Jahrs sagen nichts. Und selbst wenn sie sich markant ändern, sagt das noch nichts über die Bewertung und die Konsequenzen.

    Der Staat sollte die Finger raus lassen. Und Institute wie das Rostocker sollten sich mit vernünftigen Fragen beschäftigen und solche Spielereien sein lassen. Andernfalls signalisieren diese Wissenschaftler nur, dass sie überflüssig sind.

    Siehe auch:

  20. Zu späte Hilfe
    Der Notarzt kommt immer später, weil der ärztliche Bereitschaftsdienst ausgedünnt wird und selbst bei Eheproblemen die 112 gewählt wird.

    Vor fünf Jahren habe es im Bundesdurchschnitt bereits fast elf Minuten gedauert, bis ein Notarzt am Einsatzort angekommen sei. In fünf Prozent der Fälle seien damals mehr als 27 Minuten bis zum Eintreffen des Notfallmediziners vergangen. Diese Zeitspannen hätten sich in den vergangenen Jahren weiter deutlich verschlechtert.

    Neuere statistische Zahlen gebe es bislang zwar nicht, der Trend sei aber weiter negativ, sagte der Chef der Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND), Detlef Blumenberg: “Das macht uns Sorgen.” Schuld seien unter anderem ein Mangel an Notärzten auf dem Land, Koordinierungsprobleme in den Leitstellen des Rettungsdienstes und eine Überbelastung der Notfallmediziner durch Einsätze, die auch Sanitäter oder Hausärzte bewältigen könnten.
    Quelle: Ihre Vorsorge

  21. Hoffen auf den dummen Wähler
    Offenbar glauben Kampagnenplaner, dass Bürger getäuscht werden wollen. Nur so sind die Steuerversprechen der Parteien mitten in der Krise zu erklären. Es droht der nächste Wahlbetrug (…)

    Dazu kommt, dass reine Kapitaleinnahmen inzwischen mit der von Finanzminister Peer Steinbrück eingeführten Abgeltungsteuer und damit einer Flat Tax belegt werden. Politisch werden hohe Dividenden von der SPD kritisiert. Steuerrechtlich werden sie gegenüber dem Einkommen des Facharbeiters aber bevorzugt.

    Wenn die SPD nun meint, dass sie unter Rot-Grün die Steuern zu stark ermäßigt hat und die stets vorhandene Umverteilung im Steuersystem von oben nach unten verstärkt werden sollte, kann sie das ruhig sagen. Da weltweit der Trend zu höheren Steuern gehen wird, muss man nicht einmal eine Massenabwanderung besonders begabter und gut bezahlter Arbeitskräfte fürchten. Die Partei sollte aber bei ihren Wählern keine zu hohen Erwartungen wecken.

    Selbst eine Kombination aus einer Anhebung des Spitzensteuersatzes von 45 auf 47,5 Prozent und der Wiedereinführung von Börsenumsatz- und Vermögensteuer würde die Haushaltsprobleme von Bund und Ländern nicht lösen. In der SPD tun aber viele so, als könnten mit vielleicht 8 bis 12 Mrd. Euro Mehreinnahmen mittlere Einkommen entlastet, die Bildungsausgaben erhöht und auch noch der Haushalt saniert werden (…)

    Die Unart der SPD, halbherzig und mit schiefen Argumenten über Steuererhöhungen zu sprechen, wird locker getoppt durch die unhaltbaren Versprechungen von CDU und CSU. Eine Steuerentlastung, die die Mehrzahl der Lohn- und Einkommensteuerzahler wirklich merken würde, wird keine Regierung in den Jahren 2010 bis 2013 verantworten können.
    Quelle: FTD

  22. Britische Schulen: Harte Kerle als Aufpasser gesucht
    Zur Beaufsichtigung von Klassen sind bei der Abwesenheit von Lehrern als Aufpasser auch ehemalige Marines, Gefängnisaufseher, Türsteher oder Polizisten gefragt.

    In Großbritannien wächst nicht nur der Überwachungsstaat, sondern auch die Angst vor den Kindern und Jugendlichen, deren Respektlosigkeit und “antisoziales Verhalten” seit Jahren mit drastischen Strafen geahndet wird. Jetzt wird bekannt, dass britische Schulen Türsteher con Kneipen und Nachtclubs, Wachmänner oder Personen mit militärischer oder polizeilicher Ausbildung suchen, um Klassen zu beaufsichtigen oder eher: zu disziplinieren, wenn die Lehrer krank oder anderweitig verhindert sind.
    Quelle: Telepolis

  23. Herbsttage eines Präsidenten
    Weitgehend unbemerkt von den westlichen Medien demonstriert die Opposition in Georgien seit fünf Tagen für den sofortigen Rücktritt des ungeliebten Präsidenten Saakaschwili. Ihren bisherigen Höhepunkt erreichten die Demonstrationen in Tiflis am Samstag, als rund 100.000 Demonstranten an einer zentralen Kundgebung teilnahmen – umgerechnet auf deutsche Maßstäbe, hätten rund 1,8 Millionen Menschen in Berlin demonstrieren müssen. Samstagnacht schlug der Staat mit gewohnter Brutalität zu. Schläger, die dem Innenministerium und den Polizeibehörden der Hauptstadt zugerechnet werden, zerstörten in einem Kommandounternehmen die elektronische Ausrüstung auf der Kundgebungstribüne. Die Oppositionellen lassen sich dadurch aber nicht abschrecken. Notfalls wollen sie solange ausharren, bis Saakaschwili seinen Amtssitz räumt.
    Quelle: Spiegelfechter
  24. Zu guter letzt: Herr Seehofer und der Genmais
    Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen
    Quelle: Stuttmann-Karikaturen

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