Bundesrechnungshof sieht Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP) im Bundesfernstraßenbau skeptisch
Der „Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung“ beim Bundesrechnungshof hat zwei ÖPP-Modelle im Bundesfernstraßenbau auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht [PDF – 287 KB]. Das Gutachten erhebt Zweifel, ob mit dem zunehmend üblichen Modell einer Konzessionsvergabe über 30 Jahre wirtschaftliche Vorteile erreicht werden können. Die möglichen Effizienzgewinne seien gering und die Projekte ließen sich damit auch nicht rascher realisieren. Außerdem sieht der Bundesrechnungshof das haushaltsrechtliche Problem, dass der Bund seine Kreditaufnahme entgegen der Zielrichtung des Artikels 115 Grundgesetz in Milliardenhöhe erweitert.
Solche amtlichen Gutachten halten aber offenbar die Bundestagsfraktionen von Union und SPD nicht davon ab, noch in dieser Wahlperiode ein Gesetz zur Vereinfachung der Umsetzung von Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) vorlegen. Sie behaupten nach wie vor, damit ließen sich Effizienzvorteile erzielen und es würden sich Kosteneinsparungen von 5 bis 25 Prozent ergeben. Wolfgang Lieb
- Beim sog. A-Modell erhält ein privates Unternehmen eine Konzession mit der Verpflichtung, Fahrstreifen an einem bestehenden Bundesautobahnabschnitt auf eigene Kosten anzubauen. Während der vertraglichen Laufzeit von in der Regel 30 Jahren hat der Private die Konzessionsstrecke zu erhalten und zu betreiben. Am Ende der Laufzeit gibt der Private die Strecke in einem vorab vertraglich festgelegten Zustand an den Bund zurück.
Als Entgelt erhält der Private aus dem Bundeshaushalt über die Verkehrsinfrastruktur- Finanzierungsgesellschaft die gesamten oder einen Teil der auf seiner Konzessionsstrecke eingenommenen LKW-Mauteinnahmen sowie gegebenenfalls bei Projektbeginn eine Anschubfinanzierung, deren Höhe im Rahmen eines Vergabeverfahrens dem Wettbewerb unterliegt.
Grundsätzlich hat der Bundesbeauftragte Zweifel, ob mit den A-Modellen in ihrer bisherigen Form wirtschaftliche Vorteile erreicht werden können.
Im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit sieht er folgende Nachteile:
- Die Finanzierungskosten der Privaten übersteigen die des Bundes.
- Die Privaten werden hohe Risikozuschläge verlangen, wenn ihnen Risiken übertragen werden, auf die sie kaum Einfluss nehmen können (Verkehrsmengen- und Mauthöhenrisiko).
- Es fallen beträchtliche Kosten für Informationsbeschaffung, juristische, technische und ökonomische Beratung, Ausschreibung, Vertragsgestaltung und Vertragskontrolle (Transaktionskosten) über den gesamten Lebenszyklus an.
Die möglichen Effizienzgewinne bei den bisherigen Projekten nach diesem Modell hält der Wirtschaftlichkeitsbeauftragte unter anderem deshalb für begrenzt
- weil die Erhaltung der Straße von den Privaten nicht auf deren gesamten Lebenszyklus, sondern nur mit Blick auf die Vertragslaufzeit optimiert werde und
- weil die Kostenanteile für Erhaltung und Betrieb und damit das Einsparpotential vergleichsweise gering sind.
Der Bundesbeauftragte sieht im Gegensatz zum Bundesministerium auch nicht die Möglichkeit, mit Hilfe des A-Modells den mehrstreifigen Ausbau von Bundesautobahnen früher realisieren zu können.
Auch haushaltsrechtlich hat der Bundesrechnungshof Bedenken. Durch dieses ÖPP-Modell werde die Möglichkeit des Bundes zur Kreditaufnahme entgegen der Zielrichtung des Artikels 115 Grundgesetz in Milliardenhöhe erweitert.
- Das sog. F-Modell sieht der Wirtschaftlichkeitsbeauftragte weniger skeptisch. Die Umsetzung solcher Modelle sei bisher allerdings wegen falscher Projektwahl und rechtlichen Schranken bei der Mautfestsetzung gescheitert.
Bei diesem F-Modell erhält ein privates Unternehmen eine Konzession für den Neu- und Ausbau, die Erhaltung und den Betrieb einer Bundesfernstraße. Der Private darf von allen Nutzern der Konzessionsstrecke Maut erheben, um seine Kosten zu refinanzieren. Das Modell ist bisher auf Brücken, Tunnel und Gebirgspässe im Zuge von Bundesautobahnen und Bundesstraßen sowie auf mehrstreifige Bundesstraßen mit getrennten Fahrbahnen für den Richtungsverkehr beschränkt.
Das F-Modell erschließe dem Bund zusätzliche Finanzierungsquellen, um Projekte früher als durch Eigenfinanzierung realisieren zu können.
Der Anwendungsbereich des F-Modells sollte nach Meinung des Bundesbeauftragten punktuell auf Brücken, Tunnel, Gebirgspässe und mehrstreifige Bundesstraßen beschränkt bleiben. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches des F-Modells auf die Strecke würde wegen der hohen Zahl an manuellen Zahlstellen einem unterbrechungsfreien, leistungsfähigen Bundesautobahnnetz zuwiderlaufen.