Urban Priol: „Tilt! – Tschüssikowski 2016.“
Wer in diesen Tagen den Fernseher einschaltet, landet beinahe zwangsläufig beim Sitzungskarneval. Und wer davor sitzenbleibt in der Hoffnung, zwischen folkloristischen Tanz- und Musikeinlagen eine seltene Perle einer gelungenen politischen Büttenrede zu entdecken, dem möchten wir stattdessen Urban Priols Rückblick auf das Jahr 2016 empfehlen, den neuesten Beitrag unserer Service-Rubrik „Doku interessanten Kabaretts“. Dort, in der Service-Rubrik, haben wir auch weitere satirische Highlights für Sie zusammengestellt. Von Carsten Weikamp.
Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Wir wollen Ihnen keineswegs Urban Priol als Karnevalsgeck präsentieren. Das würde ihm nicht gerecht, und zwar nicht nur, weil die wilde Frisur und die bunten Hemden bei ihm keine Kostümierung, sondern das ganze Jahr Programm sind. Vor allem bieten nämlich seine politischen Beobachtungen ein Vielfaches der Substanz der meisten karnevalistischen Kalauer und der mühsam ins Reimschema gezwängten Pointen der fünften Jahreszeit, selbst wenn Priol wie in seinem Jahresrückblick zum großem Kaliber greift. Eine erfrischende Alternative zum aktuellen TV-Angebot also.
Urban Priol: „TILT! – Tschüssikowski 2016“
„Die Welt ist aus den Fugen. Istanbul, Brüssel, Nizza, Würzburg, Ansbach, jetzt auch noch Berlin. … Haben wir eigentlich nur Terror gehabt in dem Jahr?“ Mit dieser Frage beginnt Urban Priol seinen Parforceritt durch das zurückliegende Kalenderjahr, und er antwortet sich gleich selbst: „Ja, es gab auch noch was anderes.“
Priol kann in seinem 90-Minuten-Programm die gesammelten Absurditäten natürlich nicht chirurgisch präzise sezieren wie die thematisch konzentrierten Inszenierungen der Anstalt. Wer aber einen rasanten Schnelldurchlauf durch die Aufreger von 2016 sucht, der wird Gefallen an dem polemischen Auftritt finden. Und er wird erstaunt sein, wie es Priol das eine oder andere Mal auch umgekehrt schafft, politisch hochgespielte Themen auf den Boden vernünftiger Darstellung herunterzuholen.