Auch Scheer gegen Privatisierung der Bahn
Dass die Bahn vollständig in Staatsbesitz bleiben soll, das fordert nach einem Bericht unseres Freundes Hermann Zoller nun auch der Waiblinger SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer, der auch Mitglied des SPD-Bundesvorstandes ist. Er unterstützt die Initiative seines Stuttgarter Parteifreundes Peter Conradi, der mit einem Initiativantrag auf dem SPD-Programm-Parteitag seine Partei darauf festlegen will, vom Börsengang oder anderweitigen Anteilsverkäufen der DB Abstand zu nehmen. Wir haben darüber berichtet und bitten Sie, soweit Sie Zugang zu SPD-Kreisen haben, noch einmal um Unterstützung dieses Vorstoßes. Albrecht Müller
Scheer meint, es gebe sowohl in der SPD als auch in der Bevölkerung eine „überwältigende Mehrheit“ dafür, dass „die Bahn in Bundesbesitz gehört und nicht in private Hände“. Er kündigte lt. Hermann Zoller darüber hinaus an, dass er deshalb auch das von ihm einst vorgeschlagene „Volksaktienmodell“ nicht mehr weiterverfolgen werde – es sah vor, durch die Ausgabe von stimmrechtslosen Vorzugsaktien die Einflussnahme privater Anteilseigner unmöglich zu machen.
Als Gründe für seinen Abschied von der Bahn-Volksaktie nennt Scheer zwei Gründe. Erstens: Das Volksaktienmodell sei auf „prosperierende Aktienmärkte“ angewiesen – diese Bedingung sei aber aufgrund der Finanzmarktkrise nicht erfüllt. Zweitens: Das Volksaktienmodell sei schon immer nur ein Kompromissvorschlag gewesen, um in der Großen Koalition mit der CDU auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu kommen.
Mit dieser Erklärung hat Hermann Scheer nach taktisch motivierten Schlenkern zu seiner ursprünglichen Position, dass lebenswichtige Infrastruktureinrichtungen nicht in private Hände gehören, sondern Eigentum der Bürgerinnen und Bürger bleiben müssen, also in den Besitz des Staates gehören, zurückgefunden.
Der SPD-Parteitag wird mit dem von Peter Conradi initiierten Antrag vor eine wegweisende Entscheidung gestellt. Mit großer Aufmerksamkeit werden wir verfolgen, ob der Parteispitze wieder ein Trick einfällt, um erneut eine glasklare Festlegung zu verhindern – und ob die Delegierten es wieder einmal mit sich machen lassen, so Hermann Zoller.
Eine kritische Anmerkung zur oben erwähnten Bedingung für das Volksaktienmodell kann ich mir nicht verkneifen. Dass es „prosperierende Aktienmärkte“ nicht immer gibt, konnte man schon am Absturz der Aktienkurse zwischen 2000 und 2003 beobachten. Viele Käufer der Volksaktie Telekom sind damals mit abgestürzt. (Siehe auch die Darstellung des Verlaufs der DAX-Werte in Ziffer 3) Auch deshalb hielt ich das Volksaktienmodell nicht nur taktisch für einen falschen Schachzug, sondern auch für sachlich problematisch. Aber ich freue mich natürlich darüber, dass Hermann Scheer wieder in die Reihen der Privatisierungskritiker zurückgekehrt ist und wünsche ihm im Vorstand der SPD und auf dem Programmparteitag der SPD zusammen mit Peter Conradi den großen Durchbruch. Der wäre im übrigen auch notwendig, um zu demonstrieren, dass man kein Lakai der Finanzindustrie ist, die großes Interesse an „neuem Futter“ für die Aktienmärkte hat. Siehe heutiger Eintrag: „Die herrschende Politik und die Finanzwirtschaft stecken unter einer Decke“.