Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- 1. Juncker-Administration blockierte Bemühungen gegen Steuergeschenke an große Unternehmen auf EU-Ebene
- Der Polizeieinsatz in Köln war verhältnismäßig
- Why don’t we stand with Turkey, like we did with Paris and Orlando?
- The Perils of Russophobia
- Gabriel legt Fokus auf Innere Sicherheit
- Die meisten Deutschen besitzen weniger als andere Europäer
- Das deutsche Job-Märchen erreicht historische Ausmaße
- Dreyer will ältere Hartz-IV-Empfänger schonen
- „Es gibt zu wenig Leute auf dem Arbeitsmarkt“
- „Wer faul ist, muss bestraft werden“
- Unerwartete Ausgaben überfordern: Jeder Dritte ist arm trotz Arbeit
- Weihnachtsgeschäft – Paketdienste suchen Personal
- Gesamtmetall will Abkehr vom Achtstundentag
- Vetternwirtschaft: Eine Politikerhand wäscht die andere
- Bundesregierung plant Ausnahmen für Flüchtlinge beim Mindestlohn
- Im Panoptikum des Datenkapitalismus
- Schwesig: Die Frauenquote wirkt
- Sigmar Gabriel scheint alternativlos
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Juncker-Administration blockierte Bemühungen gegen Steuergeschenke an große Unternehmen auf EU-Ebene
1998 verabschiedete die EU einen Verhaltenskodex zur Unternehmensbesteuerung, der verhindern sollte, dass sich die Mitgliedsländer des gemeinsamen europäischen Marktes mit immer niedrigeren Steuern gegeneinander ausspielen, wenn es darum geht, europaweit aktive Konzerne anzusiedeln. Über das Komitee, das die Anwendung dieses Verhaltenskodexes regeln sollte, war bislang recht wenig bekannt.
Das hat sich geändert, nachdem dem Guardian diplomatische Dokumente zugespielt wurden, die zeigen, dass einige Akteure in diesem Komitee beständig verhinderten, dass es seine Aufgabe zur Wahrung eines Steuerwettbewerbs in den angekündigten Fairnessbahnen effektiv wahrnimmt:
Durch Verhinderung, Verzögerung, Verwässerung und anscheinend absichtlich dysfunktionale Gestaltung.
So wurde beispielsweise nichts aus dem Vorhaben, den Umgang der Besteuerung multinationaler Konzerne gegenseitig in einem Peer-Review-Verfahren zu überprüfen, Cross-Border-Steuervermeidungsstrategien zu untersuchen oder sich gegenseitig über Steuerdeals zu informieren.
Die leitende Rolle bei dieser Blockade, von der die Öffentlichkeit nichts mitbekam, nahm regelmäßig der Zwergstaat Luxemburg ein, der Konzernen wie McDonald’s, Fiat und Amazon unter seinem damaligen Ministerpräsidenten und personalunierten Finanzminister Jean-Claude Juncker die Möglichkeit gab, teilweise mit weniger als einem Prozent Steuern davonzukommen.
Das luxemburgische Finanzministerium lehnt Stellungnahmen dazu heute mit dem Hinweis ab, dass man keine Kenntnisse über die Kommunikation vorheriger Luxemburger Regierungen in dieser Sache habe. Eine eingebrachte Regeländerung des Komitees, die auch nicht einstimmige Entscheidungen ermöglicht hätte, blockierte Luxemburg allerdings noch 2016 – also drei Jahre nach dem Regierungswechsel – mit der Begründung, dafür gäbe es keine Notwendigkeit.
Aus der EU-Kommission, der Juncker seit 2014 vorsteht, hieß es, für die Positionen einzelner Mitgliedsländern in den Gremien sei man nicht zuständig – weder für die Gegenwart noch für die Vergangenheit.
Quelle: Heise onlineDazu: Jean-Claude Juncker blocked EU curbs on tax avoidance, cables show
Leaked papers reveal that as Luxembourg’s PM, the European commission president obstructed the bloc’s tax reforms efforts.
The president of the European commission, Jean-Claude Juncker, spent years in his previous role as Luxembourg’s prime minister secretly blocking EU efforts to tackle tax avoidance by multinational corporations, leaked documents reveal.
Years’ worth of confidential German diplomatic cables provide a candid account of Luxembourg’s obstructive manoeuvres inside one of Brussels’ most secretive committees.
Quelle: The Guardienund: Juncker soll abtreten!
Der Europaabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlaments zu Geldwäsche, Steuerhinterziehung und -vermeidung (PANA), Fabio De Masi (DIE LINKE) kommentiert die Enthüllungen des Konsortiums investigativer Journalisten über die Rolle des EU-Kommissionspräsidenten und früheren Luxemburger Premiers und Finanzministers Jean-Claude Juncker in der Code of Conduct Group zur Unternehmensbesteuerung. Die Enthüllungen des Konsortiums basieren auf Dokumenten, die De Masi gemeinsam mit dem Grünen Europaabgeordneten Sven Giegold ausgewertet hat.
“Juncker sollte den Jahreswechsel für gute Vorsätze nutzen und Europa einen Dienst erweisen: Er muss abtreten.”
De Masi weiter: “Die ‘Juncker-Leaks’ beweisen nun erneut, dass der EU-Kommissionspräsident Fortschritte beim Kampf gegen Steuertricks der Konzerne in der EU sabotierte. Juncker ist daher nicht Teil der Lösung, sondern des Problems. Es ist nicht überzeugend, dass Millionen Europäerinnen und Europäer unter der Kürzungspolitik sowie der sozialen Spaltung ächzen und der Steuerkartell-Pate der Konzerne die EU aus der Krise führen soll. Die Staatshaushalte der EU-Staaten verlieren jährlich hunderte Milliarden Euro durch Steuertricks der Konzerne, die nicht erst seit der Flüchtlingskrise dringend für öffentliche Investitionen benötigt werden.”
De Masi abschließend: “Die Linksfraktion wird eine Plenardebatte zu den ‚Juncker-Leaks‘ beantragen. Wir haben den anderen Fraktionen bereits die Vorladung Junckers vor den PANA-Untersuchungsausschuss vorgeschlagen. Die EU-Kommission muss sich vom Schatten Junckers befreien. Der Elchtest hierfür ist brutale Transparenz bei der länderspezifischen Berichterstattung von Konzernen sowie eine Reform der Körperschaftsbesteuerung (CCCTB), die aggressiven Steuerwettbewerb einschränkt statt die effektive Besteuerung von Konzernen weiter zu verringern.”
Hintergrund: De Masi hatte Juncker bereits zur Veröffentlichung einer Seite des Krecké Reports zur Luxemburger Praxis bei Steuervorbescheiden gezwungen und ihn unrichtiger Angaben vor dem Europäischen Parlament überführt. Darüber hinaus hat er die EU-Kommission vor dem Gericht der Europäischen Union verklagt, um die Veröffentlichung von Protokollen aus der bei den ‚Juncker-Leaks‘ einschlägigen Code of Conduct Group zur Unternehmensbesteuerung zu zwingen.
Quelle: Fabio de MasiAnmerkung JK: Es ist bezeichnend für den Zustand der EU, wenn eine korrupte Figur wie Juncker deren oberster Repräsentant ist.
- Der Polizeieinsatz in Köln war verhältnismäßig
[…] Die Kritik am Einsatz der Polizei in der letzten Silvesternacht erhebt den Vorwurf der beabsichtigten Diskriminierung. Der Polizeieinsatz sei unverhältnismäßig gewesen, er habe nordafrikanische Männer zu Hunderten rassistisch behandelt. Das ist falsch. Der Polizeieinsatz an Silvester in Köln war verhältnismäßig, die Debatte darüber ist es allerdings nicht. Es ist eine Debatte am falschen Ort zur falschen Zeit und zum falschen Anlass. Wann je sollen intensive Kontrollen notwendig sein, wenn nicht hier und aus diesem Anlass, ein Jahr nach den Ausschreitungen auf der Domplatte?
Es ist in Köln gerade nicht ohne Sinn, Verstand und Verdacht kontrolliert worden – die Kontrollen galten der Durchsetzung des Böller- und Knallkörperverbots, sie galten der Verhinderung von Massen-Situationen, aus denen heraus im vergangenen Jahr Gewalttaten verübt wurden. Wer diese Gewalttaten freilich nun zur “Leitkultur nordafrikanischer Prägung” erklärt, wie dies ein kommentierender Kollege getan hat, sollte sich fragen, ob er sich wirklich auf diese Weise an die Volksverhetzung heranwanzen will.
Quelle: Heribert Prantl in der Süddeutschen ZeitungAnmerkung Jens Berger: Der zitierte Kollege ist übrigens Jasper von Altenbockum von der FAZ dessen Gerede von einer „Leitkultur nordafrikanischer Prägung“ tatsächlich so auch auf Wahlplakaten der NPD stehen könnte. Da trifft sein Kollege Frank Lübbering den Ton schon wesentlich besser …
Kritik an Kölner Polizei – Substanzlose Polemik
Wer der richtig und entschlossen handelnden Kölner Polizei Rassismus vorwirft, setzt die Handlungsfähigkeit des Staates aufs Spiel. Und das wegen ein paar haltloser Tweets. […]
Wie diese Debatte ihre eigene Wirklichkeit erzeugt, und damit zugleich die Politik beeinflusst, ist jetzt zu erleben. Erstaunlicherweise wollten sich abermals hunderte junge Männer aus Nordafrika zu Silvester am Kölner Hauptbahnhof versammeln. Es waren somit Angehörige der gleichen Gruppe, die für die Straftaten im vergangenen Jahr verantwortlich war. Im Rahmen der Gefahrenabwehr handelte die Polizei konsequent: Sie kesselte diese Gruppe ein, überprüfte Identitäten, sprach Platzverweise aus.
Dieselben Leute, die vor einem Jahr noch nicht einmal über die Tätergruppe am Kölner Hauptbahnhof diskutieren wollten, sehen das jetzt anders. Schnell wird in den sozialen Netzwerken der Vorwurf des „racial profiling“ formuliert: Die Polizei habe die Nordafrikaner rassistisch diskriminiert. So mutiert das ursprünglich analytische „racial profiling“ zum politischen Kampfbegriff. Welche Gruppe sollte die Polizei an Silvester sonst in den Blick nehmen als die, die vor einem Jahr für die Straftaten verantwortlich gewesen war?
Quelle: FAZ - Why don’t we stand with Turkey, like we did with Paris and Orlando?
We are conditioned to feel content with a tepid reaction from our political leaders to atrocities in Turkey and the Middle East
Night was coming on as I arrived in Heathrow airport on Tuesday. In a waiting lounge at the airport’s central bus station, the urgent and meretricious tones of the television news could be heard. A gang of homicidal thugs had massacred 41 innocent people and injured 239 at Turkey’s Ataturk airport.
But then, right there, the media fanfare stopped. Unlike the recent attack in Orlando, or the terrorist assault on the streets of Paris last November, terrorism in Turkey isn’t deemed worthy of a week-long investigation.
British Prime Minister David Cameron hoisted the Belgian flag above Downing Street following the Brussels attacks earlier this year, but we won’t see the same treatment for Turkey. So far, solidarity is yet to exceed hackneyed diplo-speak and statements of the obvious; Cameron described the attack as “hideous”, as if anyone needed telling.
Why do we feel content with such a tepid reaction? After all, we would be expecting much more from our political leaders if it were in Europe or the US.
Quelle: The Independentpassend dazu ein NachDenkSeiten-Artikel vom 16. Juni 2016: Je suis heuchlerisch … warum zählen für uns nur „unsere“ Toten?
- The Perils of Russophobia
We are besieged, readers. As the archives of this magazine make perfectly plain, the spasm of Russophobia now threatening to overcome us is but a variant of the anti-Soviet paranoia that defined the 1950s and early 1960s. “We’re in the most dangerous confrontation with Russia since the Cuban missile crisis,” Stephen Cohen, the noted Russianist (and Nation contributor), said on Amy Goodman’s Democracy Now! earlier this month. This is just the point—the reality we must now consider with utmost seriousness.
The ever-greater risk of open conflict between nuclear powers that Cohen referred to is the most evident danger confronting us, but there are others requiring attention-paying people to bolt upright. Senator John McCain, oozing that faux-gravitas he likes to affect, asserts that anyone objecting to the anti-Russian orthodoxy is “lying,” and he wants a select committee to open hearings to investigate the CIA’s recent conclusion that Russia tampered with the US elections last month. The corporate press, from the government-supervised New York Times on over, now hastens to obscure the same shameful collaboration with power that it displayed in the Cold War’s depths. On a shocking website called PropOrNot.com, Salem witch-hunters who refuse to identify themselves list hundreds of media that they assert are manipulated by the Kremlin.
Read these, too, as danger signs. Anyone too young to remember the House Un-American Activities Committee and Red Channels and all the destruction they wrought ought to study up: We are a few short steps away from both. Russia is not destroying (what remains of) American democracy. “Patriotic Americans” are.
It is essential, as I suggest, to understand our moment in historical context. Then each of us must decide, just as those called before the HUAC had to: Do I acquiesce or participate in this freakish exercise in crowd control and fear-mongering, or do I repudiate a propaganda campaign as irrational and morally wrong as any concocted during the McCarthy years? At last the question confronts us, and it is especially acute this time for those self-described as progressives: Is one a descendant of that muddled, gutless lot known as Cold War liberals, or does one insist on clear sight and principle even in the face of the ideological blasts our corporate media deliver daily?
Quelle: The Nation - Gabriel legt Fokus auf Innere Sicherheit
Ein Dreivierteljahr vor der Bundestagswahl entdeckt Sigmar Gabriel ein “ursozialdemokratisches” Thema wieder: die Innere Sicherheit. In einem Papier spricht sich der SPD-Chef unter anderem für mehr Videoüberwachung aus – und grenzt sich zugleich von der Union ab.
SPD-Chef Sigmar Gabriel ist offensichtlich bereit, Forderungen nach mehr Videoüberwachung und nach Abschiebehaft für ausreisepflichtige sogenannte Gefährder mitzutragen. Das geht einem Bericht der ARD zufolge aus einem Papier Gabriels zum Thema Innere Sicherheit hervor. Darin grenzt sich der SPD-Chef demnach aber auch von einigen Forderungen der CDU/CSU ab und wendet sich gegen “Scheinlösungen”.
In dem Papier mit dem Titel “Zeit für mehr Sicherheit in Zeiten wachsender Unsicherheit” reklamiert Gabriel den Bereich laut ARD als “ursozialdemokratisches Thema” für seine Partei, denn “innere Sicherheit” und “soziale Sicherheit” hingen miteinander zusammen. “Nur sehr reiche Menschen können sich einen schwachen Staat leisten”, argumentiert demnach der SPD-Chef. Zugleich warne er den linken Flügel seiner Partei davor, Gesetzesverschärfungen aus rein ideologischen Gründen zu blockieren.
Offen zeigt sich Gabriel in dem Papier für eine Ausweitung der Videoüberwachung öffentlicher Räume oder für eine stärkere Nutzung elektronischer Fußfesseln zur Überwachung verurteilter Straftäter. Er wende sich jedoch erneut gegen die Unionsforderung nach Transitzonen, in denen Asylbewerber an den Grenzen zunächst festgehalten würden.
Kampfansage an radikale Islamisten
Gabriel wirft der Union laut ARD außerdem vor, sich in ihren Konzepten einseitig auf Gesetzesverschärfungen zu konzentrieren. Dagegen wolle die SPD in der Sicherheitsdebatte auch die Prävention stärker betonen. So plädiert Gabriel demnach dafür, islamistischen Terror nicht nur mit Polizei und Nachrichtendiensten zu bekämpfen, sondern auch kulturell.
Quelle: n-tvAnmerkung JK: Das versteht vermutlich nur Gabriel selbst, weshalb mehr Überwachung der Bürger ein “ursozialdemokratisches” Thema sein soll? Innere und soziale Sicherheit sind bestenfalls negativ korreliert, wenn die soziale Sicherheit abnimmt, wenn die sozialen Unterschiede sich verschärfen, dann hat das durchaus auch Auswirkungen auf die innere Sicherheit. Meint Gabriel das? Dann kann er sich gleich an die eigene sozialdemokratische Nase fassen. Zur zunehmenden sozialen Polarisierung mit allen ihren negativen Folgen hat die SPD mit der Agenda 2010 und Hartz-IV entscheidend mit beigetragen.
- Die meisten Deutschen besitzen weniger als andere Europäer
Nirgendwo in der Euro-Zone verteilt sich der Wohlstand so ungleich wie in Deutschland. Das könnte noch scharfe Kontroversen auslösen.
Die meisten Bundesbürger besitzen deutlich weniger als andere Europäer. Das geht aus einer Studie der europäischen Zentralbank (EZB) hervor. Danach sammelt der mittlere deutsche Haushalt ein Nettovermögen von 60 000 Euro an, die Bürger im Schnitt von 18 Euro-Staaten dagegen mehr als 100 000 Euro. Weil das mittlere Vermögen unter anderem in allen Euro-Krisenstaaten höher ausfällt als in Deutschland, könnten die Ergebnisse vor der Bundestagswahl 2017 scharfe Kontroversen auslösen.
Die Daten bestätigen die Tendenz einer EZB-Studie von 2013. Somit ist die Bundesrepublik zwar seit Langem Europas wirtschaftlicher Motor. Bei einem Großteil der Bevölkerung kommt davon aber wenig an. Die Hälfte der deutschen Haushalte besitzt nach Abzug von Schulden null bis höchstens 60 000 Euro. In den Euro-Krisenstaaten Zypern und Italien, das gerade wegen Bankenproblemen im Fokus steht, liegt das mittlere Vermögen bei 170 000 beziehungsweise knapp 150 000 Euro. Franzosen kommen auf knapp doppelt so viel wie die Deutschen. Selbst Portugal und Griechenland weisen einen höheren Wert auf als die Bundesrepublik.
Das mittlere Vermögen bezeichnet den Betrag, bei dem genau die Hälfte der Haushalte eines Landes mehr besitzt und die andere Hälfte weniger. Statistiker halten diesen Wert für genauer als Durchschnitte, weil es den Durchschnitt nach oben treibt, wenn ein Land sehr viele Reiche hat. In der Bundesrepublik klafft das Vermögen von Armen und Reichen nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung so stark auseinander wie nirgends sonst in der Euro-Zone. Es gibt viele Firmen in Familienbesitz. Die reichsten zehn Prozent der Deutschen vereinen mehr als 60 Prozent des ganzen Vermögens auf sich. Betrachtet man bei der EZB-Studie die Durchschnitte, fällt die Bilanz der Deutschen besser aus. Sie liegen dennoch hinter Italienern, Franzosen, Spaniern und vielen kleinen Nationen.
Quelle: SZAnmerkung JK: Das operieren mit dem mittleren Vermögen gibt die realen Besitzverhältnisse verzerrt wieder und sagt nichts über die Vermögensverteilung aus. Wer in den genannten Ländern wirklich über die angegebenen Vermögen verfügt dürfte bereits zur oberen Mittelschicht gehören. Ein Indikator, dass in Deutschland die neoliberale Politik besonders erfolgreich umgesetzt wurde sind die Zahlen dennoch. Wie sagte Gerhard Schröder (SPD) auf dem Weltwirtschaftsforum 2005 in Davos: „ … wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt.“
Anmerkung Jens Berger: Es ist immer wieder das gleiche Ärgernis. Die EZB weist in ihrer PHF-Studie ganz explizit darauf hin, dass die Daten nicht dafür gedacht sind, Vermögenswerte unterschiedlicher Nationen zu vergleichen und für diesen Zweck auch gar nicht geeignet sind. Hauptgrund dafür sind vor allem die komplett unterschiedlichen Bewertungsmethoden. So gehen beispielsweise Immobilien aus Südeuropa generell mit Werten in die Statistik ein, die unrealistisch hoch sind und weit über den erzielbaren Marktwerten liegen, während deutsche Immobilien zu niedrig bewertet sind. Ein zweiter Punkt ist die Struktur der Sozialsysteme. Hier haben wir dann das Paradoxon, dass gute Umverteilungssysteme die Menschen rein rechnerisch ärmer machen als private Vorsorgesysteme, da Ansprüche an Systeme wie die gesetzliche Rente in solche Statistiken nicht eingehen, Ansprüche an private Versicherungen aber schon.
Dazu (bereits aus dem Jahre 2013, aber exakt zum SZ-Artikel passend) von den NachDenkSeiten: Arme Deutsche? Wie eine Statistik zur Meinungsmache verbogen wird
- Das deutsche Job-Märchen erreicht historische Ausmaße
Deutschlands Arbeitnehmer haben gute Chancen, 2017 zu ihrem Jahr zu machen. Der Boom am Jobmarkt geht in sein zweites Jahrzehnt, und immer mehr Branchen macht der Kräftemangel zu schaffen.
Eine Studie der Beratungsgesellschaft EY, die der „Welt“ exklusiv vorliegt, zeigt nun, in welch positivem Umfeld sich Arbeitnehmer in Deutschland 2017 bewegen. Laut EY – auch als Ernst & Young bekannt – ist im neuen Jahr ein Beschäftigungsrekord in Sicht. Noch nie in der Geschichte gab es in Deutschland für so viele Menschen Arbeit. […]
Die günstige Entwicklung in der Bundesrepublik ist aus Sicht von EY nicht auf einen einzigen Faktor wie zum Beispiel die Hartz-IV-Reformen zurückzuführen. Ein Grund ist zum Beispiel der Erfolg unserer Konzerne auf den Weltmärkten. „Die deutschen Unternehmen haben in den vergangenen Jahren kräftig von der Nachfrage auf ausländischen Märkten profitiert – steigende Exporte sorgen für eine hohe Auslastung und sichern somit Arbeitsplätze in Deutschland“, lobt Lorentz.
Inzwischen ist jedoch die positive Jobentwicklung selbst zu einem Wirtschaftsfaktor geworden, der wiederum den Arbeitsmarkt antreibt: Die sehr positive Beschäftigungslage wird zu einem wichtigen Treiber der Konjunktur. „Die gute Arbeitsmarktlage, steigende Löhne und die niedrige Inflation sorgen für ein positives Konsumklima – und tragen so kräftig zur guten Konjunkturentwicklung in Deutschland bei“, heißt es in der EY-Studie, die der „Welt“ vorliegt.
Doch nicht alles in Deutschland ist rosig. Der Mangel an jungen, gut ausgebildeten Menschen fordert seinen Tribut.
Quelle: WELTAnmerkung unseres Lesers J.A.: Geniale Satire, ….. Denn Arbeit mag da sein, aber die ordentliche Entlohnung dafür fehlt (fast 25% im Niedriglohnbereich usw.). Auch die Propaganda vom Fachkräftemangel (bei realistisch 5 Millionen Arbeitslosen) wird geschickt desavouiert: die genannte Lohnsteigerung von 2,3 Prozent im Jahr 2015, klar unterhalb der Summe von Zielinflationsrate der EZB und Produktivitätssteigerung und weit unterhalb des kumulierten Lohnrückstands der letzten 20 Jahre (etwa 20 Prozent), ist natürlich typisch für die schwache Verhandlungsposition der Arbeitnehmer in einer Quasi-Rezession. “Der Mangel an jungen, gut ausgebildeten Menschen fordert seinen Tribut.” – eine schöne Parodie auf das Arbeitgeber-Gejammere, die den “jungen, gut ausgebildeten Menschen” nur noch unterbezahlte, zeitlich befristete Jobs geben. Noch ein sarkastischer Scherz: Deutschland, das die eigene Nachfrage ruiniert hat und fast nur von der Verschuldung und der Nachfrage des Auslands lebt, also eine Konjunkturbremse sondergleichen, wird als “Konjunkturlokomotive” bezeichnet… Hmm… bizarrerweise meint der Autor sein Geschreibsel ernst…
Anmerkung JK: Obigen Artikel kann man in der Tat nur als Satire betrachten. „Während viele Europäer damit ringen, überhaupt eine Stelle zu finden, ….“ Schon einmal darüber nachgedacht warum das so ist? Deutschlands Exportboom ist nichts anderes als der Export von Arbeitslosigkeit.
- Dreyer will ältere Hartz-IV-Empfänger schonen
Im Alter arbeitslos zu werden und plötzlich vor dem finanziellen Nichts zu stehen: Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) will das künftig verhindern. Sie fordert eine Korrektur der Hartz-IV-Gesetzgebung zugunsten älterer Menschen. Das Schonvermögen für Hartz-IV-Empfänger müsse in Zukunft stärker an die Lebensarbeitszeit gekoppelt werden, sagte sie dem Tagesspiegel.
Viele Menschen hätten Angst, “vor dem finanziellen Absturz zu stehen, obwohl man ein Leben lang in die sozialen Sicherungssysteme eingezahlt hat”, sagte Dreyer. Man dürfte deshalb Menschen, die 30 Jahre lang für ihr Erspartes gearbeitet hätten, nicht mit 20-Jährigen gleichstellen, die noch am Anfang ihres Berufslebens stünden.
Quelle: SZAnmerkung JK: „Es sei klar, dass viele Menschen den Verlust ihrer Ersparnisse als Abstieg und Bedrohung sähen, so die Ministerpräsidentin.“ Ach ja, ist das so? Kommt die SPD auch langsam darauf. Aber leider ist die Überlegung von Dreyer viel zu kurz gegriffen. Das repressive Hartz-IV System muss abgeschafft werden.
- „Es gibt zu wenig Leute auf dem Arbeitsmarkt“
Der hessische Arbeitsmarkt zeigt sich in Topform, sagt Frank Martin, der Leiter der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit: 2017 wird die Arbeitslosigkeit wohl weiter sinken.
Wagen Sie eine Prognose: Wie wird es im nächsten Jahr auf dem hessischen Arbeitsmarkt aussehen?
Wir gehen davon aus, dass die Arbeitslosigkeit in Hessen im nächsten Jahr signifikant fällt. […]
Die Digitalisierung wird vor allem in der Produktion weiter für Veränderungen sorgen. Aber es ist ein Irrtum anzunehmen, dass vor allem ungelernte Kräfte in Gefahr seien. Dem ist nicht so.
Können Sie das erläutern?
Wenn Sie die Mitarbeiter einteilen in vier Gruppen – die ungelernten Helfer, die Fachkräfte, die Experten und das Management – dann werden die beiden unteren Gruppen am ehesten von der Digitalisierung erfasst. Es ist sogar denkbar, dass die Fachkräfte noch mehr betroffen sein könnten als die Helfer. So kommt die Untersuchung des IAB zu dem Schluss, dass bei den Helfern langfristig 43 Prozent der Mitarbeiter im Zuge der Digitalisierung ersetzt werden könnten, bei den Fachkräften sogar 45 Prozent. Es ist also definitiv nicht so, dass nur die ungelernten Helfer davon tangiert werden können. Es werden gerade auch Fachkräfte betroffen sein. […]
Und trotzdem sind die Chancen auch für qualifizierte Leute jenseits der 50, die ihre Arbeit verloren haben, fast gleich null. So weit ist es mit dem Fachkräftebedarf dann wohl doch nicht her?
Es gibt nach wie vor Personengruppen, Ältere und Schwerbehinderte, die profitieren im Moment von der Situation nicht oder nur sehr gering. Trotz hoher Qualifikation, Weiterbildung und dergleichen. Die Not ist noch nicht so groß, dass Unternehmen auf alle Möglichkeiten der Rekrutierung zurückgreifen. Es gibt noch zu viele Ausweichoptionen.
Eine andere Gruppe mit Problemen am Arbeitsmarkt sind Frauen, die ihre Teilzeit wieder aufstocken wollen, warum?
Man muss genau hinschauen: Untersuchungen zeigen, dass teilzeitbeschäftigte Frauen, die erhöhen wollen, im Schnitt gerne von 19 auf 32 Stunden erhöhen möchten, aber nicht auf Vollzeit. Und ich gehe davon aus, dass das gerade für kleine Unternehmen nicht einfach oder unmöglich ist, solche Teilzeitwünsche in die Tat umzusetzen. Das ist die einzige Erklärung, die ich erkenne.
Quelle: FAZAnmerkung unseres Lesers J.A.: Werden solche Interviews eigentlich nicht mehr gegengelesen? Am Anfang des Artikels wird ein Arbeitskräftemangel behauptet, am Ende des Artikels festgestellt, daß Arbeitslose über 50 praktisch keine Chance mehr haben, und es heißt: ” Die Not ist noch nicht so groß, dass Unternehmen auf alle Möglichkeiten der Rekrutierung zurückgreifen. Es gibt noch zu viele Ausweichoptionen.” Zwischendurch wird noch darauf hingewiesen, daß über 40 Prozent der Fachkräfte durch die Digitialisierung der Produktion ihren Job verlieren können. Mit anderen Worten, die Arbeitslosigkeit ist hoch und wird eher steigen, aber der Leiter der hessischen Agentur für Arbeit schwafelt vom Arbeitskräftemangel…
Anmerkung JK: Zu ergänzen wäre noch, wie das mit der Rente mit 67 funktionieren soll, wenn hier klar zugegeben wird, dass „auch für qualifizierte Leute jenseits der 50“ bei Arbeitslosigkeit faktische keine Chancen mehr auf dem Arbeitsmarkt bestehen?
- „Wer faul ist, muss bestraft werden“
Müßiggänger gesellschaftlich zu ächten, hat eine lange Tradition. Der Mensch soll Abscheu vor staatlicher Hilfe entwickeln. Heute mehr denn je.
taz: Herr Wulf, neue Strafmaßnahmen gegen ALG-II-EmpfängerInnen stehen immer wieder zur Debatte: Erzwingungshaft, Bußgelder, Sanktionen. Sind die widerspenstigen Arbeitslosen die Faulen unserer Zeit?
Hans-Albert Wulf: Ja, zumindest nach dem Verständnis derer, die sie maßregeln. 2001 hat Gerhard Schröder sein berühmtes Interview gegeben: „Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft.“ Das war einige Jahre vor der Agenda 2010 und der Einführung von Hartz IV. Seither haben diese negativen Bilder vom Faulen und Faulenzer einen festen Platz in der Gesellschaft.
Wir kennen die faulen Arbeitslosen aus dem Fernsehen, wo sie dick und dumm auf der Couch fläzen, oder aus der Bild-Zeitung, in der „Florida-Rolf“ oder „Karibik-Klaus“ zum Inventar gehören. Wozu diese Bilder?
Sie dienen der Abschreckung. Aber die Botschaft geht weniger an die Hartz-IV-Empfänger als an jene, die arbeiten. Im 16. Jahrhundert waren Teufelsbücher sehr populär, in ihnen gab es Faulteufel. Und der war der Mensch selbst. Vom Faulteufel zu „Florida-Rolf“ gibt es eine direkte Linie. Er ist eine Warnung. So ähnlich wie das neue Arbeitslosengeld.
Wegen der vielen Strafmaßnahmen?
Es geht immer auch um Demütigung. Wer faul ist, der muss eben bestraft werden. Verblüffend ist die historische Kontinuität. In meinem Buch zitiere ich eine Vorschrift von 1772: „Die Notdürftigen, die der Staat unterhält, müssen ein schlechteres und beschwerlicheres Leben führen als der große Tagelöhner-Haufen, der, der nicht bedürftig ist. Denn sonst würde sich niemand scheuen, bald oder spät dem Staat zur Last zu fallen.“ Der notleidende Mensch soll Abscheu vor staatlicher Hilfe entwickeln. Das ist sehr aktuell.
Quelle: taz - Unerwartete Ausgaben überfordern: Jeder Dritte ist arm trotz Arbeit
Arbeit macht nicht reich. Das wissen vor allem diejenigen, bei denen das Geld aus einer Erwerbstätigkeit kaum für die alltäglichen Dinge ausreicht. Bei jedem dritten Beschäftigten dürfen keine unerwartete Ausgaben dazwischenkommen.
Trotz Arbeitsstelle reicht das Geld für viele Beschäftigte kaum aus: Rund 10,6 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland fehlt das Geld für unerwartete Ausgaben in Höhe von tausend Euro. Dies geht aus einer Statistik zur sogenannten materiellen Entbehrung des Statistischen Bundesamts vor, die die Linksfraktion im Bundestag ausgewertet hat und über welche die Dortmunder “Ruhr Nachrichten” berichteten. Die 10,6 Millionen Betroffenen entsprächen knapp 30 Prozent aller Erwerbstätigen, heißt es in dem Bericht. 5,7 Millionen von ihnen könnten es sich nicht leisten, mindestens ein Mal im Jahr eine Woche Urlaub außerhalb der eigenen vier Wände zu machen. Dies ist ein Anteil von 15,5 Prozent aller Beschäftigten.
Quelle: n-tv - Weihnachtsgeschäft – Paketdienste suchen Personal
Post & Co. experimentieren fleißig mit Drohnen. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Im aktuellen Weihnachtsgeschäft gehen der Branche die Zusteller aus.
Bei den deutschen Lieferdiensten mangelt es vor allem im Weihnachtsgeschäft zunehmend an Personal für die Zustellung. In den kommenden Jahren könnten der Branche Tausende Arbeitnehmer fehlen, um den stetig wachsenden Paketstrom bewältigen zu können, sagte Martin Frommhold, Sprecher von Hermes Europe. „Der Arbeitsmarkt ist ziemlich abgegrast. Wenn sich jemand aussuchen kann, ob er für knapp 9 Euro Pakete ausfährt, oder für ein Sicherheitsunternehmen nachts ein Kaufhaus bewacht, dem fällt die Wahl nicht schwer.“
Besser Bezahlung nötig
„In der Branche herrscht jetzt zum Weihnachtsgeschäft in ganz Deutschland ein Riesenpersonalmangel“, sagt auch der Sekretär für den Bereich Post und Logistik bei der Gewerkschaft Verdi Niedersachsen/Bremen, Thomas Warner. „Selbst die Zeitarbeit-Firmen haben kaum noch Leute, um den Bedarf zu decken.“ Für viele Werkvertragsarbeiter bedeute das häufig einen Zehn-Stunden-Tag bei sechs Tagen die Woche.
Eine Strategie gibt es laut Hermes-Sprecher Frommhold nicht. „Auf lange Sicht bräuchte es wohl eine bessere Bezahlung.“ Das sei jedoch angesichts der niedrigen Preise in der Branche kaum möglich.
Quelle: FAZAnmerkung unseres Lesers J.A.: Was ist hier eigentlich am unglaublichsten und dreistesten: den Angestellten für diese harte Arbeit (“häufig […] Zehn-Stunden-Tag bei sechs Tagen die Woche”) nur 9 Euro pro Stunde zu zahlen und nicht darauf hinzuweisen, daß der Lohn die Existenz nicht sichert; angesicht dieses Dumpinglohns einen Personalmangel zu konstatieren (gemeint ist: ein Mangel an Sklaven), oder erst ganz am Schluß zaghaft “eine bessere Bezahlung” ins Auge zu fassen und die Idee sofort wegzudiskutieren?? Richtig hieße die Überschrift, “Paketdienste suchen billigstes Personal”. Die marktwirtschaftliche Lösung für dieses Pseudoproblem ist offensichtlich: für einen Stundenlohn von 15 Euro stünden die Bewerber Schlange. Jammern in der arbeitgeberfreundlichen FAZ ist natürlich billiger.
- Gesamtmetall will Abkehr vom Achtstundentag
Die Metall-Arbeitgeber wollen eine Experimentierphase nutzen, die Arbeitsministerin Nahles vorschlägt. Der Achtstundentag müsse verlängert werden können, die Wochenarbeitszeit in einer bestimmten Lebensphase auch.
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall spricht sich für eine Abkehr vom Achtstundentag aus. “Wir müssen das flexibilisieren. Der Achtstundentag kann nicht mehr so starr sein wie bisher”, sagte Verbandspräsident Rainer Dulger der dpa in Berlin. “Es muss einfach möglich sein, dass ein Mitarbeiter nachmittags um vier heimgeht, das Kind aus der Kita abholt, abends um 21 Uhr ins Bett bringt und sich dann noch mal zwei Stunden an die Arbeit setzt.”
Quelle: Heise OnlineAnmerkung JK: Nein, das muss nicht möglich sein! Die völlige zeitliche und örtliche Entgrenzung der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft ist der Wunsch der ökonomischen Eliten. Auch wenn es heute durch Computerisierung und Digitalisierung in vielen Bereichen in der Tat nur noch wenige räumliche und zeitliche Schranken der Arbeit gibt, ist und bleibt der Achtstundentag eine der ältesten Forderungen der Arbeiterbewegung, die dem Kapital in langen Kämpfen abgetrotzt wurde. Man sollte sich nicht davon täuschen lassen, wenn die prekären Arbeitsverhältnisse von Freelancern und Cloudworkern als neues, vermeintlich mehr Freiheiten versprechendes, Arbeitsmodell verkauft werden. Wie kann es zu dem sein, dass fast jeder Dritte Arbeitnehmer in Teilzeit, befristet oder in einem Minijob beschäftigt ist, auf der anderen Seite aber die massive Ausweitung der Arbeitszeit gefordert wird?
- Vetternwirtschaft: Eine Politikerhand wäscht die andere
Manchmal sind Beamte so gut wie gezwungen, gegen das Recht zu verstoßen. Zum Beispiel, wenn ihre vorgesetzten Minister und Staatssekretäre ein Projekt gegen alle Vorschriften durchsetzen wollen. So war es im Jahr 2012 im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter FDP-Minister Dirk Niebel. Es ist eine Geschichte, die zeigt, wie Vetternwirtschaft in Ministerien möglich ist.
Mit der sogenannten Afrika-Initiative wollte Niebel den Dialog Deutschlands mit Afrika fördern und ein differenziertes Bild des südlichen Kontinents vermitteln. Die Kontakte der Zivilgesellschaft und Wirtschaft auf beiden Kontinenten sollten gestärkt werden, so das offizielle Ziel. Doch gefördert wurden dabei vor allem auch Personen, die Niebel und seinem Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz (FDP) nahestanden. Interne Akten des Ministeriums, die der FR vorliegen, belegen rechtswidrige Zahlungen an eine Stiftung und Unregelmäßigkeiten bei einer wichtigen Stellenbesetzung.
Den Auftrag für die Umsetzung der Afrika-Initiative erhielt eine bis dahin in der Entwicklungshilfe unbekannte Organisation: die Stiftung Partnerschaft mit Afrika aus Potsdam. Sie hatte nicht nur wenig Erfahrung mit Entwicklungshilfeprojekten, sondern auch nur eine Handvoll Mitarbeiter. Deshalb meldeten die Beamten des Ministeriums früh Zweifel. In einem Vermerk im August 2012 hielten sie fest, dass die Stiftung „nicht über eigene Verwaltungsstrukturen verfügt“. Das Fazit: Die Stiftung könne das Programm nicht als Träger selbstständig umsetzen. Doch die politische Spitze hatte sich bereits auf die Stiftung festgelegt. Kein Wunder also, dass diese schon einen Monat später rund 893 019 Euro bewilligt bekam.
Quelle: FR - Bundesregierung plant Ausnahmen für Flüchtlinge beim Mindestlohn
Für Flüchtlinge und Zuwanderer, die sich für die Anerkennung ihres ausländisches Berufsabschlusses in Deutschland nachqualifizieren, soll in dieser Zeit kein Mindestlohn gelten. Dies geht aus einem gemeinsamen Papier des Bundesarbeits-, Bundesfinanz- und Bundesbildungsministeriums hervor, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
Müsse ein Geflüchteter mit einem Ausbildungsberuf noch praktische Kenntnisse in einem Betrieb erwerben, damit sein ausländischer Abschluss als gleichwertig gilt, sei dies wie ein Pflichtpraktikum zu werten. Dies “fällt damit nicht unter die Mindestlohnpflicht. In diesen Fällen kann eine Ausbildungsvergütung gezahlt werden”, heißt es in dem Papier. Diese Auslegung der Bundesregierung dürfte die Diskussion um Ausnahmen für Flüchtlinge beim Mindestlohn neu anheizen. Dieser wurde Anfang 2017 von 8,50 auf 8,84 Euro die Stunde erhöht.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist gegen Sonderregeln für Flüchtlinge. Die BDA hat aber stets dafür plädiert, Einheimische genauso wie Zuwanderer in Ausnahmefällen vom Mindestlohn auszunehmen, zum Beispiel bei längeren Praktika, die notwendig sind, um fit für eine Ausbildung zu sein.
Quelle: SZAnmerkung JK: Hier gilt es wieder einmal zu erwähnen, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von Andrea Nahles (SPD) geleitet wird.
Dazu: Wagenknecht – Ausnahmen vom Mindestlohn schüren Fremdenfeindlichkeit
Oppositionspolitiker und Gewerkschafter kritisieren die Auslegung der Bundesregierung zum Mindestlohn bei Flüchtlingen und Zuwanderern. Diese müssen demnach keinen Mindestlohn bekommen, wenn sie für die Anerkennung ihres Berufsabschlusses noch Praxiserfahrung oder andere Qualifikationen brauchen.
Hier gehe es nicht um eine Ausnahme vom Mindestlohngesetz, sondern darum, Menschen bestmöglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sagte ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums. Es sei ein neues Phänomen, „dass viele Menschen zu uns kommen“ mit einer im Herkunftsland erworbenen Berufsausbildung. Ihnen fehlten zum Teil Fähigkeiten für die Anerkennung eines Abschlusses, etwa Praxiserfahrung. Die Zeit, in der sie dies nachholen, sei „mindestlohnfrei“ zu stellen. Es sei nie umstritten gewesen, dass Ausbildungsgänge mindestlohnfrei seien, fuhr der Sprecher fort. Insofern werde es auch keine Änderungen am Mindestlohngesetz geben, sondern „Klarstellungen“.
Angaben, wie viele Flüchtlinge und Zuwanderer betroffen sind, kann die Regierung laut dem Ministeriumssprecher nicht machen. Die Grünen-Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik, Brigitte Pothmer, kündigte eine juristische Überprüfung dazu an, ob die „Interpretationen“ der Bundesregierung tatsächlich vom Mindestlohngesetz gedeckt seien. Sonderauslegungen des Mindestlohngesetzes für Zuwanderer und Geflüchtete dürfe es nicht geben, erklärte sie.
Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, sagte unserer Redaktion: „Wer Unternehmen dazu einlädt, Flüchtlinge für Lohndumping zu missbrauchen und so gegen die hiesigen Arbeitnehmer auszuspielen, schürt auf unverantwortliche Weise Ressentiments und Fremdenfeindlichkeit.“
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung - Im Panoptikum des Datenkapitalismus
Würden alle Bundesbürger täglich beim Nachhause kommen ihren Briefkasten aufgebrochen, die Post geöffnet, in die Wohnung eingebrochen und alle Sachen durchwühlt vorfinden, es gäbe sofort einen gewaltigen (medialen) Aufschrei und massive Proteste. Im Reich des Digitalen ist Vergleichbares gängige Praxis, doch es regt sich so gut wie kein Widerstand. Denn das Eindringen staatlicher und privater Akteure in die Intim- und Privatsphäre geschieht dort unfühlbar und ungreifbar. Von wem man wie und warum gelesen, gespeichert, berechnet und gehandelt wird, bleibt im Ungefähren und Fernen.
Einer der größten Datenhändler Deutschlands ist die Firma Schober. In der Datenbank von Schober sind 50 Millionen Privatadressen mit jeweils hunderten Zusatzmerkmalen zu Konsumverhalten, der Wohn- und Lebenssituation und weiteren soziodemographischen Faktoren gespeichert. Mit diesen Daten wird der “Customer Lifetime Value” einer Person bestimmt, sprich deren Kreditwürdigkeit und Kaufkraft. Diese Kategorisierung nennt sich “Scoring” und ist mittlerweile ein Milliardengeschäft – allerdings ohne dass die Betroffenen daran mitverdienen würden beziehungsweise überhaupt nur eine Ahnung davon haben, dass dem so ist. Wie der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Malte Spitz, in seinem Buch zum privaten wie staatlichen “Data-Mining” ausführt:
„ Jeder von uns hat einen solchen Score, ohne es zu wissen. Die Rechenverfahren dazu sind ein Geschäftsgeheimnis, das die Firmen für sich behalten dürfen, wie der Bundesgerichtshof im Januar 2014 geurteilt hat. Dabei entscheidet dieser Score-Wert wesentlich über unser Leben. Nicht etwa nur, wenn wir ein Haus oder ein Auto kaufen wollen. Schon wenn man bei einem Versandhaus bestellt oder einen Handyvertrag abschließen will, fragt die Gegenseite den Score ab.“
Der Score hängt zudem nicht nur von der eigenen Bezahl- und Kredithistorie ab, sondern auch davon, wo man wohnt. Dieses Verfahren heißt “Geo-Scoring” und hat erhebliche Konsequenzen.
Quelle: Telepolis - Schwesig: Die Frauenquote wirkt
Die gesetzliche Frauenquote hat im ersten Jahr die erhoffte Wirkung gezeigt. Seit Januar 2016 stieg der Frauenanteil in Aufsichtsräten der zur Quote verpflichteten Unternehmen von 23,3 auf 27,5 Prozent. Dabei handelt es sich um Firmen, die sowohl börsennotiert als auch mitbestimmungspflichtig sind – insgesamt 106 Betriebe.
Bei Neubesetzungen in ihren Aufsichtsgremien müssen diese Unternehmen darauf achten, dass Frauen zum Zuge kommen; ihr Anteil soll wachsen und der Zielgröße von letztlich mindestens 30 Prozent näherkommen.
Wie aus dem ersten Regierungsbericht zu Frauen in Führungspositionen hervorgeht, strahlt die Quote häufig auch in das gesamte Unternehmen hinein. Denn: Rund 97 Prozent der Firmen setzten sich auch Zielgrößen für den Frauenanteil in der ersten Führungsebene unterhalb des Vorstands.
Von einem “Kulturwandel” spricht Frauenministerin Manuela Schwesig. “Es tut sich was, es hat sich etwas bewegt”, sagte die SPD-Politikerin unserer Redaktion, “wir haben mehr Frauen in Führungspositionen”. Schwesig ist überzeugt: “Die Quote wirkt.”
Quelle: Hamburger AbendblattAnmerkung JK: Nur, weil der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der zur Quote verpflichteten Unternehmen von 23,3 auf 27,5 Prozent gestiegen ist, ändern sich die Verhältnisse für die Frauen, die unter prekären Verhältnissen leben müssen, noch lange nicht. Denn auf der anderen Seite verschärfte Schwesigs Parteigenossin Nahles die Hartz-IV Regelungen. Nun führt bereits sogenanntes „sozialwidriges Verhalten“ zu Sanktionen und Leistungskürzungen. Die Weigerung der Mutter eines nichtehelichen Kindes, den Vater zu benennen, gilt als sozialwidrig. Eine klare Repression gegen alleinerziehende Frauen.
Denn, die gesellschaftliche Realität sieht so aus:
Alleinerziehende beziehen häufiger Hartz IV als der Bundesdurchschnitt
Fast jeder zweite Alleinerziehende in Sachsen-Anhalt ist auf Hartz IV angewiesen. So waren nach Angaben der Landesarbeitsagentur im Jahr 2015 knapp 48 Prozent aller Familien mit nur einem Elternteil abhängig von staatlicher Unterstützung. Bundesweit liege der Anteil bei 38 Prozent.
Trotz leichter Verbesserung ist laut neuesten Auswertungen der Bundesagentur für Arbeit damit knapp die Hälfte der insgesamt rund 27.200 Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern in Sachsen-Anhalt arbeitslos. Die andere Hälfte arbeite zwar, doch auch hier reiche oftmals das Einkommen nicht. Als sogenannte Aufstocker seien sie vor allem im Niedriglohnsektor oder als Teilzeitkraft tätig.
Quelle: MDR - Sigmar Gabriel scheint alternativlos
Martin Schulz ist wohl aus dem Rennen. Er wollte seinen Hut nie gegen Gabriel in den Ring werfen. Ob er stattdessen Außenminister wird?
Noch lässt sich Sigmar Gabriel nicht in die Karten schauen. Doch die Hinweise verdichten sich, dass der SPD-Chef seine Partei als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl 2017 führen wird. So soll der bislang als Alternative gehandelte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz inzwischen die Hoffnung auf seine Nominierung aufgegeben haben.
Schulz hatte Ende November seinen Wechsel in die Bundespolitik angekündigt. Er wird als heißer Anwärter auf die Nachfolge Frank-Walter Steinmeiers als Außenminister gehandelt. Angesichts der desaströsen Popularitätswerte für Gabriel würden jedoch nicht wenige SozialdemokratInnen auch gern mit Schulz an der Spitze in den Wahlkampf ziehen. Allerdings hat Schulz stets parteiintern klargestellt, nicht gegen Gabriel seinen Hut in den Ring werfen zu wollen und damit einen Mitgliederentscheid zu erzwingen.
Nun scheint Schulz, der mit Gabriel befreundet ist, seine Ambitionen endgültig begraben zu haben. Laut Informationen des Spiegels soll der 61-Jährige bereits vor Weihnachten gegenüber Genossen angedeutet haben, dass er nicht mehr mit der SPD-Kanzlerkandidatur rechne. Schulz wollte die Spiegel-Meldung allerdings weder bestätigen noch dementieren. „Die SPD hat einen Fahrplan, und deshalb äußert sich Martin Schulz nicht zu Spekulationen in der Kanzlerkandidatur-Frage“, ließ er über seinen Sprecher mitteilen.
Quelle: tazUnd: SPD-Seeheimer für Gabriel als Kanzlerkandidat
Der im “Seeheimer Kreis” organisierte rechte SPD-Flügel plädiert für Parteichef Sigmar Gabriel als Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr.
“Wir brauchen als Kanzlerkandidaten eine Kämpfernatur wie Gabriel, der die Unterschiede zwischen SPD und Union klar herausarbeitet”, sagte “Seeheimer”-Sprecher Johannes Kahrs dem “Tagesspiegel” laut Vorabbericht vom Donnerstag. “Deshalb bin ich dafür, dass er antritt.”
Kahrs hatte sich schon im November für den SPD-Chef als Kanzlerkandidat ausgesprochen. “Gabriel hat die Qualitäten, um die SPD bei der Bundestagswahl auf deutlich über 30 Prozent zu bringen”, sagte Kahrs damals der Funke-Mediengruppe. Aktuelle Umfragen siedeln die SPD bei 20 bis 22 Prozent an. Bei der Bundestagswahl 2013 war sie auf 25,7 Prozent gekommen.
Quelle: reuters.comAnmerkung JK: Man darf sich entspannt zurücklehnen, die Bundestagswahl 2017 ist damit eigentlich (für die SPD) schon gelaufen.