Auf die Krise der Privatvorsorge reagieren die Profiteure mit verstärkter Propaganda und Lobbyarbeit
Die letzte Meldung aus FTD:
Die Krise bei den offenen Immobilienfonds bringt mehrere Zehntausend deutsche Rentner in finanzielle Schwierigkeiten. Nach FTD-Informationen hat die Finanzaufsicht BaFin elf große Publikumsfonds aufgefordert, die sogenannten Auszahlungspläne für meist ältere Kunden zu stoppen.
„Kann es leider (!) eine bessere Bestätigung für Ihre Warnungen vor der Privatrente geben?“ – schreibt ein NachDenkSeiten-Nutzer. Man soll sich aber nicht täuschen: Die Nutznießer der Privatvorsorge reagieren nicht zerknirscht, sondern mit verstärkter Public Relations-Arbeit, mit Propaganda und mit Lobbyarbeit. Albrecht Müller
Das neueste Produkt im „Stern“ zum Beispiel. Es könnte direkt aus der Werkstatt der Public Relations-Agenturen beziehungsweise des GDV, des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft, kommen:
Die staatlich geförderte Altersvorsorge bereitet vielen Menschen Kopfzerbrechen. Dabei rechnet sich die Riester-Rente für jeden.
Auf einen anderen Versuch der Riester-Renten-Verkäufer machte uns ein Leser aus Leipzig aufmerksam: „Wir werden die Finanzkrise positiv spüren“, behaupten die Vertreter der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG). Der ehemalige Kanzleramtsminister Friedrich Bohl und heutiger DVAG-Vorstand, Friedrich Bohl, und der Direktionsleiter aus Taucha in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung vom 25.11.2008. Sie machen 63 % ihres Umsatzes mit Riester- und Rürup-Produkten.
Auch die Anwerbung des Noch-Vorsitzenden des Sachverständigenrates Rürup durch den Finanzdienstleister AWD muss man als den Versuch werten, auf die erkennbare Krise der Privatvorsorge mit der Verstärkung der Lobbyarbeit zu antworten.
Wenn in unserer Gesellschaft einigermaßen sachlich entschieden würde, dann müsste man sich angesichts der erkennbaren Schwächen der Privatvorsorge – der Unsicherheit und der schwindenden Renditen – auf das Selbstverständliche besinnen, auf die Stärkung der gesetzlichen Rente und des Umlageverfahrens und zugleich die Konzentration aller öffentlichen Mittel auf diese effiziente – damit rentablere – und sichere Altersvorsorge.
Dass dieser Weg nicht gegangen wird und der Irrweg der Privatvorsorge fortgesetzt wird, hat sehr viel damit zu tun, dass die Medien von der Privatvorsorge profitieren. Die Werbung für Finanzprodukte macht einen Großteil der Werbung im Fernsehen und Hörfunk, in Zeitschriften und in Zeitungen aus.
Fazit: Ein schlechtes Produkt verbunden mit Propaganda und Lobbyarbeit hat bei der politischen Willensbildung offensichtlich mehr Chancen als ein besseres Produkt, an dem Private nicht verdienen.
Diese Einsicht können Sie auf eine Reihe anderer politischer Entscheidungen anwenden. Leider auch auf die Entscheidung zwischen Krieg und Frieden.