Hinweise des Tages
Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Wir vergraben uns in unseren Vorurteilen
- Der Westen hat in Aleppo total versagt
- Ökonom: “Donald Trump wird ein sehr guter Präsident”
- Wie die Bankenrettung auf der Gesellschaft lastet
- Gewinne sprudeln, Steuern sinken
- Wachsende Ungleichheit bedroht die Welt, wie wir sie kennen
- Abschied von der Mathe-Sekte
- Im ärmsten Stadtteil Kölns – Was ist arm?
- Enttäuscht in Essen
- Schmierentheater Elektro-Pkw
- Rechnungshof bezweifelt Dobrindts Berechnungen
- Fragwürdiger Kuhhandel
- Europa plant den Überwachungsstaat
- Der Hochmut der Vernünftigen
- Die reichen Wähler der AfD
- Deutschland hat offenbar ein Problem mit meiner Identität
- Journalismus ist der tollste Beruf der Welt
- Zu guter Letzt – Ratgeber: Alles, was Sie jetzt über Fake-News wissen müssen
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Wir vergraben uns in unseren Vorurteilen
Amerikanische Schüler und Studenten erkennen im Internet nicht, ob Informationen wahr oder falsch sind. Ein Gespräch mit Sam Wineburg über den digitalen Mob und die Bedeutung besserer Bildung
DIE ZEIT: Professor Wineburg, “düster” seien die Erkenntnisse Ihrer neuen Studie, schreiben Sie in deren Einleitung. Was haben Sie herausgefunden?
Sam Wineburg: Dass die große Mehrheit junger Menschen, von zwölfjährigen Schülern bis zu Studenten am College, beklagenswert schlecht unterscheiden kann, ob Informationen im Internet wahr oder unwahr sind. Es gibt diesen Mythos, dass die Jugend eine Art “digitale Intelligenz” besitzt, weil sie so mühelos mit digitalen Geräten umgeht. Das stimmt aber nicht.
ZEIT: Welche Erkenntnisse machen Ihnen Sorgen?
Wineburg: Bei den 12- und 13-Jährigen konnten 80 Prozent nicht zwischen Nachrichten und Werbung unterscheiden. Der Journalismus in den USA finanziert sich inzwischen stark durch gesponserte Inhalte, sogenanntes native advertising. Also Werbung, die sich als journalistischer Text tarnt. Über den Artikeln steht zwar “sponsored content” – aber wir haben herausgefunden, dass die große Mehrheit der jungen Menschen, die ja den ganzen Tag online verbringen, keine Ahnung hat, was das bedeutet.
ZEIT: Haben Sie ein Beispiel?
Wineburg: Wir haben Highschool-Schülern zwei Artikel über den Klimawandel vorgelegt. Einen verfasst von einem Wissenschaftsjournalisten, einen zweiten auf derselben Website – gesponsert vom Mineralölkonzern Shell. Fast 70 Prozent der Schüler empfand den PR-Beitrag als glaubwürdiger.
Quelle: ZeitAnmerkung JK: Mit den Begriffen „Fake News“ und „postfaktisch“ gehen die „Qualitätsmedien“ offenbar im Kampf um die Deutungshoheit und die Diskurshegemonie in die Gegenoffensive. Obiger Beitrag geht auch in diese Richtung. „Fake News“ findet man selbstverständlich nur in den sozialen Medien. Natürlich würden die „Qualitätsmedien“ niemals „Fake News“ verbreiten (siehe auch den gestrigen Beitrag von Jens Berger: Fake News? Das ist doch ein alter Hut;)
Beflissen sekundiert wird das Ganze durch die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), die den Terminus „postfaktisch“ zum Wort des Jahres kürte. Mit einer Begründung, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muss: “Immer größere Bevölkerungsschichten sind in ihrem Widerwillen gegen »die da oben« bereit, Tatsachen zu ignorieren und sogar offensichtliche Lügen bereitwillig zu akzeptieren.” So gesehen lässt sich damit jede Kritik an den sozialen und ökonomischen Verhältnissen, explizit an den herrschenden Eliten, als Lüge bzw. „postfaktisch“ delegitimieren.Dazu: “Die Russen haben begriffen, was man mit Informationsmanipulation machen kann”
Der deutsche Cyber-Sicherheitsexperte Sandro Gaycken hält die Sorge vor Manipulationen im Bundestagswahlkampf für begründet. Gezielte Stimmungs- und Meinungsmache sei eine reale Gefahr, sagte der Direktor des “Digital Society Institute” im DLF. Als Beispiele nannte er das Lancieren gestohlener Geheimdokumente, unechter Studien oder gefälschter Nachrichten.
Quelle: DeutschlandfunkAnmerkung JK: Wie gut, das man immer sofort die entsprechenden Experten zur Hand hat. Die European School of Management and Technology ist nach eigen Angaben eine private Gründung von „25 führenden globalen Unternehmen und Verbänden“, darunter die Crème de la Crème der deutschen Exportindustrie. Ein Vollzeit-MBA-Studium Masterstudiengang kostet dort schon einmal 38.000 €. Welche Sichtweise der Dinge dort wohl gelehrt wird?
Leider wurde die Gründung auch dieser privaten Eliteschule wieder einmal mit öffentlichen Mitteln unterstützt. 2003 hatte das Land Bayern vier Millionen Euro locker gemacht und der ESMT Räume in einem neuen Bürokomplex am ehemaligen Flughafen München-Riem mietfrei zur Verfügung gestellt. Der Berliner Hauptsitz im ehemaligen Staatsratsgebäude der DDR wird durch das hochverschuldete Land ebenfalls mietfrei zur Verfügung gestellt. - Der Westen hat in Aleppo total versagt
Das Aleppo, das Weltkulturerbe war, hört in diesen Tagen auf zu existieren. BILD Digital-Chefredakteur Julian Reichelt über das Sterben der Menschen und die Tatenlosigkeit des Westens.
(…)
Während ich über Aleppo schreibe, schüttelt unser Außenminister und (wahrscheinlich) zukünftiger Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in meiner Heimatstadt Hamburg die Hand des Kriegsverbrechers Sergej Lawrow, der den Vernichtungskrieg gegen die syrische Zivilbevölkerung maßgeblich mitverantwortet. Während in Deutschland Weihnachtsbäume erstrahlen, harren in Aleppo Hunderttausende Menschen, darunter unzählige Kinder, unter dem erbarmungslosen Bombardement der russischen und syrischen Luftwaffe aus.
Quelle: WELTGeradezu ein Paradebeispiel der Meinungsmache und schriller anti-russischer Propaganda. Auch wenn sich die Hinweise auf den NachDenkSeiten dazu fast nicht mehr zählen lassen: Den syrischen Bürgerkrieg hat nicht Russland angezettelt.
Man kann die Hetze aber noch steigern …
Krieg mit Worten – Russlands Meinungsmache im Westen
Russlands Medien sind lange schon Sprachrohre der Regierung. Sie beeinflussen die Öffentlichkeit im Sinne Putins. Auch im Westen wirkt die Kommunikation des Kreml. Dabei werden alle Möglichkeiten genutzt, von Hackerangriffen und Datendiebstahl bis zum Streuen von falschen oder halbwahren Informationen. Die Aufregung darüber ist groß, denn falsche Informationen können Wähler beeinflussen, auch im kommenden Jahr in Deutschland. Politiker aller Parteien sind besorgt. Die Debatte hat gerade begonnen. SWR2-Kontext fragt nach Russlands Motiven und was man ihnen entgegensetzen kann.
Quelle: SWR - Ökonom: “Donald Trump wird ein sehr guter Präsident”
Der Ökonom Arthur Laffer war ein Mitstreiter von Ronald Reagan. Er hat den Sieg von Donald Trump vorhergesagt. Dessen Geschichte ähnle der von Reagan, sagt der Befürworter niedriger Steuern.
Quelle: Die PresseAnmerkung Jens Berger: Sag mir wer Dich lobt … Ein Lob von Arthur Laffer ist vergleichbar mit einem Lob von Hans-Werner Sinn. Von Laffer stammt das absurde wirtschaftswissenschaftliche Dogma, nach dem eine Senkung des Spitzensteuersatzes die Gesamtsteuereinnahmen erhöhen würde. Abgebildet wird dies in der nach ihm benannten „Laffer-Kurve“. Wenn dieser Mann nun Trump lobt, ist dies wahrlich alles andere als positiv.
- Wie die Bankenrettung auf der Gesellschaft lastet
Er war einer der wenigen, die die Finanzkrise haben kommen sehen: Der Ökonom Michael Hudson warnt nun erneut vor den Folgen der ungezügelten Finanzwirtschaft. Die grundlegenden Probleme unseres Wirtschaftssystems müssten dringend gelöst werden.
Michael Hudson wirkt fassungslos, wenn er darüber sinniert, wie wenig heute das ökonomische Einmaleins Allgemeingut ist und wie wenig sich nach der Finanzkrise getan hat, um die grundlegenden Probleme unseres Wirtschaftssystems zu lösen. Fragt man ihn nach der Hauptbotschaft seines mehr als 600 Seiten umfassenden Buches “Der Sektor”, fällt seine Antwort kurz und präzise aus: “Wenn man die Schulden nicht abschreibt auf eine Höhe, die bezahlbar ist, dann ähnelt Europas Zukunft der des heutigen Griechenland. Wenn die Schulden wie in vielen Ländern auf hundert Prozent des Bruttoinlandsprodukts wachsen und die Zinsen betragen fünf Prozent, vier Prozent oder auch nur drei Prozent, die Wirtschaft aber nur um drei Prozent wächst, dann muss das ganze jährliche Wirtschaftswachstum für Zinsen bezahlt werden. Es gibt dann keinen Raum für ein Wachstum des Konsums, Wachstum der privaten Investitionen oder Wachstum durch kreditfinanzierte Staatsausgaben. Ökonomen nennen diese Situation Schuldeninflation.”
Quelle: Deutschlandfunk - Gewinne sprudeln, Steuern sinken
Die Niederlande und die Schweiz sind laut der Hilfsorganisation Oxfam Teil der schlimmsten Steueroasen. Der Wettlauf ruiniere die Armen und mache Reiche noch reicher.
In den vergangenen dreißig Jahren haben sich die Gewinne der größten Unternehmen weltweit vervielfacht – die Steuern, die sie zahlen, aber sinken. Und manche Länder, auch europäische, heizen den Wettlauf um die niedrigsten Steuern ganz besonders an. Das geht aus der Liste der “15 schlimmsten Steueroasen” hervor, die gerade von der Hilfsorganisation Oxfam veröffentlicht wurde.
Die Liste wird angeführt von Bermuda und den Cayman Islands. Auf sie folgen die Niederlande und die Schweiz. Weitere europäische Steueroasen sind Irland, Luxemburg, Zypern und die Kanalinsel Jersey. Auf der Rangliste finden sich auch britische Überseegebiete wie die Kaimaninseln und die zwar autonome, aber zum Königreich der Niederlande gehörende Karibikinsel Curaçao. Diese Länder “ermöglichen den Unternehmen die extremsten Formen der Steuervermeidung”, heißt es in der Studie.
Der Wettlauf um die niedrigsten Steuern würde durch die Oasen immer weiter angetrieben. “Sie müssen dringend trockengelegt werden”, sagt Tobias Hauschild, Experte für Steuergerechtigkeit bei Oxfam. Die Organisation kritisiert, dass die Politik bislang viel zu wenig dafür tue.
Zum Beispiel die G20, die 20 größten Industrie- und Schwellenländer, und die OECD: Zwar hätten sie sich gerade auf eine Initiative geeinigt, die das Verschieben von Gewinnen in Steueroasen beschränken solle. Aber am Verhandlungstisch hätten ausgerechnet die Steueroasen Schweiz, Niederlande und Luxemburg Mitspracherecht gehabt, und die Reform lasse einzelnen Staaten immer noch die Möglichkeit, ihre Unternehmenssteuern noch weiter zu senken, was den ruinösen Steuerwettbewerb sogar noch weiter anheize. Oder die Europäische Union: Sie arbeite zwar an einer eigenen Schwarzen Liste – die aber EU-Länder oder Steueroasen wie die Schweiz von vornherein außen vor lasse. Die geplante Schwarze Liste der G20 sei noch schwächer.
Quelle: ZEITAnmerkung JK: Das Thema dürfte spätestens seit den Panama-Papers und den Luxemburg Leaks bestens bekannt sein. Von den politischen Verantwortlichen wird aber außer Lippenbekenntnissen weiter nichts dagegen unternommen. Dabei ist der Schaden, der dem Staat und den Bürgern durch Steuerhinterziehung und -betrug entsteht, immens.
- Wachsende Ungleichheit bedroht die Welt, wie wir sie kennen
Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung macht sich der Ökonom nach dem Brexit und dem Wahlsieg von Donald Trump große Sorgen um den Aufstieg des Populismus. Und er sieht einen zentralen Grund dafür: “Die wachsende Ungleichheit facht den Populismus an und bedroht die Welt, wie wir sie kennen”, warnt Bofinger. “In Deutschland fühlen sich die Anhänger der AfD besonders stark von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung abgekoppelt”.
Um die wachsende Ungleichheit zu stoppen, will der Wirtschaftsweise Gutverdiener drastisch zur Kasse bitten. “Es wäre sicherlich angemessen, den Spitzensteuersatz wieder von 42 auf 56 Prozent erhöhen, wie zu Helmut Kohls Zeiten”, sagt Bofinger. Der Spitzensteuersatz solle dafür erst bei einem höheren Einkommen als bisher einsetzen. Außerdem fordert der Würzburger Professor eine höhere Belastung von Erben. “Bei der Erbschaftsteuer sollte ein Satz von 15 Prozent auf wirklich alles gelten, mit Ausnahme des Häuschens von der Oma”.
Mit den Einnahmen will Bofinger Verlierer der Globalisierung kompensieren, um den weiteren Aufstieg von Populisten wie der AfD zu verhindern. “Vor allem die weniger qualifizierten Arbeitnehmer gucken in die Röhre.” Die deutsche Wirtschaftsleistung pro Kopf sei von 1991 bis 2013 um 29 Prozent gestiegen, aber das reale Nettoeinkommen für einen mittleren Haushalt nur um acht Prozent. Die unteren 30 Prozent der Haushalte verdienten netto nicht mehr als 1991.
Quelle: SZ - Abschied von der Mathe-Sekte
Paul Romer jedenfalls ist entschlossen, die Ökonomie zu verändern, die mit einem erheblichen Glaubwürdigkeitsproblem zu kämpfen hat. Viele Vertreter des Fachs wirkten ratlos, als vor ein paar Jahren die internationalen Finanzmärkte kollabierten und sich das Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Marktes in Luft auflöste.
Romer ist mit diesem Problem umgegangen, wie Wissenschaftler mit Problemen eben umgehen: Er hat einen Aufsatz geschrieben. Ökonomen schreiben ständig Aufsätze, und meist geht es dabei darum, einer bereits sehr komplizierten Fachdebatte eine weitere Verästelung hinzuzufügen. Genau das hatte Romer auch vor, aber als er sich an seinen Schreibtisch setzte, kam er nicht richtig voran. Dann sah er zufällig einen Dokumentarfilm über Scientology – jene Sekte, die ihre Mitglieder mit Gedankenmanipulation gefügig macht. Romer änderte seinen Plan. Und beschloss, das aufzuschreiben, was er wirklich dachte.
Er benötigte dazu einschließlich Literaturverzeichnis 25 Seiten. Schon der erste Satz ist eine Kriegserklärung: Die makroökonomische Theorie sei inhaltlich auf dem Niveau der frühen siebziger Jahre, die Forschungselite verbiege Fakten, entwickle weltfremde mathematische Modelle und folge blind den Autoritäten des Fachs, statt selbst nachzudenken. In zehn Thesen zeichnet er das Bild einer Disziplin, in der Loyalitäten mehr zählen als intellektuelle Redlichkeit. Vor allem aber nennt er Namen: Robert Lucas, Thomas Sargent, Edward Prescott. Alle drei haben Nobelpreise bekommen – und alle drei sind Wegbereiter der herrschenden neoklassischen Lehre, die auf der Annahme beruht, dass Verbraucher rational agieren und der freie Markt vor allem Vorteile verspricht.
Seit Romer den Artikel im September ins Internet gestellt hat, läuft die Gegenoffensive. Seine Kritiker werfen ihm vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass die neoklassische Theorie inzwischen weiterentwickelt wurde – wenn sie denn überhaupt noch mit ihm reden. Doch in den Augen all jener, die die Ökonomie schon immer für eine Ideologie hielten und Wirtschaftsexperten für Scharlatane, ist Romer seither ein Held.
Quelle: ZEITAnmerkung JK: Der Vergleich mit Scientology ist sehr treffend. Wer in den Wirtschaftswissenschaften reüssieren will muss sich zuerst einer Gehirnwäsche unterziehen und dem neoliberalen Wirtschaftsmodell absolute Treue schwören. Das Grauenhafte daran, von der bizarren Gedankenwelt der Neoliberalen wird immer noch das Schicksal eines großen Teils der Bürger dieser Welt bestimmt. Ein signifikantes Beispiel ist Deutschland unter dem Finanzminister Schäuble und dem Wirtschaftsminister Gabriel, die weiter bedingungslos an die Kräfte des freien Marktes glauben, wie, die wider alle Vernunft von beiden betriebene Privatsierung der Bundesautobahnen zeigt.
Ebenso stellt sich die Frage, ob die katastrophalen Auswirkungen der neoliberalen Wirtschaftspolitik allein auf die “Weltfremdheit” der Vertreter dieser zurückzuführen sind, oder ob es sich nicht um eine Ideologie im Sinne der herrschenden Eliten handelt. Fakt ist, dass sich bei der bisherigen Umsetzung der neoliberalen Ideologie, die Lebensumstände der großen Mehrheit der Menschen permanent verschlechtert haben. Das europäische Freiluftlabor des Neoliberalismus, Griechenland, zeigt dies in erschreckender Weise. - Im ärmsten Stadtteil Kölns – Was ist arm?
Mit Statistiken wird versucht, Armut zu definieren und diese Statistiken orientieren sich meistens am Einkommen. Aber Geld allein macht Armut nicht aus, das sagen die, die es wissen müssen: die Bewohner des ärmsten Stadtteils in Köln.
Es ist ein Dienstagvormittag in Köln. Vor der Kirchengemeinde St. Theodor im Stadtteil Vingst hat sich eine lange Schlange gebildet – 50, 60 Menschen stehen im großen Innenhof der Kirche und warten, unter ihnen Silke. Die 43-Jährige kommt fast jeden Dienstag hierhin – zur Essensausgabe für Bedürftige.
“Norbert wird gleich die Nummern verteilen und dann kriegt jeder eine Nummer und dann geht das am Nachmittag um halb vier erst los.”
Auch ihre Mitbewohnerin Sonja steht in der Schlange. Beide sind sie arbeitslos, hangeln sich von Minijob zu Minijob und leben von Hartz IV.
Sonja: “Normalerweise kriege ich 413, dann wird noch was abgezogen. Was habe ich dann, 310, 300 Euro, vielleicht gerade mal zum Leben. Dann kommen noch Schulden, die ich abbezahlen muss. Dann bleiben mir zum Leben 200 Euro. Das ist dann wirklich schon ziemlich eng.”
Sonja und Silke sind bedürftig, aber sind sie auch arm? Die Definition von Armut richtet sich hier in der Kirchengemeinde nicht nach Statistiken. Arm ist, wer nicht dazu gehört. Und dazugehören, das können alle, die wollen. Ralf zum Beispiel, ebenfalls Stammgast bei der Essensausgabe.
“Ich kann nicht mehr arbeiten, weil ich habe die Knie kaputt, Rücken kaputt. Das kannste voll vergessen. Vielleicht ehrenamtlich, das kannste noch machen. Werde ich nachher auch hier mal nachfragen und so.”
Quelle: Deutschlandradio Kultur - Enttäuscht in Essen
Die A40 trennt das Ruhrgebiet – grob gesagt in einen armen Norden und einen reicheren Süden. Im Norden leben viele, die immer SPD gewählt haben – und nun mit der AfD liebäugeln. Droht bei den Wahlen 2017 ein Rechtsruck?
Die A40 führt ein Mal von Ost nach West durchs Ruhrgebiet – und sie trennt es zugleich. Südlich der Autobahn leben die, denen es meist gut geht, nördlich die anderen. Es gibt Stadtteile mit einem Anteil von Hartz-IV-Empfängern von 40 Prozent, hier leben auch die meisten Bewohner mit Migrationshintergrund und ganz viele Unzufriedene.
Die gingen in der Vergangenheit selten zur Wahl. “Es gibt Stadtteile im Norden mit einer Wahlbeteiligung von unter 30 Prozent. Das könnte sich jetzt ändern”, schätzt Professor Klaus Peter Strohmeier. Der Soziologe hat sein Leben lang zu Themen der inneren Befindlichkeit des Ruhrgebiets geforscht. “Ich habe das Gefühl, dass bei der nächsten Wahl mehr Leute an die Urnen gehen. Und die Erfahrung zeigt, dass gerade unter diesen Menschen die AfD den meisten Zuspruch erhält.” Droht also ein Rechtsruck in Teilen des Ruhrgebiets, der traditionellen Hochburg der SPD?
“Die haben hier alle einen Riesenhals”, sagt Guido Reil und blickt mürrisch auf die Straße, während sein Kumpel von der SPD den Bus der Arbeiterwohlfahrt schweigend durch Essen-Karnap steuert. Seit acht Jahren machen die beiden ein Mal wöchentlich diese Tour: Senioren von daheim abholen, zum Einkauf bringen, Tüten schleppen und wieder zurück.
Reil, 26 Jahre lang SPD-Mitglied, Betriebsrat in der letzten noch arbeitenden Zeche, Gewerkschafter – im Frühling hat er beschlossen, der SPD den Rücken zu kehren und in die AfD einzutreten. “Die Partei, die hier jahrelang gewählt wurde, hat die Menschen im Stich gelassen”, sagt Reil und meint damit die SPD. Dabei verweist er auf die marode Infrastruktur, Müll auf den Straßen und immer wieder auch auf die Flüchtlinge, die im Norden des Ruhrgebiets untergebracht wurden. “Die bekommen renovierte Wohnungen, die bekommen das Rundum-Sorglos-Paket – und wir?”, sagt der Neu-AfDler.
Die Seniorinnen im Wagen wissen nicht, ob das alles wirklich so ist. Aber sie nicken still. Auch sein Kumpel von der SPD schweigt lange. Dann bricht es aus ihm heraus: “Neulich bin ich mit dem Fahrrad an einer dieser Flüchtlingsunterkünfte vorbeigefahren und hab mir gedacht: Ja, warum müssen die alle zu uns in den Norden?”
Quelle: TagesschauAnmerkung unseres Lesers C. G.: Bereits 22,5% aller Arbeitnehmer in Deutschland sind Niedriglohnempfänger. Es ist immer wieder zu beobachten, dass Ex-SPDler nun AfD wählen oder sogar “konvertieren”. Doch von wegen latent vorhandenem Rassismus bei der Unterschicht, über den immer wieder diskutiert wird: Es sind in erster Linie der seit Jahren betriebene Sozialabbau und Existenzängste, die die Arbeiter bewegen. Und viele Linke diskutieren viel zu intellektuell und haben ebenfalls wie viele SPD-Genossen den Bezug zu Arbeitern und Niedriglöhnern verloren. Auch die meisten Gewerkschaften haben bei Einführung von Agenda2010, der vorsätzlichen Zerstörung des gesetzlichen Rentensystems und den Hartz-Gesetzen nie wirklich massive Streiks und Proteste organisiert, wie das etwa in Frankreich der Fall ist, und haben sich somit auch zu Steigbügelhaltern von neoliberaler Politik gemacht. Das Dilemma: Die AfD liefert nur scheinbar einfache Lösungen, doch mit der AfD wird es für viele Wähler ebenfalls ein böses Erwachen geben, denn sie ist genauso neoliberal gestrickt und wird, wenn überhaupt, ebenfalls nur Alibipolitik für Arme machen und ansonsten die Politik für Reiche konsolidieren – nur diesmal eben mit dem Sündenbock “Flüchtling” oder “Migrant” als einfache “Argumentationshilfe”. Und die Privatisierungswelle, Steuersenkungen für Reiche und Umverteilungen von unten bzw. von Mitte nach oben werden ungehindert weiter gehen können. Denn von der AfD habe ich noch nie gehört, dass z.B. die Kriege des Westens oder die Handelspolitik mit den Entwicklungsländern für Flüchtlingswellen mitverantwortlich sein könnten…
- Schmierentheater Elektro-Pkw
Die Tageszeitungen vom 30. November 2016 und die ARD-Tagesschau vom Vorabend melden: „In ganz Europa Ladestationen für E-Autos“. Es komme zu einer gewaltigen Investitionsoffensive in der Europäischen Union, um dem Elektro-Auto zum endgültigen Durchbruch zu verhelfen. Dafür wirbt auch bereits eine Fast-Allparteienkoalition von CDU/CSU, SPD, Grünen, FDP und AfD. Warum das ein großangelegter Schwindel ist, erklärt Winfried Wolf.
Es stimmt ja: Alle reden vom Boom der Elektroautos. Beispielsweise wie folgt: „Bei den Elektromobilherstellern herrscht Goldgräberstimmung. Die Marktprognosen versprechen bis zu einer Million verkaufter E-Mobile in den nächsten fünf Jahren.“ Uups. Das war 1991 so zu lesen – in der VCD-Zeitschrift „Fairkehr“ (3/1991). Heute, ein Vierteljahrhundert später, gibt es in Deutschland gerade mal 25.500 Elektroautos. Wirklich „heute“: Ende 2016.
Doch es gibt – erneut! – die Aussage der Berliner Regierung, wonach es bis zum Jahr 2025 wenigstens eine Million E-Autos geben soll. Naja, vor zwei Jahren hieß es noch: bis 2020; aber Schwamm drüber.
Aktuell sind es 44 Millionen konventionelle Pkw und 54 Millionen Kfz. Der Anteil des E-Auto-Flöttchens mit 25.500 Stromern an allen Pkw liegt bei 0,056 Prozent, derjenige an allen Kfz bei 0,047 Prozent; er ist kaum messbar und eigentlich irrelevant. Mehr als 99 Prozent aller Autos sind konventionelle Benziner und Dieselfahrzeuge. Vor allem aber: 2025 gibt es auch dann, wenn es diese ein Million Elektro-Autos geben würde, zwanzig Millionen konventionelle Kfz mehr als 1990 (in BRD und DDR zusammen). Selbst wenn dieses reichlich ehrgeizige Ziel zur „Elektronmobilität“ umgesetzt werden würde, liegen die klimaschädigenden Kfz-Emissionen aus dem deutschen Autoverkehr beträchtlich höher als 1990/91. Wobei wir dabei noch die Tatsache bedenken müssen, dass die aktuellen Zahlen zum Spritverbrauch um 42 Prozent höher sind als offiziell ausgewiesen.
Quelle: lunapark 21 - Rechnungshof bezweifelt Dobrindts Berechnungen
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) erhält für seine Pläne zur Pkw-Maut weiter erheblichen Widerstand: Nach der Opposition, dem Koalitionspartner und den Nachbarländern hat nun auch der Rechnungshof Bedenken. Dieser stellt die Höhe der Einnahmen und den Zeitpunkt der Einführung infrage. (…)
Nun muss man diese Zahl doch näher erläutern, von den 3,7 Milliarden, kommen drei Milliarden von den einheimischen Autofahrern. Wird der Koalitionsvertrag eingehalten, sind dies keine Mehreinnahmen sondern würden demnächst bei der KFZ-Steuer fehlen. Zieht man von den verbleibenden 700 Millionen anfallende Systemkosten ab, so geht selbst Dobrindt von zusätzlichen 500 Millionen Euro jährlich durch ausländische Autofahrer aus.
Ob diese Rechnung selbst so aufgeht, auch daran gibt es Zweifel. Der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, zeigte sich im Interview mit Funke-Mediengruppe skeptisch. “Die Einnahmeprognose ist mit erheblichen Risiken verbunden”, so Scheller. “Wir bezweifeln auch den geplanten Einführungszeitpunkt im Jahr 2018.” Der Rechnungshof-Präsident fügte aber an, seine Behörde habe keine eigenen Prüfungserkenntnisse zur Kosten-Nutzen Rechnung der Maut.
Quelle: Deutschlandfunk - Fragwürdiger Kuhhandel
Wieder einmal liefert die Deutsche Bahn AG die perfekte Vorlage für alle Satiriker. Mit Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla soll ab Januar ein Jurist und Sozialpädagoge eine der wichtigsten Technik- und Infrastruktursparten der Republik leiten, zu der 34 000 Kilometer Gleise und mehr als 5000 Bahnhöfe gehören. Diesen Aufstieg hat der CDU-Mann seiner Freundschaft mit Bahnchef Grube und einem fragwürdigen politischen Kuhhandel zu verdanken hat.
Pofalla fehlen jegliche Kenntnisse und Qualifikationen für diesen enorm wichtigen Job. Der bisherige Amtsinhaber Volker Kefer ist Ingenieur, weiß schon aus jahrzehntelanger Erfahrung beim ICE-Produzenten Siemens, wie das komplexe Rad-Schiene-System funktioniert. Pofalla dagegen mag ein ausgefuchster politischer Strippenzieher und mit allen Wassern gewaschener Lobbyist ein. Die Führungserfahrung im operativen Bahngeschäft aber besitzt dieser Mann ebenso wenig wie das nötige technische Verständnis. (…)
In einem normalen Bewerbungsverfahren würde Pofalla deshalb sofort aussortiert. Aber normal läuft beim größten Staatskonzern bekanntlich kaum etwas. Hier zieht die große Politik fast nach Belieben die Strippen, die Bahn gilt im Kanzleramt als Chefsache. Niemand weiß das besser als Pofalla, dem lange Zeit obersten Strippenzieher von Angela Merkel – bis er nach einigen peinlichen Ausrutschern seinen Posten verlor.
Bei der Bahn fand sich rasch ein schöner Posten, um den einstigen Vertrauten sicher und hoch dotiert aufzufangen. Dort scheint sein Aufstieg an die Spitze nun kaum noch aufzuhalten zu sein. Denn wie immer in der großen Politik werden Konflikte mit manchmal sehr fragwürdigen Kompromissen gelöst. Im Falle Pofallas heißt es, die SPD-Spitze habe die Zustimmung zu dessen Bahn-Karriere daran geknüpft, dass im Gegenzug die Union den Aufstieg von Außenminister Steinmeier zum Bundespräsidenten ermöglicht.
Quelle: Stuttgarter-Zeitung.de - Europa plant den Überwachungsstaat
Die EU-Regierungen machen die Kontrolle der Außengrenzen zum zentralen Projekt. Das Journalisten-Kollektiv “Investigate Europe” enthüllt: Das kostet Milliarden – doch nur Rüstungs- und Elektronikindustrie profitieren.
Militärisch organisierte Lagezentren, Datenbanken über zig Millionen Menschen, großflächige Überwachung mittels ferngesteuerter Drohnen, dazu milliardenschwere Fonds für Forschung und die anschließende Beschaffung der benötigten Technologie – kaum bemerkt von ihren Bürgern betreiben die Regierungen der Europäischen Union ein folgenschweres Langzeitprojekt: die großtechnische Aufrüstung zur Kontrolle der Außengrenzen.
Bei ihrem jüngsten Gipfel im slowakischen Bratislava erkoren die EU-Regierungschefs die Grenzsicherung gar zu ihrem wichtigsten Thema. Es gelte, die „illegale Migration zu stoppen“ und die „Sicherheit unserer Menschen zu schützen“, sagte Kanzlerin Merkel und erkannte darin einen neuen „Geist der Zusammenarbeit“ im ansonsten so zerstrittenen Europa.
Erfüllt das angestrebte Überwachungssystem tatsächlich den erklärten Zweck? Wird es Europa sicherer machen? Dieser Frage sind neun Journalisten aus acht europäischen Ländern vom Team „Investigate Europe“ zwei Monate lang nachgegangen, darunter die Autoren dieses Reports. Sie befragten mehr als 200 Grenzpolizisten, Ermittler, Rechtsexperten, Ingenieure, EU-Beamte und Politiker. Das Ergebnis ist alarmierend. Für Europas neues Grenzregime:- sollen in den Jahren bis 2020 mehr als sechs Milliarden Euro aus EU-Mitteln sowie eine Summe gleicher Größenordnung aus den nationalen Budgets für neue Überwachungstechnologien und Operationen fließen, die keinen nachweislichen Nutzen bringen;
- wollen die EU-Kommission und die nationalen Regierungen grundlegende Prinzipien des Datenschutzes aufheben und im großen Stil persönliche Daten aller Bürger ohne richterliche Kontrolle speichern;
- hat die EU-Kommission ihre Politik fast ausschließlich an den Interessen der Sicherheits- und Rüstungsindustrie ausgerichtet und lässt deren Vertreter trotz massiver Interessenkonflikte in den Beratungsgremien mitbestimmen, was gefördert und gesetzlich vorgeschrieben wird.
Quelle: Tagesspiegel
- Der Hochmut der Vernünftigen
Offene Gesellschaften kann man auch zu Tode verteidigen: Wer in der Krise das Tempo des liberalen Kulturkampfes noch steigert, stärkt vor allem die Gegenkräfte.
Der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, der rechtspopulistischer Sympathien unverdächtig ist, warnt dringend vor der kulturellen Hybris der Linken: Ein “kosmopolitischer Geist mit überschießender Moralität”, so hat er kürzlich argumentiert, wirke wie ein Wachstumstreiber für den Rechtspopulismus. Zumindest dann, wenn “die Medien, die Fortschrittlichen, die besser Gestellten und der ‘Chorus der Vernünftigen'” sich damit zufriedengeben, die eigenen Interessen und die eigene kulturelle Moderne zu verteidigen, “die da unten” nicht mehr verstehen und Verstöße gegen die liberalen Normen mit dem Ausschluss aus dem offiziösen Diskurs beantworten.
Zwar ist die Gesellschaft seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts einen riesigen Schritt vorangekommen, doch wegen des “Narzissmus der kleinsten Differenz” (Sigmund Freud) beschreiben manche Aktivisten das nun noch Unerreichte erneut als Skandal ungeheuren Ausmaßes. Damit verrutschen aber die Maßstäbe, das Gefühl für Proportionen geht verloren.
Was herauskommt, wenn selbst ernannte Fortschrittskräfte die kulturelle Herrschaft übernehmen, lässt sich in Berlin im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag studieren. “Gender Mainstreaming” ist dort tatsächlich eine Vorgabe für die Verkehrspolitik. Über viele Seiten hinweg werden Instrumente ausgebreitet, mit denen die Lage von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen, Transgender, Intersexuellen und Menschen, die sich als Queer verstehen, verbessert werden soll. Zusammengefasst sind die Gruppen im Koalitionsvertrag unter dem Kürzel “LSBTTIQ*” (das Sternchen steht für alle weiteren, nicht explizit genannte Formen von Nicht-Heterosexualität).
Auch wird vorgeschrieben, wie “Diversity- und Queerkompetenz” in Verwaltung und Schulen durchgesetzt werden soll. Kurz: Es liest sich wie ein Katalog staatlicher Umerziehung und kultureller Hybris: Berlins Partnerstädte sollen kritisiert werden, wenn das wegen deren Verstößen gegen “LSBTTIQ*”-Normen nötig scheint. Übrigens: Sexistische Werbung will die Koalition sogar auf privaten Werbeflächen durch die Bildung eines “Expert*innengremiums” verhindern. Wie würden Wartende in einem Berliner Jobcenter wohl reagieren, wenn man ihnen vorlesen würde, mit welcher Leidenschaft sich ihre Regierung solchen Aufgaben widmet?
Kein Zweifel: Der Kampf für Minderheitenrechte ist ein aufklärerischer Akt. Sofern er aber blind ist für seine Wirkung auf Gruppen von Menschen, die diesen Kampf kritisch sehen, und blind ist für soziale Unterschiede, kann er die Gegner der Aufklärung stärken. Darin liegt seine gefährliche Dialektik.
Quelle: ZeitAnmerkung JK: Wie der Beitrag richtig erkennt ist die Problematik der Identitätspolitik, dass sie völlig blind ist für die soziale Frage und für die zunehmende soziale Polarisierung. Wären nun alle sogenannten “LSBTTIQ*”-Rechte verwirklicht, hätte sich dann irgendetwas an den ökonomischen und gesellschaftlichen Besitz- und Machtverhältnissen geändert? Was hier völlig unverständlich ist, wie kann man sich für die bedingungslose Gelichberechtigung einsetzen, aber völlig ignorieren, dass jeden Tag unter dem Hartz-IV System hunderttausende Bürger gedemütigt und schikaniert werden?
- Die reichen Wähler der AfD
Nicht besonders arm seien sie, die Wähler der AfD. Behaupteten zum Beispiel der »Stern« oder die »Zeit« neulich erst, weil es Forsa so in den Raum stellte. Mittels einer Studie hatte das Meinungsforschungsinstitut herausgefunden, dass es nicht die Armen und Abgehängten (wie man diese Leute etwas despektierlich nennt) sind, die ihre Stimme der Rechtspartei geben, sondern eben viel mehr Bessergestellte. Lassen wir mal außer Acht, worum es in der Studie konkret ging, also um die Analyse der Wählerschichten dieser Partei. Reden wir mal davon, wo für manche in dieser Gesellschaft Armut aufhört und Reichtum beginnt. Denn diese Bewertung sagt viel aus über die momentanen Zustände in unserer Gesellschaft.
Die Studie behauptete, dass die AfD-Wähler nicht so arm seien, wie gemeinhin behauptet, weil lediglich 28 Prozent von ihnen ein Haushaltsnettoeinkommen von unter 2.000 Euro zur Verfügung hätten. Bei den Nichtwählern hätten 45 Prozent so wenig Geld in der Haushaltskasse. Alle anderen Wähler der AfD liegen über der Schwelle von 2.000 Euro Nettoeinkommen pro Haushalt. Sie seien daher also im Grunde nicht mehr als arm anzusehen.
Wir sprechen hier, um es nochmals zu betonen, von Haushaltsnettoeinkommen. Wenn ein Wähler der AfD alleine lebt, also einen Singlehaushalt führt, und über dieses Geld für sich selbst verfügen kann, dann herzlichen Glückwunsch: Dann geht es ihm wohl nicht ganz so übel. Dann wäre er jedoch auch mit weniger als 2.000 Euro Nettoeinkommen noch gut dabei und kein armer Schlucker. Wenn aber aus einem Haushalt zwei Wähler und drei Nichtwähler in Erscheinung von Kindern leben, dann wären auch 2.500 Euro in dieser Kategorie keine Größenordnung, die von nicht vorhandener Armut kündet.
Quelle: neulandrebellen - Deutschland hat offenbar ein Problem mit meiner Identität
Deutsche mit Migrationshintergrund – und zwei Pässen – über die Debatte um die doppelte Staatsbürgerschaft […]
Alex Podlubnij (34) ist Webdesigner aus Berlin […] Mein weißrussischer und mein deutscher Pass sind für mich beide nur Papier. In Anbetracht des Rassismus in Deutschland habe ich seit Frühjahr 2014 schon öfter mit dem Gedanken gespielt, die deutsche Staatsbürgerschaft abzugeben.
Quelle: Bentodazu: „LOL, :D unabhängiges, freies Qualitätsmedium “Bento” (Mißgeburt des Spiegels, wie ich erst jetzt in Erfahrung gebracht habe) zensiert meine Meinung zum Thema doppelte Staatsbürgerschaft. Nach Ansicht dieser korrupten Schreiberlinge gäbe es keine Russophobie in Deutschland! :D
Den folgenden Text von mir hat der Autor der Bento-Redaktion zukommen lassen, er versichert, dass er das an Bento auch genauso rausgeschickt hat, wie mit mir vereinbart: “Mein weißrussischer und mein deutscher Pass sind für mich beide nur Papier. In Anbetracht der russophoben Propaganda und des Rassismus in Deutschland habe ich seit Frühjahr 2014 schon öfter mit dem Gedanken gespielt die deutsche Staatsbürgerschaft freiwillig abzugeben.“
Quelle: Alexander Podlubnij via FacebookAnmerkung Jens Berger: Ja, ja, der Spin aus dem Hause SPIEGEL. Da haben die jungen, hippen Volontäre bei Bento doch glatt alles (Russophobie, Lohndumping) aus dem Beitrag des weißrussisch-deutschen Webdesigners Alex Podlubnij herausgestrichen, das nicht in die bunte SPIEGEL-PR-Welt passt.Nach der Beschwerde (s.o.) von Alex Podlubnij hat Bento den gesamten Artikel einfach verschwinden lassen.
- Journalismus ist der tollste Beruf der Welt
Aber etwas ist schiefgelaufen. Wir Journalisten sind Teil des Establishments geworden. Es ist Zeit, das zu ändern.
Die Presse ist im 18. Jahrhundert entstanden, eine Erfindung der Aufklärung. Sie war das Instrument, mit dem das Bürgertum gegen Staat und Hof für Freiheit und Gerechtigkeit kämpfte. Es gibt ein paar Wegmarken, die zu den professionellen Genen eines Journalisten zählen. Dazu gehört der Tag, an dem Émile Zola im Jahr 1898 den unschuldig verurteilen Hauptmann Dreyfus in einem offenen Brief mit seinem flammenden “J’accuse” gegen die Staatswillkür verteidigt. Dazu gehören die Watergate-Enthüller Bernstein und Woodward, im berühmten Film von Dustin Hoffman und Robert Redford gespielt. Medien kontrollieren die Mächtigen, diese Aufgabe schien in Stein gemeißelt zu sein.
Doch genau hier setzte in den Neunzigern und zu Beginn der nuller Jahre das veränderte Selbstverständnis vieler Journalisten ein. Man träumte nicht mehr davon, gefürchtet zu werden, man wollte geachtet werden. Man war stolz darauf, wenn die Mächtigen nach einem riefen, wenn man bei der Macht am Tische saß und sie beraten durfte. Die Medien wurden Teil des Establishments, wie die Politik, die Wirtschaft oder die Verwaltung. Wenn Journalisten Geburtstage oder Hochzeiten feierten, rückten die Verantwortlichen der Gesellschaft auf die Gästelisten. Man wollte sich zur Elite zugehörig fühlen, man wollte sie nicht mehr kontrollieren. Das schließt sich ja auch aus: Wie bitte kontrolliert man sich selbst?
In diesen Zeiten schaffte der Journalismus übrigens weitgehend die sogenannten Sozialreportagen ab, also die Nahaufnahmen aus den unteren Milieus, die Geschichten, die soziale Missstände anprangerten. Ach nein, will doch keiner mehr lesen, weiß man doch eh, was drinsteht, immer diese Klischees. Man wollte lieber über seinesgleichen berichten, über die Leute, die man auf dem nächsten Empfang trifft und die man im Fernsehen sieht. Es wurde in den Medien viel zu oft ein Dialog zwischen Gleichgesinnten präsentiert, und das Problem war: Das große Bild, das Journalisten mit ihrer Arbeit zeichnen sollen, wurde immer kleiner und immer enger, und es wurde immer ähnlicher dem Bild, das schon die verantwortlichen Politiker und Wirtschaftsführer den Menschen präsentierten, tagein, tagaus. Es musste also fast so kommen: Die Leser und Zuschauer registrierten, dass die Journalisten ihre Rolle als Kontrolleure und unbestechliche Beobachter mehr und mehr verloren. Man wollte zu den Eliten gehören, also wurde man auch so wahrgenommen.
Quelle: ZEIT - Zu guter Letzt – Ratgeber: Alles, was Sie jetzt über Fake-News wissen müssen
Die Gefahr kommt aus dem Netz: Fake-News halten derzeit Deutschland in Atem. Doch was verbirgt sich eigentlich genau hinter dem englischen Begriff, der gerade durch alle Medien geistert? Und wie können Sie sich schützen? Der Postillon hat gewohnt seriös recherchiert und verrät Ihnen alles, was Sie jetzt über Fake-News wissen müssen:
Seit wann gibt es Fake-News?
Die erste überlieferte Fake-News findet sich bereits in der Bibel und wurde von einer Schlange über einen Baum “mit völlig ungefährlichen Früchten” verbreitet. Die Folgen für die ersten Menschen, die auf diese Meldung hereingefallen sind: Gottes Zorn, Rauswurf aus dem Paradies und fieser Durchfall im Schweiße ihres Angesichts.
Woher kommt der Begriff Fake-News?
Fake-News sind nach dem britischen Adligen Earl of Fake-News III. (1792-1844) benannt, weil er gerade zufällig vorbeikam, als man dringend einen Namen für Falschmeldungen und konzertierte Propaganda-Aktionen brauchte. Über die Jahrhunderte verschliff sich “Earl” über “Fearl”, “Faerlws” und “Fakerlws” zu “Fake-News” – der Begriff, den wir heute kennen.
Warum lese ich gerade jetzt so viel über Fake-News?
Weil sich rein zufällig gleichzeitig alle Medien im Zuge einer konzertierten Informationskampagne entschlossen haben, ganz viel über Fake-News und Manipulation aus dem Aus- bzw. Russland zu berichten, obwohl sie in Deutschland praktisch noch nie eine Rolle gespielt haben. Praktischer Nebeneffekt für Leuchttürme der Glaubwürdigkeite wie Spiegel.de, Bild.de, die Tagesschau oder focus.de: Wer über Fake-News berichtet, erscheint automatisch wie ein glaubwürdiger True-News-Verbreiter.
Quelle: Der Postillion