Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL)
Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Bundeshaushalt – Weltweite Rezession wird ignoriert
  • Zocker in Not
  • Wirtschaftsweiser für Senkung der Mehrwertsteuer
  • Billige Arbeitskräfte bauen teuren Cayenne
  • Strafvollzug in Deutschland: Im Keller der Gesellschaft
  • Die Kaste der Verlierer – das Schicksal der Leiharbeiter
  • Zeitungsforscher kritisiert Stellenabbau
  • Grünen-Spitze nur widerwillig für erneuerbare Energien
  • Lebensversicherungen im Stress
  • DGB warnt vor Anzapfen der Rentenrücklagen
  • Österreichische Pensionen: Staatsgarantie für Zweite Säule?
  • Versicherungsbranche in Deutschland leidet an Vertrauensdefiziten
  • Wie teuer ist Hartz IV tatsächlich?
  • Piratenangriff auf Diplomatie und Grundgesetz
  • Tiefensee: Beraterverträge unter der Lupe
  • Krach bei Eisenbahngewerkschaft – Transnet-Chef Krauß tritt ab
  • SPD: Der die Strippenzieher
  • Hartz IV: Harte Zeiten ab 2009
  • US-Demokraten wollen Wirtschaft mit Hunderten Milliarden Dollar ankurbeln
  • Kollektive Wut, Schock und Ungewissheit prägen Island
  • Günther Jauch – Jedermanns Liebling

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Ulrike Herrmann: Bundeshaushalt – Weltweite Rezession wird ignoriert
    Am Bundeshaushalt ärgert nicht nur, dass er die Wirklichkeit leugnet. Der Etat offenbart auch erneut, mit welchen Minisummen die Konjunktur angekurbelt werden soll.
    Wie damit Investitionen von 50 Milliarden Euro angestoßen werden sollen, bleibt das Rätsel der Bundesregierung.
    Es ist schon erstaunlich: Die Weltwirtschaft erlebt einen Abschwung, wie er in den letzten 80 Jahren nicht mehr vorgekommen ist. Der Niedergang verläuft rasend schnell und erfasst alle Industrieländer gleichzeitig. Die Branchen kippen wie die Dominosteine. Aber die Bundesregierung stellt gelassen einen Haushalt auf, als sei Normalität das Motto dieser Tage.
    Quelle: TAZ
  2. Zocker in Not
    Merckle, die LBBW und der Schluck aus der Pulle: Stuttgart erlebt derzeit ein Lehrstück über die Milliarden-Zockereien eines Familienunternehmers und die vielseitigen Geschäfte einer Landesbank.
    Was sich in diesen Tagen in Stuttgart abspielt, gleicht einem verzwickten Hütchenspiel. Es ist ein Lehrstück über die Milliarden-Zockereien eines Familienunternehmers, aber ebenso über die vielseitigen Geschäfte einer Landesbank. Schon seit vielen Jahren ist die LBBW Merckles Hausbank. Daran allein ist noch nichts Verwerfliches. Jedes Unternehmen braucht seine Hausbank. Sollte allerdings etwas an den Gerüchten dran sein, dass ausgerechnet Manager der Landesbank den Milliardär bei seinen Aktienwetten begleitet und ihm zu riskanten Optionsgeschäften geraten haben, hätte dies ein gewisses Gschmäckle. Denn dann wäre man zuerst beim Feuerlegen mit dabei gewesen – und müsste nun beim Löschen helfen. Wohlgemerkt: mit Steuergeldern. Denn auch die LBBW kommt, wie andere öffentliche Institute in München oder Düsseldorf, nicht mehr allein und ohne Milliardenhilfen durch die Finanzkrise. All das genügt schon, um sich die Geschäftsmodelle und -praktiken von Landesbanken – nicht nur der LBBW – einmal genauer anzuschauen.
    Nicht zuletzt auch wegen der besonderen Rolle der Landesbank im Fall des Adolf Merckle musste sich die Stuttgarter Landesregierung in den vergangenen Tagen die Verluste des Milliardärs etwas genauer ansehen. Denn: Würde Merckle fallen, hätte auch die Hausbank ein veritables Problem – im schlimmsten Fall würden Milliardenkredite platzen und in die Bilanzen der Landesbank hauen. In die Bilanzen jener Bank also, bei der das Land einer der Haupteigentümer ist.
    Quelle: SZ
  3. Wirtschaftsweiser für Senkung der Mehrwertsteuer
    Das Ringen um das Konjunkturpaket ist in vollem Gange: Erstmals hat sich mit Peter Bofinger nun ein Berater der Bundesregierung für eine deutliche Senkung der Mehrwertsteuer ausgesprochen. Zudem plädiert der Wirtschaftsweise für Steuerrückzahlungen, um den Konsum im Inland anzukurbeln. Mit Blick auf die Haushaltspläne der Großen Koalition riet Bofinger davon ab, die Nettokreditaufnahme kurzfristig wieder zurückzufahren. „Das Falscheste, was man jetzt machen könnte, wäre der Versuch, der durch die Rezession ansteigenden Neuverschuldung mit Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen entgegenzuwirken“, sagte er. „Damit würde wie Anfang der 30er Jahre die Gefahr einer Deflation heraufbeschwören.“
    Quelle: Berliner Morgenpost

    Anmerkung WL: So falsch es war die Mehrwertsteuer anzuheben, so richtig wäre es, sie wieder zu senken. England macht es vor. Fragwürdig sind allerdings allgemeine Steuerrückzahlungen. Die Bezieher niedriger Einkommen, die ihr ganzes Geld konsumieren (müssen), hätten davon gar nichts. Und ob diejenigen, die wirklich etwas von den Steuerrückzahlungen hätten, nicht eher sparen, statt zu konsumieren, ist eine offene Frage.

  4. Billige Arbeitskräfte bauen teuren Cayenne
    Im Leipziger Porsche-Werk produzieren die Angestellten nach FOCUS-Informationen für einen Hungerlohn den Luxusgeländewagen Cayenne. Ein Porsche-Manager fürchtet um das Image der Nobelkarossen.
    Nach FOCUS-Informationen verdienen die rund 140 Mitarbeiter, die die Luxusgeländewagen herstellen, zwischen 750 und 1000 Euro netto im Monat. Sie sind unter anderem für die Logistik in der Fabrik zuständig und unterstehen der Schnellecke-Unternehmensgruppe, die dem Wolfsburger Oberbürgermeister Rolf Schnellecke gehört.
    Aufgeschreckt wurden die Stuttgarter durch einen Brief der Schnellecke-Betriebsräte aus Leipzig, die sich über „gravierende Probleme hinsichtlich der Mitarbeitermotivation“ beklagten. In dem Schreiben an Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück hieß es: „Ausschlaggebender Punkt ist die geringe Bezahlung durch die Schnellecke GmbH Leipzig.“ Festangestellte bei Schnellecke bekämen monatlich zwischen 900 und 1000 Euro, Leiharbeiter zwischen 750 und 850 Euro netto bei einer 38-Stunden-Woche. Einem FOCUS vorliegenden Arbeitsvertrag zufolge beträgt der Stundenlohn für einen Leiharbeitnehmer 5,77 Euro brutto. Durch eine Zulage von 0,84 Euro kommt er auf 6,61 Euro pro Stunde.
    Der Schnellecke-Niederlassungsleiter in Leipzig, Bernd Fuseler, betonte, sein Unternehmen halte sich an den Haustarifvertrag, der mit der Gewerkschaft Verdi abgeschlossen worden sei.
    Quelle: FOCUS
  5. Der Wert der Freiheit: Elf Euro
    Wer zu Unrecht im Gefängnis saß, erhält oft weniger Schadenersatz als Urlauber, denen das Hotel zu laut oder schmutzig war. Als das Entschädigungs-Gesetz 1971 erlassen wurde, gab es zehn Mark für jeden Tag, den ein Justizopfer zu Unrecht eingesperrt war. 1987 wurde der Betrag verdoppelt, bei der Euro-Umstellung leicht aufgerundet. Der Berliner Anwaltverein spricht von “blankem Hohn”: Elf Euro für Ohnmacht und Demütigung? Für den Verlust der Freunde, womöglich der Familie? Elf Euro für die Selbstmordgedanken, für die Schatten auf der Seele?
    Quelle: SZ
  6. Strafvollzug in Deutschland: Im Keller der Gesellschaft
    Strafvollzug kümmert kaum noch jemanden, Resozialisierung ist kein Thema mehr. Es gilt das Motto: aus den Augen, aus dem Sinn. Das ist kurzsichtig, weil bloßes Einsperren gar nichts löst: Gefangene bleiben nicht ewig Gefangene. Morgen sind sie wieder Nachbarn – nicht alle, nicht die Schwerkriminellen, aber die meisten.
    Warum ist das kein Thema? Die soziale Bedürftigkeit der Gesellschaft insgesamt hat zugenommen. Es gibt neue Armut außerhalb der Gefängnisse – Hartz-IV-Gestrandete, Ausländer, Flüchtlinge. Der Keller der Gesellschaft hat etliche neue Stockwerke bekommen. Häftlinge sitzen jetzt noch weiter unten, sie werden noch weniger beachtet als früher. Es gibt also eine neue Konkurrenz des Elends.
    Quelle: SZ
  7. Die Kaste der Verlierer – das Schicksal der Leiharbeiter
    Und die Zahl der Betroffenen in Deutschland steigt stetig. Eine Arbeitnehmerschaft auf Zeit – auf Abruf. Eine Gruppe, die schlechtere Bezahlung hinnehmen muss, die spürt, dass sie nur 2. Klasse ist. Und die Gesellschaft akzeptiert, dass Leiharbeiter ausgegrenzt und abgehängt werden. Jahrelang wurde diese Entwicklung vorangetrieben: die sogenannte “Flexibilisierung am Arbeitsplatz”. “Fördern statt Fordern” ist schließlich das Motto der Hartz-Gesetze. Das Ergebnis ist eine Kaste von Recht- und Machtlosen, die vor allem jetzt in der Krise, leichte Opfer sind.
    Quelle 1: ARD-Panorama (Text) [PDF – 44 KB]
    Quelle 2: ARD-Panorama (Video)

    Anmerkung Martin Betzwieser: Leider halbherzig – Bundessuperminister a.D. Wolfgang Clement kommt zu Wort. Seine Verflechtungen zur und Posten in der Zeitarbeitsbranche werden nicht erwähnt.

  8. Zeitungsforscher kritisiert Stellenabbau
    Horst Röper hat angesichts von drohendem Stellenabbau in den Medien vor einem dramatischen Verlust journalistischer Qualität gewarnt. Die Meinungsvielfalt sei in Deutschland längst in Gefahr, sagte der Zeitungsforscher.
    Quelle 1: Deutschlandradio Kultur (Text)
    Quelle 2: Deutschlandradio Kultur (Podcast)
  9. Grünen-Spitze nur widerwillig für erneuerbare Energien
    Es mutet schon etwas merkwürdig an, wenn Deutschlands Öko-Partei darüber streitet, ob sie – zugunsten besserer Möglichkeiten mitzuregieren – auf neue Kohle- und Gaskraftwerke oder ob sie im Sinne ihrer Wähler und Anhänger auf erneuerbare Energien setzt. So versuchten mehrere grüne Energiepolitiker um den Bundestagsabgeordneten Hans-Josef Fell gegen den ausdrücklichen Willen sowohl des Partei- als auch des Fraktionsvorstands der Grünen, eine beschleunigte und vollständige Umstellung Deutschlands auf erneuerbare Energie zum Programm zu machen. Bis 2030 sollten 100 Prozent des Stroms mit erneuerbaren Energien erzeugt werden, forderte Fell. Herausgekommen ist am 14. November auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen in Erfurt ein Kompromissvorschlag des ehemaligen Bundesumweltministers Jürgen Trittin, der die Energiewende auf die lange europäische Bank schiebt. Nach langer, sehr intensiver und kontroverser Debatte wurde beschlossen, dass “spätestens” im Jahr 2050 in Europa eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien realisiert werden müsse. Man wolle sich aber “anstrengen, Strom 2030 komplett erneuerbar zu erzeugen”. Für Trittin, grüner Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, und Cem Özdemir, neuer Parteichef, bleibt somit genügend Raum, nach der Wahl fossil-nukleare Kompromisse mit der SPD oder auch mit der Union zu finden.
    Quelle: ngo-online
  10. Versicherungsbranche in Deutschland leidet an Vertrauensdefiziten
    Wenige Wochen vor Einführung des Gesundheitsfonds leiden Krankenversicherungen und Versicherungsunternehmen allgemein unter einem latenten Vertrauensdefizit. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchungen des “MRI Vertrauensbarometers Deutschland” in Kooperation mit der Zeppelin Universität (ZU) Friedrichshafen und dem Internationalen Centrum für Franchising und Cooperation (F&C) der Universität Münster.
    Demnach fehlt es 80 Prozent der Befragten inzwischen grundsätzlich an Vertrauen in die Versicherungsbranche. Zugleich geben jedoch 96 Prozent der Befragten an, dass ein hohes Vertrauen zu ihrer Versicherung eigentlich notwendig sei, um überhaupt mit ihr Geschäfte zu machen.
    Nicht viel besser sieht es mit der Einschätzung zur Kompetenz von Versicherungen aus: 61 Prozent der Befragten sprechen Versicherungen keine ausdrückliche Kompetenz zu. Und auch die Kompetenz der Angestellten ist aus der Sicht der Kunden stark verbesserungsbedürftig: Die Aussage, “Die Mitarbeiter wissen generell nicht so viel, wie sie wissen sollten”, wird von 56 Prozent der Kunden bejaht. Darüber hinaus wird die Ehrlichkeit der Unternehmen selbst stark angezweifelt. Der Aussage, “Versicherungsunternehmen sind die ehrlichsten Unternehmen, die ich kenne”, stimmen nur sechs Prozent der Befragten zu. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Einschätzung zur Ehrlichkeit der Mitarbeiter. Lediglich neun Prozent der Befragten stimmen der Aussage “Versicherungsangestellte würden nicht übertreiben” zu, und über 86 Prozent sind der Meinung, keine objektiven Informationen zu bekommen. Ein schlechtes Bild ergibt sich überdies beim Thema Verlässlichkeit: Lediglich knappe 30 Prozent der Befragten geben an, dass sie meinen, sich allgemein auf Versicherungsunternehmen verlassen zu können. Nur 15 Prozent der Befragten schließlich sehen Versicherungen als Problemlöser.
    Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.

    Anmerkung KR: Ob die Aufklärung doch Fortschritte macht?

  11. Lebensversicherungen im Stress
    Die meisten Kunden der deutschen Lebensversicherer werden erst im Laufe des Dezembers erfahren, wie hoch ihre Guthaben im nächsten Jahr verzinst werden. Der Direktor der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) Thomas Steffen, Deutschlands oberster Versicherungsaufseher, wird dagegen schon in einigen Tagen ein genaues Bild der Branche haben. Er hat die Lebensversicherer zur Auskunft über ihre Standfestigkeit in der Finanzkrise und ihre Pläne für die Verzinsung aufgefordert. Bis Ende November müssen die Gesellschaften antworten und offenlegen, wie hart sie von der Krise betroffen sind und ob sie einen weiteren Kursverfall auf den Aktienmärkten aushalten können.
    Mancher Vorstand dürfte bei dem Gedanken an den bevorstehenden Stresstest schon jetzt ins Schwitzen geraten. In der Branche wird kolportiert, die Aufsicht habe drei Kranken- und drei Lebensversicherer im Visier, die als Testversager in Frage kommen. Details und Namen sind im Umfeld der Aufsicht allerdings noch nicht zu hören. Wer den Test nicht aushält, ist zur Zusammenarbeit mit den Aufsehern gezwungen. Unwillige bekommen die Instrumente gezeigt: Die Bafin kann bei finanzschwachen Gesellschaften riskante Geschäfte untersagen. Sie kann zur Aufnahme von Kapital auffordern oder die Suche nach einem strategischen Partner anregen.
    Gelingt das im weiteren Verlauf einer Krise nicht, kann das Neugeschäft untersagt werden, der Vorstand ausgewechselt und ein Sonderbevollmächtigter entsendet werden. Und am Ende stehen die Schließung und die Auffanggesellschaft Protektor.
    Quelle: FAZ
  12. Österreichische Pensionen: Staatsgarantie für Zweite Säule?
    Eine staatliche Kapitalgarantie für das von den Pensionskassen verwaltete Kapital fordert der Schutzverband der Pensionskassenberechtigten.
    Quelle: VersicherungsJournal Österreich

    Anmerkung KR: Wir verweisen erneut auf das Mackenroth-Theorem.

  13. DGB warnt vor Anzapfen der Rentenrücklagen
    Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält die Forderung, die Rentenbeiträge schon 2009 zu senken, für gefährlichen Populismus. “Die Arbeitgeberverbände gaukeln den Beschäftigten milliardenschwere Entlastungen vor, leider mit ungedeckten Schecks, die letztlich zu höheren Belastungen führen”, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach dem Tagesspiegel. Es sei “absolut kurzsichtig”, die Rücklagen der Rentenversicherung anzapfen zu wollen.
    Quelle: Tagesspiegel
  14. Piratenangriff auf Diplomatie und Grundgesetz
    In Deutschland ist eine alte Debatte neu entbrannt: Sollen Angehörige der Bundesmarine die Befugnis erhalten, Piraten festzunehmen? Eine solche Verquickung von Militär- und Polizeiaufgaben verbietet das Grundgesetz bisher. Politiker der Unionsparteien nutzen die Gunst der Stunde nun für einen neuen Vorstoß, die Trennung der Zuständigkeiten aufzuheben. Was in letzter Konsequenz bedeutet: Sie wollen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren nach mehrmaligem Scheitern nun an der Küste vor Somalia durchsetzen.
    Wie unausgegoren das gesamte Vorhaben ist, wird schon bei einem flüchtigen Blick klar. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion weist zwar darauf hin, dass “die Atalanta-Mission zügig auf den Weg gebracht werden” müsse. Zugleich existiert auf EU-Ebene bislang nicht ein einziges Dokument, das die deutschsprachige Öffentlichkeit über Ziele und Risiken aufklärt.
    So verfestigt sich der Eindruck des militärischen Aktivismus. Angesichts des nahenden Regierungswechsels in den USA wächst offenbar auch bei Fürsprechern einer militärischen gestützten Außenpolitik in Europa die Angst vor einem Paradigmenwechsel. Nicht mehr die Waffengewalt könnte künftig entscheidend sein, sondern das Primat von Politik und Diplomatie. Für die Rüstungsindustrie würde das ein Ende lukrativer Jahre bedeuten, in denen kaum ein Monat verging, ohne dass eine neue Waffengattung für den “Kampf gegen Terroristen” vorgestellt wurde.
    Quelle: Telepolis
  15. Tiefensee: Beraterverträge unter der Lupe
    Die enge Zusammenarbeit des Bundesverkehrsministeriums mit der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) wird offenbar zu einer Belastung für Minister Wolfgang Tiefensee (SPD). Sein Ministerium habe PwC Ende Oktober ohne Ausschreibung die Verlängerung eines lukrativen Vertrags angeboten, berichtete das Hamburger Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” vorab am Samstag.
    Die Unternehmensberatung solle bis Ende 2010 weiterhin prüfen, ob die Anträge deutscher Reeder auf staatliche Zuschüsse zur Senkung der Lohnnebenkosten berechtigt seien. Der Bund habe im vergangenen Jahr fast 50 Millionen Euro für diese Subvention ausgeschüttet, PwC habe für die Abwicklung etwa 700 000 Euro Gebühren kassiert.
    Quelle: FR
  16. Jeder muss ans Netz
    Beim Ausbau der Infrastruktur sollte gelten: Auch was sich nicht rechnet, kann sinnvoll sein. Die Hoheit über Strom-, Gas- und Datenleitungen muss in den Händen des Staats liegen.
    Quelle: FR
  17. Krach bei Eisenbahngewerkschaft – Transnet-Chef Krauß tritt ab
    Dass die Gewerkschaft aber offenbar nicht nach der Devise “Weiter so” verfahren will, ging aus der Erklärung von Krauß hervor. Der Noch-Vorsitzende schrieb: Transnet müsse “die Politik auffordern, nicht nur krampfhaft über das Beschaffen von Geld durch Verkauf von Bahnaktien nachzudenken, sondern endlich die Arbeitnehmer zu schützen”. Die wären nämlich die Verlierer eines “ungebremsten Wettbewerbs auf der Schiene”. Erstmals also ging die Gewerkschaft auf Distanz zum Börsengang – wahrscheinlich zum Entsetzen des Bahn-Vorstands, vielleicht zur Erleichterung ihrer Mitglieder.
    Quelle: SZ
  18. Wie teuer ist Hartz IV tatsächlich?
    Dem Vernehmen nach haben sie im Haushaltsausschuss einmal richtig gelacht: Als Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) versicherte, dass der Ansatz für die Hartz-IV-Ausgaben natürlich realistisch sei – und es dann bei der Frage nach den Fehleinschätzungen der vergangenen Jahre ein wenig peinlich wurde. Tatsächlich lagen die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II im Jahr 2006 um zwei Milliarden über dem Haushaltsansatz. 2007 hatte sie das Ministerium um 1,25 Milliarden unterschätzt. Und selbst im Aufschwungjahr 2008 erwies sich seine Hartz-IV- Prognose als viel zu optimistisch. Obwohl die Arbeitslosenzahl erstmals seit 16 Jahren unter drei Millionen sank, fehlen im aktuellen Etat für Langzeitarbeitslose wieder 800 bis 900 Millionen Euro. Wenn man für Hartz IV schon in Zeiten eines brummenden Arbeitsmarktes mindestens 21,7 Milliarden benötige, fragt der Chef des Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), wie wolle man dann bei dem prognostizierten Abschwung im nächsten Jahr mit 1,45 Milliarden weniger auskommen?
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Der Skandal ist doch nicht, dass Scholz sich verschätzt hat, sondern dass es anscheinend als selbstverständlich erachtet wird, dass die Mehrausgaben für Arbeitslosengeld II  bisher stets durch geringere Ausgaben für Arbeitsmarktpolitik gegenfinanziert worden sind. Wenn dies den haushaltspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Steffen Kampeter, stört, hat er doch als Koalitionspartner die Möglichkeit, solche Einsparungen abzustellen. Vielleicht klappt es dann ja auch mit der effektiveren Vermittlung der Arbeitslosen und damit letztlich auch mit den Einsparungen.

  19. Hartz IV: Harte Zeiten ab 2009
    Die Bedingungen werden sich aufgrund der “Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente” (Instrumentenreform) im kommenden Jahr für Hartz IV Betroffene entscheidend verschlechtern. In kurzen Worten bedeutet dies mehr Sanktionen, weniger Rechte und mehr umstrittene Ein-Euro-Jobs.
    Im November dieses Jahres hatte das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter Olaf Scholz (SPD) eingebrachtes “Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente” die erste Lesung im Bundestag passiert. Die Umgestaltung der Hartz IV Gesetzgebungen wird zum ersten Januar 2009 erfolgen. Schon jetzt ist abzusehen, dass es aufgrund der “Neuausrichtung” zu zahlreichen Klagen vor den Gerichten kommen wird.
    Laut des Papiers zur “Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente” werden die Zumutbarkeitskriterien für die Übernahme jedweder Arbeit weiter verschärft. Betroffene, die vom Arbeitslosengeld II (ALG II) abhängig sind, müssen beispielsweise einen “Minijob” (400 Euro) sowie einen Ein-Euro-Job annehmen – wenn dieser nach Auffassung der ARGE eine bessere Vermittlungschance in eine unbefristete Arbeit darstellt. Schon hier gehen oft die Auffassungen der Betroffenen und der zuständigen Sachbearbeiter weit auseinander.
    Bei den “Eingliederungsvereinbarungen”, die ALG-II-Bezieher bei den ARGEn/Jobcentern unterschreiben müssen, werden künftig die verschärften Regelungen enthalten. Lehnt der Hartz IV- Betroffene eine solche “Eingliederungsvereinbarungen” ab, hat ein Widerspruch gegen den dann folgenden Verwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung mehr. Das galt bereits vorher für alle Leistungs- und Überleitungsbescheide der Grundsicherungsträger und soll nunmehr auch für alle Bescheide gelten, mit denen Leistungen zurückgenommen, widerrufen, herabgesetzt, Pflichten aufgegeben und zur Beantragung einer vorrangigen Leistung oder persönlichen Meldung aufgefordert wird.
    Mit den geplanten Regelungen wird auch das Arbeitslosengeld I (ALG I) ins Visier genommen. Vorgesehen sind verschärfte Sperrfrist-Regelungen, Kürzungen bei Fortbildungsmaßnahmen und die Zusammenfassung von Beförderungs-, Bewerbungs- und Mobilitätskosten in ein sogenanntes “Vermittlungsbudget”, das unterm Strich vermutlich deutlich weniger ausmacht. Das alles, obwohl die Arbeitslos-gewordenen jahrelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.
    Quelle: gegen-hartz.de
  20. Wahnsinn mit Methode
    Wenn der Postmann nicht mehr klingelt. Arbeit frisst Beschäftigte förmlich auf. Eine Million Überstunden allein für hessische Briefsendungen. Was die Gewerkschafter beklagen, ist direkte Folge der Privatisierung der früheren Deutschen Bundespost und ihres Drangs nach Expansion in den weltweiten Logistikmarkt. So müssen die deutschen Postler jetzt auch mit dafür bluten, daß sich die Konzernlenker mit dem Erwerb des US-Logistikers DHL gründlich verkalkuliert haben und Verluste verbuchen.
    Quelle: Junge Welt
  21. Sachsen: Tillichs Vergangenheit bringt CDU in Erklärungsnot
    Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat nach 1989 eine mustergültige Karriere in der sächsischen CDU gemacht. Doch ein Papier über seine Vergangenheit in der Ost-CDU legt nahe, dass die “Blockflöte” Tillich das SED-Regime unterstützte. Das legt jedenfalls eine Publikation nahe, die in den nächsten Wochen erscheint. Autor des „Sonate für Blockflöten und Schalmeien“ genannten Reports, der dieser Zeitung in Rohfassung vorliegt, ist ein sächsischer Landtagsabgeordneter, der schon die Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf und Georg Milbradt bis zur Weißglut reizte – der Sozialdemokrat Karl Nolle. Der Dresdner Druckereibesitzer mit niedersächsischen Wurzeln hat monatelang biografische Fakten gesammelt. Sie betreffen nicht allein Tillich, sondern auch andere CDU-Größen im Freistaat.
    Die Ost-CDU ist mit Ex-Kadern durchwachsen.
    Quelle: WELT

    Anmerkung WL: Das wäre eigentlich keinen Hinweis wert, wenn nicht die CDU immer wieder Steine aus dem Glashaus würfe.

  22. SPD: Der die Strippen zieht
    Dem konservativen SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs sind viele Mittel recht, wenn sie ihn nur voranbringen. Nun steht er im Verdacht, einen Parteifreund um sein Mandat gebracht zu haben.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung KR: Gegen Ende lässt der Artikel auf inzwischen leider ZEIT-typische Weise deutlich nach. Insgesamt wird die Person Johannes Kahr darin aber wohl durchaus angemessen gewürdigt.

  23. Falschaussage in den 80ern: Spätes Geständnis eines Polizisten
    Eine Abgeordnete wird wegen Beamtenbeleidigung angezeigt und verurteilt. 25 Jahre später gesteht ein Polizist: “Wir haben gelogen”. Er und der Anwalt erinnern sich.
    Quelle: TAZ
  24. DGB-Gewerkschafter beteiligen sich an Demo in Straßburg
    Für ein sozialeres Europa werden am 16. Dezember zehntausende Gewerkschafter in Straßburg am Sitz des Europäischen Parlaments demonstrieren. Aus Deutschland werden mindestens 3.000 Teilnehmer zu der Kundgebung erwartet, zu der der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB), der DGB und seine europäischen Schwestergewerkschaften aufgerufen haben. Ein Anlass für die Demonstration sind die für Mitte Dezember geplanten Entscheidungen des Europäischen Parlaments über die Rechte Europäischer Betriebsräte, die Verschlechterung der Arbeitszeitregulierung sowie über die Mitbestimmung in europäischen Unternehmen.
    Der DGB verlangt in einem am Dienstag in Berlin veröffentlichten Aufruf u.a. den Vorrang sozialer Grundrechte vor wirtschaftlichen Binnenmarktfreiheiten, bessere Arbeitnehmerrechte in Europa, gleichen Lohn für gleiche Arbeit sowie das Verbot von Lohn- und Sozialdumping. Zudem müssten die Rechte europäischer Betriebsräte und die Mitbestimmung in europäischen Unternehmen ausgeweitet sowie die Finanzmärkte wirkungsvoll reguliert werden.
    Quelle: DGB
  25. US-Demokraten wollen Wirtschaft mit Hunderten Milliarden Dollar ankurbeln
    Der Gefahr einer gigantischen Wirtschaftskrise in den USA will Barack Obama mit einem massiven Konjunkturprogramm begegnen. Bis zu 700 Milliarden Dollar sollen dazu benötigt werden, sagte der einflussreiche Senator Schumer, seine Parteifreundin Pelosi äußerte sich ähnlich.
    Quelle: SPIEGEL
  26. Kollektive Wut, Schock und Ungewissheit prägen Island
    Die rasante Abwertung der isländischen Krone, die Verstaatlichung des Bankensektors, zweistellige Teuerungsraten, steigende Arbeitslosigkeit und eine erdrückende Schuldenlast – all das hat auf Island Konsternation ausgelöst.
    Quelle: NZZ

    Zur Erinnerung dazu:

    OECD Economic Survey of Iceland 2006:
    Iceland’s growth performance has considerably improved since the mid-1990s thanks to the widespread implementation of structural reforms. Financialmarket liberalisation and privatisation, for example, have fostered entrepreneurship and investment.
    Quelle: OECD

  27. Jedermanns Liebling
    Günther Jauch ist Spiegelbild dieser Gesellschaft, gleichzeitig – man betrachte die Sendekonzepte, die unter seiner Ägide entstehen – ebenso Verdummer und kommerzialisierter Medienliebling, der knallhart solche “Qualitäten” aufweist, die die Apologeten des homo oeconomicus als erstrebenswert erachten. Der Liebling der Massen ist vor allem der Liebling der Eliten, ein Aushängeschild und wortgewandter Vertreter elitären Lebensentwurfes – seinem bekannt gewordenen Sparsamkeitssinn, der zum Geiz neigen soll, zum Trotz. Oder gerade deshalb: Denn da lugt der Spießbürger hervor…
    Quelle: ad sinistram – ein oppositioneller Blog

    Siehe dazu auch: Ein Glück für die demokratische Meinungsbildung, dass Jauch nicht auch noch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auftritt.

  28. Zu guter letzt:

    Gestern abend haben wir Tränen gelacht. Es betraf folgende Meldung, die bei n-tv auch im Videotext zu lesen war:

    Die somalischen Piraten haben sich ihrerseits einer Zeitung zufolge über die horrenden Kosten beschwert, die mit der Entführung des saudi-arabischen Supertankers verbunden gewesen seien. Die Verschleppung der “Sirius Star” habe 500.000 Dollar verschlungen, sagte Dschamii Adam der arabischen Zeitung “Asharq al-Awsat”. Der Betrag sei für Gehälter und Hinweise ausgegeben worden. Daher sei das geforderte Lösegeld auch keineswegs überzogen.

    Quelle: Blog Weissgarnix

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