Hinweise des Tages (2)

Ein Artikel von:

(KR/WL)

Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Thomas Fricke – Weltökonom statt Ramschexperten
  • Finanzkrise : Deutschland auf der Kippe
  • Professor (Un-) Sinn: “Die Finanzkrise gibt der Rezession besonderen Schub”
  • Droht eine europäische Lohnsenkungsspirale?
  • “Ohne den Nationalstaat geht nichts”
  • Nachtrag zu „Die Verflechtung der Politik mit dem Casino-Betrieb der Finanzwirtschaft ist enger und älter als wir denken – wir zahlen schon seit 2000 für die Wettschulden“
  • Im Angesicht des Regelsatzes
  • Steinbrück unterstützt Callcenter-Aus
  • Nachzahlung bei befristeten Renten möglich
  • Klaus C. Engelen zum Tode von Günther Schleiminger

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Thomas Fricke – Weltökonom statt Ramschexperten
    Nach Jahren wirtschaftspolitischer Nabelschau wirken Deutschlands Ökonomen in der aktuellen Globalkrise ziemlich wortkarg. Die anstehende Nachfolge des Chefsachverständigen wäre die Gelegenheit für einen Neustart. In den USA werden die wirtschaftspolitischen Debatten von Makroökonomen wie Finanzministerkandidat Larry Summers geprägt. In Deutschland gibt es Finanzminister, die schon Schwierigkeiten mit dem unaufgeregten makroökonomischen Gedanken haben, dass ihnen der Haushalt erst recht um die Ohren fliegt, wenn sie jetzt kein Konjunkturpaket auflegen und die Rezession laufen lassen, weil die Schulden dann krisenbedingt steigen. Die Regierung sollte die Nachfolge Rürups nutzen, um die Neuorientierung zu beschleunigen. Und klarmachen, dass nur Kandidaten infrage kommen, die sich mit den großen Problemen der Welt beschäftigen. Wie einst Herbert Giersch. Diese könnten auf absehbare Zeit um einiges wichtiger sein als die x-te Reform im deutschen Sozialsystem, für die es schon Tonnen Gutachten und etliche Sondergremien und Expertenkommissionen gibt. Laut Gesetz von anno 1963 soll der Rat vor allem die “gesamtwirtschaftliche Entwicklung” begutachten – und sagen, wie man für stabile Preise, viel Beschäftigung und wenig außenwirtschaftliche Ungleichgewichte bei angemessenem Wachstum sorgt.
    Quelle: FTD

    Anmerkung Orlando Pascheit: So richtig das von Fricke formulierte Anliegen für uns alle ist, es wird durch den üblichen Tribut an den Zeitgeist getrübt. Kann es tatsächlich für einen Chefsachverständigen wichtig sein, sich darin auszukennen, “wie man Hartz-IV-Empfängern noch etwas mehr Druck macht oder Arbeitslosenversicherungsbeiträge senkt.” Dafür reichen Clement und Konsorten doch allemal. – Ein Punkt, der allerdings nicht nur von Fricke immer wieder überbetont wird, ist die Messung der deutschen Exportabhängigkeit oder auch Wettbewerbsfähigkeit (je nach dem) durch die Exportquote (2007: 46,6%). Zur Erinnerung: Hier werden Wertschöpfungs-(BIP) und Umsatzgrößen (Exporte) in das Verhältnis gesetzt. Dabei stellt sich z.B. die Frage nach Doppelzählungen bei Mehrfachgrenzüberschreitungen eines Produkts oder nach dem Importanteil an den Exporten. Interessant für Beschäftigung und Einkommen sind die Wertschöpfungsanteile.

  2. Finanzkrise : Deutschland auf der Kippe
    Erst die Banken, dann die Automobilhersteller und nun die Chemie: Welche Branche erschrickt als nächste? Ausgerechnet der Einzelhandel avanciert zum Fels in der Brandung. Keiner weiß welche Branche als nächstes in den Sog des weltweiten Abschwunges gerät.
    Klar ist nur: Die globale Schockstarre trifft den Exportweltmeister hart !
    Quelle: FR
  3. Professor (Un-) Sinn: “Die Finanzkrise gibt der Rezession besonderen Schub”
    Sinn: Die Rezession fängt ja jetzt erst an. In Frühindikatoren wie dem Ifo-Index hat sie sich zwar schon seit einem dreiviertel Jahr sehr deutlich angekündigt, aber wir stehen immer noch erst am Beginn einer wirtschaftlichen Flaute, die sich im nächsten Jahr weiter auswachsen und alle großen Wirtschaftsbereiche erfassen wird.

    Wir erstellen gerade die neue Prognose, die im Dezember vorgestellt wird. Voraussichtlich werden wir eine negative Zahl für 2009 prognostizieren….
    Die Regierungen sollten Gewehr bei Fuß stehen und echte Konjunkturprogramme mit Steuersenkungen und Infrastrukturinvestitionen entwickeln, diese aber jetzt noch nicht anwenden, sondern abwarten, bis das Feuer zu erlöschen droht. Konjunkturprogramme sind immer nur Strohfeuer. Sie haben eine nützliche Funktion, um das Feuer wieder in Gang zu bringen, wenn es zu erlöschen droht. Aber im Moment ist das noch nicht der Fall.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung WL: An diesem Interview ist einiges bemerkenswert: Es zeigt die Widersprüche des Professors Sinn: Einerseits Rezession (und das schon länger erkennbar), andererseits abwarten „bis das Feuer zu erlöschen droht“. Bewundernswert sind auch die Volten, die der bisherige Marktapologet im Hinblick auf staatliche Interventionen (z.B. in England) und im Hinblick auf Konjunkturprogramme überhaupt schlägt.

  4. “Ohne den Nationalstaat geht nichts”
    Der Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser: „In unzähligen Universitätsseminaren wurde nachgewiesen, dass der Nationalstaat im Prozess der Globalisierung aufgehoben wird. Man hätte sich diese Seminare schenken können. Der Nationalstaat ist der Akteur. Er ist souverän, im Sinne von Carl Schmitt, weil er über den Ausnahmenzustand gebietet. Die Finanzkrise hat gezeigt, dass im Ernstfall nur der Nationalstaat handlungsfähig ist – sonst niemand.“
    Quelle: TAZ
  5. Nachtrag zu „Die Verflechtung der Politik mit dem Casino-Betrieb der Finanzwirtschaft ist enger und älter als wir denken – wir zahlen schon seit 2000 für die Wettschulden

    Wir erinnern an zwei Beiträge zum selben Thema von Hans Thie im Freitag aus dem Jahr 2003:
    Schrottplatz Staat – Wie deutsche Großbanken versuchen, ihre Risiken zu entsorgen
    Dem Morgenrot entgegen – Gemeinsam begehen die deutschen Großbanken den Mai als Kampfmonat für mehr Eigenkapital und billigere Refinanzierung

  6. Droht eine europäische Lohnsenkungsspirale?
    In der gesamten EU sind die gesamtwirtschaftlichen Lohnkosten pro Umsatzeinheit (reale Lohnstückkosten) von 2000 bis 2006 um 2,5 % gesunken, in Deutschland dagegen um 7,5 %. Die Frage ist, wie es sich auswirken würde, wenn diese Lohnzurückhaltung im Zeichen des Standortwettbewerbs in der gesamten EU nachvollzogen würde, angesichts ihres deutlichen negativen Einflusses auf die Binnennachfrage in den Mitgliedstaaten. Bislang beschränken Belgien, Dänemark, die Niederlande, Schweden und das Vereinigte Königreich ihre verstärkte Lohnzurückhaltung auf den Bereich ihrer Industrie. Das fördert den Export, ohne die Binnennachfrage wesentlich zu beeinträchtigen.

    Solange die deutsche Lohnzurückhaltung von den europäischen Standortkonkurrenten nicht nachvollzogen wird, stärkt sie die deutschen Exporte, allerdings ohne den erhofften positiven Einfluss auf die deutsche Beschäftigung. Wenn aber die gesamtwirtschaftliche Lohnzurückhaltung in der gesamten EU Schule machen würde, dann verschwänden die europäischen Exportvorteile Deutschlands, während die gesamte europäische Binnennachfrage geschwächt würde, was die deutschen EU-Exporte zusätzlich beeinträchtigen würde. Insgesamt wäre das Ergebnis einer europäischen Lohnzurückhaltung schädlich für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland wie in der gesamten EU.

    Es besteht die Gefahr einer Spirale wachstumshemmender Lohndrosselungen in der EU. In der EU wird Lohnpolitik bislang überwiegend unter dem Gesichtspunkt der Inflationsvermeidung betrachtet. Aber die Lohnentwicklung ist nicht nur ein Thema der Geldpolitik, sondern ebenso der Beschäftigungspolitik. Ihre zunehmende Bedeutung für Wachstum und Beschäftigung in der EU gehört dringend auf die Agenda der EU. Von Prof. Thomas von der Vring.
    Quelle: Friedrich Ebert Stiftung [PDF – 832 KB]

    Anmerkung KR: In diesem Zusammenhang sei noch einmal auf des Autors Wachstums-Observatorium verwiesen.

  7. Im Angesicht des Regelsatzes
    Jahrelang gab es kaum kritische Berichterstattung, gab es, ganz im Gegenteil, lediglich Propagandajournalismus in Sachen Arbeitslosengeld II. Allerlei Zumutungen mußte man darüber lesen: angefangen bei der platten Agitation von Seiten jener bekannten Tageszeitung, bis hin zu Sticheleien – auch in bürgerlicheren Medien – über die angeblich fürstliche Höhe des Regelsatzes.

    Nun aber, da sich herausstellt, dass es vielleicht doch den einen oder anderen treffen könnte, ist von der vielpostulierten Freude des Arbeitslosendaseins nicht mehr viel übriggeblieben.

    Wer aber Unrecht und untragbare, unmenschliche Zustände erst durch sich selbst, durch die Wahrnehmung am eigenen Körper, an der eigenen Existenz erkennt, der erkennt auch nur sich selbst, dient nur sich selbst; der erkennt aber nicht das Untragbare, welches am Nächsten geschieht. Es ist nur barmherzig daherkommende Egozentrik…
    Quelle: ad sinistram

  8. Steinbrück unterstützt Callcenter-Aus
    Peer Steinbrück befürwortet die Pläne der Deutschen Telekom, den Großteil ihrer Callcenter zu schließen. Zudem hat der SPD-Minister dem Telekom-Vorstand einen Freibrief auch für künftige Sparmaßnahmen – und damit Personalabbau – erteilt. “Die Entscheidung zur Neustrukturierung der Callcenter-Standorte obliegt allein dem Vorstand”, schreibt Steinbrück an den Verdi-Bundesvorstand. Das berichtet das manager magazin in seiner neuen Ausgabe, die am Freitag (21. November) erscheint.
    Quelle: Manager-Magazin

    Anmerkung WL: Ein typisches Beispiel, wie der nach wie vor der größte Anteilseigner Bund (KfW-Anteil 17,3 %, der Bund hält 15,2 %) sich hinter den Strategien des Finanzinvestors Blackstone (Aktienanteil 4,5%) versteckt.

    Als der auf der „Heuschreckenliste“ der SPD verzeichnete „Investor“ 2006 mit knapp 2,7 Milliarden Euro einstieg, wurde er von Steinbrück überschwänglich begrüßt:
    Ich bin froh, dass mit Blackstone ein strategischer Investor, der an langfristiger Wertsteigerung und Wertschöpfung interessiert ist, jetzt bei der Telekom einsteigt“. Da braucht man sich nicht zu wundern, dass sich der Bund jetzt die Sparpläne der Telekom unterstützt.
    Genauso dürfte es nach einer (Teil-)Privatisierung der Bahn zugehen.

  9. Nachzahlung bei befristeten Renten möglich
    Bezieher einer befristeten Rente können unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Rentennachzahlung haben. Auch deren künftige Rentenzahlungen können sich erhöhen.

    Eine Chance auf Nachzahlung haben all diejenigen, die bis 30.4.2007 eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezogen haben, die mindestens einmal verlängert wurde, auch wenn diese inzwischen als Dauerrente oder als umgewandelte Altersrente unbefristet gezahlt wird. Darauf wies der Sozialverband VdK Deutschland heute in Berlin hin.

    Allen, die diese Voraussetzungen erfüllen, empfiehlt der Sozialverband VdK, einen Überprüfungsantrag beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen.
    Quelle: Sozialverband VdK Deutschland e. V.

  10. Rürup beim AWD: Maschmeyers “Edel-Strucki”
    Um seine Nähe zur Versicherungswirtschaft hat sich Rürup nie wirklich geschert, auf ihren Honorarlisten steht er seit Jahren. Allein im Jahr 2005 hat der Experte mehr als ein Dutzend mal auf MLP-Kundenveranstaltungen über das Alterseinkünftegesetz referiert – und habe dabei jeweils “eine fünfstellige” Summe als Honorar einkassiert, wie Insider berichten. Als Rürup dann seinen späteren Duzfreund Carsten Maschmeyer kennenlernt, streicht er auch beim Konkurrenten gutes Geld ein.

    Er tingelt auf Vortragstour gemeinsam mit Walter Riester und “Maschi” durch die Lande, parliert mit den VIPs dieser Republik auf AWD-Großveranstaltungen, lässt sich mit Maschmeyer und anderen in mehrseitigen Anzeigenkampagnen abbilden. Dass Rürup jetzt dauerhaft auf der Gehaltsliste des AWD steht, verwundert einige Beobachter daher nicht.
    Quelle: Manager Magazin

    Anmerkung KR: Schön, dass man nun auch im Manager Magazin etwas über diese Interessenverflechtungen erfährt.

  11. Klaus C. Engelen, der als Wirtschaftsjournalist seit 1968 über den Internationalen Währungsfonds (IWF), die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und das Weltfinanzsystem berichtet, zum Tode von Günther Schleiminger:

    Vom Marshall Plan zur Weltfinanzkrise 2008 – „Nicht noch einmal ein 1929 erleben”

    „Inzwischen ist die „Götterdämmerung” in den dritten Akt getreten und wir können nur hoffen, dass uns der bekannte Schluss wie bei Richard Wagner erspart bleibt.” Mit diesen spitzen Worten kommentierte Günther Schleiminger noch vom Krankenbett die jüngste Washingtoner Weltwährungstagung, die im Schatten der sich weltweit ausbreitenden Finanzkrise den Auftakt zu den Mega-Rettungsoperationen für die Bankensysteme bildete. „Soll der IWF es jetzt richten? Dafür ist er doch weder institutionell noch personell vorbereitet. Aber Strauss-Kahn würde gerne die Gelegenheit nutzen, der BIZ und dem Aufseherforum FSF das Wasser abzugraben”. Und er fährt fort: „Ich selbst hätte mir gerne das zweite 1929 erspart. Ich habe noch Erinnerungen an das erste, als meine Mutter 1930 immer nur 200 Reichsmarkt von der Bank abheben konnte, und glaubte fest, dass sich ein solches Desaster nicht wiederholen könne. In meinen Zeiten bei der OEEC in den 1950er war oberstes Ziel der Zusammenarbeit die „internationale Finanzstabilität”.

    Nach schwerer Krankheit ist der frühere Generaldirektor der „Bank für Internationalen Zahlungsausgleich“ (BIZ) Anfang dieser Woche in Basel im Alter von 87 Jahren verstorben. In der fast achtzigjährigen Geschichte der BIZ war Schleiminger der einzige Deutsche, der diesen Schlüsselposten in der Welt der Zentralbanken innehatte. Er kam zur „Bank der Notenbanken” Anfang 1975 als deren „Generalsekretär” und rückte zum Ende seiner Baseler Karriere – von März 1981 bis April 1985 – auf den Posten des Generaldirektors. Somit stand er am Steuer der Baseler BIZ, als das Weltfinanzsystem nach der Zahlungsunfähigkeit Mexikos im August 1982 schon einmal am Abgrund eines systembedingten Zusammenbruchs stand. Als Spitzenmanager der BIZ fiel ihm damals eine Schlüsselrolle im globalen Krisenmanagement zu. Während der IWF für Mexiko, Brasilien, Argentinien und andere Pleite- Länder Lateinamerikas mit flankierenden Stützungen der Banken umfassende Rettungsprogramme organisierte, musste die BIZ als Beitrag der Zentralbanken mit der Bereitstellung von Überbrückungskrediten in die Bresche springen.

    Vor seinen Jahren bei der Baseler BIZ hatte Schleiminger von 1968 als deutscher Exekutivdirektor beim Währungsfonds aus nächster Nähe den Zusammenbruch des auf festen Wechselkursen basierenden globalen Währungssystems erlebt. Damals sei es darum gegangen, „das alte Bretton Woods System von Krise zu Krise zu begleiten und Risse zu kitten, bis schließlich der totale Zusammenbruch im August 1971 nicht mehr aufzuhalten war”. In dieser Zeit „kam die deutsche Politik, weil sie in der Währungspolitik eigene Wege ging (DM-Aufwertung) beim IWF ins Schussfeld der Kritik, was bedeutete, dass es diese Politik zu verteidigen galt”.

    Mit Schleiminger ist einer der noch verbliebenen Zeitzeugen aus den Jahren gegangen, als die junge Bundesrepublik nach dem Beitritt zu den Bretton Woods-Institutionen im August 1952 und dem Londoner Schuldenabkommen (1953) „ihre ersten Schritte auf dem internationalen Finanzparkett tat”. Als enger Mitarbeiter von Otmar Emminger, dem Präsidenten der Deutschen Bundesbank (1977 – 1979), gehörte Schleiminger zu den Währungspionieren, die über die Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC,Vorgängerin der heutigen OECD) mit dem Aufbau der Europäischen Zahlungsunion (EZU) das monetäre Fundament für den Aufstieg der Bundesrepublik zum Exportland Europas legten. Zusammen mit seinem US-Counterpart Jacob J. Kaplan, hielt Schleiminger den Aufbau und die Rolle der EZU in einem 1989 erschienenen Standardwerk „The European Payments Union” fest. Wie der Untertitel „Financial Diplomacy in the 1950s” verspricht, gehen die Autoren auf die unterschiedlichen Interessen der Amerikaner, Briten und Franzosen ein und die Schwierigkeiten der Deutschen, sich wenige Jahre nach dem Ende des Krieges zu behaupten.

    Seinen Berufsweg hatte Schleiminger, der am 26. April 1921 in Magdeburg als Sohn eines Beamten geboren wurde, 1950 im Bonner Marshall Plan Ministerium begonnen. Dies schickte ihn zur OEEC und ihrem Ableger, der EZU, die im Pariser Le Chateau de la Muette ihren Sitz hatten. Für den Fachbereich, die internationale Währungszusammenarbeit, brachte er durch sein Studium der Volkswirtschaft an der Universität Kiel und einer zweijährigen Assistententätigkeit bei Professor Erich Schneider beste akademische Voraussetzungen mit. Seine guten Kenntnisse der englischen Sprache, erworben durch englische Zeitungen, die seine Mutter bis zum Ausbruch des Krieges abonnierte hatte, bekannte er einmal, „haben mir das Leben gerettet”.

    Nachdem er zur U-Boot-Flotte eingezogen worden war, teilte man ihn wegen seines guten Englischs zum Abhören des Funkverkehrs von U-Booten in den Weltmeeren ein. Ausgerüstet mit einer stattlichen privaten Sammlung der englischen Ökonomieliteratur habe er in den Bunkern der Marine nicht nur überlebt, sondern sich auch die damals gängige Fachliteratur aneignen können.

    In seinem Kommentar zur jüngsten Währungstagung zieht der frühere „BIZ-General” das Fazit: „Selbst die zurückhaltende und amerikafreundliche NZZ betitelte neulich ihren Leitartikel mit „Die Fed als Brandstifter und Feuerwehr”. Da muss ich sagen: „´guilty as charged!` Das Ansehen des (Aufseherforums) FSF dürfte etwas gelitten haben, wurden doch so große Hoffnungen in seine Gründung gesetzt. Als Mekka und Gralsburg der Finanzmarktaufseher wird auch die BIZ ihr Fett abbekommen”.

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