Ein Versicherungsfachmann fordert das Verbot von Abschlussprovisionen bei der betrieblichen Altersvorsorge
Die Debatte um die Reform der Altersvorsorge geht weiter. Die Bundesregierung und die Versicherungswirtschaft machen mit immer neuen Meldungen Druck für ihr Modell der staatlich geförderten betrieblichen Altersvorsorge. Unser letzter Beitrag zum Thema: „Es ist erschreckend, mit welch riesigen Beträgen es Maklern gelingt, Betriebsräte zu bestechen“, berichtet ein NachDenkSeiten Leser. löste weitere Mails mit Informationen aus. Alle unsere Leserinnen und Leser sollten davon Kenntnis erhalten, zumal sich mit M. Krater wiederum ein Fachmann zu Wort gemeldet hat. Hier seine Mail. Albrecht Müller.
„Mit großem Interesse habe ich auch den Leserbrief von A.F. gelesen und möchte mich mit meiner Schlussfolgerung, an der Beantwortung der Frage nach Möglichkeiten, den Betrug zu stoppen, beteiligen.
Bereits vor einigen Wochen habe ich den NDS aufgezeigt, wie exorbitant sich die Abschlusskosten zum Nachteil der Verbraucher, gleichermaßen zu einer sehr lukrativen Einnahmequelle für die Assekuranz und deren Agenten aufblähen können. Siehe dazu: Angestellte, Arbeiter, Gewerkschafter – Schauen Sie mal, was Sie an Versicherungsprovision zahlen müssen, um die Geschenke von Frau Nahles an die Finanzlobby zu finanzieren – vom 30.09.2016).
Betrachtet man dieses System, wird man sehr schnell erkennen, dass die “Gewinnung” einer Schlüsselperson im Betrieb für den Versicherungsvertreter oder Makler der entscheidende Faktor ist, um permanent Geschäft ohne besondere weitere Vertriebsaktivitäten generieren zu können (Neueinstellungen, etc.pp).
Die Bestechung oder die Zahlung von “Kick-Backs” unterbinden zu können, halte ich für eine unlösbare Aufgabe.
Der Fehler liegt im System selbst!
Daher gibt es m.E. nur eine konsequente Antwort: Ein Verbot von Abschlussprovisionen für das gesamte BAV-Geschäft resp. ein gänzliches Verbot von Provisionen im BAV-Geschäft.
Es ist schön zu beobachten, wie die europäische Politik im Zuge der Skandale um Manager-Boni etc. den Versuch gestartet hat, eine europäisches Provisionsverbot politisch umzusetzen. Siehe hier.
Wenn man die Diskussion verfolgt hat und die Position des starken Lobby-Verbandes “GDV” richtig einzuschätzen versucht hat, konnte man leicht erkennen, dass eine generelle Umsetzung am Veto Deutschlands scheitern würde.
Hier ist der aktuelle Beleg für meine Ausführungen.
Aus meiner Sicht wäre schon das Verbot von Abschlussprovisionen ein grosser Erfolg. Die Konsequenz wäre die Zahlung von “ratierlichen” (und insgesamt reduzierten) Verwaltungsprovisionen bis zum Vertragsende, was zwar nicht ohne Weiteres dafür sorgen würde, die Kosten insgesamt angemessen zu senken. Es würde aber zumindest den Betrug bzw. die Korruption eindämmen, denn den Vermittlern fehlte dann häufig die Liquidität, um solche Aktionen im großen Stil umsetzen zu können.
Eine weitere Variante könnte sein, dass dem Abschluss einer BAV ohne Zahlung von Abschlussprovisionen zwingend eine Honorarberatung durch einen zugelassenen Versicherungsberater vorausgegangen sein müsste.
Diese – von den Präsidenten/innen der Landgerichte bestellten Experten/innen – dürfen gemäß Rechtsberatungsgesetz auch Rechtsberatung (ausschließlich gegen Honorar ) durchführen. Eine Vermittlung ist diesen untersagt. Die Honorare wiederum sollten dann im Rahmen von Werbungskosten oder Sonderausgaben steuerlich abzugsfähig sein.
Das Problem ist, dass die Anforderungen zur Zulassung als Versicherungsberater sehr hoch sind und daher gerade einmal rund 150 Protagonisten in diesem Land wirken (dürfen !! ??).
Da wir uns hier ja auf den NachDenkSeiten befinden, möchte ich anführen, dass in Deutschland ca. 100.000 mehr Versicherungsvermittler agieren, als ambulant behandelnde Ärzte praktizieren !!!!!. Siehe hier und hier.
Es darf davon ausgegangen werden, dass niemand aus dem neoliberalen Lager ein ernsthaftes Interesse hat, das bestehende System zu Gunsten der gemeinen Bevölkerung zu verändern.
Leider, lieber Herr Müller, leider !
Aber, jammern hilft uns nicht weiter. Ihre Aufklärungsarbeit wird irgendwann Früchte tragen, da bin ich mir sicher.
GLÜCKAUF!
Na, ja, mal sehen – so A.M. zu dieser freundlichen Prognose.